Die Welt, in der Markenentscheider heute agieren müssen, hat sich auf vielen Ebenen stark verändert und wird das in Zukunft höchstwahrscheinlich weiter tun. Das Markenverständnis und etablierte Instrumente wie zum Beispiel Modelle zur Markenpositionierung haben sich aber kaum weiterentwickelt.
Eine "Marke" war schon immer etwas Abstraktes. Die klassischen Modelle und Instrumente der Markenführung hatten einen sehr verständlichen und wirksamen Lösungsansatz, um das Konstrukt "Marke" greifbar zu machen: Sie wurde vermenschlicht, bekam Persönlichkeit, Werte, eine Identität. Diese stabile Identität war die Basis für eine auf Kontinuität fokussierte Markenführung.
Marketing gestern: im Hinterzimmer gestylt
Auf der vermenschlichten Ebene lässt sich auch gut das klassische Verständnis von Markenführung beschreiben: An der Marke wurde im Hinterzimmer getüftelt, sie wurde fein gemacht für die Welt da draußen. Dies dauerte so lange, bis das vermeintliche Optimum erreicht war. Dann wurde die Tür geöffnet und die Marke betrat die Bühne des Marktes. Idealerweise gefiel den Kunden, was sie sahen und sie kauften. Kaufte nach einem mehr oder weniger langen Zeitraum niemand mehr oder zumindest nicht mehr genügend Menschen, ging es für die Marke zurück ins Hinterzimmer. Dort wurde sie entweder für einen neuen Anlauf ‚umgestylt‘ oder sie kam nie wieder aus dem Hinterzimmer heraus.
Marketing heute: aktiver Akteur mit Netzwerk-Kompetenz
Das Marketing ist besonders stark von Veränderungen auf technologischer, kommunikativer und gesellschaftlicher Ebene betroffen. Gerade angesichts dieser Herausforderungen muss die Markenführung auch weiterhin eine starke Orientierungsfunktion wahrnehmen. Dynamische Marktumfelder von heute zeichnen sich jedoch besonders durch zahlreiche Beziehungen und Abhängigkeiten aus. In einer solchen Umgebung sind der "Hinterzimmer-Ansatz" und das damit einhergehende Markenverständnis nicht mehr effektiv genug.
Marken müssen sich heute auf Märkten bewegen, die wie ein fein gesponnenes Netzwerk aufgebaut sind. Sie können sich deshalb nicht mehr aus dem Elfenbeinturm der Markenführung hinunter auf den Markt begeben. Zudem müssen sie in der Lage sein, innerhalb der Beziehungen und Abhängigkeiten eines Marktes zu agieren und zu reagieren.
Um diese Kompetenzen aufzubauen, sind drei Faktoren besonders wichtig: |
Komplexität reduzieren Derartig umfangreiche Marken-Modelle bergen das Risiko, dass die Definition der Marke zu einer formalen Übung verkommt, bei der der Prozess bedeutender ist als das Ergebnis. Durch die Komplexität wird außerdem die Orientierungsfunktion der Marke gemindert, insbesondere für unternehmensinterne Zielgruppen wie Marken-Entscheider und Mitarbeiter, die für die Realisierung des Markenversprechens zuständig sind. |
Handlungsorientierung erhöhen Ein weiteres Problem liegt häufig in der inhaltlichen Definition einer Marke. Mit Begriffen wie "Innovation", "Qualität", "Service" oder "Lösungsorientierung" ist zum einen schwer eine Differenzierung im Wettbewerb möglich, zum anderen sind sie ziemlich abstrakt. Sie bieten deshalb keine oder nur wenig Anknüpfungspunkte für die operative Arbeit und somit höchstens eine sehr allgemeine Handlungsorientierung für Mitarbeiter. |
Anpassungsfähigkeit ermöglichen Dazu müssen Unternehmen in der Lage sein, kontinuierlich Feedback aus dem Markt zu erheben, zu analysieren und Entscheidungen für oder gegen die Anpassung des Marketing-Mix und bei besonders tiefgreifenden Veränderungen auch der Markenstrategie zu treffen. |
Fazit: Die drei Faktoren Komplexitätsreduktion, Handlungsorientierung und Anpassungsfähigkeit stehen zusammen für eine agile Markenführung, die im Marken-Management dabei hilft, ein angemessenes Gleichgewicht aus Planen und Handeln und somit aus Kontinuität und Veränderung zu erreichen.