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2020 | Book

Market Access Management für Pharma- und Medizinprodukte

Instrumente, Verfahren und Erfolgsfaktoren

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About this book

Die pharmazeutische Industrie steht im deutschen Gesundheitswesen häufig im Mittelpunkt kontroverser Kostendiskussionen. Als Resultat zielten die Maßnamen der Gesundheitspolitik in den letzten Jahren vorrangig auf (Kosten-)regulierungen der Arzneimittelindustrie ab, deren bisheriger Höhepunkt die Einführung des AMNOG im Jahr 2011 darstellte. Die bis dato freie Preisbildung wurde abgelöst durch ein zweistufiges Verfahren bestehend aus Nutzenbewertung und Preisverhandlung. Diese gravierenden Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Arzneimittelindustrie hatten einen erheblichen Bedeutungszuwachs des Themas Market Access zur Folge. Die Motivation zur Erstellung des Buches ist es, eine Publikation zu schaffen, die nicht nur den aktuellen Status widerspiegelt, sondern vielmehr auch die wesentlichen Instrumente und Verfahrensweisen aufzeigt und auch kritisch hinterfragt. Der Leser soll so einen Einblick in die Materie als auch nötiges Rüstzeug bei der konkreten Umsetzung erlangen. Das Buch dient dazu, Market Access Managern oder Interessierten fundiertes Hintergrundwissen zu vermitteln.

