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Published in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 5/2022

Open Access 12-09-2022 | Schwerpunkt

Marktorientierte Gestaltung von Geschäftsmodellen in der Musikbranche: Praxisorientierte Anwendungsfälle der Blockchain-Technologie

Authors: Ronny Baierl, Adrian Reichel

Published in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik | Issue 5/2022

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Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag dient der Gewinnung von Erkenntnissen über die Geschäftsmodelle von Blockchain-Anwendungen in der Musikbranche. Für diesen Zweck wird zunächst prägnant grundlegendes Fachwissen in Bezug auf die Blockchain-Technologie, die Musikbranche sowie Geschäftsmodelle im Allgemeinen erläutert. Aus den daraus gewonnen Erkenntnissen werden drei grundlegende Kategorien an Geschäftsmodellen abgeleitet – Metadatendienste, Musikdienste und Online-Marktplätze. Daraufhin erfolgt die Beschreibung der drei Geschäftsmodellkategorien anhand der Elemente des in der Praxis weit verbreiteten Business Model Canvas zur Beschreibung und Entwicklung von Geschäftsmodellen. Zuletzt werden die drei Kategorien mithilfe von aktuellen Praxisbeispielen und generellen Entwicklungen veranschaulicht. Damit eignet sich dieser Artikel für eine systematische Zusammenführung der beiden bisher weitestgehend getrennt betrachteten Forschungsgebiete, die zudem auch in der Hochschullehre – beispielsweise durch Integration der zur Verfügung stehenden Fallstudien – eingebaut werden kann. Durch die systematische Darstellung möglicher Gestaltungsoptionen wird zudem die eigenständige Ausgestaltung von Geschäftsmodellen in der Musikbranche stimuliert und damit ein marktorientiertes Design ermöglicht.

1 Zur Relevanz dieses Artikels

Die Blockchain-Technologie wird aktuell mit mannigfachen Branchen in Verbindung gebracht. Vielfältige Anwendungspotenziale bestehen beispielsweise im Angebot von elektronischen Kryptowährungen sowie in der automatisierten Ausführung von Datentransaktionen (Schütte et al. 2017). So gewinnt die zugrundeliegende Technologie insbesondere seit Bekanntwerden der Kryptowährung Bitcoin zunehmend an medialer Beachtung. Der damit einhergehende Trend, neue Anwendungen auf Basis der Blockchain-Technologie zu entwickeln, hat in den letzten Jahren auch die Musikbranche erreicht (PWC 2018). Im medialen und wissenschaftlichen Diskurs wird der Blockchain-Technologie ein erheblicher Nutzen in Bezug auf die Interessenswahrung von Musikschaffenden zugesprochen. Bedeutende Potenziale bestehen für Musiker insbesondere in fairen, transparenten und effizienten Vergütungsmechanismen (Gilli und Röver 2019). Die Gründung von zahlreichen Start-ups und Projekten mit entsprechenden Blockchain-Anwendungen belegen diese Entwicklung eindrücklich (PWC 2018).
Das Themengebiet ist jedoch nach wie vor wissenschaftlich weitestgehend unbearbeitet. Auch wenn einige Beiträge die Potenziale der Blockchain-Technologie für Musikschaffende beleuchten, wurde bislang kaum auf die damit verbundenen Geschäftsmodelle eingegangen. Weiterhin fehlen eine ausführliche Kategorisierung und Beschreibung der möglich erscheinenden Modellkategorien. Die wesentliche Zielstellung dieses Artikels besteht daher in der Gewinnung von detaillierten Erkenntnissen über potenzielle Geschäftsmodelle von Blockchain-Anwendungen in der Musikbranche.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Zur Blockchain-Technologie

