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2021 | OriginalPaper | Chapter

4. Kulturpolitik in Abwesenheit eines Nationalstaats: das Beispiel Palästina

Author : Antonia Blau

Published in: Die Kunst der Dekolonisierung

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Es wurde nachvollzogen, wie sich Auswärtige Kulturpolitik in Frankreich und Deutschland von einer nationalen Ausrichtung über bilaterale Ansätze hin zu einer Europäischen Auswärtigen Kulturpolitik entwickelt. Dabei wurden Spannungsfelder auf diskursiver Ebene herausgestellt, die bereits im nationalen Kontex existieren und auch im europäischen fortbestehen. Konkret geht es dabei um die mögliche Funktionalisierung von Kunst, die aktive Rolle der Zivilgesellschaft und ein Glaubwürdigkeitsdilemma wegen der fehlenden Verbindung von innen und außen.

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Footnotes
1
Er fasst die Wertschöpfungskette zusammen als „[t]rinäres Modell der künstlerfördernden Potentiale“ (Crückeberg 2018:63), nämlich: Inspiration – Produktion – Präsentation (vgl. ebd.).
 
2
Erst seit Kurzem diskutieren Wissenschaftler die Kontinuität in der palästinensischen Kunst vor und nach 1948. Die israelische Kunsthistorikerin Gannik Ankori unterstreicht, dass die einhellige Meinung in wissenschaftlichen Kreisen zu sein schien, palästinensische Kunst existiere vor 1948 nicht: „There appears to have been some sort of agreement between art historians that fine arts were not developed in Palestine until 1948“ (zitiert in Ankori 2006:15). Dass die israelische Autorin damit für sich beansprucht, erstmals auf diesen Aspekt hingewiesen zu haben, löst eine langwierige Kontroverse unter palästinensischen und arabischen Kennern aus (vgl. Massad 2007 und Makhoul und Gon 2013:30, Endnote 4).
 
3
Kurz vor Beginn unserer Zeitrechnung ergreifen die Römer die Macht und benennen die Provinz Judäa 135 n. Chr. in Palästina um (vgl. Flug und Schäuble 2008:165 f.). Nach der Eroberung durch die Muslime in den Jahren 636–638 steht das Gebiet unter wechselnden muslimischen Herrschern, die gegen die Kreuzfahrer kämpfen, nachdem jene nicht nur in Jerusalem ein Blutbad angerichtet hatten (vgl. Krämer 2006:27). Die ägyptische Besatzung von 1831–1840 gilt als „Beginn der Modernisierung“ (ebd. 82). Unter der osmanischen Herrschaft, die von 1517 bis 1917 ziemlich genau 400 Jahre dauert, heißt ein Verwaltungsbezirk Palästina (vgl. Flug und Schäuble 2008:166).
 
4
Anders als oft angenommen, verbietet der Islam die bildliche Malerei jedoch nicht, sondern sucht viel mehr nach Alternativen zur figurativen Darstellung, auch in Abgrenzung zum Christentum (vgl. Blau und El Difraoui 2015).
 
5
Nach den Ereignissen der Nakba widmet sich die Künstlerin dem Kunstunterricht in palästinensischen Flüchtlingslagern, malt jedoch selbst nie wieder (vgl. Nastas-Mitwasi 2015:21).
 
6
Zur Rolle Jerusalems am Ende des Ottomanischen Reichs vgl. Khalidi 1997:35 ff. und Boullata 2009:41 ff.
 
7
Zionistische Terrororganisationen wie die Irgun kämpfen gegen die britische Mandatsmacht und palästinensische Aufständische, wobei vor allem Zivilisten ihr Leben lassen. Außerdem verschlingt „der militärische Apparat […] Geld, das die Regierung dringend im Nachkriegs-Großbritannien brauchte“ (Flug und Schäuble 2008:33).
 
