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Open Access 06-12-2024 | Originalarbeit

Kontamination von Haufwerk durch Sprengmittel und Dieselmotoremissionen

Authors: Elisabeth Hauzinger, Robert Galler, Mark Ganster

Published in: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte | Issue 12/2024

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Zusammenfassung

Das Thema der Verwendung von Tunnelausbruchmaterial als Zuschlagsstoffe oder alternative Baustoffe auf oder abseits der Baustelle ist in Zeiten des Klimawandels, Ressourcenknappheit, Kreislaufwirtschaft und Maßnahmen zur CO2 Reduktion ein wichtiges Thema. Jedoch wird die Verwendung von Aushubmaterialen durch ihre gesetzliche Definition als Abfallprodukte erschwert. Dies macht die umfassende Analyse nach Deponieverordnung 2008 sowie Bundesabfallwirtschaftsplan 2023 erforderlich, welche auch die Prüfung der Parameter Ammonium (NH4+), Nitrat (NO3) und Nitrit (NO2) vorschreibt. Die Kontamination des Ausbruchmaterials durch diese Stoffe wurden bislang ausschließlich Sprengmittel sowie deren Umsatzprodukten zugeschrieben, welche sich aus den Sprengschwaden auf das Haufwerk absetzt. Neuere Erkenntnisse lassen jedoch vermuten, dass auch Dieselmotoremissionen der untertägig eingesetzten Baugeräte maßgeblich zu diesen Verunreinigungen führen. Um diesen Umstand näher zu beleuchten, wurden Proben vom Haufwerk aus Baustellen mit konventionellem Vortrieb als auch untertägigen Bergbauen genommen und analysiert.
Notes