Auf die hinter der Blockchain-Technologie stehenden informatischen und mathematischen Grundlagen wird aufgrund der betriebswirtschaftlichen Grundausrichtung dieses Artikels nur grundlegend eingegangen. Diese basieren auf einer sequenziellen Verkettung von Datenblöcken mithilfe von Verschlüsselungstechniken (Burgwinkel 2016). Die Daten werden zu Datenblöcken aggregiert und mit kryptografisch berechneten Verschlüsselungswerten versehen (Burgwinkel 2016). Diese Hashwerte1 setzen sich aus einzelnen Werten der Datensätze eines Blocks sowie aus dem Verweis auf den Hashwert des vorherigen Datenblocks zusammen (Brühl 2017). Durch die Verweise der Werte untereinander erfolgt die Verkettung der Datenblöcke zu einer Blockchain. Eine vollständige Version der dadurch resultierenden Datenbank wird in einem Netzwerk auf den Rechnern der jeweiligen Nutzenden angelegt und somit dezentral gespeichert (Brühl 2017). Änderungen an den Blöcken vorzunehmen, würde die Hashwerte der bestehenden Datenblöcke ungültig machen (Schütte et al. 2017). Daher ist das Bearbeiten und Entfernen von Daten im Nachhinein nicht möglich, ohne dass derartige Änderungen durch die Blockchain als neue Transaktion erfasst und nachgewiesen werden (Burgwinkel 2016).
Burgwinkel (2016) fasst die auf den Vorteilen basierenden Potenziale der Blockchain übersichtlich zusammen und unterschiedet hierbei sieben Dimensionen: (1) Durch das Prinzip der Verkettung von Datensätzen – und der damit verbundenen Integrität von Daten – lassen sich Daten nach Defekten kontrollieren. (2) Die verteilte Speicherung der Blockchain innerhalb des Netzwerks schützt vor Datenverlusten und dient somit der Ausfallsicherheit. (3) Die Verteilung der für die Verkettung benötigten kryptografischen Berechnungen auf mehrere Rechnersysteme schützt vor Manipulationen des Verfahrens. (4) Da die Daten und Transaktionen allen Nutzern offen vorliegen, gewährleistet die Blockchain Nachvollziehbarkeit und Transparenz für alle Beteiligten. (5) Die auf dem Blockchain-Verfahren aufbauende Kryptowährung kann als sicheres und schnelles Zahlungsmittel zwischen den Teilnehmenden der Blockchain eingesetzt werden. (6) Entsprechend ist auch eine direkte Entlohnung der Rechnerinfrastrukturbetreiber möglich. (7) Das Verfahren ermöglicht Smart Contracts2, welche zu einer automatischen Abwicklung von Transaktionen und Prozessen eingesetzt werden können. Die Blockchain prüft dabei sämtliche Vertragsbedingungen und löst daraufhin definierte Folgeaktivitäten aus (Schütte et al. 2017). Im Zusammenhang mit Smart Contracts lassen sich auch Kryptowährungen einsetzen, welche digitale Zahlungsprozesse erheblich erleichtern können (Burgwinkel 2016).

2.2 Zur Musikbranche

Der Begriff „Musikbranche“ umfasst die gesamten Tätigkeiten der Musikwirtschaft (Steinkrauß et al. 2009). Der Bundesverband der Musikindustrie beschreibt sieben Teilsektoren der Musikbranche (BVMI 2015): (1) Kreative, (2) Musikveranstaltungen, (3) Musikaufnahmen (inkl. Musiklizenzierung), (4) Verwertungsgesellschaften, (5) Musikverlag, (6) Musikinstrumente und (7) Musikunterricht. Von besonderer Bedeutung für diesen Artikel sind die ersten vier Sektoren: (1) Die Kreativen3 nehmen die Schlüsselposition in der Wertschöpfungskette der Musikwirtschaft ein. Einnahmen werden weitestgehend durch Lizenzierungen für die wirtschaftliche Nutzung, durch Konzertgagen oder durch den Verkauf von Musikaufnahmen generiert. (2) Als Musikveranstalter werden Unternehmen aufgefasst, die Konzerte veranstalten oder spezialisierte Dienstleistungen erbringen. Neben den Veranstaltern bieten Gastspieldirektionen sowie Künstleragenturen wichtige Leistungen im Wertschöpfungsprozess des Veranstaltungssektors. Diese fungieren als Vermittlung zwischen Veranstaltern und Musikschaffenden und finanzieren sich über Provisionen. (3) Musikaufnahmen zielt auf alle Bereiche der Produktion, Vervielfältigung und des Vertriebs von Tonträgern und digitalen Musikdateien und bilden daher den Kern des Wertschöpfungsprozesses. Die Musikschaffenden werden mithilfe eines Plattenvertrags an das Label gebunden, was Letzteren einen Umsatzanteil aus der Musikvermarktung der Künstler zusichert. Im Gegenzug übernimmt das Label wesentliche Aufgaben wie Werbung, Künstleraufbau und Vertrieb. (4) Verwertungsgesellschaften vertreten die finanziellen Interessen von Musikschaffenden. Diese fordern die aus den Werken entstandenen Urheber- und Leistungsschutzrechte ein (Fabian 2017).
Die traditionelle Tonträgerindustrie befindet sich im Umbruch (Sitonio und Nucciarelli 2018). Der physische Tonträger stellte lange Zeit das Kernprodukt der traditionellen Musikindustrie dar. Das Aufkommen des Internets bewirkte jedoch eine Entwicklung zu digitalen Musikformaten. Musikschaffenden ist es zudem inzwischen möglich, viele Aufgaben – gegebenenfalls mit Unterstützung eines Managements – selbst zu übernehmen (Tschmuck 2013): So können Dank leistungsfähiger Computer und entsprechender Musikbearbeitungsprogramme mit überschaubaren Investitionen eigene Studios eingerichtet werden. Zur Vorfinanzierung von Tonaufnahmen oder Konzerten eignet sich zudem Crowdfunding. Zudem haben Musikschaffenden über Internetseiten und Social Media diverse Möglichkeiten, die Vermarktung ihrer Musik eigenständig zu gestalten. Damit besitzen Labels nicht mehr die Dominanzstellung am Markt wie noch vor einigen Jahrzenten. Auch die Promotion kann über Social Media in die eigene Hand genommen werden. Sogenannte Content-Aggregatoren ermöglichen die eigenständige Distribution der digitalen Inhalte über sämtliche Streaming- bzw. Downloadplattformen.

