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2006 | Book

Managementhandbuch Mittel- und Osteuropa

Wie deutsche Unternehmen Ungarn und Tschechien für ihre globale Strategie nutzen

Editors: Lutz Kaufmann, Dirk Panhans, Lukas Schönberger, Volker Bergner, Johannes Doll, Ben Fischer

Publisher: Gabler

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About this book

Am 1. Mai 2004 hat die Europäische Union mit den zehn Beitrittsstaaten Mittel- und Osteuropas einen neuen Wachstumsmotor erhalten. Deren kombinierte Wirtschaftskraft entsprach zum Beitritt zwar nur ungefähr der Bayerns, aber das Wachstum der mittel- und osteuropäischen Staaten liegt weit über dem Bayerns, Deutschlands oder der EU. Von diesem Wachstum pro- tieren auch deutsche Unternehmen. Sie sind maßgeblich an der Aufbauleistung beteiligt und profitieren entsprechend stark von den Chancen, die sich im Osten bieten. Diese bestehen natürlich zum einen in der Erschließung eines schnell wachsenden Absatzmarktes. Noch wichtiger allerdings ist der Aspekt, in Mittel- und Osteuropa für den gesamteuropäischen Markt zu produzieren, zu beschaffen, zu forschen. Grundlage dafür sind die vergleichsweise geringen Personalkosten bei hohem Bildungsniveau in Kombination mit geringen int- europäischen Handels- und Investitionsbarrieren. Von den größeren Beitrittsländern waren es zuerst Ungarn und dann Tschechien, die diese Barrieren bereits in Vorbereitung ihrer Aufnahme deutlich senkten und damit ein günstiges Investitionsklima auch für deutsche Unternehmen schufen. Entsprechend groß ist der Erfahrungsschatz, den deutsche Unternehmen dort beim Aufbau von Tochtergesellschaften, deren Entwicklung und deren Integration in ihre grenzüberschreitenden Wertschöpfungsnetzwerke bereits sammeln konnten. Und dieses Wissen ist großteils auch auf die Erschließung anderer Märkte und Standorte Mittel- und 1 Osteuropas übertragbar. Daher zeigen wir an den Erfolgsbeispielen deutscher Geschäftsak- vitäten in Ungarn und Tschechien, welche strategische Ausrichtung deutschen Unternehmen in Mittel- und Osteuropa zum Erfolg verhelfen kann und welche operativen Faktoren bei der Anpassung eines Geschäftssystems an das lokale Tagesgeschäft erfolgskritisch sind.

Table of Contents

Frontmatter

Einleitung

1. Einleitung
Auszug
Um in Osteuropa erfolgreich sein zu können, müssen Manager zwei zentrale Fragen lösen, die nach der strategischen Ausrichtung ihre Tochtergesellschaft und die nach der operativen Anpassung an das lokale Tagesgeschäft. Beide sollen im Rahmen dieses Buches beantwortet werden.

Geschäftsstrategien deutscher Unternehmen in Mittel- und Osteuropa

Frontmatter
2. Bedeutung Mittel- und Osteuropas
Auszug
Was im allgemeinen Sprachgebrauch als ‚Mittel- und Osteuropa‘ (MOE) oder kurz einfach nur ‚Osteuropa‘ bezeichnet wird, umfasst im engeren Sinne die EU-Beitrittsländer der Erweiterung von 2004, zum Teil auch weitere Beitrittskandidaten wie Rumänien, Bulgarien oder Kroatien. Obwohl diese Staaten von vielen noch als homogener Ostblock wahrgenommen werden, weisen sie sowohl aus historisch-kultureller als auch aus wirtschaftlicher Perspektive große Unterschiede auf. Nach diesen Kriterien können die zehn neuen EU-Staaten in drei Gruppen unterteilt werden — Zentraleuropa mit Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien, das Baltikum mit Estland, Lettland und Litauen, sowie die Inselstaaten Malta und Zypern, die nicht mit zu MOE gehören. Im weiteren Sinne werden noch zwei weitere Regionen zu MOE gezählt — der Balkan mit Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, Mazedonien und Albanien, aber auch Bulgarien und Rumänien, sowie die europäischen Länder der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) mit Russland, Weißrussland, der Ukraine und Moldawien (siehe Abbildung 1).
3. Theoretischer Rahmen: Internationale Expansionsstrategien
Auszug
Welche internationalen Expansionsstrategien sollten deutsche Unternehmen nutzen, um den osteuropäischen Markt zu betreten oder das Potenzial bestehender Tochtergesellschaften voll auszuschöpfen? Wir unterscheiden drei Basisstrategien internationaler Expansion: (1) Exportorientierung, (2) Geschäftstransfer and (3) Globale Integration (siehe Abbildung 10).23