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

Die Verwendung von Tunnelausbruchmaterial ist maßgeblich für die Nachhaltigkeit und die Ressourceneffizienz in der Baubranche. Neben der mineralogischen sowie der geochemischen Zusammensetzung des Materials ist dabei eine Kontamination durch anthropogene Stoffe von besonderer Bedeutung, da diese oft ausschlaggebend dafür sind, ob das Material einer weiteren Verwendung zukommen kann oder deponiert werden muss [1]. Zu diesen Fremdstoffen, die durch den Vortrieb in das Ausbruchsmaterial gelangen, gehören Sprengmittel, Bauchemikalien, wie etwa Beschleuniger als Betonzusatzmittel, sowie aliphatische Kohlenwasserstoffe, welche durch dieselbetriebene Baugeräte eingebracht werden. Demzufolge sind vor allem Nitrit (NO2), Nitrat (NO3), Ammonium (NH4+), Chromat (Cr6+) und der Gesamtchromgehalt sowie der KW-Index und Kohlenwasserstoffe C10–C40 in Ausbruchmaterial aus einem Tunnelbau mit Sprengstoffvortrieb zu finden [2].
Bei herkömmlichen Sprengstoffen handelt es sich meist um Ammoniumsalpeter (NH4NO3), auch Ammoniumnitrat genannt, welcher entweder patroniert als gelatinöser Sprengstoff oder als Emulsionssprengstoff in das Bohrloch gepumpt wird [2]. Kommt Ammoniumsalpeter mit Wasser in Kontakt, entstehen Ammonium und Nitrat (Gl. 1) [3].
$$NH_{4}NO_{3}\leftrightarrow N{H}_{4}^{+}+N{O}_{3}^{-}$$
(1)
Vor allem die Verunreinigung durch Ammonium, Nitrat und Nitrit wird den Sprengmitteln zugeschrieben, wobei Ammonium und Nitrat durch Laden des Sprengstoffes und durch nicht detonierte Sprengstoffreste ins Tunnelausbruchmaterial gelangt [4], während Nitrit als Reaktionsprodukt bei der Sprengung entsteht und sich über die Sprengschwaden auf die Oberfläche des Ausbruchsmaterials ablagert [2]. Jedoch kann der immer häufiger verwendete Flüssigsprengstoff, welcher aus zwei ungefährlichen Komponenten besteht und erst in situ im Bohrloch den Sprengstoff bildet, in Klüfte und Poren des Gesteins eintreten, wo er nicht abarbeiten kann [1]. Beim Bau des Gotthard-Basistunnels wurden pro Tonne Ausbruchmaterial 6,0 bis 15,0 g Nitrat, 1,0 bis 2,4 g Nitrit und 0,2 bis 3,3 g Ammonium gemessen. Allerdings halbieren sich diese Werte innerhalb von drei Monaten durch den natürlichen Denitrifikationsprozess [5].
Auch Dieselmotoremissionen beinhalten neben Kohlenstoffmonoxid (CO), Kohlenstoffdioxid (CO2), Stickstoffmonoxid (NO) und Russpartikeln auch Stickstoffdioxid (NO2), welche sich auf das Haufwerk niederschlagen [6]. Je nach den im Tunnel herrschenden Verhältnissen kommt es zur Umwandlung von Ammonium, Nitrat und Nitrit [5]. Bei oxischen Bedingungen wird Ammonium über Nitrit zu Nitrat oxidiert (Gl. 2), während bei anoxischen Bedingungen der Prozess rückwärts abläuft (Gl. 3).
$$N{H}_{4}^{+}+OH^{-}\rightarrow NH_{3}+H_{2}O\:und$$
(2)
$$2NH_{3}+3O_{2}\rightarrow 2H^{+}+2N{O}_{2}^{-}+2H_{2}O\:und$$
$$2N{O}_{2}^{-}+O_{2}\rightarrow 2N{O}_{3}^{-}$$
$$N{O}_{3}^{-}+2H^{+}+2e^{-}\rightarrow N{O}_{2}^{-}+H_{2}O\:und$$
(3)
$$N{O}_{2}^{-}+4H^{+}+4e^{-}\rightarrow N{H}_{4}^{+}+O_{2}$$
Dieser Umstand wirft Zweifel an der Aussage auf, dass sämtliche Verunreinigungen durch Ammonium und Stickoxide von Sprengmitteln stammen. Durch eine Vergleichsmessung von Tunnelausbruchsmaterial aus einem Baggervortrieb sowie von Material einer Gewinnungssprengung in einem Bergbau soll dieser Umstand näher beleuchtet werden.

2 Materialien und Methoden

Die Proben des Ausbruchmaterials bzw. der Gewinnungssprengung wurden nach der Deponieverordnung 2008 [7] untersucht. Zwölf der Datensätze stammen aus dem Archiv eines Bauunternehmens, während die restlichen sieben Proben im Zuge der Studie genommen und analysiert wurden. Somit entstand ein Datensatz von insgesamt 19 Proben von fünf unterschiedlichen Baustellen bzw. Bergbauen.
Bei der Probennahme wurden relevante Parameter, wie die Gesteinsart, Abschlagslänge, Anzahl der Sprenglöcher, Menge des Sprengstoffs, Anzahl der Vortriebsmaschinen sowie die geschätzte Masse des beprobten Haufwerks, aufgenommen und bei der Auswertung berücksichtigt (Tab. 1). Die Aufnahme der Vortriebsmaschinen ist wichtig für die Beurteilung des TOC, KW-Index sowie der NOx Werte, da diese maßgeblich von Dieselmotoremissionen (DME) beeinflusst werden können, was dann fälschlicherweise Sprengmitteln und deren Schwaden zugeschrieben werden kann. Aus diesem Grund wurde bei einigen Baustellen eine Probennahme mit einem verstärkten Hauptaugenmerk auf DME bzw. Sprengmittel unternommen. Des Weiteren wurden auch Proben vom Aushub einer Tunnelbaustelle mit reinem Baggervortrieb sowie von einer Gewinnungssprengung in einem Untertagebergwerk genommen, um eine eventuelle Abgrenzung zwischen DME und Sprengmittel veranschaulichen zu können.
TABELLE 1
Relevante Parameter für die Analyse von Tunnelausbruchmaterial unterschiedlicher Herkunft auf Verunreinigung durch Sprengmittel und/oder DME
Nr
Ort
Gesteinsart
Abschlags
länge
Anzahl
Sprengbohrlöcher
Menge Sprengstoff
Anzahl
Baugeräte
Beprobte Masse
   