Table of Contents

Frontmatter

Perspektiven

Frontmatter
1. Market Access Management – Konzeption und Prozess
Zusammenfassung
Management in funktionaler Hinsicht wird als eine Tätigkeit zur Führung und Verwaltung von Organisationen und zur Steuerung von Vorgängen und Prozessen verstanden. Solche Vorgänge und Prozesse sind beeinflussbar und durch einen Anfangs- und (gewünschten) Endzustand charakterisierbar. Der Market Access von Arzneimitteln und Medizinprodukten stellt einen zu charakterisierenden Prozess dar, der einen Anfangs- und Endzustand hat. Er besteht aus einem Kernprozess, der Zulassung und Erstattung, sowie aus einem vor- und nachgelagerten Prozess, der Forschung und Entwicklung einerseits und der Marktbearbeitung andererseits. Der Gesamtprozess ist durch das Market Access Management beeinflussbar. Alles dreht sich dabei um die zweigeteilte Frage, ob und wie ein Zusatznutzen für eine neue Therapie gefunden (erforscht), gepflegt und verteidigt werden kann und ob und wie hierfür eine Erstattung erfolgt. Market Access Management ist somit von herausragender Bedeutung insbesondere für Hersteller pharmazeutischer und medizintechnischer Produkte. Es soll auf der einen Seite Impulse für die Forschung neuer Arzneimittel und Medizinprodukte geben, auf der anderen Seite die für den Markterfolg notwendigen Argumente liefern und parallel dazu den Zusatznutzen gegenüber Gremien, Prüfinstituten sowie den Kostenträgern wertbringend offenlegen. Market Access Management bildet das Scharnier zwischen der Wertschöpfungs- und Vermarktungskette eines pharmazeutischen oder Medizinprodukte-Herstellers.
Ralph Tunder
2. Moral, Markt und Medikament
Zusammenfassung
Arzneimittel und Medizinprodukte sind heute im industriellen Maßstab entwickelte und produzierte handelbare Güter. Zum Unterschied von anderen Gütern unterliegen sie aber einer öffentlich konsentierten Zweckbestimmung: Sie sollen dem gesundheitlichen Wohl der einzelnen Menschen dienen. Daran haben nicht nur die Einzelnen, sondern auch die Gesellschaft ein Interesse. Deshalb sind Entwicklung, Produktion und insbesondere die Verteilung dieser Güter Gegenstand öffentlicher Regulation. Diese hat Erwartungen und Ansprüche der beteiligten Akteure – Kranke, Ärzteschaft, Hersteller, Kostenträger – in ein öffentlich vertretbares Gleichgewicht zu setzen. Der Artikel macht deutlich, dass hinter dieser Aufgabe hochrangige moralische Werte stehen. Er stellt einige der ethischen Instrumente vor, mit denen sich Regulierung bewerten und begründen lässt. Für Entwicklung, Produktion und Verteilung von Arzneimitteln erweisen sich ausschließlich markttypische Anreizstrukturen als moralisch problematisch. Am Schluss steht ein Vorschlag für eine institutionelle Struktur, die die problematischen Anreizeffekte begrenzen kann.
Friedrich Heubel
3. AMNOG: Aktuelle gesundheitsökonomische Aspekte
Zusammenfassung
Durch das im Jahr 2011 eingeführte Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) werden Arzneimittel- Innovationen (AMI) unmittelbar nach der Markteinführung einer frühen Nutzenbewertung und darauf aufbauend einer vertraglichen oder schiedsgerichtlichen Preisfindung in Form eines Erstattungsbetrages unterzogen. Nach sieben Jahren Praxis lohnt der Blick zurück, um die AMNOG-Effekte auf Krankenkassen und Arzneimittelhersteller sowie für die Versorgung der Patienten mit innovativen Präparaten empirisch zu untersuchen. Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Frage, ob Verfügbarkeitslücken in der Versorgung mit innovativen Arzneimitteln zu erkennen sind. Diese entstehen dadurch, dass von der European Medicines Agency (EMA) zugelassene Arzneimittelinnovationen von den Herstellern erst gar nicht in Deutschland eingeführt werden oder wenn Hersteller ihre Produkte nach der Frühen Nutzenbewertung (FNB) zurückziehen (Rückzug bzw. Opt-out) oder später nach der Preisvereinbarung oder einem Schiedsspruch wieder vom hiesigen Markt nehmen (Rücknahme).
