Die Customer Experience steht spätestens seit der Digitalisierungswelle im Mittelpunkt der Vertriebs- und Marketingstrategien von Unternehmen. Welcher Fahrplan dafür sinnvoll ist.
Klar definierte Kennzahlen rund um positive Kundenerlebnisse sind maßgeblich für den Vertriebserfolg von Unternehmen.
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Nicht mehr nur erfolgreiche Vertriebsaktivitäten, Markenführung und Produkte allein bestimmen in Zukunft den Erfolgskurs von Unternehmen, sondern vor allem das Kundenerlebnis. Es wird entscheidendes Alleinstellungsmerkmal sein und eine ähnliche Entwicklung wie im B2C-Umfeld nehmen, wie der Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (BVIK) in einem Trendpapier zu B2B-Trends feststellt.
Doch einer Studie von Forrester Consulting im Auftrag von Bloomreach zufolge haben Unternehmen Nachholbedarf bei der strategischen Gestaltung von Kundenerlebnissen. Die Ergebnisse zeigen, dass es Unternehmen noch nicht durchgängig gelingt, ihren Kunden ein zufriedenstellendes Einkaufserlebnis zu verschaffen, sowohl Hersteller als auch Händler beispielsweise im E-Commerce-B2B. Das liegt auch am unterschiedlichen Verständnis für wichtige Faktoren im Vertrieb, wie ein Beispiel aus dem E-Commerce zeigt: Demzufolge sind für 84 Prozent der B2B-Kunden Suchergebnisse, die ihnen die passenden Produkte anzeigen, ein wichtiges oder sogar kritisches Kriterium. Nur 45 Prozent der Unternehmen bieten aber in ihren Shops die Möglichkeit, diese Suchergebnisse nach Kategorien zu filtern. Ebenso möchten 83 Prozent der Kunden eine möglichst einfache Navigation im Webshop. Nur 46 Prozent der Unternehmen arbeiten jedoch aktiv daran. Besonders spannend: Die Hälfte der Käufer würden für ein besseres und schnelleres Online-Kauferlebnis sogar mehr bezahlen. Hier stecken also große Chancen für den Vertrieb.
Customer Experience mit Kennzahlen messen
Entscheidend für den Vertrieb ist, entsprechende Customer-Experience-Kennzahlen festzulegen, mit denen das Kundenerlebnis und die Kundenzufriedenheit messbar werden. Dazu empfiehlt das Beratungshaus Paulusresult, zum Beispiel folgende Fragestellungen als Basis für Customer-Experience-Kriterien zu nutzen, die direkt bei den Kunden abgefragt und danach ausgewertet werden können:
- Wie schwierig oder einfach eine Interaktion mit dem Unternehmen für den Kunden, etwa Bestellungen oder Serviceanfragen?
- Wie zufrieden sind Kunden mit der Lieferung?
- Wie hoch ist die Weiterempfehlungsrate der Kunden?
- Wie hoch ist die Kundenabwanderungsrate. Berechnungsschlüssel: Anzahl der abgewanderten Kunden in einem Quartal dividiert durch Anzahl der Kunden zu Beginn des Quartals.
- Weitere Kennzahlen, die sich eignen, seien beispielsweise auch die Erneuerungsrate von Verträgen, Nutzungsstatistiken und die Kundenbindungsrate.
Eine ausgewählte Hauptkennzahl sollte möglichst in Verbindung mit den Geschäftszielen gewählt werden. Sie lässt sich auf einzelne Kundengruppen, Standorte oder Produkte anwenden und zudem mit anderen Unternehmensbereichen, etwa der Produktentwicklung, vergleichen.
Das Kundenerlebnis wird Fixpunkt in der Unternehmensstrategie
Professor Thomas Suwelack gibt im Springer-Buch "Toolbox Customer Experience", an, dass posotive Kundenerfahrungen zum zentralen Fixpunkt in Unternehmens- und Vertriebsstrategien geworden ist. Das belegten verschiedenen Studien, wonach 81 Prozent der Führungskräfte glauben, dass die Customer Experience 2020 das entscheidende Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb ausmacht. 2018 lag dieser Wert noch bei 67 Prozent (Gartner 2018).
Erfolgreiche Unternehmen zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass sie über Produkte, Services und Plattformen verfügen, "welche die Kundenbedürfnisse auf immer bessere Art und Weise adressieren und so eine positive Customer Experience hervorrufen", erklärt der Springer-Autor.
Im Kapitel "Das Customer Experience zentrierte Unternehmen" verweist er darauf, dass erst durch die Interaktion des Kunden mit den Mitarbeitern, Kanälen, Systemen und Produkten eines Unternehmens eine Kundenerfahrung entstehen kann, nicht durch die Interaktionselemente wie zum Beispiel die Kanäle oder das Produkt selbst. Als Ausgangspunkte für diese Interaktionen oder Kundenerfahrungen nennt er beispielsweise
- Services,
- Preisinformationen,
- Kommunikationsbotschaften oder
- Kunden-Touchpoints.
Das größte Erfolgspotenzial ergibt sich für den Vertrieb, wenn er in seinen Customer-Experience-Strategien möglichst nach folgenden Phasen vorgeht (Seite 8):
Fünf Phasen der Entwicklung hin zur experiencezentrierten Unternehmung. (Quelle: adaptiert von Clatworthy 2019)
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Unterschiede bestehen allerdings zwischen den Strategien für kundenzentrierte und an der Kundenerfahrung ausgerichtete Unternehmen, betont Suwelack. Während ein an Kundenerfahrungen orientiertes Unternehmen diese zum Ausgangspunkt aller ihrer Aktivitäten macht, ergänzen laut Suewlack bei der Kundenzentrierung eher kundenorientierte Eigenschaften oder Zusatznutzen die Produkte und Services. Unternehmen sollten Customer-Experience-Aktivitäten in jedem Fall möglichst intensiv einsetzen und sie über die gesamte Unternehmensorganisation hinweg hin ausrichten.