[m]
[Stk]
[kg]
[Stk]
[t]
1
Baustelle 1
Biotitschiefer/
Biotitgneis
1,7
119
198,9
9
200
2
Quarzphyllit
1,7
127
268,3
9
100
3
Biotitschiefer/
Biotitgneis
1,7
130
247,2
9
100
4
Quarzphyllit/
Quarzschiefer
1,7
132
208,9
9
100
5
Quarzphyllit
1,3
129
166,7
11
200
6
Biotitschiefer/
Grünschiefer
1,3
183
289,8
11
100
7
Chlorit/
Quarzphyllit
1,7
179
583,5
12
200
8
Quarzphyllit
1,7
145
248,64
8
200
9
Amphibolit/
Biotitschiefer
1,7
164
248,6
9
200
10
Quarzphyllit
1,3
172
292
11
200
11
Grünschiefer
1,3
175
268,1
13
200
12
Quarzphyllit
1,3
94
93,7
13
200
13
Baustelle 2
Kalkglimmer-schiefer
2,2
k. A.
294
 
200
14
Baustelle 3 (DME)
Mergel, Sandstein
2,1
k. A.
171,36
12
150
15
Baustelle 3
(Sprengmittel)
Mergel, Sandstein
2,1
k.A.
142,8
12
150
16
Baustelle 4
(Baggervortrieb)
Wiener Tegel
1,3
12
200
17
Wiener Tegel
1,3
12
200
18
Untertage-
bergbau
Magnesit
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
19
Magnesit
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
Die Probennahme erfolgte vor Ort unter der Berücksichtigung der repräsentativen Probennahme laut ÖNORM S 2127:2024-07. So genommene Proben wurden in einem Kunststoffkübel transportiert, welcher mit einem Deckel und zusätzlich mit Frischhaltefolie verschlossen wurde, um eine Veränderung der Zusammensetzung der Probe durch äußere Einflüsse zu verhindern. Die Analyse erfolgte im zertifizierten Labor des Instituts für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben, wobei einige nasschemische Bestimmungen im akkreditierten Unternehmen ESW Consulting Wruss ZT GmbH durchgeführt wurden. Die Probenaufbereitung erfolgte mittels Backenbrecher sowie einer Kugelmühle mit Zirkonoxidbehälter nach ÖNORM EN 15002, um für eine Korngröße zu sorgen, welche für die Analysemethoden des Feststoffs sowie zur Herstellung eines Eluats geeignet sind, während die Probenvorbereitung für die Analyse des Eluats nach ÖNORM EN 12457‑4 durchgeführt wurde.
Um sämtliche Kontaminationen gemäß Deponieverordnung 2008 und Bundesabfallwirtschaftsplan 2023 festzustellen, wurden die Proben auf die Parameter Total Organic Carbon (TOC), Kohlenwasserstoff-Index (KW-Index) im Feststoff und im Eluat sowie Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe nach 16/EPA und Benz[a]pyren im Feststoff überprüft. Des Weiteren wurde das Eluat der Proben auf Ammonium (NH4+), Nitrit (NO2) und Nitrat (NO3) analysiert. Zusätzlich wurde der pH-Wert des Eluats bestimmt. In Tab. 2 wird ein Überblick über die gemessenen Parameter und der verwendeten Methoden inkl. Standards geboten.
TABELLE 2
Verwendete Analysemethoden zur Bestimmung der kontaminierenden Parameter im Haufwerk
Parameter
Analyseverfahren
Standard
Feststoff
TOC
Trockene Verbrennung
ÖNORM EN 15936
KW-Index
Gaschromatographie (GC)
EN 14039
PAK (16)
GC-MS (Massenspektroskopie)
EN 15527
PAK (Benz.)
GC & HPLC*
EN 15527
Eluat
TOC
Differenzverfahren**
ÖNORM EN 1484:2019-04
KW-Index
Gaschromatographie (GC)
EN ISO 9377‑2
NH4+
Flüssigkeits-Ionenchromatographie
DIN 38406-5:1983-10
NO2
Flüssigkeits-Ionenchromatographie
DIN EN ISO 10304-1:2009-07
NO3
Fließanalytik (CFA/FIA)
DIN EN ISO 10304-1:2009-07
pH-Wert
pH Meter
ISO 10523:2008-12
* HPLC Hochleistungsflüssigkeitschromatographie
** TOC = TC − TIC (total organic carbon = total carbon − total inorganic carbon)

