1 Einleitung
Die Verwendung von Tunnelausbruchmaterial ist maßgeblich für die Nachhaltigkeit und die Ressourceneffizienz in der Baubranche. Neben der mineralogischen sowie der geochemischen Zusammensetzung des Materials ist dabei eine Kontamination durch anthropogene Stoffe von besonderer Bedeutung, da diese oft ausschlaggebend dafür sind, ob das Material einer weiteren Verwendung zukommen kann oder deponiert werden muss [1]. Zu diesen Fremdstoffen, die durch den Vortrieb in das Ausbruchsmaterial gelangen, gehören Sprengmittel, Bauchemikalien, wie etwa Beschleuniger als Betonzusatzmittel, sowie aliphatische Kohlenwasserstoffe, welche durch dieselbetriebene Baugeräte eingebracht werden. Demzufolge sind vor allem Nitrit (NO2−), Nitrat (NO3−), Ammonium (NH4+), Chromat (Cr6+) und der Gesamtchromgehalt sowie der KW-Index und Kohlenwasserstoffe C10–C40 in Ausbruchmaterial aus einem Tunnelbau mit Sprengstoffvortrieb zu finden [2].
Bei herkömmlichen Sprengstoffen handelt es sich meist um Ammoniumsalpeter (NH4NO3), auch Ammoniumnitrat genannt, welcher entweder patroniert als gelatinöser Sprengstoff oder als Emulsionssprengstoff in das Bohrloch gepumpt wird [2]. Kommt Ammoniumsalpeter mit Wasser in Kontakt, entstehen Ammonium und Nitrat (Gl. 1) [3].
$$NH_{4}NO_{3}\leftrightarrow N{H}_{4}^{+}+N{O}_{3}^{-}$$
(1)
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Vor allem die Verunreinigung durch Ammonium, Nitrat und Nitrit wird den Sprengmitteln zugeschrieben, wobei Ammonium und Nitrat durch Laden des Sprengstoffes und durch nicht detonierte Sprengstoffreste ins Tunnelausbruchmaterial gelangt [4], während Nitrit als Reaktionsprodukt bei der Sprengung entsteht und sich über die Sprengschwaden auf die Oberfläche des Ausbruchsmaterials ablagert [2]. Jedoch kann der immer häufiger verwendete Flüssigsprengstoff, welcher aus zwei ungefährlichen Komponenten besteht und erst in situ im Bohrloch den Sprengstoff bildet, in Klüfte und Poren des Gesteins eintreten, wo er nicht abarbeiten kann [1]. Beim Bau des Gotthard-Basistunnels wurden pro Tonne Ausbruchmaterial 6,0 bis 15,0 g Nitrat, 1,0 bis 2,4 g Nitrit und 0,2 bis 3,3 g Ammonium gemessen. Allerdings halbieren sich diese Werte innerhalb von drei Monaten durch den natürlichen Denitrifikationsprozess [5].
Auch Dieselmotoremissionen beinhalten neben Kohlenstoffmonoxid (CO), Kohlenstoffdioxid (CO2), Stickstoffmonoxid (NO) und Russpartikeln auch Stickstoffdioxid (NO2), welche sich auf das Haufwerk niederschlagen [6]. Je nach den im Tunnel herrschenden Verhältnissen kommt es zur Umwandlung von Ammonium, Nitrat und Nitrit [5]. Bei oxischen Bedingungen wird Ammonium über Nitrit zu Nitrat oxidiert (Gl. 2), während bei anoxischen Bedingungen der Prozess rückwärts abläuft (Gl. 3).
$$N{H}_{4}^{+}+OH^{-}\rightarrow NH_{3}+H_{2}O\:und$$
(2)
$$2NH_{3}+3O_{2}\rightarrow 2H^{+}+2N{O}_{2}^{-}+2H_{2}O\:und$$
$$2N{O}_{2}^{-}+O_{2}\rightarrow 2N{O}_{3}^{-}$$
$$N{O}_{3}^{-}+2H^{+}+2e^{-}\rightarrow N{O}_{2}^{-}+H_{2}O\:und$$
(3)
$$N{O}_{2}^{-}+4H^{+}+4e^{-}\rightarrow N{H}_{4}^{+}+O_{2}$$
Dieser Umstand wirft Zweifel an der Aussage auf, dass sämtliche Verunreinigungen durch Ammonium und Stickoxide von Sprengmitteln stammen. Durch eine Vergleichsmessung von Tunnelausbruchsmaterial aus einem Baggervortrieb sowie von Material einer Gewinnungssprengung in einem Bergbau soll dieser Umstand näher beleuchtet werden.