Volker Ulrich, Matthias J. Kaiser
4. Grundlagen des pharmazeutischen und medizintechnischen Rechts
Zusammenfassung
Das Verfahren zur Frühen Nutzenbewertung gilt für alle seit dem 01.01.2011 neu zugelassenen Arzneimitteln mit neuem Wirkstoff. Im Rahmen des Verfahrens wird der Zusatznutzen des Arzneimittels gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie von dem G-BA beschlossen. Auf Grundlage des G-BA-Beschlusses vereinbaren der GKV-Spitzenverband und der pharmazeutische Unternehmer einen Erstattungsbetrag für das Arzneimittel, der ab dem 13. Monat nach dem Inverkehrbringen des Arzneimittels gilt. Kommt eine Vereinbarung zwischen den Parteien nicht zustande, setzt die Schiedsstelle nach § 130b Abs. 4 SGB V den Erstattungsbetrag fest.
Alexander P. F. Ehlers, Marion Bickmann
5. Patientenorientierung im Gesundheitswesen
Zusammenfassung
Das deutsche Gesundheitssystem steht vor der großen Herausforderung, bei begrenzten Ressourcen die Gesundheitsgewinne zu maximieren bzw. die Kosten zu minimieren – gleichwohl immer mehr Innovationen verfügbar zu machen. Dabei sollten die Entscheider in Politik, auf Leistungserbringer- und Kostenträgerseite den Patienten als wichtiges Glied der Wertschöpfungskette nicht aus dem Fokus verlieren. Dessen Rolle und Bedeutung für die Akteure wird aus den unterschiedlichen Perspektiven und Literaturquellen im vorliegenden Beitrag beleuchtet.
Matthias J. Kaiser, Katja Gehrke, Karin Agor, Michaela Knapp
6. Value-based Health Care – Impulse und Implikationen für den deutschen Arzneimittelmarkt
Zusammenfassung
Es ist nicht bekannt, ob die Forderung von Porter und Teisberg (2006) nach einer Neudefinition des Gesundheitswesens in den USA („Redefining Health Care“) postwendend zu einer Neuordnung des Arzneimittelmarktes in Deutschland (AMNOG) führte, gleichwohl sind konzeptionelle Anlehnungen erkennbar. Vorbehaltlich ethischer Aspekte modellieren Porter und Teisberg Patientennutzen als Saldo aus Patient Outcome und Kosten. Ziel ist es, diesen Saldo zu maximieren: „At its core is maximizing value for patients: that is, achieving the best outcomes at the lowest cost“ (Porter und Lee 2013, S. 50). Selbst wenn Porter et al. in weiteren Publikationen nur ansatzweise aufzeigen, wie Patientennutzen und seine Maximierung valide zu operationalisieren bzw. zu messen sind, gehen von den Konzeptideen zu Value-based Health Care richtungsweisende Impulse auch für das deutsche Gesundheitswesen im Allgemeinen als auch für die Arzneimittelversorgung im Besonderen aus. Indizien dafür sind beispielsweise Standards und Institutionen im Zuge von Health Technology Assessment, die gesetzliche Verankerung einer nutzenorientierten Preisbildung (AMNOG) oder die Ideen zu Selektivverträgen. Eine weitergehende Verknüpfung des Value-based Health-Care-Konzeptes mit dem AMNOG bringt jedoch auch zutage, dass noch Gestaltungsspielraum, zum Beispiel beim Bewertungszeitpunkt und -horizont sowie bei der Mischpreisbildung besteht.
Ralph Tunder, Jan Ober

