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08-09-2020 | Krankenversicherung | Nachricht | Article

PKV stemmt sich gegen die Krise trotz Mehrkosten

Author: Meris Neininger

4:30 min reading time

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Das duale Gesundheitssystem in Deutschland und seine Anpassungsfähigkeit in der Corona-Pandemie sind krisentauglich. Lob gab es sogar aus dem Ausland. Bei der "PKV-Zwischenbilanz zur Corona-Krise" stellte sich die private Krankenversicherung aber auch Kritik.

Die Johns Hopkins University hat das deutsche Gesundheitswesen in der Corona-Krise zum Vorbild gekürt. Zitat: "Vom deutschen Gesundheitssystem kann man lernen, wie eine umfassende Versorgungsstruktur in einer Pandemie Leben retten kann". Dieses internationale Lob präsentierte Florian Reuther, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, in einer kürzlich veranstalteten Online-Pressekonferenz.

Großteil der Deutschen ist zufrieden mit dem Gesundheitssystem

Wohl auch die Deutschen sind mit der Bewältigung der aktuellen Krise sehr zufrieden. So hätte das Institut für Demoskopie Allensbach gemeldet, das 89 Prozent der Bürger das deutsche Gesundheitssystem mit "gut" oder sogar "sehr gut" bewertet hätten. Laut Reuther ist dies ein Rekordwert, "der höchste seit 20 Jahren". Auch diverse Mediziner lobten das eigene Gesundheitssystem. "Wir haben diese Krise wegen des gut funktionierenden Gesundheitssystems besser als alle anderen Industrienationen in der westlichen Welt bewältigt", hieß es aus den Reihen der Ärzteschaft. Der Mix aus privat, gesetzlichem und staatlichem System habe sich aktuell bewährt.

Vor allem die flächendeckende ambulante Versorgung mit Haus- und Fachärzten hat laut Reuther dafür gesorgt, dass in Deutschland viele Covid-19-Patienten ambulant versorgt werden konnten. Zugleich betonte er die große Rolle, die die PKV in diesem Versorgungsnetzwerk spiele. spielen. "Ohne die PKV würden zusätzlichen Gelder wegfallen, mit schwerwiegenden Folgen für die ambulante Versorgung", so Reuther. Laut PKV-Chef ermögliche die duale Struktur eine Finanzierung des Systems "unabhängig von der Kassenlage des Staates". 

PKV wehrt sich gegen Kritik

Sauer stößt Reuther auf, dass Kritiker aktuell monieren, dass sich die PKV zu wenig an den Kosten zur Bewältigung der Pandemie beteiligen würde. Diese Kritik wies der PKV-Chef zurück. So sei die private Krankenversicherung sogar "überproportional" an den steuerfinanzierten Zahlungen des Bundes beteiligt, die in die Corona-Rettungsschirme fließen. So tragen laut Reuther zum Beispiel zehn Prozent der Privatversicherten 20 Prozent des Steuerzuschusses der GKV. 

Der sehr hohe Anteil der PKV werde besonders bei Einzelmaßnahmen deutlich. So betragen Reuther zufolge die Mehrkosten der PKV für den Schutzschirm der Krankenhäuser über 350 Millionen Euro. Für  Pflegeeinrichtungen lelaufe sich die Zahl auf gut 130 Millionen Euro. Unterm Strich wäre die private Krankenversicherung zu gut 98 Prozent an den Kosten des Krankenhausrettungsschirms beteiligt. Die Kritik, dass sich die PKV an den Kosten für die Intensivbetten nicht beteiligte, hält Reuther für besonders unangebracht, da dies alleinig die Aufgabe der Bundesländer sei und so eben nicht in den Aufgabenbereich der PKV falle. 

Ambulante Arztpraxen in der Krise finanziell unterstützt

Was hingegen abgemacht sei, dass die PKV für jeden Arztkontakt und dementsprechende Hygienemaßnahmen den Extraaufwand erstatte. So kämen Sonderausgaben für ambulante Arztpraxen in Höhe von schätzungsweise 500 Millionen Euro zusammen, bei den Zahnärzten wären dies Zahlungen von rund 120 Millionen Euro. Darüber hinaus würden rund 36 Millionen Euro aufgewendet für die zusätzlichen Telefon- und Video-Sprechstunden der Ärzte, die in der Corona-Krise abgehalten worden seien.

Anders als erwartet sind die Leistungsausgaben im ersten Halbjahr 2020 nicht gesunken, sondern um 690 Millionen Euro auf 14,34 Milliarden Euro gestiegen – ein Plus von fünf Prozent. Ein wichtiger Auslöser waren stark gestiegene Ausgaben für Arzneimittel. Reuther zufolge haben einige Kunden zu Krisenbeginn Tabletten gehortet. "Viele Versicherte haben sich während des Lockdowns größere Packungen oder einen gewissen Vorrat für ihre Versorgung angelegt."   

Auch die allgemeinen Krankenhausleistungen sind laut PKV um 6,3 Prozent auf 2,65 Milliarden Euro (exklusive Wahlleistungen), die ambulanten Leistungen um 5,7 Prozent auf 7,25 Milliarden Euro geklettert. Auch bei letzteren machte ein starker Anstieg der Ausgaben für Arzneimittel und zwar um 11, 6 Prozent auf 1,99 Milliarden Euro einen großen Batzen der Kosten aus. Im Zahnbereich kletterten die Leistungsausgaben um 3,5 Prozent auf 2,33 Milliarden Euro. Beim Krankentagegeld stiegen die Ausgaben sogar um 15,4 Prozent auf stolze 499 Millionen Euro.

Folgen für das Neugeschäft nicht prognostizierbar

Wie es mit den Auswirkungen auf das Neugeschäft aussieht, konnte Reuther noch nicht sagen. "Hierzu fehlen uns noch die Erkenntnisse. Strukturell gibt es aber zwei gegenläufige Effekte: Zum einen waren wirkliche Kundengespräche während des Lockdowns kaum möglich. Der andere Effekt: Viele Menschen haben sich weitaus stärker mit ihrer Gesundheit und mit der Absicherung von dieser beschäftigt." Allerdings, so warf der PKV-Chef ein, habe das digitale Kundengespräch in dieser Zeit weitaus besser geklappt als wenn man es wirklich geplant hätte.

Einige privat Versicherte hat die Pandemie wirtschaftlich und finanziell schwer getroffen. Doch die Versicherten hätten in nur wenigen Fällen das Angebot der Branche, ihre Versicherungsbeiträge zu stunden, in Anspruch genommen, in den meisten Fällen hätten die einzelnen Versicherer mit ihren betroffenen Kunden gute Lösungen finden können, so der Eindruck des Verbandes. Insgesamt sei auch zu erkennen, dass die Beitragssituation im ersten Halbjahr 2020 trotz der Krisensituation sehr stabil ist. Der Verband freut sich sogar über ein leichtes Plus von rund vier Prozent.

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