2.3 Zu Geschäftsmodellen

Mithin wird ein Geschäftsmodell als Konzept für die Erstellung eines Kundennutzens sowie der daraus resultierenden Gewinnung von Erlösen angesehen. Im Unternehmenskontext steht das Geschäftsmodell zudem in engem Zusammenhang mit der Unternehmensstrategie. Diese dient u. a. zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit sowie des unternehmerischen Erfolgs. Ein stärkerer Fokus auf innovative Geschäftsmodelle kann eine umfassende Verbesserung der unternehmerischen Leistungserstellung bewirken. Die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle nimmt daher eine zunehmend größere Wichtigkeit (Gassmann et al. 2013).
Elemente und Dimensionen eines Geschäftsmodells dienen zur Analyse und Visualisierung von Mechanismen zur Erstellung des Wertangebots und den daraus gewonnen Erlösen. Osterwalder und Pigneur (2011) stellen ein entsprechendes Untersuchungsraster als Business Model Canvas vor. Der Ansatz beinhaltet neun Elemente: (1) Kundensegmente, (2) Wertangebote, (3) Kanäle, (4) Kundenbeziehungen, (5) Einnahmequellen, (6) Schlüsselressourcen, (7) Schlüsselaktivitäten, (8) Schlüsselpartnerschaften und (9) Kostenstruktur. Dieser Ansatz hat sich in der Praxis etabliert und wird daher auch im Folgenden verfolgt. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass in der Literatur durchaus weiterentwickelte Analyseraster für Geschäftsmodelle diskutiert werden.4 So stellen beispielsweise Schlimbach und Asghari (2020) einen Digital Canvas vor, der aufbauend auf den in diesem Beitrag verwendeten Business Model Canvas eine auf digitale Geschäftsmodelle spezifizierte Alternative darstellt. Trotz der Vorteile eines solch spezifizierten Vorgehens, bleibt aus jetziger Sicht ein geringer Verbreitungsgrad dieses Ansatzes zu konstatieren.