Ungarn als Markt und Standort deutscher Unternehmen

Frontmatter
4. Einleitung: Investitionsziel Ungarn
Auszug
„Auslandsinvestitionspläne auf Rekordhoch — Hauptziel EU-Beitrittsländer“ meldet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) als wichtigstes Ergebnis seiner Umfrage zu Auslandsinvestitionen im Frühjahr 2005.25 Fast jedes zweite Unternehmen plant in diesem Jahr, in den Beitrittsländern zu investieren.
Volker Bergner, Ben Fischer
5. Strategiewahl: Exportieren oder global integrieren
Auszug
In Kapitel 3 haben wir bereits die drei Strategien vorgestellt, zwischen denen Unternehmen zur internationalen Expansion wählen können. Diese Strategien lassen sich nach Grad der Lokalisierung (Anteil der Wertschöpfung im Gastland) und Integration über Landesgrenzen (Abhängigkeit der Ländergesellschaften) unterteilen. Da Unternehmen — getrieben durch unterschiedlich ausgeprägte Asse und Barrieren — für jeden Funktionsbereich eine individuelle strategische Konfiguration wählen und zudem innerhalb eines Funktionsbereichs Mischstrategien verfolgen können, ergeben sich auch auf Gesellschaftsebene Mischungen der drei grundlegenden Strategien. Eine Tochtergesellschaft kann zum Beispiel ausschließlich einige Produkte in Ungarn für den lokalen Markt fertigen (Geschäftstransfer), den Rest ihres Bedarfs jedoch über die Zentrale beziehen (Exportorientierung) oder mit ihrer Produktion vor Ort lediglich den westeuropäischen Markt bedienen (Globale Integration). Im letzten Beispiel findet ein beträchtlicher Teil der Wertschöpfung in Ungarn statt (hoher Grad der Lokalisierung). Gleichzeitig sind die westeuropäischen Gesellschaften auf die Produktion in Ungarn angewiesen, während die ungarische Tochtergesellschaft allein keine Produkte absetzen kann (hoher Grad der Integration). Diesem Schema entsprechend haben wir die Strategien der von uns befragten Unternehmen in Abbildung 16 veranschaulicht. Auf der vertikalen Achse ist der Grad der Lokalisierung abgetragen. Er gibt an, welchen Anteil der gesamten Wertschöpfung die ungarische Tochtergesellschaft erbringt. Die Position auf der horizontalen Achse gibt Aufschluss darüber, wie stark die Tochter in das internationale Netzwerk der gesamten Unternehmensgruppe eingebunden ist.
6. Funktionsstrategien: Welche Aktivitäten in Ungarn und wie integrieren?
Auszug
Deutsche Unternehmen in Ungarn wählen für Unterstützungsfunktionen mit etwas über 40 % in den meisten Fällen die Strategie der Globalen Integration (siehe Abbildung 35). 40 % der in Ungarn erbrachten Leistungen zur Unterstützung der Wertschöpfung des Unternehmens werden entweder direkt oder indirekt für einen Unternehmensteil außerhalb Ungarns bereitgestellt. Indirekt bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Produkt, für das die Unterstützungsfunktion Leistungen erbracht hat, aus Ungarn exportiert wird.
7. Branchenanalysen: Fallbeispiele verarbeitender Industrien
Auszug
Nachdem wir in den vorangegangenen Kapiteln unser Modell Internationaler Expansionsstrategien vorgestellt und die wichtigsten Asse und Barrieren im ungarischen Markt sowie die industrieübergreifenden Strategien innerhalb der Funktionsbereiche analysiert haben, wenden wir uns im folgenden Kapitel den einzelnen Branchen zu. Durch die branchenspezifische Betrachtung werden wir aufzeigen, wie deutsche Unternehmen auf branchenspezifische Ausprägungen der Asse und Barrieren in ihrer Strategiewahl reagieren. Dazu geben wir zunächst einen kurzen Überblick über die jeweilige Branche, identifizieren die wichtigsten Trends und skizzieren die Herausforderungen, denen sich die Unternehmen in Ungarn zurzeit gegenüber sehen. Konkrete Fallbeispiele im Anschluss an jedes Branchenkapitel verdeutlichen, wie Unternehmen in der Praxis branchenspezifische Asse ausspielen und Barrieren erfolgreich überwinden.
8. Erfolgsfaktoren: Operative Anpassung an Besonderheiten des ungarischen Geschäftsumfelds
Auszug
Bisher haben wir uns ausschließlich mit der Strategiewahl beschäftigt. Wir haben gezeigt, wie Asse und Barrieren die Auswahl der geeigneten internationalen Expansionsstrategie beeinflussen. Im vorangegangenen Kapitel haben wir zudem branchenspezifische Trends und Herausforderungen analysiert und ihre Auswirkungen auf die strategische Ausrichtung deutscher Tochtergesellschaften in Ungarn untersucht.
9. Empfehlungen für Manager
Auszug
In den vorausgegangenen Kapiteln haben wir im Detail die Rahmenbedingungen Ungarns, die von deutschen Unternehmen in verschiedenen Branchen und Funktionen gewählten Strategien und kritische Erfolgsfaktoren analysiert. Abschließend stellen wir kurz und prägnant die für Manager wichtigsten Empfehlungen heraus.

