Steigende Kundenerwartungen und die fortschreitende Hyperpersonalisierung machen den Kundenservice zum Dreh- und Angelpunkt eines erfolgreichen Vertriebs. Welche Trends Unternehmen beachten sollten.
Vertriebsunternehmen müssen konsequent an ihren Kundenservicestrategien arbeiten und neue Technologien einbeziehen, um dem Wettbewerb zu trotzen.
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Gewachsene Kundenansprüche und moderne Technologien, die vor allem durch GAFA vorangetrieben wurden, führen im Vertrieb dazu, dass Kundenservices effizienter und kundenorientierter gestaltet werden müssen. Wichtige Trends, die Pricewaterhouse Coopers (PwC) beispielsweise in der Studie "Customer Service & Engagement" sieht, sind
- Self-Service-Optimierung sowie neue Technologien, etwa
- Künstliche Intelligenz
- Cloudbasierte Omnikanalsysteme
- Sprach- und biometrische Systeme sowie
- Robotic Process Automation
als wesentliche Ankertechnologien für den Kundenservice der Zukunft. Dabei bietet die Digitalisierung von Prozessen und Strukturen in Vertriebsabteilungen und angegliederten Kundenservice-Einheiten die Möglichkeit, "bewährte Betriebsmodelle umzustrukturieren, Prozesse neu zu gestalten und ein regelrechtes Umdenken im Unternehmen anzustoßen, um das Kundenerlebnis in den Mittelpunkt des Handels zu stellen", so die Studienherausgeber. Über KI basiertes Deep Learning werden Support-Funktionen dieser Tools außerdem stetig verbessert. Die PwC-Studie beschäftigt sich damit, wie die digitale Transformation den Kundenservice der Zukunft beeinflussen wird.
Als wesentliche Entwicklung im Customer Engagement und Kundenservice-Feld sehen die Experten des Beratungshauses PwC, dass Kundenerwartungen und das Kundenerlebnis "das neue Spielfeld" für Unternehmen sind, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren, etwa durch neue Serviceprodukte. Beispielsweise seien Self-Service-Strukturen über alle Kundenkontaktkanäle dabei immer stärker vertreten, von Self-Checkouts bis hin zu IVR in Call Centern oder dem Einsatz von KI-Serviceagenten. Kunden erwarten zudem einen Omnikanal-Service und personalisierte (Online)Serviceerlebnisse. Darüber hinaus zählten jedoch im Verkauf wie im Service maßgeschneiderte Angebote und eine personalisierte Ansprache. Denn beispielsweise "eine namentliche Kundenansprache mit dem ermittelten Bedürfnis erhöht die Kundenzufriedenheit und die Kaufbereitschaft", heißt es in der PwC-Studie.
Servicegeschäft ist Wachstumstreiber
Betrachtet man Servicegeschäfte branchenübergreifend nach Zahlen, so ergab eine Befragung von "Chemanager", die 2021 veröffentlicht wurde, dass Servicedienstleistungen ein klarer Wachstumstreiber sind:
- Rund 95 Prozent der Befragten erwarteten damals eine Verdoppelung ihrer Serviceumsätze von durchschnittlich acht auf 18 Prozent ihres Gesamtumsatzes innerhalb von drei Jahren.
- Elektronik- und Maschinenbauunternehmen haben bereits heute einen hohen Umsatzanteil mit Services von 12 beziehungsweise 19 Prozent und sehen dort auch künftig das größte Potenzial.
Allerdings hängen die Umsatzzuwächse stark von der Serviceart ab. So bieten laut der Befragung transaktionsbezogene Services wie Planungsleistungen, Lieferlogistik oder Zahlungskonditionen um bis zu 130 Prozent Steigerungspotenzial bei den Serviceumsätzen. Geht es um eher produktbezogene Dienstleistungen wie Wartungszyklen oder Anwendungsberatung, liegen die Steigerungsraten nach Einschätzung der befragten Manager niedriger.
Self-Service muss leicht bedienbar sein
Vor allem der Trend zum Self-Service bedingt weitere Anforderungen an Unternehmen, die mit solchen Konfigurationen in Ergänzung zu persönlichen Kundeninteraktionen auch neue Umsätze generieren können, weil sie Kunden zurück in den Verkaufstrichter holen. Aus Kundensicht müssen Self-Services vor allen Dingen einfach auffindbar und leicht bedienbar sein, sowie leicht verständlich und nahtlos weiterzuleiten.
Hybride Service-Agenten übernehmen
Während im Vertrieb die Entwicklung hin zu Hybrid Selling in vollem Gange ist, zeichnet sich auch im Kundenservice als verlängerter Werkbank der Verkaufsteams die Ausrichtung hin zu hybriden Mensch-KI Service-Agenten ab. Die Springer-Autoren Ulrich Gnewuch und Alexander Maedche erklären im gleichnamigen Kapitel des Buchs "Smart Services" der Professoren Manfred Bruhn und Karsten Hadwich dazu: "In diesen Hybridsystemen arbeiten KI-Agenten (z.B. Chatbots) und menschliche Agenten (z.B. Kundenservice-Mitarbeitende) dynamisch zusammen und treten dem Kunden gegenüber als integrierte Einheit auf."
Für die Schnittstellen zum Vertrieb bedeutet das zwar einen immer größeren Einfluss von KI auf Dienstleistungen und Serviceprozesse. Doch die Autoren warnen, dass beispielsweise Chatbots trotz großer technologischer Fortschritte im KI-Bereich "kein Allheilmittel für die komplette Automatisierung der Kundeninteraktion" seien. Zwar könnten sie einfache Routinefragen in Sekundenschnelle beantworten, doch bei komplexeren Kundenanfragen und -problemen stoßen sie häufig an ihre Grenzen. Nach Angaben des IT-Beratungsunternehmens Prov gehen Marktexperten allerdings davon aus, dass "künstliche Intelligenz in Zukunft 15 Prozent der Interaktionen im Kundenservice übernehmen wird."
Erstklassige CX zählt
Bei aller Technik stellt sich die Frage, wie Vertriebe künftig ein erstklassiges Kundenerlebnis schaffen und in den Mittelpunkt stellen können. Professor Thomas Suwelack betont dazu im Buch "Toolbox Customer Experience" mit Blick auf das CX Management im Kapitel "Outside-In: Marke, Kundenstrategie und Erfahrungselemente auf Basis einer Customer Experience zentrierten Unternehmens-DNA entwickeln", dass der zentrale Kern einer kundenzentrierten DNA für Unternehmen "die Experience sein, die der Kunde in seinen Interaktionen mit den Erfahrungselementen entlang seiner Customer Journey erleben soll."
Für Unternehmen wird aus den Trends deutlich: Kundenservice, Technik und Vertrieb sind nur miteinander verschränkt erfolgreich, um zum Hebel für exzellente Vertriebs- und Serviceergebnisse zu werden.