8
Die jüdische Emigration nach Palästina beginnt bereits im 19. Jahrhundert, bedingt durch Pogrome und die Arbeit der entstehenden zionistischen Bewegung in Europa und Russland. Ziel der zionistischen Siedlungspolitik seit 1882, dem „Beginn der politisch motivierten jüdischen Einwanderung“ (Krämer 2006:56), ist der Erwerb von Ländereien in Palästina und die dortige Ansiedlung jüdischer Bewohner. Der israelische Historiker Shlomo Sand erläutert in seinem Buch „Comment le peuple juif fut inventé“ (Paris 2008) die konstruierte Verbundenheit einer Ethnie mit einem Territorium: „A ce peuple errant, il fallait un territoire; or, précisément, une terre inoccupée et vierge attendait qu’un peuple originel vienne la faire renaître et refleurir“ (Sand 2008:29) („Für dieses wandernde Volk wurde ein Territorium benötigt; denn ein unbesetztes und jungfräuliches Land wartete darauf, dass ein ursprüngliches Volk kam und es wieder zum Leben erweckte und es wieder erblühte“ Übersetzung d. Verf.). Krämer weist darauf hin, dass die „Vorstellung einer nationalen Wiedergeburt im Lande der Väter […] vor dem modernen Antisemitismus [entstand]“ (Krämer 2006:125, Hervorhebung im Original).
 
9
Möglich wird dies durch die Grundstückskäufe des Jüdischen Nationalfonds – Keren Kaymeth LeIsrael (KKL).
 
10
Der wichtigste arabische Aufstand von 1936–39 wird von Sayigh als „the most sustained phase of militant anti-imperialist struggle in the Arab world before the Algerian War of Independence“ beschrieben (Sayigh 2007:43).
 
11
Eine Sonderkommission der Vereinten Nationen legt zwei Vorschläge vor: einen föderalen Staat mit einem arabischen und einem jüdischen Landesteil oder die Teilung des britischen Mandatsgebietes. Die Mehrheit der Mitglieder der UN-Kommission favorisiert letzteren Vorschlag (vgl. Flug und Schäuble 2008:41). Jerusalem soll einen Sonderstatus erhalten und unter internationale Kontrolle gestellt werden.
 
12
1947, zwei Jahre nach dem 2. Weltkrieg, der mit den Konsequenzen des Holocaust die Situation in Palästina verändert hatte, leben 650.000 Juden und 1.2 Millionen Palästinenser vor Ort (vgl. Flug und Schäuble 2008:41). Andere Autoren sprechen auch von 1.4 Millionen Arabern (vgl. Sayigh 2007:62). Der oft zitierte Grundsatz der Landnahme a country without a people for a people without a country entsprach von Anfang an einer politischen Rechtfertigung und nicht der historischen Realität.
 
13
Auf Seiten Israels Unabhängigkeitskrieg genannt. Nach der UN-Entscheidung kommt es zunächst zu einem Bürgerkrieg, Flug und Schäuble sprechen von einem „Guerillakampf, in dem sich bewaffnete jüdische und palästinensische Gruppen gegenseitig bekämpften“ (Flug und Schäuble 2008:43). Die 1945 gegründete Arabische Liga schickt freiwillige Kämpfer zur Unterstützung der Palästinenser gegen die Hagananh und die jüdischen Untergrundbewegungen (vgl. Flug und Schäuble 2008:44). Nachdem Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel ausruft, marschieren sieben arabische Länder in Palästina ein.
 
14
Die Zahlen darüber gehen etwas auseinander. Flug und Schäuble sprechen von über 700.000 Palästinensern (vgl. Flug und Schäuble 2008:60), Ilan Pappe von fast 800.000 (vgl Pappe 2006:xiii), Julien Salingue von mehr als 800.000 (vgl. Salingue 2011:25), Rosemary Sayigh von 840.000 (vgl. Sayigh 2007:62).
 
15
Ilan Pappe weist darauf hin, dass es zwei Versionen gibt, warum die Palästinenser 1948 ihre Häuser und Dörfer verlassen: laut Israelis flüchten sie freiwillig beziehungsweise nachdem sie über das Radio von den arabischen Nachbarstaaten dazu aufgerufen werden, als diese ihren Angriff vorbereiten. Die Palästinenser selbst sprechen von der Nakba, die eher den Umstand selbst als die dafür Verantwortlichen oder die Ziele dessen beschreibt. „The term Nakba was adopted, for understandable reasons, as an attempt to counter the moral weight of the Jewish Holocaust (Shoa), but in leaving out the actor, it may in a sense have contributed to the continuing denial by the world of the ethnic cleansing of Palestine in 1948 and after“ (Pappe 2006:xvii).
 