Tschechien als Markt und Standort deutscher Unternehmen

Frontmatter
10. Tschechien: Mitte des neuen Europas
Auszug
Die fortschreitende Globalisierung macht es für deutsche Unternehmen immer bedeutsamer, ihre Aktivitäten für die Zukunft wettbewerbsfähig zu halten. Eine internationale Ausrichtung des Absatzes hat schon in vielen Fällen stattgefunden, doch vor allem in Bezug auf die Kostenstruktur steht für viele Manager und Unternehmer eine weitere Internationalisierung der Wertschöpfung weit oben auf der Agenda. Hierbei stehen zumeist zahlreiche Optionen in verschiedenen Regionen der Welt zur Auswahl. Da sich aber große Niedriglohnländer wie Indien und China häufig als stark risikobehaftet erweisen, betrachten wir im Folgenden mit Tschechien ein EU-Land, dessen Wirtschaftszentren vom deutschen Stammsitz zum Teil sogar weniger weit entfernt sind als Städte am anderen Ende Deutschlands. Dabei werden wir klären, welche Teile der Wertschöpfungskette in Tschechien effektiv realisiert werden können, etwa inwieweit die Tschechische Republik als „China Europas“ als günstiger Produktionsstandort dienen kann und ob sie — wie Indien — in den Ingenieursdisziplinen zu Deutschland aufzuschließen kann und somit einen Entwicklungsstandort der Zukunft darstellt.
Johannes Doll, Lukas Schönberger
11. Strategiewahl: mit welcher Ausrichtung nach Tschechien?
Auszug
Abbildung 86 zeigt die strategische Ausrichtung aller 55 befragten Unternehmen im Überblick. Jedes befragte Unternehmen wird dabei durch einen Datenpunkt dargestellt, dessen Lage sich durch das Gewicht der einzelnen Strategien bestimmt. Die Werte ergeben sich aus den Ergebnissen unserer Gespräche, in denen wir die Unternehmensvertreter für jede Unternehmensfunktion nach lokaler Wertschöpfung und Vorleistungen durch die Mutter befragten.
12. Rahmenbedingungen Tschechiens als Markt und Standort
Auszug
Welche Gründe geben den Anstoß für die Aktivitäten deutscher Unternehmen in der Tschechischen Republik?Welche Asse spielen erfolgreiche Unternehmen aus, um aus ihrer Präsenz in Tschechien den maximalen Nutzen zu ziehen?Wird Tschechien primär als attraktiver Absatzmarkt betrachtet, oder lassen sich höherwertige Teile der Wertschöpfungskette in Tschechien effizienter durchführen als im Heimatland?Was sind die wichtigsten Hindernisse und Barrieren, mit denen sich deutsche Firmen in Tschechien auseinander setzen müssen?
13. Die Unternehmensfunktionen — Auf eigenen Beinen oder an der Nabelschnur der Mutter?
Auszug
Für eine erfolgreiche internationale Expansion sollte sowohl vor der Expansionsentscheidung als auch kontinuierlich während der Geschäftstätigkeit die Frage gestellt werden, welche Funktionen das Tochterunternehmen erfüllen soll, um die aktuellen Rahmenbedingungen an seinem Standort optimal zu nutzen. Soll die Präsenz lediglich eine verlängerte Werkbank (im Sinne Globaler Integration) für die Mutter darstellen, die mit einer günstigeren Kostenstruktur produziert, die Zwischen- und Endprodukte zu Vollkosten oder unter Umständen mit geringer Fixmarge an die Mutter weitergibt und dadurch deren Wettbewerbsfähigkeit erhöht? Soll das Tochterunternehmen einzig und allein