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2020 | Book

Klüger irren - Denkfallen vermeiden mit System

Author: Prof. Dr. Timm Grams

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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About this book

Kurz entschlossen — danebengehauen....

Vorher nachdenken, nachmessen oder kalkulieren wäre wohl besser gewesen! Dieses Buch hilft Ihnen, Ihre Denkmechanismen zu erkunden und zu verbessern. Fehler und Zufall treiben den Fortschritt an. So entsteht das Neue. Wer es sehen will, braucht Wissen und die Fähigkeit, überraschende Beobachtungen richtig einzuordnen.

Es ist jedoch kein Erfolgsrezept, die alten Fehler wieder und wieder zu machen. Lernen Sie aus Ihren Reinfällen und denjenigen der anderen.

Weniges wird uns bewusst. Denkmechanismen wirken meist im Verborgenen, ungefragt und blitzschnell. Sie sind bewährt, manchmal aber auch verkehrt. Optische und kognitive Täuschungen, irreführende Statistiken, Paradoxien, Manipulationsversuche lauern überall. Viele Irrwege lassen sich durch den Einsatz von etwas Logik und Mathematik vermeiden.

Lernen Sie, wie Sie Warnzeichen erkennen und richtig deuten können, wie weit das von Ihnen oft und meist unbewusst genutzte Indifferenzprinzip trägt, welche Rolle Analogien bei der Entstehung des Neuen spielen und wann Sie gefahrlos verallgemeinern dürfen.

2., überarbeitete und erweiterte Auflage.

