Manager gelten als eierlegende Wollmilchsäue. Doch welche Fähigkeiten führen zum Geschäfts- und Karriereerfolg? Ein Gespräch mit Springer-Autor Alfred-Joachim Hermanni über Zeitmanagement, Digitalisierung und Marke.
Springer Professional: "Don’t work hard – work smart“, empfehlen Sie Führungskräften in Ihrem Buch. Klingt gut – aber was heißt das?
Alfred Joachim Hermanni: Zahlreiche Führungskräfte sind Diener starrer Tagesabläufe in einem kompromisslosen Arbeitsalltag. Häufig fehlen zeitliche Freiräume, um über neuartige Lösungen für bestimmte Probleme oder grundsätzliche Veränderungen nachzudenken. Doch wie sollen Wachstum und Wandel ohne Freiräume zur Reflexion entstehen? Ich betrachte diese Restriktion als kontraproduktiv, da erst kontinuierliche Innovationen das Bestehen am Markt sichern. Aus rein wirtschaftlicher Sicht trägt jeder Manager Verantwortung gegenüber den Stakeholdern eines Unternehmens, die Leistungsversprechen einzulösen.
"Work smart" bedeutet, alltägliche Vorgänge oder technische Prozesse weitgehend zu standardisieren sowie Prioritäten zu setzen, um Entwicklungsmöglichkeiten für kreative Denkarbeit zu schaffen. Beispielsweise lassen sich E-Mail-Flut und Meetings steuern, wenn man klaren Regeln folgt und Verantwortung delegiert.
Zeitmanagement ist erlernbar und somit können Führungskräfte ihren Arbeitsalltag effizienter gestalten. In meinem Buch "Business Guide für strategisches Management“ gibt es dazu ein ganzes Kapitel. Wichtig ist etwa, zwischen Aufgaben mit hoher und niedriger Priorität unterscheiden zu können. Dabei urteilen Sie vor allem nach dem Kriterium: Verpasse ich eine Wachstums- oder Umsatzchance, wenn ich diese Aufgabe nicht umgehend wahrnehme?
Die Methoden und Strategien, die Sie in einer Art Baukasten für Manager zusammengetragen haben, reichen vom Controlling über Nachhaltigkeit bis zu Social Media und Zeitplanung. Müssen Manager in Zeiten der Digitalisierung immer noch Generalisten sein? Oder gibt es einen Trend zur Spezialisierung?
Die einfache Antwort ist: Manager müssen sowohl Generalisten als auch Spezialisten sein, wenn Sie Karriere machen wollen. Im Idealfall sollte eine Führungskraft sowohl Kenntnisse der Gesamtorganisation als auch eines Spezialgebietes mitbringen. In den Unternehmen wird im Allgemeinen zunächst ein Spezialist eingestellt, der aber bei Bedarf gefördert und zum Generalisten ausgebildet wird. Bei einem Generalisten kann es sich allerdings auch um eine Fachkraft handeln, die lediglich zwei oder mehrere Spezialgebiete beherrscht.
Und wie lautet die schwierige Antwort?
Die komplexe Antwort ist, dass Spezialisten eine exponierte Stellung einnehmen und ihren Marktwert steigern, wenn auf dem Arbeitsmarkt das Fachgebiet gefragt ist. Ein Personalleiter, Controller oder Vertriebsmanager muss weniger spezialisiert sein als ein Mechatroniker, Softwareprogrammierer oder Agraringenieur. Andererseits können Spezialkenntnisse zum Handicap werden, weil eine Expertise nur auf einem Gebiet vorliegt, etwa bei einem Stellenwechsel. Im ungünstigsten Falle sind Manager nicht für andere Aufgaben einsetzbar oder man traut ihnen eine Neuorientierung in ein anderes Tätigkeitsfeld nicht zu.
Exzellenzstudien belegen, dass wir im digitalen Zeitalter auf teamfähige Konsenslösungen angewiesen sind, um die spezifischen Herausforderungen gemeinsam zu lösen. Dabei beziehen sich die Schlüsselfragen auf mehrere Arbeitsbereiche, die von Generalisten geführt werden. Denken Sie an den Austausch von Daten, an abteilungsübergreifende Prozesse, an die Nutzung von Serviceeinrichtungen, an die SWOT-Analyse von Wettbewerbern, an Vertrieb und Marketing und an neue kollektive Technologien. Die Strategien müssen letztlich übereinstimmen und nur ein synchrones Vorgehen vieler Beteiligter sowie firmeninterne Kenntnisse führen zum Erfolg. Überspitzt formuliert: Kann man es sich als High Potential angesichts rasanter Entwicklungen und disruptiver Innovationen in der Wirtschaftswelt überhaupt leisten, nur auf einem Gebiet Fachmann zu sein, zumal sich Unternehmen immer wieder neu aufstellen?
Ohne welches Tool Ihres Baukastens geht es gar nicht und warum?
Das ist eine schwierige Frage, weil das Gesamtpaket des "Business Guide für strategisches Management" einen erfolgreichen Manager ausmacht. Die Auswahl der Themen in meinem Buch ist nicht zufällig, sondern durch Interviews mit Spitzenkräften der Wirtschaft entstanden. Zudem habe ich Sachbücher zu Business- und Karrierethemen über einen längeren Zeitraum ausgewertet. Insofern bietet die in dem Buch präsentierte Auswahl einen Grundstock für funktionierende Geschäftsmodelle und für Business Professionals.
Wahrscheinlich ist das Kapitel Marke unverzichtbar. Eine Marke eines Unternehmens oder einer Organisation sollte auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern der Branche liegen. Genau das ist der Job eines Leaders. Er sollte diesbezügliche Merkmale in allen Einzelheiten untersuchen, vorstellbares Optimierungspotenzial überprüfen und die Managementkonzepte gegebenenfalls neu ausrichten.
Welchen Einfluss hat der CEO auf die Marke?
Eine Unternehmerpersönlichkeit korrespondiert mit der Authentizität der Eigendarstellung der Marke. Ähnlich wie Seriendarsteller beim Fernsehen oder wie Fachleute, die gebetsmühlenartig für eine bestimmte Programmatik eintreten. Sie wiederholen Ihre Markenpräsentation so lange, bis genügend Zielpersonen davon überzeugt sind. Und dann zementieren sie das positive Ergebnis. Diese Vorgehensweise ist wichtig, denn Menschen orientieren sich am Erfolg anderer, wollen daran teilhaben.
Spitzenmanager wie Lee Iacocca wiesen bereits darauf hin, dass sie die Hälfte ihres Weges zur Unternehmerpersönlichkeit mit dem Aufbau des eigenen Erfolges und die andere Hälfte mit dessen Vermarktung beschäftigt gewesen waren. Allerdings muss das Gesamtpaket "Marke Ich" stimmig sein, denn die Erwartungshaltung ist hoch. Wenn man ein angesehenes Restaurant aufsucht, erwartet man auch eine Kombination aus geschmackvollem Ambiente, freundlich-kompetentem Service und qualitativ anspruchsvollem Essen.