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2023 | Book

Konfliktuelle Kulturpolitik

Editors: Anke Schad-Spindler, Friederike Landau-Donnelly, Stefanie Fridrik, Oliver Marchart

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

Book Series : Politologische Aufklärung – konstruktivistische Perspektiven

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About this book

Dieser Sammelband vereint Beiträge aus unterschiedlichen Bereichen der Kulturpolitikforschung. Impulsgebend für den Band war das Forschungsprojekt „Agonistische Kulturpolitik (AGONART) – Fallstudien zur konfliktiven Transformation von Kulturstandorten“. Dieses verstand sich als interdisziplinärer Beitrag zwischen qualitativ-empirischer Grundlagenforschung in Politikwissenschaft (mit Schwerpunkt auf Kulturpolitik) und politischer Theorie (mit Schwerpunkt auf Konflikttheorie bzw. agonistischer Demokratietheorie). Das Buch regt somit zu einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Kulturpolitik(forschung) in Österreich, dem deutschsprachigen Raum und darüber hinaus an.

Table of Contents

Frontmatter

Konfliktuelle kulturpolitische Theorien

Frontmatter
Konfliktuelle Kulturpolitik in österreichischen Städten
Zusammenfassung
Der vorliegende, in den Sammelband einführende Beitrag schärft eine kulturpolitische Forschungsperspektive, die Konflikte nicht als bedrohlich oder per se problematisch sondern politischen Handelns zugrunde liegend wahrnimmt. Nachdem zu Beginn Design, Schwerpunkte und Ziele des Forschungsprojekts AGONART vorgestellt werden, geht der Beitrag vor allem der Frage der Operationalisierung kulturpolitischer Konflikte nach. Aufbauend auf agonistische Konflikt- und Demokratietheorien, werden im Begriff (urbaner) Arenen – als öffentliche und inhärent politische Orte – theoretische und methodologische Ansätze zur Analyse kulturpolitischer Konflikte zusammengeführt. Diese Überlegungen werden schließlich auf das empirische Datenmaterial angewandt und kulturpolitische Konstellationen in den Städten Wien, Graz und Linz untersucht. Anhand kultureller Ereignisse und deren konfliktuellen Kontaktzonen werden die Modalitäten und Dynamiken lokaler kulturpolitischer Konflikte situativ betrachtet und dargestellt. Abschließend werden Dynamiken der Antagonisierung in Arenen urbaner Kulturpolitik in Bezug auf Demokratisierungsprozesse synthetisierend diskutiert.
Oliver Marchart, Anke Schad-Spindler, Stefanie Fridrik, Friederike Landau-Donnelly
Democratization Through “Cancel Culture”—Three Levels of Artistic Freedom
Abstract
While ‘cancel culture’ is commonly regarded as limiting freedom of speech and artistic freedom, this article proposes a new understanding of ‘cancel culture’ as emancipatory norm-setting that is key for democratization. On a non-governmental level of the self-regulation of the art world, the argument for artistic freedom ignores the fact that art is permeated by power. The introduction of ‘politically correct’ norms leads to a justified redistribution of such power. On a parastatal level of public broadcasting and state cultural funding, neutrality is necessary but should be understood materially to include marginalized voices. Restrictions of freedom of speech and artistic freedom do occur on the state-level of hate-speech regulation. Here, the danger of a potential shift from emancipatory regulation to a harmful restriction is particularly virulent, as a discussion of the German BDS ban shows.
Karsten Schubert
Beteiligungsprozesse in der Kulturentwicklungsplanung – Eine kritische Reflexion des Arnstein’schen Beteiligungsmodells
Zusammenfassung
Das Stufenmodell der politischen Partizipation der US-amerikanischen Regierungsberaterin Sherry Arnstein ist einer der wichtigsten Referenzpunkte für die Planung von kulturpolitischen Beteiligungsprozessen, hat aber auch grundlegende Kritik erfahren. Dabei blieb ein Leitfaden, den Arnstein im Regierungsauftrag verfasste, weitgehend unbeachtet. Nur in der vergleichenden Diskussion beider Texte ist ihr Beteiligungsmodell zu verstehen. Dennoch kommt es an seine Grenzen, wenn u. a. in der Kulturentwicklungsplanung gesellschaftlich defizitäre Handlungsfelder (bspw. Nachhaltigkeit) Situationen sozialen Lernens erfordern.
Julia Glesner
Kulturelle Gegenhegemonien: Radikaldemokratische Kulturpolitik im Angesicht rechtspopulistischer Inanspruchnahme
Zusammenfassung
Aus Perspektive der radikalen Demokratietheorie tragen kulturelle Gegenhegemonien zur Verwirklichung demokratischer Ansprüche bei. Der Aufstieg des Rechtspopulismus stellt diesen Zusammenhang jedoch infrage. Daher wird im Anschluss an philosophische Theorien der Ästhetik und ihrer Parallelen zu radikalen Demokratietheorien das Modell einer konflikthaften Kulturpolitik diskutiert. Anschließend werden die Grenzen dieses Konzepts anhand der Kulturpolitik der „Neuen Rechten“ aufgegriffen. Es wird gezeigt, dass von zwei Modellen konflikthafter Kulturpolitik – einem konfliktuell-performativen und einem konfliktuell-reflexiven Modell – gesprochen werden kann, die sich in den normativen Ansprüchen radikaler Demokratietheorie unterscheiden.
Lucas von Ramin