Prozess – Market Initiation

Frontmatter
7. Stakeholder im Gesundheitsmarkt
Zusammenfassung
Kaum ein Markt ist so fragmentiert wie das deutsche Gesundheitssystem. Eine Vielzahl an relevanten Gruppen muss verstanden werden, und Vorgaben sowie Prozesse sind zu managen, um den Marktzugang von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu gewährleisten. Zu den wichtigsten Akteuren gehören der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), der GKV-Spitzenverband, gesetzliche und private Krankenversicherungen, Ärzte und natürlich Patienten.
Ziel des pharmazeutischen Unternehmens ist es, mit einer Market Access-Einheit einen ganzheitlichen Ansatz zur Markteinführung zu erarbeiten und den Vorgaben und Anforderungen aller relevanten Interessengruppen gerecht zu werden.
Maren Freiberg
8. Politische Wahrnehmung und Patientenbeteiligung als relevante Faktoren für die pharmazeutische Industrie
Zusammenfassung
Das Deutsche Gesundheitssystem ist extrem komplex und oft undurchsichtig. Zahlreiche Akteure mit den unterschiedlichsten Interessen interagieren hier. Der vorliegende Beitrag wirft ein Schlaglicht auf die politische Systematik im Gesundheitswesen und blickt hier vor allem auf das Verhältnis von Politik und pharmazeutischer Industrie sowie auf die Rolle, die Patienten beim „kleinen Gesetzgeber“ im Gesundheitswesen, dem G-BA und der frühen Nutzenbewertung spielen.
Rüdiger Rein
9. Beratungen der pharmazeutischen Unternehmen im Rahmen der Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach § 35a SGB V
Zusammenfassung
Mit dem AMNOG wurde die frühe Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln 2011 als Paradigmenwechsel in Deutschland eingeführt, und eine vorgeschaltete optionale Beratung der Hersteller vor Dossiereinreichung wird beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) angeboten. Primär werden in den Beratungen Aspekte der Studienplanung, wie die Auswahl der einzuschließenden Patienten, die Verwendbarkeit von Fragebögen, die Wahl patientenrelevanter Endpunkte oder die gesondert zu betrachtenden und bewertungsrelevanten Patientenpopulationen diskutiert sowie fast immer die Bestimmung der für das Anwendungsgebiet relevanten zweckmäßigen Vergleichstherapie abgehandelt. Die Beratungen stellen für die Hersteller den einzigen Weg dar, um die konkreten Anforderungen der frühen Nutzenbewertung an die erforderliche Evidenz für einen Wirkstoff vor Studienplanung bzw. Dossiererstellung mit dem G-BA zu diskutieren, und erlangen damit eine wichtige und das Bewertungsverfahren teilweise prägende Bedeutung. Die Hersteller monieren, dass bei vielen Vertretern des G-BA sich offensichtlich fehlende Kenntnisse hinsichtlich zulassungsrelevanter Anforderungen zu klinischen Studien ausmachen lassen, es durchaus öfter zu inkonsistenten Aussagen während der Beratungsgespräche kam und die Argumentation des G-BA oft als dogmatisch bzw. rigide empfunden wurde, wohingegen die Möglichkeit der Teilnahme von Vertretern der globalen Zentralen (sog. „Globals“) bei entsprechender simultaner Übersetzung sowie die erzielten Lernkurveneffekte im Falle mehrerer Beratungsgespräche als positiv erachtet wurden. Mit Ausnahme der Fragen zu Studienart, Zustimmung mit der zweckmäßigen Vergleichstherapie und sachgerechter Subgruppenaufteilung zeigten sich im zeitlichen Verlauf keine signifikanten Verbesserungen außer schwachen Trendaussagen, wobei die Unterschiede zwischen den beiden Beratungsarten „frühe“ und „späte“ Beratung mit Ausnahme der Fragen zu den Studienendpunkten und zur Studiendauer ähnlich gering ausfielen. Trotz der positiven Entwicklung leidet das Vorgehen in Deutschland immer noch zum Teil an einem fehlenden tiefergehenden fachlichen Dialog zwischen G-BA, Herstellern, Wissenschaft (Fachgesellschaften) und Zulassungsbehörden. Mittlerweile gibt es immer stärker ausgeprägte Tendenzen auf europäischer Ebene, mit oder ohne Beteiligung der EMA, HTA Beratungen zu betreiben, jedoch bleibt es abzuwarten, ob und wie diese Beratungsansätze nachhaltig und verbindlich weiterentwickelt werden.
Charalabos-Markos Dintsios, Sara Schlenkrich
10. Health Technology Assessment und seine Relevanz für Market Access
Zusammenfassung
Health Technology Assessment (HTA) ist eine Methodik zur systematischen und zur transparenten Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien unter medizinischen, ökonomischen, sozialen sowie ethischen Aspekten mit dem Ziel, die dazu gehörigen Entscheidungsprozesse zu unterstützen. Der Prozess zur HTA-Berichterstellung verläuft iterativ, und HTA basiert auf systematischen Reviews, deren idealtypische Erstellung den folgenden fünf Schritten folgt: (i) Formulieren der Fragestellung, (ii) systematische Literaturrecherche, (iii) Identifikation von Studien, (iv) Bewertung der Studien und Datenextraktion und (v) Zusammenfassung der Ergebnisse und Interpretation. Die Bedeutung von HTA für Market Access wird über seine Funktion als (quasi) vierte Hürde (neben den Zulassungshürden Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität) evident, jedoch lassen sich gesundheitssystemspezifische Unterschiede ausmachen, die sowohl mit der Finanzierungsart des Gesundheitssystems und seiner administrativen Struktur als auch mit der Auslegung der vierten Hürde zusammenhängen und somit erheblichen Einfluss auf die Beziehung zwischen Market Access und HTA im jeweiligen (sub-)nationalen Kontext nehmen. Hier zeigt sich, dass die die Verbindung zwischen HTA und Erstattung je nach Gesundheitssystem stark variiert. Aufgrund unterschiedlicher nationaler Standards unterstützt die EU-Kommission die europäische Kooperation im HTA-Bereich durch das Netzwerk EUnetHTA. Anfang 2018 legte die Kommission dann einen Verordnungsentwurf vor, der die gemeinsame klinische Bewertung von innovativen Arzneimitteln und Medizinprodukten vorsieht.
Charalabos-Markos Dintsios, Johannes Koch
11. Zulassung und Zusatznutzenbewertung von Arzneimitteln – Konflikte und potenzielle Lösungsansätze
Zusammenfassung
Die zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Frühe Nutzenbewertung neu zugelassener Arzneimittel mit innovativen Wirkstoffen und neuen Anwendungsgebieten stellt alle Beteiligten auch heute noch vor Herausforderungen. Der Beitrag betrachtet neben Definitionen, regulatorischen Anforderungen an Zulassung und Frühe Nutzenbewertung auch das Zusammenspiel zwischen Zulassung und Früher Nutzenbewertung in Deutschland und den Aktivitäten, mit denen sich die Zulassungsbehörden und der G-BA auf nationaler Ebene früher und konsequenter in den gemeinsamen Beratungsprozess einbringen.
Wiebke A. Löbker, Karl Broich