2 Materialien und Methoden
Die Proben des Ausbruchmaterials bzw. der Gewinnungssprengung wurden nach der Deponieverordnung 2008 [7] untersucht. Zwölf der Datensätze stammen aus dem Archiv eines Bauunternehmens, während die restlichen sieben Proben im Zuge der Studie genommen und analysiert wurden. Somit entstand ein Datensatz von insgesamt 19 Proben von fünf unterschiedlichen Baustellen bzw. Bergbauen.
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Bei der Probennahme wurden relevante Parameter, wie die Gesteinsart, Abschlagslänge, Anzahl der Sprenglöcher, Menge des Sprengstoffs, Anzahl der Vortriebsmaschinen sowie die geschätzte Masse des beprobten Haufwerks, aufgenommen und bei der Auswertung berücksichtigt (Tab. 1). Die Aufnahme der Vortriebsmaschinen ist wichtig für die Beurteilung des TOC, KW-Index sowie der NOx Werte, da diese maßgeblich von Dieselmotoremissionen (DME) beeinflusst werden können, was dann fälschlicherweise Sprengmitteln und deren Schwaden zugeschrieben werden kann. Aus diesem Grund wurde bei einigen Baustellen eine Probennahme mit einem verstärkten Hauptaugenmerk auf DME bzw. Sprengmittel unternommen. Des Weiteren wurden auch Proben vom Aushub einer Tunnelbaustelle mit reinem Baggervortrieb sowie von einer Gewinnungssprengung in einem Untertagebergwerk genommen, um eine eventuelle Abgrenzung zwischen DME und Sprengmittel veranschaulichen zu können.
TABELLE 1
Relevante Parameter für die Analyse von Tunnelausbruchmaterial unterschiedlicher Herkunft auf Verunreinigung durch Sprengmittel und/oder DME
Nr | Ort | Gesteinsart | Abschlags länge | Anzahl Sprengbohrlöcher | Menge Sprengstoff | Anzahl Baugeräte | Beprobte Masse |
---|---|---|---|---|---|---|---|
[m] | [Stk] | [kg] | [Stk] | [t] | |||
1 | Baustelle 1 | Biotitschiefer/ Biotitgneis | 1,7 | 119 | 198,9 | 9 | 200 |
2 | Quarzphyllit | 1,7 | 127 | 268,3 | 9 | 100 | |
3 | Biotitschiefer/ Biotitgneis | 1,7 | 130 | 247,2 | 9 | 100 | |
4 | Quarzphyllit/ Quarzschiefer | 1,7 | 132 | 208,9 | 9 | 100 | |
5 | Quarzphyllit | 1,3 | 129 | 166,7 | 11 | 200 | |
6 | Biotitschiefer/ Grünschiefer | 1,3 | 183 | 289,8 | 11 | 100 | |
7 | Chlorit/ Quarzphyllit | 1,7 | 179 | 583,5 | 12 | 200 | |
8 | Quarzphyllit | 1,7 | 145 | 248,64 | 8 | 200 | |
9 | Amphibolit/ Biotitschiefer | 1,7 | 164 | 248,6 | 9 | 200 | |
10 | Quarzphyllit | 1,3 | 172 | 292 | 11 | 200 | |
11 | Grünschiefer | 1,3 | 175 | 268,1 | 13 | 200 | |
12 | Quarzphyllit | 1,3 | 94 | 93,7 | 13 | 200 | |
13 | Baustelle 2 | Kalkglimmer-schiefer | 2,2 | k. A. | 294 | 200 | |
14 | Baustelle 3 (DME) | Mergel, Sandstein | 2,1 | k. A. | 171,36 | 12 | 150 |
15 | Baustelle 3 (Sprengmittel) | Mergel, Sandstein | 2,1 | k.A. | 142,8 | 12 | 150 |
16 | Baustelle 4 (Baggervortrieb) | Wiener Tegel | 1,3 | – | – | 12 | 200 |