3 Ergebnisse

Die Ergebnisse der Analysen des Feststoffs sowie des Eluats (Tab. 3) wurden mit den Grenzwerten der Qualitätsklasse A2‑G des Bundesabfallwirtschaftsplans [8] abgeglichen, da diese die strengsten Kriterien für die Wiederverwendung von Aushubmaterialien beinhaltet (Tab. 4).
TABELLE 3
Ergebnisse der Analysen des Feststoffs und des Eluats von Tunnelausbruchmaterial unterschiedlicher Herkunft auf Verunreinigung durch Sprengmittel und/oder DME
Nr.
Ort
Festsoff
Eluat
  
TOC
KW-Index
PAK (16)
PAK (Benz.)
TOC
KW-Index
NH4
NO2−
NO3−
pH − Wewrt
  
[mg/kg TM]
[mg/kg TM]
[mg/kg TM]
[mg/kg TM]
[mg/kg TM]
[mg/kg TM]
[mg/kg TM]
[mg/kg TM]
[mg/kg TM]
[–]
1
Baustelle 1
n.a
11,0
n.a
n.a
13,0
n.a
0,95
< 0,10
< 20,0
9,93*
2
n.a
< 10,0
n.a
n.a
< 10,0
n.a
1,60
< 0,10
< 20,0
8,73
3
n.a
< 11,0
n.a
n.a
12,0
n.a
1,60
< 0,10
33,0
9,77*
4
2300
14,0
< 0,32
< 0,020
23,0
< 1,0
2,80
< 0,10
< 20,0
9,71*
5
n.a
< 10,0
n.a
n.a
26,0
n.a
1,40
< 0,10
< 20,0
10,36*
6
n.a
< 10,0
n.a
n.a
< 10,0
n.a
2,30
< 0,10
< 20,0
9,69*
7
< 1000
< 10,0
< 0,32
< 0,020
19,0
< 1,0
1,90
< 0,10
< 20,0
9,88+
8
n.a
< 10,0
n.a
n.a
37,0
n.a
1,10
< 0,10
< 20,0
9,24
9
n.a
< 10,0
n.a
n.a
< 10,0
n.a
1,10
< 0,10
< 20,0
9,11
10
n.a
27,0
n.a
n.a
13,0
n.a
1,40
< 0,10
< 20,0
9,79*
11
n.a
< 10,0
n.a
n.a
< 10,0
n.a
1,20
< 0,10
< 20,0
9,84*
12
1500
< 10,0
< 0,32
< 0,020
49,0
< 1,0
1,60
< 0,10
< 20,0
9,30
13
Baustelle 2
5000**
2700*
< 0,025
< 0,050
50,6
< 0,54
3,10
21*
490*
8,8
14
Baustelle 3
5080*
130*
0,046
n. a.
223,0*
17
13*
< 9,2**
130*
11,6
15
Baustelle 3
6820*
27*
0,082
n. a.
311,0*
0,99
30,00*
< 10**
11
12,4
16
Baustelle 4
4860*
28*
< 0,030
n. a.
80,4
< 0,50
32,00*
< 10**
< 10
11,8
17
5390*
36*
< 0,030
n. a.
64,0
< 0,50
8,00**
< 10**
< 10
10,9
18
Bergbau
14600*
< 15
< 0,025
n. a.
15,9
< 0,5
5,4
< 1
57
9,7
19
14700*
15
< 0,025
n. a.
20,6
< 0,5
2,2
< 1
26
9,9
*… liegt oberhalb des Grenzwertes
** stimmt mit Grenzwert überein
TABELLE 4
Grenzwerte des Bundesabfallwirtschaftsplans 2022 für die Qualitätsklasse A2‑G [8]
Grenzwerte lt. BAWP 2023 für QK A2‑G
Feststoff
Eluat
Parameter
Einheit