Prozess – Market Entry

Frontmatter
12. Die Value Story als strategisches Instrument
Zusammenfassung
Die Value Story, d. h. die Geschichte vom Wert eines bestimmten Produkts oder einer medizinischen Intervention, ist der zentrale Baustein in der Strategie für eine erfolgreiche Markteinführung und Marktpenetration eines neuartigen Arzneimittels oder Medizinprodukts. Da viele verschiedene Anspruchsgruppen von der Werthaltigkeit der Innovation überzeugt werden müssen, adressiert eine erfolgreiche Value Story die unterschiedlichen Ansprüche passgenau und verbindet die einzelnen Aussagen und Wertversprechen in einer umfassenden, logisch und dramaturgisch sinnvollen Art und Weise. Dieses Kapitel beschreibt, wie Wert entsteht, welche relevanten Anspruchsgruppen die jeweiligen Wertschöpfungsperspektiven einnehmen, welche Elemente zu einer guten Value Story gehören und wie die beiden Phasen des Storywriting und des Storytelling praktisch bewältigt werden können. Darüber hinaus werden unterschiedliche Verwendungen für eine Value Story erläutert und die Erfolgsfaktoren entsprechend abgeleitet.
Matthias P. Schönermark
13. Erstellung des Nutzendossiers
Zusammenfassung
Das Nutzendossier steht im Mittelpunkt der frühen Nutzenbewertung und bedarf eingehender strategischer Überlegungen. Das Dossier muss die verfügbare Evidenz möglichst gut darstellen, unter Berücksichtigung der zahlreichen formalen Anforderungen. Innerhalb des Dossiers sind die zweckmäßige Vergleichstherapie (zVT) und die Patientenrelevanz von Endpunkten Schlüsselstellen für eine erfolgreiche Nutzenbewertung. Wichtig sind eine genaue Projektplanung sowie die Inanspruchnahme der Beratung durch den G-BA. Eine ergebnisoffene Literaturrecherche ist von großer Relevanz, um eine belastbare Datengrundlage zu schaffen. Jedes der fünf Module des Nutzendossiers stellt eigene Herausforderungen dar und erfordert dazu passende Lösungsstrategien.
Marc Esser, Bastian Thaa, Juliane Schreier
14. Market-Access-Strategien in Deutschland
Zusammenfassung
Zahlreiche Regulierungen beeinflussen den Zugang von Patienten zu neuen Arzneimitteln, Arzneimittelpreise und Mengen. Neben der Arzneimittelrichtlinie und Preisregulierung auf nationaler Ebene gibt es regionale Regelungen im Kollektivvertrag und Regelungen einzelner Krankenkassen im Selektivvertrag. Market Access ist nicht zuletzt aufgrund des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) in den letzten Jahren für Arzneimittelhersteller zur zentralen Herausforderung geworden. Auf organisatorischer Ebene haben pharmazeutische Unternehmen auf die neuen Herausforderungen reagiert und Market Access-Abteilungen sowie ein Key Account Management für Kostenträger („Payer“) geschaffen, um den beschriebenen Herausforderungen adäquat zu begegnen. Market Access ist zu den traditionellen Funktionen Medizin, Marketing und Vertrieb als weitere Kernfunktion hinzugekommen. Der Beitrag beschreibt wesentliche Regulierungen, Market Access-Strategien sowie Aufgaben und Organisation von Market Access.
Marco Penske
15. Markteintritt unter den Bedingungen der Frühen Nutzenbewertung
Zusammenfassung
In Deutschland wurden seit Einführung der Frühen Nutzenbewertung im Jahr 2011 mehr als 502 Verfahren durchgeführt. Die Anzahl der Verfahren zeigt eine über die Jahre steigende Tendenz aufgrund von Neuzulassungen, neuen Indikationen, gesetzlichen Änderungen und prozessimmanenten Neubewertungen. Etwa 55 % der Wirkstoffe konnten einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie zeigen. Auf Ebene der Teilpopulationen sinkt dieser Anteil auf ca. 39 %, auf Ebene der Patientenzahlen auf ca. 23 %. In vielen Bewertungen ohne Zusatznutzen zeigt sich, dass die Datengrundlage als nicht ausreichend angesehen worden ist. Für die Gesetzliche Krankenversicherung ergibt sich aus dieser Situation ein großes Verhandlungspotenzial.
Veit Anton, Willi Schnorpfeil, Katrin Thiele
16. Preisbildung und Erstattung im Pharmamarkt
Zusammenfassung
