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08-01-2020 | M&A-Management | Schwerpunkt | Article

Fusionsfieber mit Risiken und Nebenwirkungen

Authors: Andrea Amerland, Andreas Nölting

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Das Jahr 2020 kann hierzulande einen Fusionsrekord bringen. Denn die deutschen Manager wollen in Zeiten der konjunkturellen Flaute verstärkt auf Fusionen und Zukäufe setzen. Doch das Fusionsfieber scheitert oft am Clash der Unternehmenskulturen. 

Gerade ist der Deal unter Dach und Fach. Damit ging eine monatelange Übernahmeschlacht zu Ende. Endlich ist es ist dem österreichischen Elektronikunternehmen AMS im zweiten Anlauf gelungen, das deutsche Traditionsunternehmen Osram zu übernehmen. Die Transaktion rund um den Beleuchtungshersteller mit Sitz in München war nicht leicht. Und ausgestanden ist die Sache längst noch nicht. Jetzt fängt die Arbeit in der Post Merger Integration erst richtig an. Dabei kommt es auch darauf an, kulturelle Unterschiede und Konflikte zu überwinden.  

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Fusionen für Größe, Märkte und Wachstum

Doch das Wissen um die Komplexität von Fusionen und Übernahmen schreckt die deutschen Manager offenbar nicht. Obwohl sie laut des aktuellen "Capital Confidence Barometers" der Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young), für das 2.600 Manager in Großunternehmen weltweit, davon 144 in Deutschland, befragt wurden, pessimistisch in die wirtschaftliche Zukunft blicken, ist ihr Übernahmeappetit groß.

65 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland planen für die kommenden zwölf Monate Zukäufe. Das ist der höchste Wert seit 2010. Damals wurde die Befragung zum ersten Mal durchgeführt. Auch weltweit ist das Interesse an M&A-Transkationen gestiegen. Allerdings liegt der Anteil mit 52 Prozent deutlich unter dem Spitzenwert von 2015, als noch 59 Prozent der Unternehmen Zukäufe anstrebten. Jeder dritte deutsche Konzern geht davon aus, dass die Zahl der abgeschlossenen Transaktionen in den kommenden zwölf Monaten höher ausfallen wird als im vergangenen Jahr. Lediglich sechs Prozent rechnen mit einer gegenläufigen Entwicklung. Weltweit planen allerdings nur 25 Prozent der Unternehmen, mehr Fusionen abzuschließen als vor einem Jahr.

Offenbar sind die Bedingungen für Merger derzeit gut. Fremdkapital ist wegen der historisch niedrigen Zinsen günstig und die Börsianer betrachten Übernahmepläne durchaus wohlwollend. Sie versuchen auf die richtige Seite zu setzen, wenn mit harten Bandagen um Marktpositionen gekämpft wird. Es geht um Größe, es geht um Technologien und es geht um Wertzuwachs an den Börsen.

Das Merger-Syndrom

Die Pläne klingen verlockend. Denn Fusionen bieten Unternehmen zunächst eine Perspektive der Stärke und des Wachstums. Doch mehr als die Hälfte aller Fusionen scheitern, beobachten Experten immer wieder. Denn jedes Unternehmen, das sich mit einem anderen zusammenschließt, trifft auf neue Menschen und eine andere, fremde Firmenkultur. Das sorgt für Zündstoff.

Die amerikanischen Organisationspsychologen Mitchell Marks und Philip Mirvis (1986) haben für die Folgen von Mergers & Acquisitions den Begriff Merger-Syndrom geprägt, schreibt Friedemann W. Nerdinger, Seniorprofessor an der Universität Rostock, im Buchkapitel "Mergers & Acquisitions: Fusionen und Unternehmensübernahmen". Damit werden typische Reaktionen beschrieben, die häufig nach Fusionen auftreten, heißt es auf Seite 195. 

Dazu zählen Befangenheit, verstärkte Gerüchtebildungen, Stressreaktionen, eingeschränkte Kommunikation, die Mitarbeiter erleben das Management als unglaubwürdig, es finden Kämpfe zwischen Kulturen statt, und es kommt zum Zusammenschluss in der eigenen Gruppe, wobei zwischen Gewinnern und Verlierern differenziert wird."

Psychologische Aspekte von Mergers & Acquisitions

Psychologische Aspekte und Emotionen werden bei Firmenübernahmen häufig unterschätzt. Auch spiele die Unternehmenskultur eine zentrale Rolle bei Fusionen und Übernahmen. Es komme auf den Fit, das heißt die Passung der Kulturen beider Unternehmen an, betont Nerdinger.

Doch Übernahmen scheitern nicht an nur unterschätzten Emotionen. M&A-Projekte missglücken in der Integrationsphase typischerweise aus folgenden Gründen, schreibt Gerald Schmola, Professor an der Hochschule Hof, über "Mergers & Acquisitions (M&A) und Post Merger Integration" (Seite 297): 

  • Fehlen einer klaren Strategie in Bezug auf das übernommene Unternehmen
  • Konkurrenz um Führungspositionen
  • Übergehen der Interessen der Mitarbeiter
  • Unterschätzung der Langwierigkeit des Integrationszeitraums
  • Mangelnde Berücksichtigung der unterschiedlichen Unternehmenskulturen

Cultural Due Diligence nicht unterschätzen

Die Wurzeln für das Scheitern von M&A-Projekten sind häufig bereits in Phasen vor der eigentlichen Integration zu suchen, warnt Schmola. Er attestiert Unternehmen Versäumnisse bei der Vorabplanung oder bei der Durchführung, etwa bei der zwingend erforderlichen Cultural Due Diligence

Bei einer Due Diligence geht es oftmals ausschließlich um Zahlen und Fakten. Die weichen Faktoren finden dagegen kaum Beachtung. Wer Unterschiede in der Arbeitsweise und Unternehmenskultur allerdings vorab aufspürt, kann die Integrationsphase besser vorbereiten und schneller abschließen", urteilt er auf Seite 297.

Insofern ist der Zusammenschluss von AMS und Osram noch längst nicht in trockenen Tüchern. Nicht nur das Portfolio des Leuchtmittelherstellers steht auf dem Prüfstand. Auch die angestrebte Transformation zum Hightech-Photonik-Champion kann den Zusammenschluss neben den kulturellen Unterschieden zur Zerreißprobe werden lassen.

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