17 | Wiener Tegel | 1,3 | – | – | 12 | 200 | |
18 | Untertage- bergbau | Magnesit | k.A. | k.A. | k.A. | k.A. | k.A. |
19 | Magnesit | k.A. | k.A. | k.A. | k.A. | k.A. |
Die Probennahme erfolgte vor Ort unter der Berücksichtigung der repräsentativen Probennahme laut ÖNORM S 2127:2024-07. So genommene Proben wurden in einem Kunststoffkübel transportiert, welcher mit einem Deckel und zusätzlich mit Frischhaltefolie verschlossen wurde, um eine Veränderung der Zusammensetzung der Probe durch äußere Einflüsse zu verhindern. Die Analyse erfolgte im zertifizierten Labor des Instituts für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben, wobei einige nasschemische Bestimmungen im akkreditierten Unternehmen ESW Consulting Wruss ZT GmbH durchgeführt wurden. Die Probenaufbereitung erfolgte mittels Backenbrecher sowie einer Kugelmühle mit Zirkonoxidbehälter nach ÖNORM EN 15002, um für eine Korngröße zu sorgen, welche für die Analysemethoden des Feststoffs sowie zur Herstellung eines Eluats geeignet sind, während die Probenvorbereitung für die Analyse des Eluats nach ÖNORM EN 12457‑4 durchgeführt wurde.
Um sämtliche Kontaminationen gemäß Deponieverordnung 2008 und Bundesabfallwirtschaftsplan 2023 festzustellen, wurden die Proben auf die Parameter Total Organic Carbon (TOC), Kohlenwasserstoff-Index (KW-Index) im Feststoff und im Eluat sowie Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe nach 16/EPA und Benz[a]pyren im Feststoff überprüft. Des Weiteren wurde das Eluat der Proben auf Ammonium (NH4+), Nitrit (NO2−) und Nitrat (NO3−) analysiert. Zusätzlich wurde der pH-Wert des Eluats bestimmt. In Tab. 2 wird ein Überblick über die gemessenen Parameter und der verwendeten Methoden inkl. Standards geboten.
TABELLE 2
Verwendete Analysemethoden zur Bestimmung der kontaminierenden Parameter im Haufwerk
Parameter | Analyseverfahren | Standard |
---|---|---|
Feststoff | ||
TOC | Trockene Verbrennung | ÖNORM EN 15936 |
KW-Index | Gaschromatographie (GC) | EN 14039 |
PAK (16) | GC-MS (Massenspektroskopie) | EN 15527 |
PAK (Benz.) | GC & HPLC* | EN 15527 |
Eluat | ||
TOC | Differenzverfahren** | ÖNORM EN 1484:2019-04 |
KW-Index | Gaschromatographie (GC) | EN ISO 9377‑2 |
NH4+ | Flüssigkeits-Ionenchromatographie | DIN 38406-5:1983-10 |
NO2− | Flüssigkeits-Ionenchromatographie | DIN EN ISO 10304-1:2009-07 |
NO3− | Fließanalytik (CFA/FIA) | DIN EN ISO 10304-1:2009-07 |
pH-Wert | pH Meter | ISO 10523:2008-12 |
3 Ergebnisse
Die Ergebnisse der Analysen des Feststoffs sowie des Eluats (Tab. 3) wurden mit den Grenzwerten der Qualitätsklasse A2‑G des Bundesabfallwirtschaftsplans [8] abgeglichen, da diese die strengsten Kriterien für die Wiederverwendung von Aushubmaterialien beinhaltet (Tab. 4).