Aufgrund seiner ausgeprägten Gewinnwirkung beeinflusst der Preis maßgeblich den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Auch im Pharmamarkt trifft dies generell zu. Neben dem Preis ist jedoch auch die Erstattungssituation entscheidend, d. h. für welche Patienten und zu welchen Bedingungen übernehmen Kostenträger die Bezahlung eines Medikaments. Bei der Entwicklung von Preis- und Erstattungsstrategien sind demnach einige Besonderheiten zu beachten. So zeichnet sich der Pharmamarkt insbesondere durch die Regulierung der Preisbildungs- und Erstattungsprozesse, die Vielzahl der zu berücksichtigenden Stakeholder und die starke Ausprägung internationaler Interdependenzen aus. Eine genaue Kenntnis der Marktmechanismen und Erstattungssysteme ist somit entscheidend für die Entwicklung erfolgreicher Preis- und Erstattungsstrategien.
Stephan Schurz, Maximilian Rödder
17. Stellungnahmeverfahren und Anhörung im G-BA
Zusammenfassung
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das zentrale Beschlussgremium im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Seine Entscheidungen betreffen die mehr als 70 Millionen Versicherten der GKV und die Leistungserbringer im Gesundheitswesen. In die Stellungnahme und Anhörung bei der Vorbereitung solcher Entscheidungen werden Stellungnahmeberechtigte der Betroffenen einbezogen. Am Beispiel des Market Access neuer Arzneimittel wird die zentrale Bedeutung von Stellungnahme und Anhörung im Nutzenbewertungsverfahren nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) näher beleuchtet.
Olaf Pirk
18. Preisverhandlungen in der GKV
Arzneimittelpreisverhandlungen im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung: Theorie und Praxis
Zusammenfassung
Verhandlungen zum Erstattungsbetrag nach § 130b SGB V sind durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Rahmenvereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und den Verbänden der pharmazeutischen Industrie stark normiert. Dies führt zu einer Verhandlungsstruktur, die eher kompetitive als kooperative Verhandlungen fördert. Durch die Konzentration auf nur einen Verhandlungsgegenstand, den Preis des neuen Arzneimittels, stellt der Kompromiss häufig die beste Lösung dar. Die Kunst der Verhandlungspartner besteht darin, über den Verhandlungsstil, die Atmosphäre in den Verhandlungen und die Zusammenarbeit im Team den Weg für einen tragfähigen Kompromiss zu bereiten.
Willi Schnorpfeil, Wolfgang Gassner
19. Medizinische Register im Market Access-Prozess
Zusammenfassung
Medizinische Register sind die Methode der Wahl, wenn es um die Bewertung einer Therapie unter Alltagsbedingungen geht. Während randomisierte klinische Studien (RCT) die grundsätzliche Wirksamkeit unter bestimmten Studienbedingungen prüfen, zeigt ein methodisch einwandfrei durchgeführtes Register die „Alltagstauglichkeit“ einer Therapie, d. h. medizinische Register sind für ein HTA unerlässlich. Register können für viele Fragestellungen der medizinischen Versorgung durchgeführt werden und damit wichtige Argumente für den Einsatz bestimmter Therapien liefern bzw. Ergebnisse von RCTs im klinischen Alltag bestätigen. Voraussetzung für weitreichende, valide Schlussfolgerungen sind allerdings eine sorgfältige, wissenschaftlich fundierte Planung, Durchführung und Auswertung des Registers. Als Limitation ist zu berücksichtigen, dass Ergebnisse von Registern wie bei allen nicht-interventionellen Studien keine kausalen Zusammenhänge, sondern Assoziationen darstellen.
Maike Bestehorn, Kurt Bestehorn
20. Schnittstelle Market Access und Vertrieb
Zusammenfassung
Die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen für die forschenden Pharmaunternehmen verändern sich kontinuierlich und erfordern eine Modifikation der Market Access- und Vertriebsstrukturen. Durch ein professionelles Schnittstellenmanagement wird die Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmenseinheiten effektiver und effizienter organisiert. Die dadurch entstehenden Synergien führen zu einer kompetenten „Kundenansprache“ mit adäquaten Problemlösungsansätzen für die neuen gesundheitspolitischen Herausforderungen zum Nutzen einer optimalen Patientenversorgung.
Klaus-Peter Emig