16
Die Frage der Rückkehr der Flüchtlinge bleibt bis heute unbeantwortet, obwohl die UN-Resolution 194 von 1948 zusichert, „dass es den Flüchtlingen, die es wünschen, in ihre Heimat zurückzukehren und mit ihren Nachbarn in Frieden zu leben“ (Flug und Schäuble 2008:60), ermöglicht werden soll. Da sich auch die Kinder der damals Geflüchteten beim UNRWA registrieren können, haben heute um die fünf Millionen Palästinenser einen Flüchtlingsstatus (vgl. Flug und Schäuble 2008:61). Sie leben verteilt auf das Westjordanland, Gaza, die Nachbarländer oder in der Diaspora. Die Identität als Flüchtling und die Erfahrung des Lebens in Flüchtlingslagern ist integraler Bestandteil des palästinensischen Selbstverständnisses. Bis heute bewahren viele Palästinenser die Schlüssel zu ihren verlassenen Häusern auf als Symbol für ihren Anspruch, eines Tages zurückkehren zu können.
 
17
Und damit wesentlich mehr als die 55 %, die im UN-Teilungsplan vorgesehen waren (vgl. Flug und Schäuble 2008:53).
 
18
Krämer hebt noch einmal den Widerstandsgedanken im Zentrum des palästinensischen Nationalismus hervor – im Gegenteil anderer Nationalismus, die sich affirmativ konstruieren: „Deutlicher als andere Nationalismen aber ist er [der palästinensische Nationalismus] als Gegenbewegung zu erkennen, die sich von Beginn an gegen die zionistische Einwanderung wandte und in diesem Abwehrkampf ihre spezifischen Konturen gewann“ (Krämer 2006:147).
 
19
Makhoul und Hon weisen darauf hin, dass der Begriff Diaspora im Falle der Palästinenser nicht ganz passend ist. Sie sprechen von „dispersion“ (Makhoul und Hon 2013:188 ff.), das am ehesten mit Zerstreuung übersetzt werden kann. Said nutzt „dispossession“ (Makhoul und Hon 2013:189), Enteignung, was u. a. von Butler (Butler und Athanasiou 2013) weiterentwickelt wird.
 
20
Die Muslimbrüder werden 1929 als islamische Bewegung gegen die britischen Truppen in Ägypten gegründet, 1946 folgt eine Gruppe in Gaza. Vom ägyptischen Militär werden ausgewählte junge Radikale in den 50er Jahren gewonnen, um nach Israel infiltriert zu werden. Mit einigen der Militanten, die die Moslembrüder verlassen um sich im bewaffneten Kampf zu behaupten, gründet der junge, ebenfalls militante Yasser Arafat in Kuwait 1959 die Fatah (vgl. Filiu 2014b:60).
 
21
Entwicklung des tragischen und poetischen Stils (… Rückkehr zu einer idealisierten Vergangenheit, Kult der Folklore) hin zu einer Kultur des Kampfes, revolutionär und nationalistisch“ (Übersetzung d. Verf.).
 
22
Mit einer Rückkehr auf die Bühne wurde das abstrakte Bild des Flüchtlings 1965 durch das des Kämpfers ersetzt. […] Ihr besetzt unser Land, wir werden fortan Euer Gewissen besetzen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
23
Der Suezkrieg 1956 mischt die Karten im Nahen Osten neu und macht den Konflikt mit Israel zum Teil des Kalten Kriegs.
 
24
Der ägyptische Präsident Nasser und der syrische Präsident El Atassi betonen in Ansprachen – vor allem über das Radio – ihre militärische Übermacht und das Ziel, Israel zu zerstören. 1967 kommt Israel den arabischen Nachbarn Ägypten und Syrien mit einem Angriff zuvor. Der Großteil der gegnerischen militärischen Streitkräfte wird innerhalb von zwei Stunden zerstört (vgl. Flug und Schäuble 2008:80).
 
25
Obwohl kein militärischer Sieg, wurde die Guerillia-Taktik der Fatah in dieser Schlacht Symbol für Mut und Widerstandswillen der strategisch schlechter aufgestellten Palästinenser (vgl. O A 2002).
 
26
Ein Attentat auf den jordanischen König kann vereitelt werden. Er bekämpft die palästinensischen Gruppierungen darauf hin noch härter. Nach der Entführung von mehreren Passierflugzeugen kommt es zu „bürgerkriegsähnlichen Zuständen in den Straßen von Amman“ (Flug und Schäuble 2008:91). In Bezug auf die Ereignisse gibt sich eine Gruppe, der Mitglieder der Fatah und der PFLP (Popular Front for the Liberation of Palestine) angehören, den Namen „Schwarzer September“. Sie erhalten weltweite Aufmerksamkeit, als sie 1972 während der Olympischen Spiele in München israelische Sportler als Geiseln nehmen, um für die Freilassung palästinensischer Gefangener zu protestieren. Alle elf Geiseln und fünf der Geiselnehmer sowie ein Polizist sterben. Die Bilder der Terroristen bleiben der Welt im Gedächtnis und sollen von nun an die Vorstellung von Palästinensern prägen.
 