eine selbst geleitete Vertriebspräsenz in Tschechien darstellen? Oder ist geplant, lokale Fähigkeiten zu entwickeln und Funktionen der Mutter zu übernehmen, sobald diese in Tschechien effizienter bereitgestellt werden können? In letzterem Fall ist eine optimale Ausnutzung der spezifischen Standortvorteile möglich, die hierbei auch aktiv vom Unternehmen gemanagt und entwickelt werden müssen. Im Extremfall sieht sich das Mutterunternehmen sogar damit konfrontiert, dass es auf Dauer selbst unter Rechtfertigungsdruck gegenüber Investoren oder auch gegenüber Leitern von Tochtergesellschaften gerät und erklären muss, weshalb verschiedene Aktivitäten am Stammsitz ausgeführt werden und noch nicht — zu weitaus günstigeren Kosten — in einer Tochtergesellschaft abgewickelt werden.
14. Branchenanalysen: Fallbeispiele verarbeitender Industrien
Auszug
Die Automobilindustrie hat Tradition in Tschechien. Schon während der österreichischungarischen Monarchie wurde bei der Firma Nesselsdorfer Wagenbau in Kop Givnice der „President„ gefertigt, der erste Wagen mit Verbrennungsmotor. Ebenfalls Anfang des 20. Jahrhunderts brachte die Firma Laurin &Klement ihr erstes Automobil auf den Markt. Beide Firmen existieren noch heute. Aus Nesselsdorfer Wagenbau wurde der Lkw-Hersteller Tatra, Laurin &Klement war der Vorgänger des heute größten tschechischen Unternehmens:Škoda.
15. Erfolgsfaktoren in Tschechien: Worauf kommt es an?
Auszug
95% der befragten Unternehmen nannten ein solides System zur Erfolgsmessung als wichtigen oder sogar sehr wichtigen Erfolgsfaktor für die Aktivitäten in Tschechien. Eng damit einher geht die Formulierung klarer Zielvorgaben, die mit 78% ebenfalls zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren gehört. In der überwiegenden Zahl der Fälle liegen beide Kompetenzen zu einem Großteil im Stammhaus, an das die Tochtergesellschaft berichtet. Gerade in Tschechien ist die Implementierung komplexer Ziel- und Kontrollsysteme nicht ganz unproblematisch. Mentalitätsbedingt versuchen Tschechen oftmals, offene Kritik an den Untergebenen oder Mitarbeitern zu vermeiden. Auch ein Controlling-System und damit die Messbarmachung der Leistungen einzelner Abteilungen oder gar Individuen trifft daher oft auf eine gewisse Skepsis. Daher sind vor allem bei der Umsetzung vor Ort in vielen Fällen tschechienspezifische Anpassungen der existierenden deutschen Systeme vonnöten.
16. Blick in die Zukunft: Optimismus herrscht vor
Auszug
Unsere Gespräche in Tschechien haben neben der heutigen und künftigen strategischen Ausrichtung der befragten Unternehmen, den Freuden und Leiden im tschechischen Geschäftsumfeld und den entscheidenden Erfolgsfaktoren ein weiteres Ergebnis hervorgebracht: Die Stimmung ist gut bei den meisten deutschen Unternehmen in Tschechien, und fast überall blickt man optimistisch in die Zukunft.
Backmatter
Metadata
Title
Managementhandbuch Mittel- und Osteuropa
Editors
Lutz Kaufmann
Dirk Panhans
Lukas Schönberger
Volker Bergner
Johannes Doll
Ben Fischer
Copyright Year
2006
Publisher
Gabler
Electronic ISBN
978-3-8349-9299-4
Print ISBN
978-3-8349-0392-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9299-4