Konfliktuelle Institutionen der Kunst und Kultur

Frontmatter
Lumbung, Delokalisierung und eine Kulturpolitik des Engagements. Eine Antwort auf die Krise der liberalen Demokratie
Zusammenfassung
Die documenta fifteen war ein dekoloniales Projekt. ruangrupa, ein Kollektiv aus Indonesien, kuratierte sie 2022 nach dem Prinzip des lumbung. Die 15. documenta führte damit die postkoloniale Documenta11 fort. Ihre Delokalisierung (Verschiebung) des Ausstellungsraums in den öffentlichen und politischen Diskurs machte bereits 2002 deutlich, dass Neoliberalismus und Globalisierung den gesellschaftlichen Zusammenhalt in liberalen Demokratien gefährden. Der Beitrag wiederum plädiert für eine Delokalisierung des Politischen durch eine Kulturpolitik des Engagements. Das heißt, dass die grundsätzlich konfliktvolle Dimension des gesellschaftlichen Zusammenlebens diskontinuierliche Bedeutungsräume in öffentlichen Kulturinstitutionen erhält. Sie ermöglichen für eine vielstimmige postmigrantische Gesellschaft soziale Teilhabe sowie Anerkennung und stärken dadurch die Demokratie.
Christopher A. Nixon
The Art of (Re)-Assembling: Performing Democracy in and through Space
Abstract
This chapter takes as its starting point the ascendant status of ‘recognition,’ ‘participation,’ and ‘visibility’ in contemporary artistic and cultural discourses. Foregrounding the pitfalls of visibility via cultural representation, it investigates artistic initiatives that construct material terrains and institutional arrangements where new political identities can be enacted and where new modalities of contingent and non-essential forms of being-in-common, beyond identitarian politics, can be performed. Drawing on relatively underexamined case studies of artistic initiatives that have emerged in Europe over the past decade, this chapter contributes to critical political theories and performance studies that engage with questions of space and institutionality by foregrounding the crucial role of architectural tools and artistic methodologies in the radical democratization of society.
Konstantinos Pittas
Die produktive Kraft der Polarisierung und ihre Auswirkungen auf Kunst und Kultur
Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag beschreibt im Anschluss an das Forschungsprojekt „KupoS – Kunst und Kultur in der polarisierten Stadt“ Dynamiken im künstlerisch-kulturellen Feld Dresdens, die sich in Folge der PEGIDA-Demonstrationen ergaben. Diese weithin bekannte Protestbewegung führte zu einer spannungsgeladenen Situation innerhalb der Stadtgesellschaft, die im Beitrag mit einem heuristischen Begriff der Polarisierung perspektiviert wird. Im Fokus des Projekts standen die Auswirkungen dieser Polarisierungen auf das künstlerisch-kulturelle Feld; es wurde danach gefragt, ob und wie Kulturinstitutionen auf diese Prozesse in ihrer Veranstaltungspraxis reagieren. In diesem Beitrag nun wird dargestellt, mit welchen Herausforderungen sich Kulturinstitutionen und -akteur*innen in einer Polarisierungsdynamik konfrontiert sehen sowie in welcher Art diese das künstlerisch-kulturelle Feld gleichsam programmatisch überlagert.
Heike Greschke, Lukas Schmitz
Konfliktuelle Ebenen in Ansprüchen und Implementierung Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik am Beispiel von Demokratisierungsförderung
Zusammenfassung
Der Artikel untersucht die Frage, welche konfliktuellen Ebenen sich in Ansprüchen und Implementierung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) Deutschlands im Kontext von Demokratisierungsförderung identifizieren lassen. Darauf aufbauend wird erörtert, wie eine zukunftsorientierte AKBP agieren kann, indem sie existierende Konflikte, auch bezüglich inhärenter Machtstrukturen, aktiv reflektiert und proaktiv mit den sogenannten Partnerländern offen diskutiert und verhandelt.
Meike Lettau

