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14-09-2015 | Management + Führung | Schwerpunkt | Article

Scheitern streng verboten

Author: Andrea Amerland

2:30 min reading time

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"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne"? So poetisch wie der Dichter Hermann Hesse sehen es die Deutschen nicht. Wenn Unternehmer scheitern, ist ein Neustart schwer: Kunden haben Vorbehalte und tolerieren Fehler einfach nicht.

Erinnern Sie sich noch an die Wutrede des FDP-Politkers Christian Lindner? Lindner warb im nordrhein-westfälischen Landtag für mehr Gründungen, als ihn ein Zwischenrufer von der SPD mit den Worten "Da haben Sie ja Erfahrung..." unterbrach. Denn Lindner hatte mit Anfang 20 ein Internetunternehmen gegründet, das wenig später pleite ging und dabei rund 1,4 Millionen Euro an öffentlichen Fördergeldern versenkte. Lindners Reaktion wurde als Youtube-Video zum viralen Hit. Der Politiker machte darin seinem Ärger über die Diffamierung des Scheiterns sehr nachdrücklich und emotional Luft. "Welchen Eindruck macht so ein dümmlicher Zwischenruf wie Ihrer auf irgendeinen gründungswilligen jungen Menschen?", parierte Lindner.

Über unternehmerische Fehlschläge wird nicht hinweggesehen

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Selbst, wenn der polemische Zwischenruf als Teil des üblichen Politik-Geplänkels betrachtet werden kann, zeigt das Beispiel, welch schweren Stand deutsche Unternehmer haben, wenn sie scheitern. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie "Gute Fehler, schlechte Fehler" (PDF) von der Universität Hohenheim. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Deutschen zwar Misserfolge durchaus tolerieren – nicht aber, wenn es sich um unternehmerische Fehlschläge handelt. Über 40 Prozent der Befragten räumen ein, beim Bestellen von Waren Vorbehalte gegenüber einem bereits gescheiterten Unternehmer zu haben. Und verzeihen sollen unternehmerische Misserfolge lieber die anderen (75 Prozent).

Eine neue Kultur des Scheiterns braucht das Land

Deutschland ist also von einer neuen Kultur des Scheiterns weit entfernt. Nur 20 Prozent der rund 2.000 Befragten sind bei gescheiterten Unternehmen nicht skeptisch. Mehr als die Hälfte ist zumindest unschlüssig, ob dem "Pleitegeier" noch vertraut werden kann oder lehnt es ab, in dessen neue Projekte zu investieren. Nur Selbständige und jüngere Akademiker bewerten geschäftliche Misserfolge weniger streng. Lässt das bereits auf einen Kulturwandel schließen? Auf ein besseres Verständnis von unternehmerischem Handeln, zu dem das Scheitern und Wiederaufstehen eben gehört?

Offenbar sitzt die Angst vor Fehlschlägen tief. Viele Deutsche schrecken deswegen noch immer vor einer Unternehmensgründung zurück, schreiben Oliver und André Pott in dem Buch "Entrepreneurship" auf Seite 5. Doch der "Global Entrepreneurship Monitor 2014" gibt Anlass zur Hoffnung: Die Angst vor dem Scheitern als Gründungshemmnis wird geringer und die Wahrnehmung der Gründungschancen hat sich verbessert. Bei 54 Prozent der Deutschen wäre die Angst vor dem Scheitern kein Grund, von einer Gründung abzusehen.

Wenn sich in Zukunft bei Verbrauchern noch die Erkenntnis durchsetzt, das Scheitern als Motivation für Erfolg wirken kann ("Einsichten ins Scheitern als Motor des Erfolgs", Seite 328), ist der Kulturwandel vielleicht nicht mehr weit.

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