Prozess – Market Development

Frontmatter
21. AMNOG – Schnittstelle Market Access und Marketing
Zusammenfassung
Fast zwangsläufig stellt sich seit Inkrafttreten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) die Frage, ob die Ergebnisse der Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auch für Marketingzwecke von neuen, innovativen Arzneimitteln zu verwenden sind. In der Praxis sieht man nicht sehr viele Aktivitäten, die auf die Ergebnisse der Zusatznutzenbewertung reflektieren. Dieser Beitrag zeigt eine Reihe von Limitationen auf, die ein Arzneimittelhersteller bedenken sollte, wenn seine Marketingaktivitäten nachhaltig und dauerhaft glaubwürdig sein sollen.
Wolfgang Garbaciok
22. Key Account Management
Zusammenfassung
Insbesondere in der Dynamik des Gesundheitswesens – geprägt von ständigem Wandel der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen und Innovationen – sind ein nachhaltiges Kundenmanagement und die gute Zusammenarbeit mit einigen besonders wichtigen Schlüsselkunden für den Unternehmenserfolg essenziell. Die Geschäftsbeziehung zu diesen relevanten Institutionen und Personen und die Zufriedenheit dieser besonderen Kundengruppen ist im Rahmen eines abgestimmten, professionellen Key Account Managements durch kompetente und erfahrene Key Account Manager zu gewährleisten. Wichtig ist hier, das Key Account Management sowohl extern auf die Schlüsselkunden als auch intern, innerhalb des Unternehmens, abgestimmt auszurichten. Dieser Beitrag behandelt die Erfolgsfaktoren für ein nachhaltiges und wirksames Key Account Management und die Themenbereiche, die in diesem Zusammenhang generell und insbesondere im Gesundheitswesen zu beachten sind.
Angelika R. Kunz-Braun
23. Krankenkassen-Management
Zusammenfassung
Die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen steigen kontinuierlich an und bilden derzeit nach den Leistungsausgaben für stationäre Therapien im Krankenhaus und ambulante ärztliche Versorgung den drittgrößten Ausgabenblock in der GKV. Unter anderem sind hochpreisige neue Arzneimittel für diese Entwicklung verantwortlich. Folglich sind regulierende bzw. steuernde Maßnahmen zur Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierbarkeit der Arzneimittelversorgung in der GKV notwendig. Dazu stehen kollektivvertragliche sowie selektivvertragliche Instrumente zur Verfügung. Selektivvertragliche Arzneimittelrabattverträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern erzielen nennenswerte Einsparungen innerhalb der GKV und haben sich zu einer unverzichtbaren Säule der Systemstabilität entwickelt. In Abhängigkeit des Produktlebenszyklus stehen den Beteiligten verschiedene Rechtsgrundlagen und Verfahrensarten zum Abschluss von Rabattverträgen zur Verfügung. Diese werden im Folgenden vorgestellt.
Tim Steimle, Goentje-Gesine Schoch
24. Patient Journey
Zusammenfassung
Die Versorgung der Patienten in Deutschland wird im internationalen Vergleich als gut bezeichnet, jedoch oft auch als sehr bzw. zu komplex und kompliziert – insbesondere über verschiedene Arztgruppen und Sektoren hinweg. Um hier Verbesserungspotenziale in der Versorgung identifizieren zu können, lassen sich unterschiedliche Methoden heranziehen. Das Modell der patientenfokussierten Versorgungsanalyse, auch Patient Pathway-Modell oder Patient Journey bezeichnet, bietet eine interessante Sichtweise – aus Patientenperspektive – verbunden mit der Chance, Versorgungsdiskrepanzen sowie Optimierungspotenziale der Versorgungsqualität identifizieren zu können.
Das Modell der Patient Journey ist indikationsübergreifend einsetzbar und lässt sich als Market Access Tool innerhalb einer Organisation implementieren. In diesem Kapitel wird das Modell der Patient Journey im Kontext eines Market Access Tools aufgegriffen und anhand eines Praxisbeispiels aus dem Bereich der COPD-Erkrankung (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) thematisiert. Die Begriffe Patient Pathway und Patient Journey werden als Synonym benutzt.
Christa Wolf, Angelika Kunz-Braun
25. Festbeträge am Ende des Produktlebenszyklus
Zusammenfassung
Die jährliche Einsparung durch Arzneimittelfestbeträge wird auf etwa 6,9 Mrd. Euro geschätzt (GKV-Spitzenverband 2014). Schon allein die Größe dieser Zahl zeigt, dass Festbeträge noch immer für die GKV das bei weitem wichtigste Instrument darstellen, um Arzneimittelausgaben einzudämmen. Die Sicht auf Festbeträge hängt naturgemäß sehr stark von der Perspektive ab. Während die GKV den Festbetrag als Erfolgsmodell feiert, erscheinen Festbeträge aus Sicht der Industrie häufig als eine Katastrophe, die Produkte und Firmen mit Leichtigkeit vernichten kann. Für Arzneimittelhersteller ist es daher wichtig, sich auf die Möglichkeit des Festbetrags gründlich vorzubereiten und die vorhandenen Einflussmöglichkeiten optimal zu nutzen. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die wichtigsten Aspekte des Themas.
Christof Ecker