27
Palästina wurde internationalisiert“ (Übersetzung d. Verf.).
 
28
Jahr der ägyptischen Revolution, die mit ihrer nationalen und anti-kolonialen Stoßrichtung politische Auswirkungen in Syrien, im Irak, in Jordanien und im Libanon hatte.
 
29
Jahr des israelischen Angriffs auf den Libanon, der die Bombardierung und Besetzung Beiruts nach sich zieht.
 
30
Andere Autoren sprechen von 1980 als Gründungsjahr (vgl. Halaby 2001:21), was mit dem Reisebericht des Künstlerverbands der DDR übereinstimmt, der darauf hinweist, dass die Ausstellung der DDR-Künstler „Palästina kämpft“ im Frühjahr 1981 die zweite nach der Eröffnung der Galerie ist (vgl. Zentrum für Kunstausstellungen der DDR 1981:1). Bezüglich der Zerstörung der Galerie durch die israelischen Luftangriffe 1982 stimmen alle Referenzen überein.
 
31
Shammout verbringt eines halbes Jahr an der Kunsthochschule Dresden und präsentiert seine Arbeit in mehreren Einzelausstellungen in der DDR. 1979 soll er in die Akademie der Künste der DDR aufgenommen werden (Seibt 1979:1). Vgl. Abschnitt 2.​4.​3.
 
32
Vgl. Abschnitt 5.​2.​2.
 
33
Während die Siedlungen der israelischen Regierung als „militärische Stützpunkte“ (Flug und Schäuble 2008:104) dienen, spielt bald die religiöse Komponente jüdischer Fundamentalisten eine zentrale Rolle. Mit Verweis auf die Thora nehmen sie Orte in Gaza und im Westjordanland ein und sprechen nicht-jüdischen Gruppen jeglichen Anspruch auf das Land ab. In der ersten Phase von 1967 bis Anfang er 1970er Jahre wird die israelische Kontrolle in den besetzten Gebieten konsolidiert, jegliche Opposition von Seiten der Palästinenser wird bestraft, oft kollektiv: „Palestinians considered to have supported such groups [like Fatah] were punished by deportations, house demolitions, and other punitive measures“ (Kretzmer 2002:8).
 
34
Ein Zeitgenosse beschreibt die Reaktion der Künstler darauf folgendermaßen: „But what if I want to paint a watermelon? Even watermelon is forbidden!“ (Interview 1 2015). Auf diesen Vorfall beruft sich Khaled Hourani mit seinem Werk „Watermelon“ (2007), der sein Vorschlag für eine neue palästinensische Fahne darstellt: ein Bild eines Stückes Wassermelone.
 
35
Emily Jacirs Installation „Material for a film“, mit der sie 2007 den goldenen Löwen in Venedig gewinnt, beschäftigt sich mit der mutmaßlichen Ermordung des Übersetzers Abdel Wael Zwaiter in den 1970er Jahren. Die Künstlerin erklärt: „Wael Zuaiter had become the first victim in Europe of a series of assassinations committed by Israeli agents on Palestinian artists, intellectuals and diplomats that was already underway in the Middle East“ (Nafas Art Magazine 2007). Ein anderes Beispiel ist der bereits erwähnte Naji Al Ali.
 
36
Das Auge gilt in der arabischen Poesie u. a. als Symbol für das Liebste, das man besitzt.
 
37
Die Orange ist eng mit Jaffa verknüpft, einem historischen, ursprünglich arabischen, Stadtteil von Tel Aviv, der in den letzten Jahren durch Gentrifizierung und zunehmendem Hauserwerb durch jüdische Israelis geprägt ist. Während die Orange für die Palästinenser ihr verlorenes Land symbolisiert, steht sie in der restlichen Welt für Israel und die lokale Produktion. Auf israelischer Seite spielen die Mythen rund um Land und seine Urbarmachung ebenfalls eine zentrale Rolle.
 
