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19-05-2022 | Kleb- und Dichttechnik | Interview | Article

"Für sicherheitsrelevante Klebungen sind robuste Prozesse wichtig"

Author: Thomas Siebel

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Unter den Fügetechniken spielt das Kleben im Leichtbau eine bedeutende Rolle. Im Interview geht Klaus Dilger auf das Recycling, regulative Hemmnisse und auf notwendige Weiterentwicklungen in der Klebtechnik ein.

Leichtbau mit Faserverbundwerkstoffen oder in Form von Metall-Kunststoff-Mischbauweisen wird in verschiedenen Branchen immer wichtiger. Wie wirkt sich das auf die Fügetechnik und insbesondere auf die Klebtechnik aus?

Leichtbau ist und bleibt wichtig. In Bezug auf Elektromobilität und autonomes Fahren sind aber noch andere Anforderungen wie der Schutz der Batterie im Crashfall und die Einbindung von Sensoren in die Halbzeuge hinzugekommen. In diesem Zusammenhang ist die Klebtechnik von besonderer Bedeutung, da sie häufig das einzige Fügeverfahren darstellt, mit dem die gewünschten Materialien dauerhaft verbunden werden können. Dies geschieht wärmearm, mit gleichförmiger Krafteinleitung ohne Spannungsspitzen und ohne Schädigung der Faserintegrität. Zusätzlich wird einer Kontaktkorrosion durch die elektrische Isolationswirkung der Klebschicht entgegengewirkt.

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01-05-2022 | Aus Forschung und Entwicklung

Akustisches Verfahren zur Detektion von Anhaftungsfehlern

Der Nachweis von Anhaftungsfehlern in Klebverbindungen gestaltet sich mit den herkömmlich bekannten zerstörungsfreien Prüfverfahren als schwierig. Im Rahmen eines Forschungsprojekts werden Anhaftungsfehler mithilfe von akustischen Verfahren nachgewiesen.

Problematisch bleibt allerdings das Recycling von geklebten Komponenten.

Ja, die stoffliche Trennung der geklebten Komponenten für Reparatur und Recycling ist eine Herausforderung, die immer wichtiger wird. In puncto Nachhaltigkeit sind Debonding on demand-Lösungen oder andere Recyclingansätze zukünftig viel intensiver bei der Auswahl des Fügeverfahrens zu berücksichtigen.

Gerade in sicherheitsrelevanten Strukturen fehlt heute oft noch das Vertrauen in Klebverbindungen. Wie kann die Klebtechnik hier voll vertrauenswürdig zu werden?

In vielen sicherheitsrelevanten Bereichen ist das Kleben schon gang und gäbe und zeigt bereits die Potenziale, die sich dadurch ergeben. Letztlich sind es häufig auch die regulativen Bestimmungen, die den Einsatz des Klebens zunächst erschweren. Auf Basis  früherer Erfahrungen sind diese Bestimmungen zwar sinnvoll und notwendig, allerdings wurden sie ursprünglich zum Teil für andere Fügeverfahren oder Materialkombinationen formuliert. Jetzt müssen sie auf die neuen klebtechnischen Gegebenheiten angepasst werden. Gleichzeitig muss die Klebtechnik die entsprechenden Nachweise der Gebrauchstauglichkeit erbringen. Das ist aber möglich!

Gibt es Beispiele, wo die Klebtechnik diese Gebrauchstauglichkeit nachgewiesen hat?

Zum Beispiel im Bereich des Bauwesens, wo geklebte Fassadenelemente bis vor einiger Zeit ab 8 m Einbauhöhe noch zusätzlich mechanisch zu sichern waren. Diese Vorgabe konnte mittlerweile durch das vorliegende Wissen und die geführten Nachweise in bestimmten Fällen wegfallen. Letztlich steht und fällt die Qualität der Klebung, die für die Sicherheit entscheidend ist, mit dem Wissen der ausführenden Personen über die gesamte Prozesskette hinweg. Mit der DIN 2304 haben wir ein vom Gewerk unabhängiges Regelwerk, mit dem das Kleben als "spezieller Prozess" mit hoher Zuverlässigkeit im Hinblick auf die Auslegung eingesetzt werden kann – auch unter Berücksichtigung der Fertigungseinflüsse und ohne eine 100%ige zerstörungsfreie Prüfmöglichkeit.

Apropos Prüfmöglichkeit: Auch in der industriellen Qualitätssicherung lassen sich einige Defekte in Klebverbindungen bislang nur schwer detektieren. In welchen Anwendungen ist das besonders problematisch?

Es stehen Klebungen im Fokus, bei denen Lebewesen zu Schaden kommen, die erhebliche Umweltauswirkungen haben oder große wirtschaftliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Mögliche Ausprägungen sind vielfältig; hier sind strukturelle Klebungen im Bauwesen und im Fahrzeugbau ebenso aufzuführen wie Dichtklebungen im Apparate- und Anlagenbau.

Wie geht man in der Industrie bislang damit um?

Sicherheitsrelevante Klebungen sind in der schon erwähnten DIN 2304 bestimmten Sicherheitsklassen zugeordnet, die besondere Maßnahmen mit sich bringen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, möglichst robuste Prozesse zu etablieren, die im Vorfeld der Anwendung technologisch abgesichert werden müssen. Die Überwachung wesentlicher Einflussfaktoren ist dann die Voraussetzung für die Herstellung von Klebungen mit hinreichenden Eigenschaften. Eine produktionsbegleitende stichprobenartige zerstörende – oder auch eine 100%ige zerstörungsfreie – Prüfung kann diese Szenario ergänzen, um zusätzliche Sicherheit zu schaffen. Wesentlich in diesem Zusammenhang sind auch die klebtechnischen Ausbildungsstrukturen nach DVS-EWF, die unter anderem Grundlage der Regelungen der DIN 2304 sind.

Wie lässt sich die Qualitätssicherung von Klebverbindungen noch verbessern?

Robuste Klebsysteme, eine umfangreiche und gut dokumentierte Prozessqualifikation sowie gut ausgebildetes Personal sind die Voraussetzung für den zuverlässigen Einsatz der Klebtechnik. Negative Fertigungseinflüsse sollten so gut wie möglich ausgeschlossen werden. Geringe beziehungsweise nicht konstante Temperaturen spielen hier eine ebenso entscheidende Rolle wie nicht definierte Oberflächenzustände oder unzureichende Klebstoffapplikation.

Welche neuen Ansätze spielen dabei eine Rolle?

Beispielsweise lässt sich mit dem Einsatz vorbeschichteter Klebstoffe auf klebgeeigneten Oberflächen ein definierteres Umfeld zu schaffen. Diese Klebstoffe lassen sich zum Beispiel durch induktive Erwärmung direkt im Fügeprozess aktivieren. Wichtig ist auch ein vertiefteres Verständnis des Verhaltens von Klebungen unter verschiedenen Beanspruchungen, um so eine numerische Auslegung weiter abzusichern. Außerdem gilt es, zerstörungsfreie Prüfverfahren so weiterzuentwickeln, dass sie eine 100%-Prüfung unter guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ermöglichen.

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