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06-02-2018 | Konsumgütermarketing | Schwerpunkt | Article

Sharing definiert Konsum neu

Author: Johanna Leitherer

3:30 min reading time

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Beim Sharing werden Produkte und Dienste nicht gekauft, sondern gemietet. Das Konzept liegt im Trend und kommt auch auf dem Massenmarkt gut an. Ob die Geldbeutel der Konsumenten und die Umwelt dabei tatsächlich geschont werden, hängt von mehreren Faktoren ab. 

Kleidungsstücke spielen häufig nur eine kurze Gastrolle in unserem Konsumleben. Während im Erwachsenenalter meist wechselnde Modetrends für Bewegung im Kleiderschrank sorgen, ist es bei Babies und Kindern die Konfektionsgröße. Kaum passt das neue Kleidungsstück, sind die Sprösslinge schon wieder herausgewachsen. Um dem übermäßigen Klamottenverschleiß durch die kurze Nutzungsdauer entgegenzuwirken, hat Tchibo einen Online-Mietservice für fair und ökologisch produzierte Kinderkleidung gegründet, "Tchibo Share". Für sein neuestes Projekt hat der Kaffeekonzern Kilenda, den bisher größten Marktteilnehmer der lukrativen Nische, an Bord geholt.

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2018 | OriginalPaper | Chapter

Die Sharing Economy als Bestandteil der Wertschöpfung des Wirtschaftsstandortes Deutschland

Wertschöpfung in Deutschland verändert sich aktuell aufgrund der technologie-gestützten Sharing Economy. Dieser Artikel liefert Erkenntnisse auf Basis einer explorativen Studie von 76 Onlineplattformen, welche der Sharing Economy in Deutschland zugedacht werden.


Eine Mitgliedschaft erfordert Tchibo Share derzeit nicht. Eltern bezahlen für jedes Baby- und Kinderkleidungsstück einzeln und erhalten dazu eine monatliche Rechnung. Wird die Ware nicht mehr benötigt, geht sie an Tchibo zurück. Dabei ist der Zustand der Ware unerheblich: Für Mängel wie Flecken und Löcher müssen Eltern nicht aufkommen, verspricht das Hamburger Unternehmen. Sobald der Mietpreis den regulären Kaufpreis erreicht, gilt die Ware als gekauft und darf behalten, aber auch wieder zurückgeschickt werden. Ein Kleidungsstück wird so von durchschnittlich vier Kindern genutzt, wie Tchibo ausgerechnet hat. Der dadurch in Gang gesetzte Kreislauf soll die Umwelt schützen und Eltern finanziell schonen. Zur fachlichen Unterstützung kooperiert Tchibo mit dem Start-up Kilenda, das seit 2013 mit einem Mietmodell für Kinderkleidung, Spielzeug und Baby-Ausstattung am Markt ist.  

CSR und Trendwelle in Einem 

Der Online-Mietservice sei ein "weiterer Baustein auf dem Weg zu einer 100 Prozent nachhaltigen Geschäftstätigkeit", heißt es in einer Mitteilung von Tchibo. Damit investiert das früher einzig auf den Kaffeehandel spezialisierte Unternehmen in seine unternehmerische Sozialverantwortung ("Corporate Social Responsibility"), nutzt aber auch clever eine Trendwelle als Marketing-Vehikel, um Kunden an sich zu binden. Denn Sharing, also das nachhaltige Teilen von Produkten und Dienstleistungen, boomt. "Die Sharing Economy ist in Zeiten des Web 2.0 zu einem Synonym für schnellen Zugang zu Produkten und Dienstleistungen geworden. Wie wir uns heute ein Zimmer buchen (Air bnb), Bekleidung kaufen (Kleiderkreisel) oder ein Auto mieten (Drive Now) hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt", schreiben die Springer-Autoren Nadine Schreiner und Peter Kenning im Buchkapitel "Teilen statt Besitzen: Disruption im Rahmen der Sharing Economy" (Seite 356). 

Die Unternehmen der "Sharing Economy" sind das Ergebnis eines veränderten Konsumentenverhaltens: Nicht mehr der Besitz, sondern die Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung steht zunehmend im Vordergrund, Sharing ist chic. Da das Mieten günstiger als Kaufen scheint und auch Privatpersonen als Anbieter agieren können, erhält der soziale Wandel zusätzlichen Aufwind. Darüber hinaus vereinfachen digitale Plattformen und Apps die Prozesse, wie sie etwa das Sharing erfordert, stark. Meist genügen wenige Klicks, um die Vorzüge der Sharing Economy nutzen zu können. Das senkt die Hemmschwelle, Produkte und Dienstleistungen zu mieten. 

Sharing besser als Kaufen?

Neben den eher eigennützigen Beweggründen, die Konsumenten zum Teilen bewegen, spielt auch das ökologische Gewissen eine Rolle. "In der Wahrnehmung der Konsumenten entsprechen viele Sharing-Angebote den Vorstellungen eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen", stellen Schreiner und Kenning fest (Seite 361). Die Realität zeigt indes, dass die beim Sharing angestrebte Nachhaltigkeit nicht immer gewährleistet ist, etwa wenn es zu so genannten Rebound-Effekten kommt. Auf temporären Besitz lassen sich Konsumenten jedoch leichtfertiger ein und bestellen dadurch auch mehr. Denn die Einzelbeträge für ein gemietetes Produkt oder eine Dienstleistung fallen meist verlockend gering aus. Wer viele Waren gleichzeitig mietet oder gar ein fortlaufendes Abonnement abgeschlossen hat, kann schnell den Überblick verlieren, was in einen großen Kostenberg münden kann. Generell ist Mieten nicht immer günstiger als Kaufen. Da Kunden von Tchibo Share maximal den Kaufpreis zahlen müssen, bleiben die anfallenden Kosten zwar überschaubar. In Anbetracht dessen, dass das bestellte Produkt ein gebrauchtes ist, dürfte der Kaufpreis den Warenwert jedoch in den meisten Fällen übersteigen. 

Auf einer Podiumsdiskussion, die zum Launch des Online-Mietservices veranstaltet wurde, fanden die Gäste anerkennende Worte. "Im Share Modell liegt die Zukunft, da ist Tchibo glaubhaft", sagte der Ex-Außenminister und Grünen-Politiker Joshka Fischer. "Dennoch: Die Sharing Economy steht am Anfang, wir werden noch effizienter werden müssen, Wegwerfökonomie geht nicht mehr." 

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