TABELLE 3
Ergebnisse der Analysen des Feststoffs und des Eluats von Tunnelausbruchmaterial unterschiedlicher Herkunft auf Verunreinigung durch Sprengmittel und/oder DME
Nr. | Ort | Festsoff | Eluat | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
TOC | KW-Index | PAK (16) | PAK (Benz.) | TOC | KW-Index | NH4 | NO2− | NO3− | pH − Wewrt | ||
[mg/kg TM] | [mg/kg TM] | [mg/kg TM] | [mg/kg TM] | [mg/kg TM] | [mg/kg TM] | [mg/kg TM] | [mg/kg TM] | [mg/kg TM] | [–] | ||
1 | Baustelle 1 | n.a | 11,0 | n.a | n.a | 13,0 | n.a | 0,95 | < 0,10 | < 20,0 | 9,93* |
2 | n.a | < 10,0 | n.a | n.a | < 10,0 | n.a | 1,60 | < 0,10 | < 20,0 | 8,73 | |
3 | n.a | < 11,0 | n.a | n.a | 12,0 | n.a | 1,60 | < 0,10 | 33,0 | 9,77* | |
4 | 2300 | 14,0 | < 0,32 | < 0,020 | 23,0 | < 1,0 | 2,80 | < 0,10 | < 20,0 | 9,71* | |
5 | n.a | < 10,0 | n.a | n.a | 26,0 | n.a | 1,40 | < 0,10 | < 20,0 | 10,36* | |
6 | n.a | < 10,0 | n.a | n.a | < 10,0 | n.a | 2,30 | < 0,10 | < 20,0 | 9,69* | |
7 | < 1000 | < 10,0 | < 0,32 | < 0,020 | 19,0 | < 1,0 | 1,90 | < 0,10 | < 20,0 | 9,88+ | |
8 | n.a | < 10,0 | n.a | n.a | 37,0 | n.a | 1,10 | < 0,10 | < 20,0 | 9,24 | |
9 | n.a | < 10,0 | n.a | n.a | < 10,0 | n.a | 1,10 | < 0,10 | < 20,0 | 9,11 | |
10 | n.a | 27,0 | n.a | n.a | 13,0 | n.a | 1,40 | < 0,10 | < 20,0 | 9,79* | |
11 | n.a | < 10,0 | n.a | n.a | < 10,0 | n.a | 1,20 | < 0,10 | < 20,0 | 9,84* | |
12 | 1500 | < 10,0 | < 0,32 | < 0,020 | 49,0 | < 1,0 | 1,60 | < 0,10 | < 20,0 | 9,30 | |
13 | Baustelle 2 | 5000** | 2700* | < 0,025 | < 0,050 | 50,6 | < 0,54 | 3,10 | 21* | 490* | 8,8 |
14 | Baustelle 3 | 5080* | 130* | 0,046 | n. a. | 223,0* | 17 | 13* | < 9,2** | 130* | 11,6 |
15 | Baustelle 3 | 6820* | 27* | 0,082 | n. a. | 311,0* | 0,99 | 30,00* | < 10** | 11 | 12,4 |
16 | Baustelle 4 | 4860* | 28* | < 0,030 | n. a. | 80,4 | < 0,50 | 32,00* | < 10** | < 10 | 11,8 |
17 | 5390* | 36* | < 0,030 | n. a. | 64,0 | < 0,50 | 8,00** | < 10** | < 10 | 10,9 | |
18 | Bergbau | 14600* | < 15 | < 0,025 | n. a. | 15,9 | < 0,5 | 5,4 | < 1 | 57 | 9,7 |
19 | 14700* | 15 | < 0,025 | n. a. | 20,6 | < 0,5 | 2,2 | < 1 | 26 | 9,9 |
TABELLE 4
Grenzwerte des Bundesabfallwirtschaftsplans 2022 für die Qualitätsklasse A2‑G [8]
Grenzwerte lt. BAWP 2023 für QK A2‑G | |||||
---|---|---|---|---|---|
Feststoff | Eluat | ||||
Parameter | Einheit | Wert | Parameter | Einheit | Wert |
KW-Index | [mg/kg] | 20 | Ammonium (als N) | [mg/kg] | 8 |
PAK (16 Verbind.) | [mg/kg] | 2 | Nitrat (als N) | [mg/kg] | 70 |
PAK (Benz[a]pyren) | [mg/kg] | 0,2 | Nitrit (als N) | [mg/kg] | 2 |
TOC (als C) | [mg/kg] | 5000 | KW-Index | [mg/kg] | 1 |
TOC (als C) | [mg/kg] | 100 | |||
pH-Wert | [–] | 6,5–9,5 |
In Tab. 3 und 4 sind die Werte markiert, welche genau am bzw. über dem Grenzwert liegen. Jene Werte, welche genau am Grenzwert liegen, müssen für die Verwendung laut Deponieverordnung 2008 [7] einer neuerlichen Prüfung unterzogen werden. Werte über dem Grenzwert machen eine Verwendung des Ausbruchmaterials in der Qualitätsklasse A2‑G unmöglich.