Table of Contents

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Fehler haben einen außerordentlich schlechten Ruf. Wer gibt schon gerne zu, einen Fehler gemacht zu haben? Am liebsten wären wir ein optimal funktionierendes Mitglied der Gesellschaft, dem Fehler möglichst nicht unterlaufen. Wir vermissen an uns die Makellosigkeit des perfekten Automaten. Aber paradoxerweise treiben gerade Fehler und Zufall den Fortschritt von Natur und Wissenschaft an. Lernen aus den Fehlern heißt, alte Fehler zu überwinden und neue, klügere zu machen. Thema dieses Buches ist der richtige Umgang mit den eigenen Fehlern und mit denen der anderen.
Timm Grams
Kapitel 2. Was ist eine Denkfalle?
Zusammenfassung
In der Welt unserer Erfahrungen herrscht Ordnung. Weil in dieser Welt Regeln gelten, finden wir uns darin zurecht. Wenn ich meine gefüllte Kaffeetasse hochhebe und dann loslasse, wird sie nicht in der Luft hängen bleiben oder seitwärts davonschweben. Nein, ich erwarte, dass sie herunterfällt und dass es eine ziemliche Sauerei gibt. Also verzichte ich auf den Versuch. Aus Erfahrung wissen wir, dass keineswegs das reine Chaos regiert, sondern dass es Regelmäßigkeiten gibt. Es ist eine lebenspraktische Annahme, dass die Welt, die wir erfahren haben und die es noch zu erkunden gibt, von Recht und Ordnung zusammengehalten wird. Allerdings können wir nur das wahrnehmen, was in unserer Vorstellung bereits weitgehend existiert. Unsere Wahrnehmungs- und Denkmechanismen sind im Allgemeinen an unsere Umgebung gut angepasst. Aber manchmal eben auch nicht. Sie sind bewährt, zuweilen aber auch verkehrt. Setzt eine Problemsituation einen unpassenden Denkmechanismus in Gang, dann haben wir es mit einer Denkfalle zu tun.
Timm Grams
Kapitel 3. Blickfelderweiterung
Zusammenfassung
„Der wissenschaftliche Beirat beim Wirtschaftsministerium und der frühere Bundesbankpräsident Schlesinger haben darauf hingewiesen, dass alle großen Inflationen seit dem Ersten Weltkrieg immer mit dem Ankauf von Staatsanleihen begonnen haben“, meinte ein Politiker im Gespräch mit der Lokalzeitung. Was soll uns das sagen? Offenbar soll der Leser davon überzeugt werden, dass der Ankauf von Staatsanleihen ursächlich für den Zusammenbruch einer Währung ist.
Es mag ja sein, dass solche Ankäufe, wie auch die Schuldenschirmlogik, zerstörerische Kraft entfalten. Aber das Ursache‐Wirkungs‐Muster, das hier als Argument dient, ist ein Musterbeispiel für einen klassischen Fehlschluss. Nach derselben „Logik“ könnte man aus der Tatsache, dass den meisten Auto‐Karambolagen eine Vollbremsung vorausgeht, folgern, dass die Vollbremsung ein Risikofaktor ist und deshalb besser unterbleiben sollte.
Es ist ein elementarer Fehler, sich bei der Ursachenforschung allein die Fälle anzusehen, bei denen es schief gelaufen ist. Diese Art von Blickfeldverengung ist Folge unseres sparsamen Umgangs mit kognitiven Ressourcen: Wir richten den Scheinwerfer unserer Aufmerksamkeit auf das Hervorstechende und leicht Erfassbare. Das vermeintlich Nebensächliche lassen wir links liegen. Aber es gibt Situationen, in denen Blickfelderweiterung angesagt ist.
Timm Grams
Kapitel 4. Die angeborenen Lehrmeister
Zusammenfassung
Die Hauptantriebskraft der Wissenschaft ist unsere Neugier. Die Grundmechanismen des Wissenserwerbs beruhen auf der Strukturerwartung und der damit einhergehenden Begabung zur Mustererkennung, auf der Kausalitätserwartung und auf der Befähigung zu Erweiterungsschlüssen, zur Induktion also. Diese angeborenen Lehrmeister haben eine dunkle Kehrseite. Der uns eigene Drang, alles Mögliche mit Sinn zu füllen, ermöglicht wissenschaftliche Erkenntnis, er macht uns aber auch empfänglich für Phantasiegebilde bis hin zum Okkultismus. Die angeborenen Lehrmeister stecken hinter manch einer Denkfalle. Wer die Doppelrolle der Lernmechanismen kennt, kann sich gegen Reinfälle wappnen.
Timm Grams
Kapitel 5. Der Jammer mit der Statistik
Zusammenfassung
