Wie die Freiburger Bürgermeisterin Gerda Stuchlik erläutert, geht es vor Ort um energetische Gebäudesanierung, die Transformation der Energieerzeugung und innovative Verkehrspolitik.
Springer Professional: Seit 25 Jahren ist Freiburg am Klimabündnis mit europäischen Städten beteiligt. Welche Hauptresultate haben sie erreicht?
Gerda Stuchlik: Das Klimabündnis steht für einen ganzheitlichen Ansatz im Klimaschutz. Die 1.700 Mitgliedskommunen haben sich u.a. verpflichtet die CO2-Emissionen alle 5 Jahre um 10 Prozent zu reduzieren. Freiburg hatte zuletzt mit der Klimaschutzbilanz 2012 bereits eine Reduktion von 20,7 Prozent, bzw. 29 Prozent pro Kopf, im Vergleich zu 1992 erreicht, wobei für die Zukunft weitere Anstrengungen erforderlich sind. Wir profitieren von den Klimabündnis-Arbeitsgruppen und Schulungen und der Lobbyarbeit des Klimabündnisses z.B. im Rahmen des Gesetzespakets zur Energiewende. Hier konnten wir Impulse und Ergebnisse in unsere kommunale Entwicklung von Klimaschutzmaßnahmen einfließen lassen. Eigene Maßnahmen sind die Förderung der energetischen Gebäudesanierung und Effizienzstandards im Neubau, innovative Konzepte für den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmenetzen, die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien, ein leistungsfähiger öffentlicher Nahverkehr, der Ausbau des Radwegenetzes und Energieberatungsangebote.
Wer sind ihre besten Verbündeten beim kommunalen Klimaschutz?
Vorrangig ist natürlich die Bevölkerung in Freiburg unser wichtigster Verbündeter. Die Bürgerschaft ist aufgeschlossen und interessiert an Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen. Bei der Umsetzung der Konzepte zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit müssen wir die Bevölkerung "mitnehmen", denn ohne ihre Mitwirkung bliebe vieles Theorie. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist zudem, dass es zu den Themen Klimaschutz und Umwelt einen grundsätzlichen Konsens im Gemeinderat über alle Fraktionen und Gruppierungen hinweg gibt. Andere wichtige Partner sind z.B. unser regionales Energieunternehmen Badenova AG und unser Freiburger ÖPNV-Unternehmen.
Bei der energetischen Gebäudesanierung geht es weiter vorwärts. Wie beurteilen sie den aktuellen Stand?
Die energetische Gebäudesanierung gehört zu den wichtigsten Maßnahmen im Klimaschutz. Damit die Stadt Freiburg ihre Klimaschutzziele erreichen kann, brauchen wir ab 2020 eine Sanierungsquote von 2 Prozent auf Niedrigenergiehausniveau. Dies sind sehr ehrgeizige Ziele obwohl die Sanierungsquote in Freiburg mit 1,6 Prozent schon deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 0,8 Prozent liegt. Wir müssen hier ja die privaten Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer motivieren. Mit dem Freiburger Förderprogramm "Energiebewusst Sanieren" haben wir ein gutes Instrument, da es Zielmargen für die energetische Qualität vorgibt und an die Bundesfördermittel anknüpft. In Zeiten niedriger Zinsen und steigender Energiepreise sind diese Impulse jedoch leider nicht ausreichend.
Sie haben einen neuen Stadtteil auf dem PC simuliert. Was zeichnet diese Zukunftsvision aus?
Der Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger durch energieeffiziente Strukturen und die Nutzung der erneuerbaren Energien ist eine der wichtigsten kommunalpolitischen Aufgaben. Gerade wenn neue Quartiere - wie der Stadtteil Dietenbach - für die Zukunft geplant werden, ist die Klimaneutralität ein wichtiges Ziel. Das Energiekonzept Dietenbach belegt, dass mit dem hohen Freiburg Effizienzhausstandard für Gebäude und den entsprechenden Strukturen bei Versorgung und Erzeugung ein klimaneutraler Stadtteil nicht nur technisch und infrastrukturell möglich sondern auch bezahlbar wäre.
Eine weitere Klima-Stellschraube bleibt die Verkehrspolitik. Wie stehen dort die Chancen?
Die CO2-Emissionen des Verkehrs in Freiburg wiesen zuletzt eine leichte Abnahme auf. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Freiburg eine rasant wachsende Stadt ist und damit auch die Verkehrsleistung entsprechend zunimmt. Die verkehrsbedingten CO2-Emissionen haben heute einen Anteil von ca. 20 Prozent am Gesamtausstoß, für den jedoch relativ gesehen eine steigende Tendenz prognostiziert wird. Zur Erreichung unseres CO2-Ziels sind auch weiterhin erhebliche städtische Anstrengungen zur Förderung der umweltverträglichen Verkehrsträger vorgesehen. Das bedeutet konkret: weiterer Ausbau von Straßenbahn und Breisgau-S-Bahn, ein ehrgeiziges Radwege-Ausbauprogramm, Förderung des Fußverkehrs, Mobilitätsmanagement sowie E-Mobilität (sofern der Strom regenerativ erzeugt wird). Allerdings können relevante Teile des Verkehrs einer Stadt von ihr gar nicht beeinflusst werden, wie z.B. Durchgangsverkehr oder die Zusammensetzung der Kfz-Flotte.