Wert
Parameter
Einheit
Wert
KW-Index
[mg/kg]
20
Ammonium (als N)
[mg/kg]
8
PAK (16 Verbind.)
[mg/kg]
2
Nitrat (als N)
[mg/kg]
70
PAK (Benz[a]pyren)
[mg/kg]
0,2
Nitrit (als N)
[mg/kg]
2
TOC (als C)
[mg/kg]
5000
KW-Index
[mg/kg]
1
TOC (als C)
[mg/kg]
100
pH-Wert
[–]
6,5–9,5
In Tab. 3 und 4 sind die Werte markiert, welche genau am bzw. über dem Grenzwert liegen. Jene Werte, welche genau am Grenzwert liegen, müssen für die Verwendung laut Deponieverordnung 2008 [7] einer neuerlichen Prüfung unterzogen werden. Werte über dem Grenzwert machen eine Verwendung des Ausbruchmaterials in der Qualitätsklasse A2‑G unmöglich.
Auffällig ist, dass das Material von Baustelle 1 beim TOC im Feststoff deutlich unter dem Grenzwert von 5000 mg/kg TM liegt, während dieser Wert bei allen anderen Baustellen überschritten wird. Dasselbe gilt für den KW-Index, wobei hier beim Material von Baustelle 1 nur ein Wert über dem Grenzwert von 20 mg/kg TM liegt, während die Werte aller anderen Baustellen darüber liegen. Das Material des Untertagebergbaus hingegen liegt wieder unter dem Grenzwert.
Andere Parameter im Feststoff, nämlich PAK (16) und PAK (Benz[a]pyren), sind unauffällig.
Bei der Analyse des Eluats liegen die Werte von TOC und KW-Index im Material von Baustelle 3 über dem Grenzwert, während die Ergebnisse von NH4+ und NO2 auch im Material von Baustelle 4 über den Grenzwerten von 8 mg/kg TM bzw. 70 mg/kg TM liegen. NO3 ist nur im Material von Baustelle 2 sowie in der ersten Probe von Baustelle 3 mit Hauptaugenmerk auf DME erhöht.
Die pH-Wert Messung ergab bei fast allen einen erhöhten Wert, welcher über dem Grenzwert von 6,5 bis 9,5 liegt. Dies kann auf den erhöhten Anteil an bodenfremden, alkalischen Materialien, wie z. B. Spritzbeton oder ähnliche Baustoffe, wie sie im Tief- und Tunnelbau oft eingesetzt werden, liegen.
Ein erhöhter TOC sowie KW-Index ist auf Dieselmotoremissionen zurückzuführen, da diese Stoffe nicht in Sprengmitteln enthalten sind. Allerdings zählen zu DME auch NOx Abgase, welche sich wiederum in NH4+, NO3 sowie NO2 aufspalten.