38
Obwohl die Geschlechtertrennung in der traditionell patriarchalen palästinensischen Gesellschaft auch in der Landarbeit vorherrscht, weist Swedenburg darauf hin, dass in den 1970er und 1980er Jahren viele Männer in Israel im Niedriglohnsektor arbeiten und sich die Landarbeit in ihrer Abwesenheit in den palästinensischen Gebieten feminisiert (vgl. Swedenburg 1990:23). Die prominente Darstellung von Frauen als Landarbeiterinnen und nationales Symbol trägt dem gewissermaßen Rechnung.
 
39
nachhaltig und nicht gewalttätig“ (Übersetzung d. Verf.).
 
40
Wohl vor allem aus Angst davor, dass der Aufstand auf Jordanien überspringen könnte.
 
41
Oslo markiert in Wirklichkeit nicht den Beginn einer israelisch-palästinensischen Versöhnung, sondern die Uneinigkeit einer palästinensischen Nationalbewegung, die nur gewachsen und heute mehr denn je gespalten ist“ (Übersetzung d. Verf.).
 
42
Dabei werden heikle, aber grundlegende Fragen ausgeklammert, so die jüdischen Siedlungen, die Situation der palästinensischen Flüchtlinge, der Grenzverlauf zwischen Israel und Palästina sowie der Status Jerusalems.
 
43
Alle Zahlen stammen von der israelischen NGO B‘tselem: https://​www.​btselem.​org/​area_​c/​what_​is_​area_​c (Abgerufen 4. Mai 2016).
 
44
Edward Said beschreibt dies bei einem seiner Aufenthalte im Westjordanland in den neunziger Jahren folgendermaßen: „L’une des principales difficultés, c’est qu’il n’est pas possible de circuler entre les différentes parties de la Zone A sans passer par la Zone B; ce qui a permis aux Israéliens, au début du mois de mars, de fermer le passage entre des villes comme Ramallah, dans la Zone A, et Bir Zeit, où se trouve la principale université de Cisjordanie, en Zone B“ (Said 1997:76) („Eine der Hauptschwierigkeiten besteht darin, dass es nicht möglich ist, zwischen den verschiedenen Teilen der Zone A zu reisen, ohne die Zone B zu passieren. Dies ermöglichte es den Israelis Anfang März, die Passage zwischen Städten wie Ramallah in Zone A und Bir Zeit, der Hauptuniversität des Westjordanlandes in Zone B, zu schließen“ Übersetzung d. Verf.).
 
45
Tawil-Souri spricht für Mitte der 2000er von 215 bis 588 permanenten Checkpoints im Westjordanland, wobei die Zahl seitdem abgenommen haben soll (vgl. Tawil-Souri 2010:29). „Checkpoints are an extension of the Zionist project of ‚hollowing‘ Palestinian land, to borrow a term from architect Eyal Weizman (2007). They are an arena within which the Palestinian-Israeli conflict expresses itself, and the domain within which, and through which, the conflict is constituted on an everyday basis“ (Tawil-Souri 2010:32).
 
46
Zahl von 2016 (zitiert in Europäische Union 2018:14).
 
47
Das Bild der palästinensischen Gebiete als Archipel entstammt einer Landkarte, die die Monde Diplomatique herausgegeben hat (vgl. https://​www.​france-palestine.​org/​L-archipel-de-Palestine-orientale (Abgerufen 9. Januar 2020)). Der Regisseur Giacomo Abbruzzese nimmt die Metapher im Titel seiner Kurzfilms „Archipel“ (2011) auf, der die kafaeske Unwirklichkeit des zwischen Israel und Palästina Seins thematisiert.
 
48
Bezeichnend ist der Titel der israelischen Tageszeitung Haaretz vom 2. Dezember 2001: „Alle New Yorker sind in dieser Woche zu Israelis geworden“ (zitiert in Timm 2003:222).
 
49
Alle Zahlen stammen aus dem Bericht der PLO „Behind der Wall. Focus on International Responsibility on the 10 year anniversary of the ICJ Advisory Opinion“ von 2014.
 
50
Dies entspricht mehr als der doppelten Länge der Grenze von 1967 zwischen Israel und dem Westjordanland.
 
51
85 % der Mauer werden auf palästinensischem Gebiet und nicht auf der eigentlichen Grenze errichtet. „The Wall projects as deep as 22 kilometers into the West Bank (around Ariel settlement) and effectively annexes to the State of Israel some of the most vital areas within the Occupied State of Palestine, such as East Jerusalem, the Latrun area, the western Bethlehem / Hebron area and the Eastern Jerusalem governorate“ (Palestine Liberation Organization 2014:8).
 