Auffällig ist, dass das Material von Baustelle 1 beim TOC im Feststoff deutlich unter dem Grenzwert von 5000 mg/kg TM liegt, während dieser Wert bei allen anderen Baustellen überschritten wird. Dasselbe gilt für den KW-Index, wobei hier beim Material von Baustelle 1 nur ein Wert über dem Grenzwert von 20 mg/kg TM liegt, während die Werte aller anderen Baustellen darüber liegen. Das Material des Untertagebergbaus hingegen liegt wieder unter dem Grenzwert.
Andere Parameter im Feststoff, nämlich PAK (16) und PAK (Benz[a]pyren), sind unauffällig.
Bei der Analyse des Eluats liegen die Werte von TOC und KW-Index im Material von Baustelle 3 über dem Grenzwert, während die Ergebnisse von NH4+ und NO2− auch im Material von Baustelle 4 über den Grenzwerten von 8 mg/kg TM bzw. 70 mg/kg TM liegen. NO3− ist nur im Material von Baustelle 2 sowie in der ersten Probe von Baustelle 3 mit Hauptaugenmerk auf DME erhöht.
Die pH-Wert Messung ergab bei fast allen einen erhöhten Wert, welcher über dem Grenzwert von 6,5 bis 9,5 liegt. Dies kann auf den erhöhten Anteil an bodenfremden, alkalischen Materialien, wie z. B. Spritzbeton oder ähnliche Baustoffe, wie sie im Tief- und Tunnelbau oft eingesetzt werden, liegen.
Ein erhöhter TOC sowie KW-Index ist auf Dieselmotoremissionen zurückzuführen, da diese Stoffe nicht in Sprengmitteln enthalten sind. Allerdings zählen zu DME auch NOx Abgase, welche sich wiederum in NH4+, NO3− sowie NO2− aufspalten.
4 Diskussion
Bei Betrachtung der Ergebnisse ist eine klare Differenzierung der Herkunft der NOx aus DME oder Sprengmitteln bzw. Sprengschwaden nicht möglich. Dies kann unter anderem dadurch begründet werden, dass die Prozesse der Nitrifikation unter aeroben Bedingungen bzw. Nitrat-Reduktion unter anaeroben Bedingungen sofort ablaufen, was durch die feuchten Umgebungsbedingungen im Tunnel zusätzlich begünstigt wird. Jedoch weisen alle Proben mit einem erhöhten TOC sowie KW-Index ebenfalls erhöhte NOx Werte auf. Das lässt auf einen Zusammenhang von erhöhten NOx Werten im Ausbruchmaterial durch DME schließen. Dies wird weiter durch den Umstand bestätigt, dass auf Baustelle 4, wo keine Sprengmittel eingesetzt wurden, sondern der Tunnel mit Baggervortrieb gestaltet wurde, die höchsten NOx Werte aller Proben zeigt. Des Weiteren zeigt die Probe, welche aus dem Untertagebergbau stammt und welche nach der Sprengung über Nacht ausgewettert wurde, einen niedrigen KW-Index sowie niedrige NOx Werte, welche alle unter dem Grenzwert der QK A2‑G liegen. In Tab. 5 sind die möglichen Verwertungswege bzw. Deponieklassen aufgezeigt, welche laut geltenden Richtlinien für die jeweiligen Materialien eingeschlagen werden müssten.
