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17-08-2020 | Markenführung | Schwerpunkt | Article

Neuromarketing knackt unterbewusste Kauftreiber

Author: Johanna Leitherer

3:30 min reading time

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Das Unterbewusstsein spielt bei Kaufprozessen eine zentrale Rolle. Multisensorisches Marketing kann hierfür die entscheidenden Impulse setzen. Und das nicht nur am stationären Point of Sale, sondern auch im digitalen Raum.

Was sich Kunden wirklich wünschen, können diese oft nicht einmal selbst beantworten. Denn 90 Prozent unserer Kaufentscheidungen treffen wir emotional, wie etwa das Neuromarketing-Unternehmen Zutt & Partner meint. Das Unterbewusstsein fällt beim Shopping also weitaus stärker ins Gewicht als rationales Denken. Das macht sich auch im Marketing bemerkbar. So führen Kampagnen und Werbeanzeigen, die sich alleine auf Zahlen, Daten und Fakten stützen, häufig nicht zum Erfolg. Stattdessen machen emotionale Markenerlebnisse mithilfe von Storytelling den wahren Unterschied. 

Editor's recommendation

2020 | Book

Neuromarketing in der Praxis

Den Emotionen auf der Spur – implizite Kauftreiber erkennen und als Verkaufstreiber nutzen

Dieses Buch zeigt, wie Neuromarketing in der Praxis funktioniert. Es beschreibt, wie Unternehmen die Methoden und Erkenntnisse der Neurowissenschaft nutzen können, um selbst bessere Entscheidungen zu treffen. Die führenden Neuromarketeers Deutschlands lassen den Leser an ihren Erfahrungen teilhaben und geben tiefe Einblicke in bewährte Vorgehensweisen – praxisnah anhand konkreter Fallstudien und Beispiele.

Kunden wünschen sich nahbare Unternehmen, die Farbe bekennen und ihre Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen. Auch Themen wie Nachhaltigkeit oder die Corona-Krise sensibilisieren Verbraucher zunehmend für zeitlose Werte. Markenbotschaften, ob sprachlich oder (audio-)visuell, dürfen dafür nicht an der Oberfläche kratzen. Ebenso gilt es, die Blicke auf sich zu lenken, was besonders im konkurrenzstarken Supermarktregal zu Buche schlägt. Doch welche Details im Markenauftritt prägen die Wahrnehmung der Zielgruppe? Klassische Marktforschung stößt hier schnell an ihre Grenzen.

Neuromarketing zur Marktforschung

Antworten kann Neuromarketing liefern, eine Disziplin, die nicht neu ist, angesichts von gesättigten Märkten aber deutlich an Relevanz gewinnt. Ziel dabei ist es, über neurowissenschaftliche Messmethoden Einblick in die Köpfe der Zielgruppe zu gewinnen, um im Idealfall deren unterbewusste Wünsche erforschen zu können. Ferner lässt sich ermitteln, welche Regionen im Gehirn stimuliert werden und inwieweit die dabei evozierten Emotionen zur Wunscherfüllung beitragen. Vor allem große Marken beschäftigen sich seit langer Zeit mit Neuromarketing. 

Bereits vor fast 20 Jahren stellten Hirnforscher etwa fest, dass Coca-Cola sowohl das im Gehirn verantwortliche Areal für Erinnerungen als auch das für Emotionen stimulierte. Damit konnte ein entscheidender Wettbewerbsvorteil der Getränkemarke gegenüber ihrem Wettbewerber Pepsi belegt werden. Seither bemühen sich Marken, die Wahrnehmung und Speicherung informeller Reize gezielt zu beeinflussen, was mit Multisensorik möglich ist. Das Prinzip dahinter: Alles, was Konsumenten sehen, hören, schmecken, fühlen oder riechen, löst bestimmte Assoziationen in uns aus, die unser Unterbewusstsein verarbeitet.

Hirnforschung am Point of Sale 

Am stationären Point of Sale (PoS, dt. Verkaufspunkt) untersuchen Forscher mittels Elektroenzephalografie, kurz EEG, die emotionale Komponente einer Kaufentscheidung. Im Fokus steht häufig die Suche nach der Motivationslage. Hierzu werden Elektroden auf der Kopfhaut der Probanden angebracht. "In Kombination mit mobilem Eyetracking wird es so möglich, die Perspektive des Kunden einzunehmen und zu verstehen, welchen Einfluss die Ladengestaltung und das Instore Marketing auf die Customer Experience entwickeln. Positive wie negative Elemente können identifiziert und bei Bedarf optimiert werden", erklären die Springer-Autoren Benny Briesemeister und Johanna Trebbe in einem Kapitel des Buchs "Neuromarketing in der Praxis" (Seite 85).

Der Discounter Aldi gelte auf diesem Gebiet als großer Pionier, wie die Autoren darlegen. Mithilfe neurowissenschaftlicher Analysemethoden passt die Discounterkette ihr Ladenkonzept stetig an die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe an. Das einst rein von Paletten und dergleichen verkaufte Produktsortiment wird mittlerweile nach einem ausgeklügelten System zur Schau gestellt: Teure Ware findet sich in der Glasvitrine, Wein in einem richtigen Weinregal. Backwaren kommen frisch aus dem Backautomat und verströmen ihren Duft im Laden. Bei vielen anderen Händlern spielt auch die Beleuchtung eine große Rolle. Rotes Licht lässt Fleisch beispielsweise ansprechender aussehen.  

Online alle Sinne ansprechen

Neurowissenschaftliche Technologien zur Messung und Analyse sind zahlreich vorhanden und werden immer leichter zugänglich. Briesemeister und weitere seiner Co-Autoren gehen davon aus, dass die Skalierbarkeit und kommerzielle Verfügbarkeit der Technologien die Kosten für neurowissenschaftliche Messmethoden in Zukunft weiter senken und ihre Einsatzmöglichkeiten auf viele weitere Felder ausdehnen wird. Das gilt auch für den digitalen Raum, der in Sachen Zielgruppenanalyse dem stationären Handel einiges voraus hat, beim Thema Multisensorik auf den ersten Blick allerdings den Kürzeren zieht.  

Doch das muss nicht sein, wie Springer-Autor Thomas Heinrich Musiolik im Kapitel "Multisensorische Erlebnisse in digitalen Medien" schreibt: "Multisensorische Markenführung in digitalen Medien ist keine Zukunftsmusik – sie findet bereits statt. Der User kann über mentale Modelle beziehungsweise Schemata Erinnerungen abrufen, indem er andere Menschen oder Objekte sieht. Sehen ist auch riechen, schmecken, tasten, hören" (Seite 14). Moderne Technologien sind folglich imstande, Produkte von zu Hause aus erlebbar zu machen. Nichtsdestotrotz braucht es Markenstrategen, die dieses Potenzial mit den richtigen Strategien zum Leben erwecken.

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