52
„There are currently approximately 11.500 people living in 32 communities trapped between the Annexation Wall and the Green Line, in addition to the roughly 300.000 Palestinians who live in East Jerusalem“ (Palestine Liberation Organization 2014:8).
 
53
Als erster gewählter Präsident Ägyptens gehörte er den Moslembrüdern an.
 
55
Gemeint ist hier das Manifest der Gaza Youth Breaks Out, eine Gruppe junger Gazaouis, unter ihnen viele Künstler, die im Rahmen der Ereignisse des Arabischen Frühlings zu Protesten – vor allem durch die sozialen Medien – aufrufen: „We, the youth in Gaza, are so fed up with Israel, Hamas, the occupation, the violations of human rights and the indifference of the international community!“ (https://​gazaybo.​wordpress.​com/​manifesto-0-1/​ (Abgerufen 7. Januar 2020)).
 
56
So erklärt ein Künstler in Ramallah: „So what you mainly find here – and that’s what is happening with all the galleries – paintings. Going back to paintings. Because that doesn’t take much. You buy the canvas, stretch it, paint it and you have it“ (Interview 2 2015).
 
57
Ein weiteres, auch bildungspolitisch relevantes Projekt ist Campus in Camps, ein experimentelles Bildungsprogramm im Flüchtlingslager Dheisheh in Bethlehem, das mittlerweile in anderen palästinensischen Flüchtlingslagern aktiv ist und mit Universitäten weltweit zusammenarbeitet (vgl. www.​campusincamps.​ps (Abgerufen 7. Januar 2020)).
 
59
Normalerweise zerstören die Israelis die Gebäude, so beispielsweise als die letzten israelischen Siedlungen 2005 in Gaza geräumt werden. Dort hinterlassen sie 1.5 Millionen Tonnen toxischen Schutt, der Boden und Grundwasser vergiftet (vgl. Hilal, Petti, und Weizman 2008:8).
 
62
In ihren unterschiedlichen administrativen, bürokratischen oder institutionellen Arbeitsweisen sind die arabischen Staaten stark von anderen Modellen inspiriert, hauptsächlich von westlichen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
63
Während der 2000er Jahre leitender Kurator und künstlerischer Leiter der Sharjah Biennale, Gründer und Direktor der Sharjah Art Foundation sowie Gründer und Leiter der El-Ma’mal Foundation for Contemporary Art und der Anadil Galerie in Jerusalem, gehört Persekian zu den entscheidenden Kulturakteuren weltweit. Er hat auch eine eigne künstlerische Praxis mit einem Schwerpunkt auf Fotografie.
 
64
Andere Autoren bestätigen diesen Prozentsatz für spätere Jahre (vgl. European Union 2014:7; Abdulrahman 2015:7).
 
65
Die Stadtverwaltung arbeitet für die Rehabilitierung der alten Gebäude vor allem mit der lokalen Organisation RIWAQ – Centre for Architectural Conservation zusammen. „Since 1991, Riwaq has recognised the challenging complexities of preserving Palestinian collective memory through projects that document and restore architectural heritage sites across the West Bank and the Gaza Strip“ (Bshara 2017:76).
 
66
Konflikten mit Bewohnern der Altstadt von Ramallah, nachdem ausländische Freiwillige im historischen Haus geschlafen hatten“ (Übersetzung d. Verf.).
 
67
Ramallah organisiert beispielsweise im Rahmen der vierten Ausgabe der Biennale Qalandia International mit internationalen Partnern ein Residenzprogramm mit den Städten Warschau, Antwerpen und Helsinki.
 
68
Die Erfahrung der Altstadt von Ramallah unterscheidet sich von anderen palästinensischen Städten durch die Bereitschaft der Stadtverwaltung, von Künstlern, Förderern, Investoren und Freiwilligen, Kunst und Kultur in das Herz der Altstadt zu bringen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
69
Die Generalkonferenz der UNESCO stimmt dem palästinensischen Antrag mit der notwenigen Zwei-Drittel-Mehrheit im Oktober 2011 zu. Während Frankreich den Beitritt befürwortet, stimmt Deutschland wie die USA und Israel dagegen (vgl. AFP und dpa 2011). Die USA und Israel stellen daraufhin ihre Zahlungen an die UNESCO ein und treten 2017 nach Auseinandersetzungen um die Anerkennung palästinensischer Kulturstätte in Ost-Jerusalem und Hebron aus.
 
