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14-12-2015 | Marketing + Vertrieb | Schwerpunkt | Article

Mediabudget? Keine Ahnung!

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Seit Jahren diskutieren Marketingverantwortliche, Mediaagenturen und Branchenverbände über falsch eingesetzte Mediagelder. Doch leider wird dabei ein wesentlicher Aspekt übersehen, findet Springer Autor Heino Hilbig.

Der auch für seine Zitate sicher unvergessliche Helmut Schmidt stellte einmal fest, dass Politiker und Journalisten das traurige Schicksal teilten, oft heute schon über Dinge zu reden, die sie erst morgen ganz verstünden.

Manchmal, wenn ich von Branchenveranstaltungen zurückkomme, frage ich mich, ob dieser Satz nicht auch auf manche Marketingverantwortliche und – insbesondere auch – auf Unternehmenscontroller zutreffen mag. Da wird derzeit – zu Recht! – heftig Kritik daran geübt, dass Mediaagenturen über ganz eigene, vor allem eigennützige, Geschäftsmodelle den Willen der Auftraggeber gekonnt aushebeln. Vergessen allerdings wird dabei, dass es genau diese Agenturen sind, die seit Jahren mit gepflegter Desinformation dafür sorgen, dass es glaubwürdige Mediawirkungsmessung de facto kaum noch gibt.

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Nehmen wir nur einmal die „neuen“ Medien: Während sich kleine Fachmedien mühsam darum bemühen, Zugriffszahlen möglichst revisionssicher nachweisen zu können, gilt das für die Big Player des Marktes gerade nicht: Wie oft die eigene Online-Ad bei Google, Facebook und Co überhaupt geschaltet wird – und an wen diese teuer bezahlten Werbemittel ausgeliefert werden, darüber gibt es außer den Versprechen dieser Unternehmen keinerlei neutral ermittelten Nachweise.

Liebe Controller, lassen Sie sich das bitte mal auf der Zunge zergehen: Für jede kleine Publikumszeitschrift werden IVW-geprüfte Zahlenwerke mit Zielgruppen-spezifischen Auswertungen gefordert (und geliefert) – wenn es aber um Facebook und Kollegen geht, werden Budgets ohne jede nachprüfbare Analyse freigegeben. Man stelle sich nur einmal vor, die TV-Reichweite würde nicht mehr extern erfasst und gemessen, sondern Sie müssten Ihre Budgetentscheidungen nur auf den Versprechen der Sender aufbauen. Wie viele Unternehmen wären dazu wohl bereit?

Mediaagenturen haben die Pflicht zur Aufklärung

Ob es Verzweiflung ist, die Marketingverantwortliche im Online-Bereich stattdessen zu indirekten (und zusätzlich zu finanzierenden) Werbewirkungsauswertungen greifen lässt, ist nicht überliefert.
Nun könnte man meinen, dass dies doch eher ein Problem der Medien sei – wäre da nicht die Pflicht der Beratung, die die vom Kunden beauftragte (und bezahlte!) Mediaagentur hat. Diese erfolgt in vielerlei Präsentationen, selbst erdachten Studien und – nicht zuletzt – in Form des kommentierten Mediaplanes.

Auf offensichtliche Schwächen hinweisen

Aber gehört nicht auch zu so einer Beratung, auf die Schwächen einer Analyse oder eines Planes hinzuweisen? Natürlich! Nur, dass der Umsatz einer Mediaagentur vermutlich nicht ganz so exorbitant ausfallen würde, wenn man auf die fehlende Nachprüfbarkeit von einigen Online-Budgets hinweist. Oder auf die klaren Fehler der Media-Analyse (wonach zum Beispiel „Ein Herz für Tiere“ mit 25 Mitlesern die meisten Mitleser pro Ausgabe aller untersuchten Titel hätte) und der TV-Reichweitenangabe, die de facto zu bestimmten Tageszeiten auf gerademal 1.500 Testsehern basieren. Oder, oder, oder… Wenn schon Compliance-Prüfungen im Marketing, dann doch bitte an den richtigen, weil wichtigen Stellen!

Marketer stehen in der Verantwortung

Die Schwächen der Mediapläne sind für jeden, der Methoden und Daten lesen kann offensichtlich. Dabei stellt sich die Frage, wie solche Pläne eigentlich die kritischen Augen der Controller passieren können, die ansonsten doch jede Unternehmensausgabe über 500 Euro so akribisch kontrollieren, dass es die Arbeit der Marketingabteilungen manchmal schon schmerzlich behindert.

Solange aber Mediaagenturen anteilig von dem Kundengeld leben, welches sie verplanen sollen, wird es eine solche objektive Beratung wohl kaum geben. Darüber müssen wir uns als Marketingverantwortliche klar sein. Das zu ändern ist übrigens nicht Aufgabe irgendwelcher Verbände, sondern unsere – als Budgetverantwortliche im Unternehmen.
So, liebe Kollegen, wann gehen wir das Problem an?

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