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20-10-2014 | Kommunikation | Schwerpunkt | Article

Die Lebensmittelindustrie verspielt weiterhin Vertrauen

Author: Annette Speck

2:30 min reading time

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Gerade erhielt Nestlé den "Goldenen Windbeutel 2014" für einen umstrittenen Baby-Trinkbrei. Der Negativpreis zeigt erneut, dass bei Lebensmittelinformationen Klärungsbedarf besteht. Ein Kommentar.

Irreführende Werbeaussagen, nicht deklarierte Inhaltsstoffe oder Produktinformationen in Minischrift - die Liste der Ärgernisse rund um die Lebensmittel-informationen ist lang. So prangert die Verbraucher-schutzorganisation Foodwatch auch alljährlich die "dreistesten Werbelügen" an. Der von ihr ausgelobte Negativpreis "Goldener Windbeutel 2014" ging jüngst an den Lebensmittelkonzern Nestlé für seine „Alete Trinkmahlzeiten ab dem 10. Monat“.

Werbeaussagen und Realität klaffen auseinander

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Vom Unternehmen wird der Trinkbrei als babygerechte, vollwertige Mahlzeit angepriesen. Kinderärzte kritisieren das Produkt hingegen wegen Überfütterungs- und Kariesgefahr. Nominiert waren außerdem: Knorr-Hühnersuppe von Unilever, Glacéau Vitaminwater von Coca Cola, Belvita Frühstückskeks von Mondelez und Unser Norden/Bio-Apfelsaft von Coop. Bei all diesen Produkten moniert Foodwatch eklatante Diskrepanzen zwischen den Werbeaussagen zum Produkt und der Realität.

Verbraucher wollen mehr Produktinformationen

Zweifelhafte Werbesprüche sind jedoch nur eines der Informationsprobleme der Branche. Laut dem im September veröffentlichten Foodwatch-Verbraucherreport 2014 stimmen 74 Prozent der Verbraucher der Aussage zu, es sei sehr schwierig, die Qualität von Lebensmitteln anhand der Angaben auf der Verpackung richtig zu beurteilen. Dabei findet die ganz große Mehrheit der Konsumenten Informationen zu Zutaten, Herkunft, Tierbestandteilen und Gentechnik überaus wichtig und mehr als zwei Drittel wünschen sich hierzu mehr Informationen.

Wenig Vertrauen in die Herstellerangaben

Dass allerdings nur 36 Prozent der Befragten den Lebensmittelherstellern hinsichtlich ihrer Angaben zu Qualität und Beschaffenheit der Produkte vertrauen, hat sich die Branche selbst zuzuschreiben: Zuviele Skandale bei der Herstellung sowie Tricksereien mit irreführenden Angaben - denen der Gesetzgeber zugegebenermaßen durch mangelnde und uneinheitliche Kennzeichnungspflichten Vorschub leistet - machen die Verbraucher zunehmend misstrauisch. "Das alte Erfolgsmuster lautete: Marken begehrlich machen durch das Verheimlichen von Informationen. Die Werbung zeigte ausschließlich Heile-Welt-Repliken und austauschbare, realitätsfremde Erlebniswelten", stellen denn auch Kathrin Greven und Georg Lahme in dem Buchkapitel "Freiwillige Transparenz führt zum Erfolg" (Seite 103) fest.

Das Problem hat die Lebensmittelindustrie wohl erkannt. Mit der Lösung tut sie sich jedoch schwer. Zwar streben einer Studie von Pricewaterhouse Coopers (PwC) zufolge vier von zehn Unternehmen die vollständige Transparenz der Herstellungs- und Lieferwege an, doch rund zehn Prozent der Firmen informieren gar nicht über die Herkunft der Produkte. 93 Prozent der Unternehmen verwenden derweil Gütezeichen, um den Kunden das Gefühl von Transparenz und Sicherheit zu geben.

Transparenz und Glaubwürdigkeit sind nötig

Immer beliebter werden laut der PwC-Studie zudem digitale Lösungen wie QR-Codes, RFID oder mobile Anwendungen. Damit lassen sich zweifellos auch komplexe Informationen vermitteln. Allerdings setzen solch neue digitale Tools und Kommunikationskanäle entsprechende Mobilgeräte samt Nutzungsgewohnheiten voraus, die bis dato längst nicht bevölkerungsweit vorhanden sind.

Was also ist der Lebensmittelindustrie zu raten? Dass sie die Wünsche der Verbraucher endlich ernst nimmt und ehrlich, verständlich und umweglos über ihre Produkte informiert! Mit Pseudotransparenz lässt sich dabei kein nachhaltiges Vertrauen aufbauen. Hierzu sind, wie die Springer-Autoren Greven und Lahme betonen, eine grundlegende Transparenzstrategie und glaubwürdige Kommunikation nötig.

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