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07-10-2016 | Leitzins | Schwerpunkt | Article

Banken stecken in der Liquiditätsfalle

Author: Christian Kemper

2:30 min reading time

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Die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank wirkt nicht mehr. Die Grenzen der Geldpolitik sind erreicht, warnen Experten. Es ist Zeit umzuschwenken.

Irgendwann muss Mario Draghi aussteigen. Doch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) wird den geldpolitischen Kurs mit Niedrigzinsen und Anleihekäufen vorerst beibehalten. Auch seine Amtskollegin von der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), Janet Yellen, sollte die Leitzinsen zunächst nicht anheben. „Dabei wird die expansive Geldpolitik zunehmend inneffektiv“, warnt Frank Engels, Leiter Portfoliomanagement Renten bei der Fondsgesellschaft Union Investment. Auch die EZB selbst ist mit der Wirkung ihrer Maßnahmen auf die Inflation im Währungsraum unzufrieden und gab entsprechende Änderungsvorschläge für die Parameter des umstrittenen Anleihekaufprogramms in Auftrag.

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Finanzbranche fordert baldigen Ausstieg 

Der extrem lockere Kurs der Notenbank stehe mehr und mehr im Gegensatz zu der sich bessernden wirtschaftlichen Lage im Euroraum, verkündet der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). „Es ist Zeit, den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik einzuläuten“, fordert Andreas Martin, Vorstandsmitglied des BVR. Denn die Wirtschaft des Euroraums befinde sich nicht mehr im Krisenmodus.

„In der aktuellen Situation verfehlt die Geldpolitik zunehmend ihre Wirkung, während gleichzeitig die Risiken der Politik extrem billigen Geldes sukzessive steigen“, analysiert der Zinsexperte Engels. Die günstigen Kredite in der Europäischen Währungsunion (EWU) wirkten sich kaum mehr auf die Nachfrage aus. Und je länger die expansive Phase anhalte, desto zinsunelastischer handelten die potenziellen Darlehensnehmer. Die aktuelle Problematik der weltweit niedrigen Leitzinsen greift auch der Springer-Autor Christian Knapp in seinem Buch „Zum Konzept der Liquiditätsfalle“ auf. Das fast vergessene Konzept stehe im Zuge der japanischen Depression und der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise wieder im Fokus der makroökonomischen Debatte. „Die EZB sitzt in der Falle, und Europa gleich mit“, bestätigt Engels und nennt drei wesentliche Problemfelder:

  1. Banken stecken in einer Ertrags- und Regulierungsfalle. Die Institute müssten die monetären Impulse der Zentralbank über den Kreditkanal weitergeben. Doch der ist verstopft. Aufgrund der höheren, regulierungsbedingten Eigenkapitalanforderungen und der Ertragsschwäche vergeben sie immer weniger Neukredite.
  2. Die Konjunktur steckt in einer Liquiditätsfalle. Die Unternehmen in Europa investieren weniger als noch vor zehn Jahren, und das trotz historisch günstiger Zinsen. Auch der Konsum zieht aufgrund einer gestiegenen Arbeitslosigkeit nicht an. Die privaten Haushalte sind so verunsichert, dass sie Geld horten.
  3. Staaten stecken in einer Reformfalle. Seit Ausbruch der Staatsschuldenkrise in Europa wurden nicht genügend Strukturreformen angestoßen, um die langfristigen Wachstumskräfte zu stärken. Die lockere Geldpolitik hat über die historisch niedrigen Finanzierungskosten die Anreize für eine Reformpolitik in den Euroland-Staaten deutlich verringert.

Die Geldpolitik in ihrer jetzigen Form kann jenseits der akuten Krisenbekämpfung also keinen Beitrag mehr leisten. „Schlimmer noch“, resümiert Engels, „wir nähern uns dem Punkt, wo der aktuelle Kurs der Frankfurter Währungshüter mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet.“

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