4 Diskussion

Bei Betrachtung der Ergebnisse ist eine klare Differenzierung der Herkunft der NOx aus DME oder Sprengmitteln bzw. Sprengschwaden nicht möglich. Dies kann unter anderem dadurch begründet werden, dass die Prozesse der Nitrifikation unter aeroben Bedingungen bzw. Nitrat-Reduktion unter anaeroben Bedingungen sofort ablaufen, was durch die feuchten Umgebungsbedingungen im Tunnel zusätzlich begünstigt wird. Jedoch weisen alle Proben mit einem erhöhten TOC sowie KW-Index ebenfalls erhöhte NOx Werte auf. Das lässt auf einen Zusammenhang von erhöhten NOx Werten im Ausbruchmaterial durch DME schließen. Dies wird weiter durch den Umstand bestätigt, dass auf Baustelle 4, wo keine Sprengmittel eingesetzt wurden, sondern der Tunnel mit Baggervortrieb gestaltet wurde, die höchsten NOx Werte aller Proben zeigt. Des Weiteren zeigt die Probe, welche aus dem Untertagebergbau stammt und welche nach der Sprengung über Nacht ausgewettert wurde, einen niedrigen KW-Index sowie niedrige NOx Werte, welche alle unter dem Grenzwert der QK A2‑G liegen. In Tab. 5 sind die möglichen Verwertungswege bzw. Deponieklassen aufgezeigt, welche laut geltenden Richtlinien für die jeweiligen Materialien eingeschlagen werden müssten.
TABELLE 5
Einteilung der analysierten Materialien in Verwertungs- bzw. Deponieklassen anhand geltender Richtlinien. QK A2-G … Erdbaumaßnahmen im Grundwasserschwankungsbereich
Nr
Ort
Qualitätsklasse
Deponieklasse
  
Gem. BAWP 2023
Gem. DVO 2008
1
Baustelle 1
QK BA
Bodenaushubdeponie
2
QK A2‑G
3
QK BA
Bodenaushubdeponie
4
QK BA
Bodenaushubdeponie
5
QK BA
Bodenaushubdeponie
6
QK BA
Bodenaushubdeponie
7
QK BA
Bodenaushubdeponie
8
QK A2‑G
9
QK A2‑G
10
QK BA
Bodenaushubdeponie
11
QK BA
Bodenaushubdeponie
12
QK A2‑G
13
Baustelle 2
Massenabfalldeponie
14
Baustelle 3 (DME)
Massenabfalldeponie
15
Baustelle 3 (Sprengmittel)
Massenabfalldeponie
16
Baustelle 4 (Baggervortrieb)
Baurestmassendeponie
17
Baurestmassendeponie
18
Untertagebergbau
Bodenaushubdeponie
19
Bodenaushubdeponie
NOx können unter den geeigneten Umständen durch natürliche Denitrifikation über mehrere Zwischenschritte in elementaren N2 umgewandelt werden und so in die Atmosphäre entweichen (Gl. 4). Dadurch verringert sich die Konzentration der NOx über einen Zeitraum von drei Monaten um ca. die Hälfte [5].
$$N{O}_{3}^{-}+2H^{+}+2e^{-}\rightarrow N{O}_{2}^{-}+H_{2}O\:und$$
(4)
$$N{O}_{2}^{-}+2H^{+}+e^{-}\rightarrow NO+H_{2}O\:und$$
$$2NO+2H^{+}+2e^{-}\rightarrow N_{2}O+H_{2}O\:und$$
$$N_{2}O2H^{+}+2e^{-}\rightarrow N_{2}+H_{2}O$$
Es ist festzustellen, dass erhöhte NOx Werte nicht ausschließlich von Sprengmitteln stammen, sondern wahrscheinlich sogar maßgeblich von DEM beeinflusst werden. Außerdem weist Material, das aus Gewinnungssprengungen stammt und in der verarbeitenden Industrie als Rohstoff verwendet wird, teilweise gleich hohe Kontaminationen auf. Da sie jedoch einer anderen Gesetzgebung unterliegen, ist eine Weiterverwendung hier bedenkenlos möglich, was bei Tunnelausbruchmaterial durch die Deklaration als Abfall nicht der Fall ist [1]. Dieser Umstand verhindert einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft durch die Verwendung von Tunnelausbruchmaterial als primäre bzw. sekundäre Baustoffe sowie Industriemineralien, was andernfalls zur Minderung des Carbon Footprint der Baubranche, Schonung heimischer Ressourcen sowie Einsparung von Deponieflächen beitragen könnte [9].

