Krisen, Technologien und steigende Erwartungen: Für Marken wird es zusehends schwieriger, wirkungsvoll mit ihrer Zielgruppe zu kommunizieren. Worauf es jetzt ankommt.
Unternehmen müssen Antworten auf viele Fragen finden, wenn sie in Zukunft zielführend mit Konsumenten kommunizieren wollen.
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Die Krisen- und Umbruchstimmung in der Gesellschaft ist seit einigen Jahren allgegenwärtig. Technologisierung und Digitalisierung prägen den Alltag der Menschen in intensiver Weise. Das verstärkt neue Formen der gesellschaftlichen Interaktion zunehmend. Für Marken, die in turbulenten Zeiten wie diesen den Kontakt zu ihren Zielgruppen halten und mittels Kommunikation weiter ausbauen möchten, gilt: Die Menschen wollen in ihrer Lebensrealität abgeholt werden. Das legen zumindest zwei aktuelle Studien nahe.
Eine Untersuchung des Technologieanbieters Infobip belegt beispielsweise die steigende Nutzungsrate von Chat-Apps in der Kundenkommunikation. Auch Warnmeldungen und Sicherheitslösungen, wie die Zwei-Faktor-Authentifizierung werden, bevorzugt direkt über Chat-Apps auf dem Smartphone empfangen.
Short-Messaging im Kundendialog boomt
Dabei zeigt sich, dass dialogorientierte Kundenerlebnisse via Chats oder Rich-Communication-Services (RCS) völlig branchenunabhängig in der Nachfrage im Vergleich zu 2021 zugelegt haben:
- 134 Prozent mehr Whatsapp-Interaktionen im Bank- und Finanzwesen
- 104 Prozent mehr Whatsapp-Interaktionen und
- 155 Prozent mehr E-Mail-Interaktionen in den Bereichen Einzelhandel und E-Commerce,
- 1063 Prozent mehr RCS-Interaktionen in der Telekommunikationsbranche
- 428 Prozent mehr Messenger-Interaktionen in den Branchen Verkehr und Logistik
"Insbesondere die technische Weiterentwicklung der mobilen Kommunikationsmedien via Smartphones und Tablets bieten Unternehmen zielgruppenspezifische und interaktive Plattformen, die, so vielfältig und einfach verfügbar wie nie zuvor, den direkten Dialog mit den Zielgruppen ermöglichen. Es ist wichtig, diesen Austausch mit den Zielgruppen aktiv zu suchen und zu pflegen“, raten auch die Springer-Autorinnen Brigitte Gaiser und Elke Theobald im Buchkapitel "Marketingkommunikation im digitalen Wandel" (Seite 414).
Neue Kommunikationswelten
Wie sich diese Lebensrealität der Konsumenten wohl künftig weiterentwickeln wird, beleuchtet die Studie "Next Communication", die im Auftrag der Deutschen Telekom AG durchgeführt wurde. Die Befragten gehen davon aus, dass künftig eine "Mixed-Reality" unsere Gesellschaft prägen wird. Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, Algorithmen oder das Metaverse werden demnach sämtliche Lebensbereiche durchdringen und neue Kommunikationsstrategien auf Unternehmensseite erfordern.
86 Prozent der Entscheider aus Marketing, Markenführung und Kommunikation glauben deshalb, dass sich Markenbotschaften künftig an neuen Grundsätzen orientieren müssen, um erfolgreich zu bleiben. Integrierte Kommunikation lautet das Gebot der Stunde. "Werbetreibende müssen sich intensiv mit der Customer Journey ihrer Zielgruppen auseinandersetzen, sie kennen, um darauf aufbauend die richtigen Touchpoints auszuwählen und sinnvoll miteinander zu verknüpfen", argumentieren Gaiser und Theobald (Seite 414).
Haltung zeigen bleibt erfolgentscheidend
Der Blick in die gesellschaftliche Realität kristallisiert sich immer mehr als Dreh- und Angelpunkt der Markenkommunikation heraus. Das, was die Menschen bewegt, worüber gesprochen und nachgedacht wird, sollte auch Marken als Teil der Gesellschaft beschäftigen. Werbliche Kommunikation erhält zunehmend offenbar auch eine politische Dimension, wie die Tekekom-Studie nahelegt.
Die Kommunikation von morgen müsse imstande sein, relevante gesellschaftliche Debatten mit eigenen Beiträgen anzureichern oder diese gar auszulösen. Dabei sollten Entscheider nicht davor zurückschrecken ,"Kante" zu zeigen, auch wenn dies zu "Irritationen bei einigen Stakeholdern führt", wie es von den Studienmachern heißt. Everybody‘s Darling zu sein, scheint der Studie zufolge künftig mit Markenkommunikation weder erreichbar noch erstrebenswert zu sein.
Erfolgreiche Kommunikation beginnt intern
Auch in den eigenen Reihen wird es in Zukunft wohl darum gehen, Markenkommunikation mit klarer Haltung zu positionieren. Das betrifft zum einen den radikalen Abbau von Silos: 72 Prozent der befragten Angestellten sind der Meinung, dass eine Aufspaltung der Kommunikationsdisziplinen in verschiedene Bereiche wie etwa Marketing und Public Relations nicht mehr zeitgemäß sei. Zum anderen rechnen 87 Prozent damit, dass die Bedeutung der internen Kommunikation weiter steigt, vor allem zu Zwecken des Employer Branding, da die Mitarbeiterloyalität sinkt. Darüber hinaus sehen die Befragten großen Bedarf in der Mitarbeiterakquise. Weil die Aufgaben in der digitalen Kundenkommunikation immer komplexer werden, wachsen auch die Anforderungen an konkrete Qualifikationen. Bemängelt wird an dieser Stelle, dass Universitäten kein dazu passendes Ausbildungsniveau liefern.