Keine Frage – es fühlt sich einfach gut an, wenn die Redaktion eines Marketingmediums anruft und verkündet, dass man mit seiner Markenarbeit wieder einmal ganz vorne liegen würde und dieses Jahr sogar die Goldelse am Bande gewonnen hätte. Als Markenverantwortlicher mit einem neuen Briefbeschwerer, der die eigene Arbeit unwiderlegbar bestätigt, ist man die nächsten zwei Wochen firmenintern erst einmal der Held.
Noch kruder wird die Sache aber, wenn es um reine Markenrankings geht – wenn also wieder einmal eine Agenturkette oder Unternehmensberatung sich ein schickes, zahlenbasiertes Verfahren ausgedacht hat, mit dem man die Markenarbeit insgesamt "messen" könne. Knapp 100 Markenrankings gab es schon Anfang dieses Jahrtausends und die Tendenz stand dank einer immer größer werdenden Verbreitung von Excel eher auf Zuwachs.
Und so können wir uns daran freuen, dass der Milchriegel dann doch zwei Plätze hinter der Luxusautomarke steht oder die Babywindeln insgesamt einen deutlich höheren Markenwert erzielt haben als der Smartphone-Anbieter. Mal ehrlich, liebe Kollegen, was soll das?
Der Nutzwert von Markenrankings
Ein Markenverantwortlicher einer großen süddeutschen Automarke klagte einmal auf einem Kongress, dass er keine Ahnung habe, welche Schlüsse er denn aus diesen ganzen Markenrankings ziehen solle, da seine Marke aufgrund hoher Popularität immer in solchen Bewertungen mit aufgenommen würde. Und so lägen ihm (damals) über achtzig Bewertungssysteme vor, die alle ein unterschiedliches Bild mit auch noch unterschiedlichen Tendenzen für seine Marke zeichnen würden.
Und hier genau zeigt sich die Krux solcher fremdgesteuerter Markenmodelle: Ohne Einfluss auf die Methodik – und manchmal sogar ohne Kenntnis derselben – sind alle mathematischen Modelle nicht einmal das Papier wert, auf dem sie zuhauf gedruckt werden.
Unklare Bewertungskriterien
In jedem anderen Lebensbereich ist das für uns selbstverständlich. Stellen Sie sich vor, Ihnen lägen Bewertungen möglicher Finanzierungsmodelle für Ihre neue Immobile vor, die alle stark unterschiedliche Rankings der sonst gleichen Angebote zeigen. Würden Sie ohne genaue Kenntnis der Bewertungskriterien und deren jeweiligen Gewichtungen auch nur einem dieser Rankings glauben? Natürlich nicht.
Vielleicht liegt der manchmal blinde Glaube an solche Systeme aber daran, das sich nur die wenigsten Kollegen in der komfortablen Situation des Auto-Verantwortlichen befinden, sich in vielen Markenbewertungen wiederfinden zu können. Ist die eigene Marke nicht stark genug, taucht sie nur in wenigen Rankings auf. Und so wird das eine Ranking, welches die eigene Marke – möglicherweise sogar auch nur gegen entsprechende Kostenbeteiligung –ausweist und mit BMW, Sony und Pampers vergleicht, zum Maß aller Dinge und quasi als Gottgegeben angenommen.
Rankings als Motivation
Liegt die Macht solcher Vergleiche daran, dass die wenigsten Vorstände aus dem Marketing kommen – weniger haben ihre Wurzeln nur noch im Personalbereich – und ein Verständnis für diese systembedingten "Feinheiten" haben? Da lässt sich als operational Verantwortlicher mit solchen Halbwahrheiten dann hausintern einfach mal leicht punkten.
Tja, oder wir nehmen diese Rankings doch deshalb so gerne an, weil Lob halt Spaß macht und Spaß im Job nicht die schlechteste Motivation darstellt. Mal ehrlich, das wäre doch mehr als verständlich, oder? Aber dürfen wir darauf Unternehmensstrategien aufbauen?contact@mayflower-concepts.com