5 Zusammenfassung und Ausblick

NOx im Ausbruchmaterial ist nicht ausschließlich auf die Verwendung von Sprengmittel zurückzuführen, sondern auf den maßgeblichen Einfluss von DME. Natürliche Abbauprozesse sorgen für eine Verringerung der Konzentrationen innerhalb eines gewissen Zeitraums, was sich positiv auf die weiteren Verwendungswege auswirkt. Durch eine Umstellung auf elektrisch betriebene Fahrzeuge könnte der Anteil an DME im Ausbruchmaterial und somit auch der Anteil an NOx, der auf diese Emissionen zurückzuführen ist, verringert werden. Des Weiteren können dadurch die Werte von TOC und KW-Index reduziert werden, was eine Verringerung aller kontaminierenden Parameter mit sich bringt. Dadurch kann die Verwendung von Aushub- und Ausbruchmaterialien wesentlich erleichtert werden, solange die gegenwärtigen Gesetze und Richtlinien gelten.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
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go back to reference Kuhn, E., Marti, J., Calonder, B., Seifert, M., Gaido, N., Gammeter Tensing, Schönbächler, D., Winzeler, R., Hächler, K.: Umweltrelevante Erfahrungen beim Tunnelbau mit Sprengvortrieb. Geo Partner AG – Ressourcenmanagement, Zürich (2018) Kuhn, E., Marti, J., Calonder, B., Seifert, M., Gaido, N., Gammeter Tensing, Schönbächler, D., Winzeler, R., Hächler, K.: Umweltrelevante Erfahrungen beim Tunnelbau mit Sprengvortrieb. Geo Partner AG – Ressourcenmanagement, Zürich (2018)
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go back to reference Galler, R.: Development of a resource-efficient tunnelling technologies—Results of the European research project DRAGON. Geomech. Tunnelbau , (2015) Galler, R.: Development of a resource-efficient tunnelling technologies—Results of the European research project DRAGON. Geomech. Tunnelbau , (2015)
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go back to reference ÖNORM EN 15002, Charakterisierung von Abfällen – Herstellung von Prüfmengen aus der Laborprobe, Austrian Standards, 2015. ÖNORM EN 15002, Charakterisierung von Abfällen – Herstellung von Prüfmengen aus der Laborprobe, Austrian Standards, 2015.
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go back to reference ÖNORM EN 12457‑4, Charakterisierung von Abfällen – Auslaugung – Übereinstimmungsuntersuchung für die Auslaugung von körnigen Abfällen und Schlämmen – Teil 4: Einstufiges Schüttelverfahren mit einem Flüssigkeits‑/Feststoffverhältnis von 10 l/kg, Austrian Standards, 2003. ÖNORM EN 12457‑4, Charakterisierung von Abfällen – Auslaugung – Übereinstimmungsuntersuchung für die Auslaugung von körnigen Abfällen und Schlämmen – Teil 4: Einstufiges Schüttelverfahren mit einem Flüssigkeits‑/Feststoffverhältnis von 10 l/kg, Austrian Standards, 2003.
Metadata
Title
Kontamination von Haufwerk durch Sprengmittel und Dieselmotoremissionen
Authors
Elisabeth Hauzinger
Robert Galler
Mark Ganster
Publication date
06-12-2024
Publisher
Springer Vienna
Published in
BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte / Issue 12/2024
Print ISSN: 0005-8912
Electronic ISSN: 1613-7531
DOI
https://doi.org/10.1007/s00501-024-01529-6

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