Physik, Chemie, Biologie und Mathematik sind hartes Brot. Da lebt es sich mit einfachen Erklärungen doch wesentlich leichter. Und die werden in den Esoterik‐Ecken der Buchhandlungen und auf den Unterhaltungsseiten der Zeitungen geboten: Astrologie, übernatürliche Fähigkeiten, Hellsehen, Wünschelrutengängerei, Feng Shui, und was es da sonst noch gibt.
Die Frage ist, ob man damit wirklich besser durchs Leben kommt. Oder ob es Irrwege sind – Aufwand ohne angemessenen Nutzen.
Jedenfalls lohnt es sich, die eine oder andere Sache einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Es zahlt sich aus, wenn man die Spreu vom Weizen trennen kann. Und dazu braucht es manchmal eine Portion Mathematik. Damit kann man auch den allgegenwärtigen Überredungsversuchen, den Statistiken über Wahl‐ oder Kaufverhalten, den Berichten über die Macht der Sterne und vielem anderen mehr gelassener gegenübertreten.
Jeder kennt Meldungen über mehr oder weniger wundersame Zusammenhänge: Bei Vollmond gibt es mehr Zwillingsgeburten als sonst. Italiener sind kinderfreundlicher als Deutsche. Besonders die Frauen bevorzugen Geländewagen. Ehen werden überdurchschnittlich oft zwischen Partnern desselben Sternbilds geschlossen. Solche Aussagen werden meist noch mit dem Hinweis auf Statistiken belegt. Und das naive Vertrauen in solche Zahlenwerke gibt einem dann den Rest. Der Reinfall ist gesichert.
Timm Grams
Kapitel 6. Intuition und Reflexion
Zusammenfassung
Wer sich mit Denkfallen befasst, stößt früher oder später auf den Begriff der Heuristik. Und er ist auch bald verwirrt, denn der Begriff tritt offenbar in ganz unterschiedlichen Bedeutungen auf: Heuristiken im Sinne von Lösungsfindeverfahren und Heuristiken als Entscheidungshilfe. Die Entscheidungsheuristiken sorgen für die schnelle und möglichst treffsichere Auswahl aus einer Menge von mehr oder weniger genau bekannten Hypothesen, Lösungsvorschlägen oder Alternativen. Mit den Lösungsfindeverfahren andererseits sollen überhaupt erst Lösungswege produziert werden; sie fördern den kreativen Prozess. Von ihnen war im Kapitel über die angeborenen Lehrmeister bereits die Rede.
In diesem Kapitel beschränke ich mich auf Entscheidungen. Leider ist bereits auf diesem eingeschränkten Gebiet die Verwendung des Begriffs nicht eindeutig geklärt. Wir sollten zwei Klassen von Heuristiken unterscheiden. Die Heuristiken der ersten Klasse wirken rasch, automatisch und – wenn wir nicht aufpassen – am Bewusstsein vorbei. Sie sind der Intuition zuzuordnen; schnelle Entscheidungen sind ihr Verdienst. Die zweite Sorte beinhaltet die so genannten einfachen Heuristiken. Sie funktionieren nach dem Weniger-ist-mehr-Prinzip: Es empfiehlt sich in vielen Fällen nicht, für die Entscheidungsfindung alle verfügbaren Informationen zu bedenken und sie einem sorgfältigen Kalkül zu unterziehen. Schneller und oft genauer kommt zum Ziel, wer sich auf die wichtigsten Merkmale einer Situation konzentriert. Diese Faustregeln sind Gegenstände des bewussten Denken.
Timm Grams
Kapitel 7. Täuschung und Selbstbetrug
Zusammenfassung
Der Gläubige hält an seinen Überzeugungen fest, auch wenn Widersprüche auftauchen: Da gibt es den Philosophen, der bei der Lösung seines Transzendenzproblems in Zirkelschlüsse und Selbstwidersprüche gerät, und den Theologen, der sich mit der Theodizee, also der Rechtfertigung des allmächtigen und gütigen Gottes angesichts des Übels auf der Erde, konfrontiert sieht. Der Glaube wird anstrengend. Selbstbetrug als Mittel der Stressvermeidung tritt auf den Plan. In diesen Fällen werden „Wahrheiten verkauft“, die wohl auch dem „Verkäufer“ nicht geheuer sind. Wahr ist, dass etwas Falsches behauptet wird. Sich dessen bewusst zu sein, dürfte dem „Verkäufer“ großes Unwohlsein bereiten. Zur Wiedererlangung des seelischen Gleichgewichts muss dieser Gedanke verschwinden. Er wird verstaut und unsichtbar gemacht nach dem Motto: Wer sich selbst betrügt, kann andere besser hereinlegen.
Timm Grams
Kapitel 8. Nach welchen Regeln wird gespielt?
Zusammenfassung