70
Mehrere europäische Parlamente empfehlen im Anschluss an die Entscheidung der VN, Palästina als Staat anzuerkennen, so in Großbritannien, Spanien, Irland, Portugal und Frankreich. Die Regierungen folgen diesen Empfehlungen bisher nicht. Als einziges EU-Land erkennt nur Schweden Palästina an (Tschechien und Ungarn tun dies bereits vor ihrem Eintritt in die EU, Tschechien stimmt dann allerdings gegen die Aufnahme bei den VN) (vgl. Badarna 2019).
 
71
Sie macht insgesamt sechs verschiedene Modelle von Kulturpolitik in den arabischen Ländern aus, abhängig von der jeweiligen kolonialen Erfahrung, der politischen Orientierung sowie unterschiedlichen Paradigma der Modernisierung (vgl. Dragićević Šešić 2010a).
 
72
[…] nicht-systematischer Typ; hauptsächlich auf den gemeinnützigen Sektor ausgerichtet und die Behörden ersetzend […]. Kulturelle NGOs sind das Rückgrat des Kultursektors und die wichtigsten politischen Entscheidungsträger, was sie zum dynamischsten und verantwortungsvollsten Akteur macht“ (Übersetzung d. Verf.).
 
73
In den meisten arabischen Ländern ist der Begriff ‚Zivilgesellschaft‘ neu und wird in aktuellen politischen Debatten kaum verwendet“ (Übersetzung d. Verf.).
 
74
Sowohl die traditionelle Organisation des kulturellen Lebens (in Vereinen und Clubs, in Cafés als Raum für kulturelle Kreise und Debatten, in Stadtteilen usw.) als auch die Ankunft einer jungen Generation von Künstlern auf dem internationalen Kunstmarkt oder im Bereich der kulturellen Zusammenarbeit zeugen von einer unabhängigen und zivilen (nichtstaatlichen) kulturellen Produktion und Verbreitung“ (Übersetzung d. Verf.).
 
75
[E]ine Zivilgesellschaft, die nicht direkt in den politischen Bereich eingreift und im Gegenteil als Gegengewicht oder Interessengruppe angesichts von Fehlern oder Exzessen des Staatsapparats dienen kann. Es geht daher darum, Projekte zweier Haupttypen finanziell zu fördern: ‚Entwicklung‘ und [israelisch-palästinensische] ‚Partnerschaften‘“ (Übersetzung d. Verf.).
 
76
Slitine verweist auf das palästinensische Kulturministerium, das 2010 von 300 zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgeht, die im Kulturbereich arbeiten (vgl. Slitine 2016:331).
 
77
Die 1970er und 1980er Jahre waren Schauplatz der Entwicklung mehrerer organisatorischer Rahmenbedingungen für den Kampf in den besetzten palästinensischen Gebieten: Gewerkschaften, Organisationen von Landwirten, Frauen, Studenten, Intellektuellen, Künstlern… Das Leitmotiv dieser Organisationen lautete wie folgt: In einer Situation der Kolonialverwaltung sollten so viele Strukturen wie möglich entwickelt werden, die es ermöglichen würden, sich von der israelischen Vormundschaft zu emanzipieren, mit dem Ziel der Selbstversorgung (Wirtschaft, Ernährung) und der Schaffung von Alternativen zu koloniale Staatsstrukturen (zum Beispiel palästinensische Universitäten)“ (Übersetzung d. Verf.).
 
78
Sie haben eine starke Verbindung zu den verschiedenen politischen Parteien und Fraktionen (vgl. Hanafi und Tabar 2005:62).
 
79
Dies ist laut Hiltermann möglich, weil sich die verschiedenen Fraktionen der Befreiungsbewegung in Algier im April 1987 versöhnen – selbst die Kommunistische Partei, die viele Organisationen in den besetzten Gebieten kontrolliert: „Thus the road was cleared for joint action on a mass level“ (Hiltermann 1991:201). Als eine Art Katalysator ermöglicht dieses Ereignis den Ausbruch der Intifada Ende 1987, nachdem bereits viele Demonstrationen über das Jahr verteilt stattfinden.
 