TABELLE 5
Einteilung der analysierten Materialien in Verwertungs- bzw. Deponieklassen anhand geltender Richtlinien. QK A2-G … Erdbaumaßnahmen im Grundwasserschwankungsbereich
Nr | Ort | Qualitätsklasse | Deponieklasse |
---|---|---|---|
Gem. BAWP 2023 | Gem. DVO 2008 | ||
1 | Baustelle 1 | QK BA | Bodenaushubdeponie |
2 | QK A2‑G | – | |
3 | QK BA | Bodenaushubdeponie | |
4 | QK BA | Bodenaushubdeponie | |
5 | QK BA | Bodenaushubdeponie | |
6 | QK BA | Bodenaushubdeponie | |
7 | QK BA | Bodenaushubdeponie | |
8 | QK A2‑G | – | |
9 | QK A2‑G | – | |
10 | QK BA | Bodenaushubdeponie | |
11 | QK BA | Bodenaushubdeponie | |
12 | QK A2‑G | – | |
13 | Baustelle 2 | – | Massenabfalldeponie |
14 | Baustelle 3 (DME) | – | Massenabfalldeponie |
15 | Baustelle 3 (Sprengmittel) | – | Massenabfalldeponie |
16 | Baustelle 4 (Baggervortrieb) | – | Baurestmassendeponie |
17 | – | Baurestmassendeponie | |
18 | Untertagebergbau | – | Bodenaushubdeponie |
19 | – | Bodenaushubdeponie |
NOx können unter den geeigneten Umständen durch natürliche Denitrifikation über mehrere Zwischenschritte in elementaren N2 umgewandelt werden und so in die Atmosphäre entweichen (Gl. 4). Dadurch verringert sich die Konzentration der NOx über einen Zeitraum von drei Monaten um ca. die Hälfte [5].
$$N{O}_{3}^{-}+2H^{+}+2e^{-}\rightarrow N{O}_{2}^{-}+H_{2}O\:und$$
(4)
$$N{O}_{2}^{-}+2H^{+}+e^{-}\rightarrow NO+H_{2}O\:und$$
$$2NO+2H^{+}+2e^{-}\rightarrow N_{2}O+H_{2}O\:und$$
$$N_{2}O2H^{+}+2e^{-}\rightarrow N_{2}+H_{2}O$$
Es ist festzustellen, dass erhöhte NOx Werte nicht ausschließlich von Sprengmitteln stammen, sondern wahrscheinlich sogar maßgeblich von DEM beeinflusst werden. Außerdem weist Material, das aus Gewinnungssprengungen stammt und in der verarbeitenden Industrie als Rohstoff verwendet wird, teilweise gleich hohe Kontaminationen auf. Da sie jedoch einer anderen Gesetzgebung unterliegen, ist eine Weiterverwendung hier bedenkenlos möglich, was bei Tunnelausbruchmaterial durch die Deklaration als Abfall nicht der Fall ist [1]. Dieser Umstand verhindert einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft durch die Verwendung von Tunnelausbruchmaterial als primäre bzw. sekundäre Baustoffe sowie Industriemineralien, was andernfalls zur Minderung des Carbon Footprint der Baubranche, Schonung heimischer Ressourcen sowie Einsparung von Deponieflächen beitragen könnte [9].
5 Zusammenfassung und Ausblick
NOx im Ausbruchmaterial ist nicht ausschließlich auf die Verwendung von Sprengmittel zurückzuführen, sondern auf den maßgeblichen Einfluss von DME. Natürliche Abbauprozesse sorgen für eine Verringerung der Konzentrationen innerhalb eines gewissen Zeitraums, was sich positiv auf die weiteren Verwendungswege auswirkt. Durch eine Umstellung auf elektrisch betriebene Fahrzeuge könnte der Anteil an DME im Ausbruchmaterial und somit auch der Anteil an NOx, der auf diese Emissionen zurückzuführen ist, verringert werden. Des Weiteren können dadurch die Werte von TOC und KW-Index reduziert werden, was eine Verringerung aller kontaminierenden Parameter mit sich bringt. Dadurch kann die Verwendung von Aushub- und Ausbruchmaterialien wesentlich erleichtert werden, solange die gegenwärtigen Gesetze und Richtlinien gelten.
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