Rationalität: Natürlich kann regelbasiertes Verhalten Ergebnis „individueller Rationalität“ sein, solange die Verhältnisse noch simpel, statisch/konstant und transparent genug sind. Und wieder: Wir mögen forschungsstrategisch mit einfacher Rationalität, dem zeitlosen (kurzfristigen) Maximierungsmotiv im Einmal-Spiel mit Nash-GG starten; aber schon ein soziales Dilemma (Commons-Problem), lässt sich bekanntlich i. d. R. nur unter Wiederholung (und eher in Populationen) und dann nur durch Sanktionsdrohung, entsprechende soziale Lernprozesse und die Akquisition einer längerfristigen Kalkulation und Rationalität als Verhaltensheuristik und -regel (Institution) lösen. Die „continental divide“ zwischen „Mainstream“ und „Heterodoxie“ ist dann eben nicht mehr „Rationalität“ sondern die „einzige“ Rationalität vs. die Diversität der situativ erforderlichen (und erfolgreichen) Rationalitäten und Strategien. Was heute „rational“ i.S. von zielführend und erfolgreich war, wird morgen unter einer anderen Sozialökologie nicht mehr rational sein.
Ohnehin gelingt uns die Verbindung zu einer simplen Rationalität nur im Bereich der Emergenzerklärung sozialer Institutionen. Schon wenn Institutionen sich, aufgrund kulturell akquirierter längerfristiger Rationalität, verselbständigt haben, werden Akteure zu rational fools (A. Sen), weil sie kurzfristig „irrational“ im traditionellen Sinne handeln, weil z. B. in ubiquitären sozialen Dilemmata Institutionen nicht kurzfristig „rational“ möglich werden sondern psychologisch habitualisiert werden müssen.
Da dies mit hohen sunk costs verbunden ist (lange Trial-and-Error und Lern-Prozesse), werden im Ergebnis z. B. auch neue, rationalere Institutionen, die besser einer neuen Situation angepasst sind, nicht entstehen, weil die alten kurzfristig kostengünstiger für die einzelne Entscheidung sind als die neuen.
Hier winken uns allenthalben alte „heterodoxe“ theoretische Bekannte zu: echte Unsicherheit, Paradoxien und Dilemmata, unintended consequences …