80
Gebauer weist zum Beispiel darauf hin, dass „[a]lle Kinos im Westjordanland und im Gazastreifen […] im Laufe der ersten Intifada den Betrieb eingestellt [haben]“ (Gebauer 2011:32). Erst 2001 wird das El-Kasaba Kino in Ramallah und 2009 das Cinema City in einer Mall in Nablus wieder eröffnet (vgl. Gebauer 2011:33).
 
81
Obwohl dies vor allem für jene NGOs zutrifft, die nicht unbedingt im Kultursektor arbeiten, was wiederum dazu führt, dass kompetente Mitarbeiter eher andere Bereiche auswählen bzw. die Fluktuation sehr hoch ist.
 
82
Hier ist wahrscheinlich die US-amerikanische Ford Foundation gemeint, die sich nach jahrelangem Engagement vollkommen aus Palästina zurückgezogen hat.
 
83
Die Zeitschrift war 1981 in Beirut gegründet worden.
 
84
Dies ist ein Schicksal, das religiösen Strukturen meist erspart bleibt, was für die heutige Re-Islamisierung der Gesellschaft nicht irrelevant ist.
 
85
Vgl. Abschnitt 5.​2.​4.
 
86
https://​qattanfoundation​.​org/​en (Abgerufen 07. Januar 2020).
 
87
Der Preis wird später in Hassan Hourani Award umbenannt, einem der Gewinner der ersten Ausgabe, der 2003 tragisch ums Leben kommt.
 
88
Die Preisgelder werden im Verlauf des Programms heruntergesetzt, bleiben aber mit $6.000 für den ersten Preis und $4.000 bzw. $2.000 für die folgenden weiterhin relevant. Das Mindestalter wird später auf 22 Jahre heraufgesetzt.
 
89
Seit 2008 können auch Künstler aus den besetzten Golanhöhen teilnehmen. Das Kriterium eines ethnischen Palästinensischseins wird von verschiedenen Gesprächspartnern kritisch kommentiert.
 
90
Die Akademie geht auf eine Initiative des norwegischen Künstlers Henrik Placht zurück, der die Unterstützung des norwegischen Außenministeriums gewinnen kann (vgl. Nordic Consulting Group 2011:24).
 
91
Es handelt sich um einen Abschluss der norwegischen Akademie, da die palästinensische Art Academy Registrierungsprobleme vor Ort hat (vgl. Nordic Consulting Group 2011:33).
 
92
Dieser Betrag entspricht ca. 1.2 Millionen €.
 
93
Das Haus der Kulturen der Welt und das GI Ramallah unterstützen den Autor Michael Baers bei seiner Graphic Novel (Baer 2014), die die Geschichte festhält und im Anschluss in Berlin bei einer Lesung präsentiert wird.
 
94
Ein anderes Beispiel ist das Gastspiel einer „Hamlet“ Inszenierung Thomas Ostermeiers im Westjordanland 2012, der mehr noch als mit seinem Theaterstück durch den mit Nicolas Klotz realisierten Dokumentarfilm „Hamlet en Palestine“ (2017) und seinen Interviews rund um das Projekt Aufmerksamkeit erzielt und für eine alternative Perspektive sensibilisiert.
 
95
Vgl. https://​www.​taawon.​org/​en (Abgerufen 07. Januar 2020).
 
98
In einem Hintergrundgespräch mit Verantwortlichen von Tawoon wurde bemerkt, dass vor allem die fehlenden Gelder aus Saudi-Arabien spürbar seien.
 
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Das Gebäude schafft es 2019 auf die Shortlist des Aga Khan Award für Architektur: „The Palestinian Museum is both aesthetially [sic!] pleasing and evironementally [sic!] responsible […] which promotes the idea that the marriage of design and ecological concerns are possible“ (O A 2019).
 
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Nach Abschluss dieser Arbeit erfährt die Autorin, dass sich die International Art Academy im Sommer 2020 nach anderweitiger Unterstützung umsehen muss, da die norwegische Förderung ausläuft. Die Option wird geprüft, sie als Teil der Birzeit Universität aufzunehmen.
 
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Der unsichere Status von Künstlern in prekären Situationen in der arabischen Welt (Fehlen von Rentenplänen, soziale Sicherheit zwischen Verträgen usw.) ist eines dieser Probleme“ (Übersetzung d. Verf.).
 
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Auf diesen Aspekt wird in Kapitel 5 näher eingegangen.
 
Metadata
Title
Kulturpolitik in Abwesenheit eines Nationalstaats: das Beispiel Palästina
Author
Antonia Blau
Copyright Year
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32465-0_4