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20-07-2015 | Marketing + Vertrieb | Schwerpunkt | Article

Werbewirkung ist keine Glaubensfrage

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Warum regt sich eigentlich kein Kunde darüber auf, dass Agenturen gerne etwas empfehlen, was sie selbst nie tun? Eine Kolumne von Springer-Autor und Unternehmensberater Heino Hilbig.

Ich bin ganz sicher, irgendwo in Ihrem Büro findet sich die ein oder andere Ausgabe von Horizont oder w&v. Schauen Sie dort doch spaßeshalber einmal rein und suchen Sie Anzeigen Ihrer Agentur. Falls Sie nicht fündig werden, erweitern Sie die Suche auf Anzeigen irgendeiner Agentur. Das Ergebnis dürfte recht eindeutig sein: Sieht man von dringenden Suchanzeigen („kreativer Grafiker für Neukundengeschäft gesucht“) und den Adresseinträgen unter der Rubrik Dienstleister einmal ab, werden Sie kein (in Zahlen: Null) Inserat finden, welches für die Leistungen von Werbeagenturen wirbt. Keine halbe, keine ganze und insbesondere keine Doppelseite!

Vergebliche Suche nach Anzeigen von Agenturen

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Das ist nach den Regeln der Kunst (und denen, die uns Agenturen immer als solche verkaufen wollen), doch sehr überraschend – schließlich finden sich die Marketingmedien eigentlich in jeder Werbeabteilung und erreichen damit praktisch alle potenziellen Kunden als Leser. Hohe Affinität mit der definierten Zielgruppe – praktisch ohne Streuverlust wöchentlich erreichbar, gemessen an den erzielbaren Honoraren zu sehr günstigen Kontaktpreisen und die Herstellung der Anzeigenvorlagen sollte Werbegestaltern ja auch leicht fallen – warum also schalten Agenturen dort (oder sonst wo) keine Anzeigen?

Agenturen sind nicht überzeugt, dass Anzeigen wirken

Die Antwort ist denkbar einfach: Sie sind nicht überzeugt, dass Anzeigen wirken. Trotz der phänomenal guten Mediawerte! Lassen wir uns das einen Moment auf der Zunge zergehen und auf uns wirken: Anders, als es in Beratungsgesprächen suggeriert wird, zeigen Agenturen durch ihr eigenes Verhalten, dass Werbung eben keineswegs immer wirkt – egal, wie viel Mediawirkung dahinter steckt.

Wenn nun aber die Kommunikationshersteller selbst so zurückhaltend sind, wenn es um den reinen Glauben an Werbewirkung geht, warum empfehlen sie dann eigentlich ihren Kunden – den Werbungstreibenden – dass man doch nur mehr von allem tun müsse, um wirksam zu sein? Mehr Mediageld, mehr Kreativität, mehr Anzeigen und Banner, mehr Social Media? Und warum verweigern sie andererseits so hartnäckig die Diskussion um erfolgsbasierte Honorare?

Werbung muss messbar sein

Werbemaßnahmen müssen messbar sein – so wie Feuerwerk sichtbar. Wenn Sie am Silvesterabend eine Rakete zünden, die zwar startet, dann aber weder knallt noch leuchtet, hätten Sie es ebenso gleich bleiben lassen können. Sie wissen, dass Sie einen Feuerwerkskörper gestartet haben – aber niemand sonst. Ob das Ding nun abgehoben hat oder nicht, macht keinen Unterschied.

Deshalb haben Werbemaßnahmen ohne messbaren Effekt ebenfalls praktisch nicht stattgefunden. Diesen Teil der Marketingmaßnahmen kann man ebenso gut sein lassen. Das gilt für jede Webseite, deren Besucherverhalten nicht konsequent ausgewertet wird, für jede Facebook-Präsenz, für die vorher keine KPIs festgelegt wurden und für jede Anzeige, in welche man kein Response-Element eingebaut hat.

Kenngrößen für Marketingmaßnahmen

Wie will ich als Marketingleiter denn meiner Verpflichtung den Shareholdern gegenüber nachkommen, wenn ich nicht einmal sagen kann, ob die durchgeführte Maßnahme irgendeinen Beitrag zum Unternehmensziel geleistet hat? Und wie will ich denn in einem ISO9001-zertifizierten Betrieb kontinuierliche Verbesserung erreichen, wenn ich unwirksame Maßnahmen nicht von wirksamen unterscheiden kann?

Fazit: Ich finde, wir als Marketingverantwortliche täten gut daran, weniger nach immer neuen, noch kreativeren Kampagnen zu suchen und statt dessen ein bisschen mehr Zeit darin zu investieren, Kenngrößen für jede Marketingmaßnahme zu finden. Damit landet man zwar nicht so häufig auf der Titelseite der Fachmedien, sichert aber langfristig gesehen Arbeitsplätze – den eigenen natürlich eingeschlossen!

Zur Person
Heino Hilbig arbeitete 20 Jahre als Werbe- und Marketingleiter für bekannte Marken und internationaler Konzerne. 2011 gründete er die Marketing-Unternehmensberatung Mayflower Concepts in Hamburg, deren Geschäftsführer er heute ist. Darüber hinaus ist er Keynote-Speaker, Dozent und Buchautor.

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