Was eine Denkfalle ist, darüber haben wir uns schon Gedanken gemacht. Wir wollten unter einer Denkfalle eine Problemsituation verstehen, die einen bewährten Denkmechanismus in Gang setzt, der mit dieser Situation nicht zurechtkommt und zu Irrtümern führt. Aber was ist ein Irrtum? Da müsste man erst einmal wissen, was richtig ist – nicht irrtumsbehaftetes Denken sozusagen. Was ein Irrtum ist und was nicht, hängt vom Rahmen ab, in dem man sich bewegt. Der Wissenschaftler wird mit gutem Grund die Existenz Gottes im Rahmen seines Denkgebäudes nicht als erwiesen ansehen können, aber für den Metaphysiker und Gottgläubigen ist sie im Rahmen seiner Logik eine Denknotwendigkeit. Ich stelle mir den Denkrahmen als ein Spiel vor: Es gibt ein Spielbrett und Figuren, die nach bestimmten Regeln bewegt werden. Wenn wir Richtiges von Falschem trennen wollen, müssen wir wissen, nach welchen Regeln das Spiel gespielt wird.
Timm Grams
Kapitel 9. Die schöpferische Kraft des Fehlers
Zusammenfassung
Dieses Kapitel knüpft an das Paradoxon von Braess und das damit zusammenhängende Gefangenendilemma an. Das Gefangenendilemma definiert die Spielregeln für ein Evolutionsexperiment, das zeigt, wie das Neue – in diesem Fall das kooperative Verhalten – allein auf der Grundlage von Evolutionsmechanismen in eine Welt kommen kann, die von lauter Egoisten bevölkert ist. Die populären Ansichten über den schöpferischen Prozess entpuppen sich als Irrtümer. Nicht Teamwork, Planung, oder der gute Einfall bringen das Neue hervor. Auch die Flexibilität ist eher eine Tugend des Mittelmaßes und taugt nicht als Erfolgsrezept. Der Vorgang des Erfindens und Entdeckens wird meist anhand des Märchens der „drei Prinzen aus Serendip“ erläutert: Durch Zufall und Weisheit machen diese Drei unerwartete Entdeckungen. Heute steht Serendipity für glückliche Fügung, genauer: für die zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, das sich als neue und überraschende Entdeckung erweist.
Timm Grams
Kapitel 10. Um Wahrheit geht es nicht
Zusammenfassung
Wir wollen immer klüger werden, nicht mehr in Denkfallen tappen. Unsere zunehmende Fähigkeit, Denkfallen aus dem Weg zu gehen, verbuchen wir als Erkenntnisgewinn. Das ist mühsam; es geht nur langsam voran. Sollten wir unsere Stückwerkstechnik nicht besser aufgeben und nach Höherem, nach umfassender Wahrheitserkenntnis streben? In der Evolution geht es nicht um ewige Wahrheiten, nicht um die getreuliche Erfassung der Welt durch die sie bevölkernden Wesen. Die allgegenwärtigen Tarn‐ und Täuschungsmanöver sind der Wahrheitsfindung jedenfalls abträglich. Bereits unser Wahrnehmungs- und Denkapparat leistet seinen Beitrag zur Verschleierung der „Wirklichkeit“. Die Evolution hat keineswegs die Mechanismen begünstigt, die eine unverfälschte Wahrnehmung erlauben. Das belegen die optischen Täuschungen. Der Wahrnehmungsapparat dient dem Überleben. Wahrnehmungsgene, die die Wahrscheinlichkeit für Nachkommen erhöhen, bestimmen so auch in der nächsten Generation die Wahrnehmung.
Timm Grams
Kapitel 11. Das System der Denkfallen
Zusammenfassung
Es gibt unbegrenzte Möglichkeiten, Fehler zu machen. Schade wäre es, wenn man aus einem Fehler nur lernen könnte, zukünftig nur genau diesen Fehler zu vermeiden. In diesem Buch wird die Idee verfolgt, dass es gar nicht so viele voneinander verschiedene Typen von Fehlern gibt, sondern dass sich die Fehler einigen wenigen Denkfallen zuordnen lassen und dass sich daraus die Möglichkeit ergibt, den Lerneffekt zu steigern. Wir wollen uns nicht nur gegen einige wenige Fehler wappnen, sondern die Immunisierung möglichst auf ganze Fehlerklassen ausdehnen. Das Schlusskapitel soll dabei helfen. Es liefert eine Übersicht über das System der Denkfallen.
Timm Grams
Backmatter
Metadata
Title
Klüger irren - Denkfallen vermeiden mit System
Author
Prof. Dr. Timm Grams
Copyright Year
2020
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-61103-6
Print ISBN
978-3-662-61102-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61103-6

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