2018 | OriginalPaper | Chapter
Kinderarmut und familienbezogene soziale Dienstleistungen
Author : Gerda Holz
Published in: Handbuch Armut und soziale Ausgrenzung
Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden
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In den 1990er Jahren wurde angesichts des deutlichen Anstiegs der Armutsbetroffenheit von Kindern der Begriff der „Infantilisierung der Armut“ (Hauser 1997, S. 76) geprägt Heute, nach fast drei Dekaden, kann nur noch die Verstetigung des Phänomens Kinderarmut konstatiert werden: Junge Menschen sind weiterhin die am häufigsten von Armut betroffene Altersgruppe Über dieselbe Zeitspanne lässt sich in der deutschen Armutsforschung ein Prozess von der weitestgehenden Ausblendung der kind- und jugendspezifischen Problemlagen über die Erarbeitung eines kindgerechteren Armutsverständnisses und der stetigen Zunahme von empirischen Analysen bis hin zur Entwicklung kindbezogener Präventionsansätze nachverfolgen. Heute ist unbestritten, dass Armut bei Kindern und Jugendlichen ein eigenes Gewicht zukommt, welches von gesellschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen wesentlich geprägt wird, von den Verteilungsstrukturen innerhalb der Familien sowie den individuellen Potenzialen der Eltern.Mittlerweile kann auf verschiedene Studien und umfangreiches Datenmaterial zurückgegriffen werden, in dem sowohl umfassende Erklärungsansätze und Handlungstheorien als auch vertiefende empirische Analysen zu Teilaspekten dargelegt sind. Diese Erkenntnislage ermöglicht im Grunde vielfältige und vor allem zielgerichtete Ansätze zur politischen und pädagogischen Gegensteuerung in Form eines breit angelegten Verständnisses einer kindbezogenen Armutsprävention.Dazu existiert in Deutschland ein ausdifferenziertes System aus Geld-, Sach- und Dienstleistungen für (arme) Familien und Kinder Aus Sicht der kinderzentrierten Armutsforschung ist vor allem von Interesse, was in diesem System unter familiären Armutsbedingungen bei den Kindern tatsächlich an Hilfen und Unterstützung ankommt. Es zeigt sich, dass das System der materiellen Grundsicherung/-versorgung sowie die Instrumente einer kind- bzw. familienbezogenen Armutsprävention besser miteinander verknüpft und aufeinander abgestimmt werden müssen. Es zeigt sich weiter, dass es sowohl um den Ausbau der sozialen Infrastruktur für Kinder und Jugendliche als auch der Qualitätsentwicklung verbunden mit einer Neuausrichtung der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe geht.Zwei Zeitdimensionen bedürfen der Beachtung: Zum einen benötigen die betroffenen Familien Hilfen mit Blick auf die Vergangenheit. Diese müssen geeignet sein, eingetretene Benachteiligungen abzubauen. Zum anderen sind Hilfen mit Blick auf die Zukunft vonnöten, um präventiv das Entstehen erneuter oder verfestigter Ausgrenzung zu vermeiden. Hierbei bedarf es eines integrativen Ansatzes, in dem die Leistungen zusammen gedacht und nicht etwa aus haushaltpolitischen oder anderen Interessensgründen gegeneinander ausgespielt werden dürfen.