Welche zehn weltweiten Trends bestimmen in den kommenden drei Jahren den B2B-Vertrieb? Das hat ein Forschungsbericht kürzlich analysiert. In der Rangliste kam es zu einigen Überraschungen.
Wenig überraschend ist es B2B-Managern im Vertrieb am wichtigsten, für Kunden mit ihren Produkten und Dienstleistungen in den kommenden drei Jahren einen Mehrwert zu schaffen. Dieser Trend landet auf Platz eins eines Forschungsberichts des Vertriebsberatungsunternehmens Mercuri International. Er beinhaltet neben dem Kundennutzen für die Experten auch den Übergang von der verkäufer- zur käuferzentrierten Vertriebsorganisation.
Fast neun von zehn Führungskräften (85 Prozent) geben an, dass sie diese Entwicklung für entscheidend halten, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Für den Forschungsbericht hat das Research-Team von Mercuri International knapp 1.000 Manager verschiedener Branchen aus dem B2B-Bereich aus 30 Ländern befragt.
Vertriebler sollten sich in der Praxis vor allem auf die profitabelsten Kunden konzentrieren. In das Gesamtpotenzial eines Kunden fließen laut Vertriebsexperte und Sales-Excellence-Autor Matthias Schlageter folgende Parameter mit ein:
- die erwartete Zahlungsbereitschaft,
- die Phase im Kundenbeziehungslebenszyklus sowie
- der rechnerische Kundenwert.
Diese beschreibt er in seinem Fachartikel "Nachhaltige Vertriebserfolge mit strategischer Kundenauswahl" in der September-Ausgabe der "Sales Excellence" 2021 (Seite 22). In der Praxis beobachtet Schlageter, dass Unternehmen ihre Kunden auf Basis der ABC-Analyse mit Umsatz oder Deckungsbeitrag in Kategorien einteilen. Diese Kriterien könnten zu Fehlsteuerungen führen.
"Steht bei der Segmentierung und Priorisierung dagegen der Kundennutzen im Fokus, werden neue Erkenntnisse über weitere nutzenstiftende Leistungen sichtbar, mit denen Vertriebler beim nächsten Termin punkten können", erklärt der Vertriebsexperte auf Seite 22 seines Artikels. Aus dem Verkäufer werde so "ein vertrauenswürdiger Reiseleiter auf der Buying Journey".
Persönlichkeit des Vertrieblers liefert Mehrwert
Das sieht auch Marcus Redemann, Management Partner bei Mercuri International Deutschland, so. Generell liefere die Verkäuferpersönlichkeit einen ganz individuellen Wert für den Kunden, erklärt er in dem Webinar zum Forschungsbericht zu den Vertriebstrends. Daher müssten Vertriebler aus Sicht des Experten die Wertschöpfungskette des Kunden und die Absatzmärkte verstehen. "Zu verstehen, was auf den Absatz- und auf den Einkaufsmärkten passiert und dann entsprechend zu schauen, wie man den Kunden helfen kann, erfolgreicher zu werden", sieht er als entscheidende Fähigkeiten für Vertriebsmitarbeiter an.
Nach der Orientierung am Kundenwert folgt auf der Trendliste des Forschungsberichts auf Platz zwei die Fähigkeit, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, um die sich schnell ändernden Erwartungen der Kunden zu erfüllen. Davon sind drei Viertel der befragten Manager überzeugt. An dritter Stelle hat Mercuri den Trend Remote Selling, beziehungsweise Investitionen in den Fernabsatz, ausgemacht. Hier liegt die Zustimmungsrate bei 68 Prozent. Dieser hat sich 2021 durch die Corona-Pandemie beschleunigt.
Nur knapp dahinter liegt der Weiterbildungsbedarf von Vertriebsmitarbeitern. Zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) gehen davon aus, dass sie die Mitarbeiter im Vertrieb in den kommenden drei Jahren neu ausbilden und weiterbilden müssen.
Vordenkerrolle ist Vertrieblern weniger wichtig
Insgesamt verdeutlicht der Forschungsbericht zehn wichtige Geschäftstrends im B2B-Vertrieb für die kommenden drei Jahre. Die einzelnen Trends sind in der Aufzählung mit der jeweiligen Zustimmungsrate der Führungskräfte in Prozent dargestellt:
1. Kundenwert-Orientierung (85 Prozent)
2. Innovationsbeschleunigung (75 Prozent)
3. Fernabsatz (68 Prozent)
4. Verbesserung der Vertriebsfähigkeiten (66 Prozent)
5. Vertriebsautomatisierung (60 Prozent)
6. Der Kampf um Talente (59 Prozent)
7. Soziale Verantwortung (57 Prozent)
8. Glücksökonomie (56 Prozent)
9. Vertriebs- und Marketing-Integration (55 Prozent)
10. Vordenkerrolle (55 Prozent)
"Steigende Kosten was Energiepreise und Personal angeht. Das ist die eine Seite der Medaille", so Matthias Huckemann, Managing Director von Mercuri International Deutschland, in einem Webinar zum Forschungsbericht Anfang Februar. Die andere sei, dass man keine Liefertermine sichern könne. Sich in diesem Konflikt zu bewegen, mit hohen Preisen und der Notwendigkeit die Preise erhöhen zu müssen sowie parallel Schwierigkeiten zu haben, Liefertermine zuzusagen, seien "Problemstellungen, die den Vertrieb aktuell herausfordern".