Konfliktuelle Praktiken der Kulturpolitik und -produktion

Frontmatter
Praxis im Konflikt. Kunstaktivismus als performative Kulturpolitik
Zusammenfassung
Dass kunstaktivistische Praxis vor allem in politischen Konflikten entsteht, ist ein wesentlicher Ausgangspunkt bisheriger Theoriebildung zum Thema (Marchart in Conflictual aesthetics: artistic activism and the public sphere, Sternberg Press, Berlin, 2019). Die spezifischen Erscheinungsweisen von Kunstaktivismus entspringen aber auch Konflikten, die nicht in einem der Kunst äußerlichen politischen Kontext, sondern in der Kunstpraxis selbst veranlagt sind: etwa der Konflikt zwischen künstlerischer Autonomie und gesellschaftlicher Wirkung. Dieser Beitrag behandelt die Frage, welche praxisimmanenten Konflikte Kunstaktivismus zugrunde liegen und wie diese seine fortlaufende Entwicklung bedingen. Hierzu stelle ich im ersten, konzeptuellen Teil des Beitrags Grundgedanken zu einer Praxistheorie des Kunstaktivismus vor. Im zweiten, empirischen Teil illustriere ich diese Theorie am Beispiel des britischen Kollektivs „Keep it Complex, Make it Clear!“, das sich im Zuge der Proteste gegen das Ergebnis des Brexit-Referendums formierte.
Marie Rosenkranz
Art-Based Commoning. Zur räumlichen Verstrickung von Kultur- und Stadtpolitik am Bespiel der Projekträume in Berlin
Zusammenfassung
In diesem Beitrag untersuchen wir empirisch die von Berliner Projekträumen betriebene Raumproduktion, um die Qualitäten einer kunstbasierten Vergemeinschaftung von urbanen Ressourcen – im Sinne eines Art-Based Commonings – und deren Zusammenhang mit Eigentumsverhältnissen herauszuarbeiten. Dafür haben wir im Rahmen eines Lehrforschungsformats in synthetisierenden Mappings eine Auswahl von Projekträumen, verschiedene Raumtypen auf Maßstabsebene der Gebäude, verschiedene Raumsysteme auf Ebene der Nachbarschaft sowie verschiedene Raumpraxen und Raumpolitiken auf Ebene der Gesamtstadt identifiziert. Die dabei aufgedeckten Verstrickungen zwischen kommunaler Kulturpolitik und zivilgesellschaftlicher Stadtpolitik machen Zusammenhänge zwischen der künstlerischen kollektiven Praxis der Projektraumbetreiber*innen, ihren konkreten Raumproduktionen und den jeweils vorherrschenden Eigentumsverhältnissen im urbanen Raum lesbar.
Séverine Marguin, Dagmar Pelger
Kulturpolitische Grenzraumskalierung. Planungsprozesse der Projekte IBA KIT und 3LAND im trinationalen Stadtraum Basel
Zusammenfassung
In unserem Beitrag liegt der Fokus auf der kulturpolitischen (Re-)Produktion und Kulturalisierung eines trinationalen Grenzraums im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz durch Planungsprojekte der Internationalen Bauausstellung (IBA) Basel. Durch den empirischen Vergleich zweier solcher Projekte, IBA Kit und 3Land, werden wir anhand von im Forschungsprozess iterativ gebildeten Kategorien aufzeigen, dass (agonistische) Kulturpolitiken erst verstanden werden können, wenn die refigurativen Spannungen von (Grenz-)Räumen empirisch betrachtet und analysiert werden.
Michael Wetzels, Vivien Sommer
Kulturpolitik als Kulturelle Bildung in ländlichen Räumen. Zwischen stellvertretender Integration und Konflikt-Verdeckung
Zusammenfassung
Der Beitrag diskutiert Kulturelle Bildung in ländlichen Räumen als ein kulturpolitisches Projekt, das der Etablierung jener spezifischen Ordnung des demokratischen Zeitalters zuarbeitet. Dies geht mit Integrationskosten für das Regionale einher, denen im Modus der Verdeckung begegnet wird.
Saskia Bender
Metadata
Title
Konfliktuelle Kulturpolitik
Editors
Anke Schad-Spindler
Friederike Landau-Donnelly
Stefanie Fridrik
Oliver Marchart
Copyright Year
2023
Electronic ISBN
978-3-658-40513-7
Print ISBN
978-3-658-40512-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40513-7