Spezifikationen

Frontmatter
26. Market Access von Medizinprodukten
Zusammenfassung
Der Marktzugang von Medizinprodukten und deren sachgerechte Vergütung und Erstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung sind die wesentlichen Herausforderungen für ein erfolgreiches Medizinprodukteunternehmen im Gesundheitsmarkt. Das Inverkehrbringen von Medizinprodukten wird durch das CE-Konformitätsbewertungsverfahren europaweit geregelt, jedoch ist die Erstattung national reglementiert. Durch das Sozialgesetzbuch V sind wesentliche Anforderungen, wie das Wirtschaftlichkeitsgebot sowie die medizinische Notwendigkeit Grundvoraussetzung für die Leistungsgewährung. Das nach Sektoren gegliederte Erstattungssystem verlangt unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen, die zu erfüllen sind, bis zur Nutzenbewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten. Der Hersteller hat daher umfangreiche Überlegungen und Lösungsansätze für den Market Access zu prüfen, wie und wo seine Produkte und Dienstleistungen eingesetzt werden sollen.
Olaf Winkler
27. Market Access – jenseits von Arzneimitteln und Medizinprodukten – im ambulanten und stationären Sektor
Zusammenfassung
Die Verengung des Themas Market Access auf Arzneimittel und Medizinprodukte greift zu kurz. Mehr als 80 % der Gesundheitsleistungen und -ausgaben entfallen auf andere Bereiche. Hinter dieser Mehrzahl der medizinischen Dienstleistungen steht keine einflussreiche Lobby oder anderweitige durchsetzungsstarke Interessengruppe (Stakeholder). Der Beitrag führt systematisch durch die unterschiedlichen Versorgungsbereiche und zeigt Hindernisse und Probleme für einen schnellen Marktzugang von anderen medizinischen Dienstleistungen auf. Die Unterschiede zwischen der GKV, PKV und Selbstzahlern mit Blick auf den Marktzugang für innovative medizinische Leistungen werden dargestellt. Der Beitrag schließt mit dem Fokus auf zwei unterschätzte Phänomene: die modernen Krankheiten und das Disease Mongering. Darüber hinaus wird die Bedeutung des adäquaten Versicherungsschutzes für einen schnellen Zugang zu innovativen medizinischen Produkten und/oder Dienstleistungen aufgezeigt. Drei eindrückliche Beispiele aus der Praxis runden den Beitrag ab.
Klaus-Jürgen Preuß
28. Market Access von Biosimilars
Zusammenfassung
Biologika haben die Möglichkeiten bei der Behandlung schwerer und schwerster Erkrankungen seit den 1990er-Jahren stark erweitert und sind in vielen Therapieleitlinien fest verankert. Diese und zukünftige Veränderungen im Behandlungsspektrum stellen Kostenträger und Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Mit dem Patentablauf der Biologika kommt den Biosimilars eine zentrale Bedeutung in der flächendeckenden Versorgung mit innovativen Therapieansätzen und der damit einhergehenden Finanzierbarkeit zu. Um einen optimalen Marktzugang zu gewährleisten, ist es für die Beteiligten ein Muss, die Markt- und Steuerungsmechanismen sowie die Rahmenbedingungen in diesem speziellen Segment zu kennen und daraus eine zielgerichtete und erfolgreiche Market Access-Strategie zu entwickeln.
Christian Bach, Jörg Herbst, Iris Kruiskamp-Kuls
Metadata
Title
Market Access Management für Pharma- und Medizinprodukte
Editor
Prof. Dr. Ralph Tunder
Copyright Year
2020
Electronic ISBN
978-3-658-26145-0
Print ISBN
978-3-658-26144-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26145-0

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