Auch wenn Recep Tayyip Erdoğan als türkischer Präsident agiert, als ob es kein morgen gäbe, bleiben die aktuellen Entwicklungen in der Türkei nicht ohne Konsequenzen. So ist bereits vor dem Referendum die Zahl der Fusionen und Übernahmen zwischen der Europäischen Union (EU-28 inkl. Kroatien und Großbritannien) und der Türkei um 73 Prozent auf zwei Milliarden Euro zurückgegangen. Das hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) auf Grundlage der Zephyr-M&A-Datenbank von Bureau van Dijk ermittelt.
Die wichtigste Branche für die M&A-Geschäfte zwischen EU- und türkischen Unternehmen war zuvor mit deutlichem Abstand der Bankensektor, gefolgt von der Versorgungswirtschaft (Gas, Wasser, Elektrizität), der Chemieindustrie, dem Bereich Post und Telekommunikation sowie der Nahrungsmittelindustrie.
Politische Entwicklung schadet wirtschaftlichen Beziehungen
Als mögliche Ursachen nennt die ZEW die politischen Spannungen insgesamt. Dazu gehören der gescheiterte Putsch-Versuch des türkischen Militärs und die zunehmenden autoritären Tendenzen in der Türkei. Aber auch die deutlich gesunkenen Aussichten der Türkei auf einen EU-Beitritt sollen eine Rolle spielen.
Das Ergebnis des Referendums, mit dessen Hilfe Erdoğan ein undemokratisches Präsidialsystem einführen will, wird die wirtschaftlichen Beziehungen sicherlich nicht verbessern. Denn bereits jetzt werden Investoren durch die politischen Risiken abgeschreckt. "Am Sonntag hat sich die Türkei von Europa verabschiedet", kommentierte dementsprechend die "Bild"-Zeitung das mehrheitliche Ja-Votum.