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17-09-2018 | Klimawandel | Interview | Article

"Verursacher sollen für Folgen des Klimawandels einstehen"

Author: Nico Andritschke

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Die Folgen des Klimawandels werden zunehmend sichtbarer und gravierender. Dr. Roda Verheyen beschreibt die Auswirkungen in Peru und plädiert dafür, dass Verursacher für Klimaschäden haften.


Springer Professional: Auch wenn der europäische Sommer in diesem Jahr außerordentlich trocken ausfällt, in anderen Ländern werden die Auswirkungen des Klimawandels sichtbarer. Zum Beispiel in Peru. Welche Veränderungen sind dort feststellbar und welche Bedeutung haben sie für die ansässige Bevölkerung?

Roda Verheyen: In ganz Südamerika gibt es negative Auswirkungen durch mehr Hitze, weniger Wasser und stärkere Wetterextreme. Auch in Peru macht der Wassermangel den Menschen erhebliche Sorge. In Lima herrscht schon seit Jahren akute Trinkwasserknappheit. Gerade auch die bereits voranschreitende Gletscherschmelze führt perspektivisch zu noch mehr Wasserkonflikten, wenn die Sommerabflüsse aufgrund der geringeren Gletschermasse abnehmen. Dann ist die Landwirtschaft entlang der Küste akut gefährdet.


Als Rechtsanwältin vertreten Sie einen Kleinbauern aus Peru mit seiner Klage gegen einen großen deutschen Energiekonzern wegen seiner Mitverantwortung für den Klimawandel. Welches Ziel verfolgen Sie mit der Klage und welche Rolle spielt RWE in diesem Zusammenhang?

Mein Mandant möchte, dass ein Hauptverursacher des Klimawandels für die Folgen, die er bei sich zu Hause sieht, einsteht und Schutzmaßnahmen mitfinanziert. Es handelt sich nicht um eine Schadenersatzklage, sondern um den Versuch, sich und damit die ganze Stadt Huaraz konkret vor einer bevorstehenden Gletscherflut aus der Lagune Palcacocha zu schützen. Wie das Gericht, das OLG Hamm inzwischen mehrfach ausdrücklich geschrieben hat, gibt es Verantwortung nicht nur bei verbotenem Verhalten. Genau um die Verantwortung geht es meinem Mandanten und er hofft, dass sich dann auch andere Verursacher für ihr Handeln verantwortlich fühlen und sich an den konkreten Schutzmaßnahmen beteiligen.

Können Klimaschäden eine Unternehmenshaftung begründen?

Nach Auffassung des OLG Hamm ist das so. Das Gericht ist unserem Vortrag gefolgt, dass aus § 1004 BGB eine individuelle Haftung für Klimaschäden folgen kann. Gegenstand des Streits ist eine anteilige Haftung, im Rahmen der eigenen anteiligen Verursachung des Klimawandels und seiner Folgen. Dass das grundsätzlich geht, ist jetzt festgestellt, auch wenn es der Beklagten nicht gefällt. Die aktuelle Frage ist, ob die Zusammenhänge im Einzelfall bewiesen werden können. Nur darum geht es in der momentan laufenden Beweisaufnahme.  

Wäre die Klage erfolgreich, würde ein Präzedenzfall geschaffen. Ist eine Klage gegen die größten CO2-Emittenten die einzige Möglichkeit, um die Unternehmen an ihre ökologische und ethische Verantwortung zu erinnern? Welche Bedeutung hat der aktuelle Fall für ähnlich gelagerte Fälle?

Mein Mandant meint, dass die Verantwortung rechtlich und ethisch besteht, und sich jeder Großemittent an der Lösung des Problems beteiligen muss, sei es durch Maßnahmen zum Schutz vor Schäden oder durch Klimaschutzmaßnahmen, also die Reduktion von Treibhausgasemissionen. Jeder Gesetzgeber kann diese Verantwortung konkret gesetzgeberisch einfordern und implementieren. Der Fall hat aus unserer Sicht vor allem deswegen Bedeutung, weil das Gericht sich mit dem Thema so ausführlich auseinandersetzt und trotz der komplexen und globalen Zusammenhänge diese Verantwortung betont hat. Wenn also kein effektiver Klimaschutz betrieben wird, bleibt das nicht folgenlos. Das ist auch für die anhängigen Verfahren gegen Regierungen weltweit, gerichtet auf besseren Klimaschutz und stringentere Ziele, durchaus erheblich. 

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