3 Potenziale der Blockchain-Technologie für Geschäftsmodelle in der Musikbranche

3.1 Geschäftsmodelle auf Basis der Blockchain-Technologie

Die Ergebnisse einer Befragung von Rückeshäuser et al. (2017) liefern im Wesentlichen fünf unterschiedliche Ansätze für Geschäftsmodellen: An erster Stelle steht der Infrastrukturanbieter. Die Erwirtschaftung von Umsatz erfolgt häufig durch Abonnements oder durch eine festgelegte Gebühr pro gespeicherter Datenmenge. Ähnlich hierzu bieten auch Plattformanbieter die für Blockchain benötigten Ressourcen an. Hier können Kunden jedoch individuelle Blockchain-Lösungen für bestimmte Anwendungsfälle entwickeln. Die Erwirtschaftung von Umsatz ist ebenfalls über Abonnements möglich; andernfalls können einmalige Lizenzen verkauft werden. Integratoren liefern direkt auf den Kunden angepasste Blockchain-Lösungen und integrieren diese in die Abläufe des jeweiligen Abnehmers. Die Vergütung von Integratoren erfolgt u. a. über Lizenzen oder Abonnements. Applikationsanbieter stellen komplettierte und unveränderliche Produkte dar. Die Endkunden nutzen die Applikation passiv, d. h. sie greifen lediglich auf den Funktionsumfang der Anwendung zu und können diese nicht für andere Zwecke weiterentwickeln. Applikationsanbieter finanzieren sich häufig über Abonnements oder transaktionsabhängige Modelle. Weiterhin dienen komplementäre Produkte primär als Informationsportale oder zur Erfüllung vergleichbarer Hilfsfunktionen. Charakteristisch ist, dass die fünf Ansätze miteinander in Form eines Blockchain-Ökosystems vernetzt sind.
Die Blockchain-Technologie ermöglicht eine effektivere Umsetzung bestehender Geschäftsmodelle (Rückeshäuser et al. 2017). Dies zeigt sich am Konzept des digitalen Marktplatzes, indem Transaktionen zwischen den Kundengruppen direkt über die Blockchain-Technologie abgewickelt werden können: Auf dem Online-Marktplatz treffen sich Angebot und Nachfrage zwischen mindestens zwei Kundengruppen. Der Einsatz von Blockchain hat unter anderem den Vorteil, dass die Transaktionsdauer wesentlich geringer als bei herkömmlichen Marktplätzen ist, da die Transaktionsdaten automatisch verifiziert und überprüft werden. Zudem schützt die Technologie vor Manipulationen. Zudem können Smart Contracts und Kryptowährungen eingesetzt werden, um sichere und schnellere Geldtransaktionen unter den Teilnehmenden zu gewährleisten und Provisionen auszuschütten. Grundlegend eignen sich auch Sharing-Geschäftsmodelle für die Anwendung von Blockchain-Lösungen, da durch die Technologie Vertrauen zwischen sich unbekannten Parteien hergestellt werden kann.

3.2 Potenziale der Blockchain-Technologie in der Musikbranche

Besonders hohe Erwartungen haben Musikschaffende in Bezug auf faire, effiziente und nachvollziehbare Verteilungen der Einnahmen aus der Musikverwertung (Gilli und Röver 2019). Hierfür weisen die Metadaten der Musikstücke einen wichtigen Stellenwert auf. Dies sind Informationen wie beispielsweise Titel, Interpret, Erscheinungsjahr und Rechteinhaber. Nach aktuellem Stand existieren diverse, länderspezifische Gesellschaften zur Metadatenspeicherung. Die Einrichtungen greifen auf veraltete, nicht kompatible Datenbanken zurück (Fabian 2017). Auch wenn die digitale Musikdistribution zu einer zunehmenden Globalisierung der Branche führt, wird diese aktuell insbesondere durch die individuell agierenden Verwertungsgesellschaften gebremst. Durch fehlende Standards in der Codierung der Daten sind aufwendige Umwandlungsvorgänge nötig, um die Daten auszulesen. Aktuell werden in diesem Kontext zwei Aspekte der Anwendung von Blockchain diskutiert: (1) Eine mittels Blockchain-Technologie dezentral angelegte Datenbank könnte genutzt werden, um die Gültigkeit der Daten zu gewährleisten und diese allen Beteiligten transparent zur Verfügung zu stellen (Fabian 2017). (2) Die Blockchain-Technologie ermöglicht die Entwicklung eines neuen Musikdateiformats, welches Metadatenstandards eindeutig festlegt. Mithilfe des Blockchain-unterstützten Dateiformats und damit verbundenen global gültigen IDs lassen sich Metadaten jederzeit eindeutig nachvollziehen, was die Monetarisierung der Musikstücke erheblich vereinfacht. Dies gibt Musikschaffenden die Möglichkeit ihre Werke selbstständig zu lizenzieren und zu vermarkten (Gilli und Röver 2019).
Die in der Literatur beschriebenen Problematiken von Musikschaffenden lassen sich durch ineffiziente Vergütung und geringe Anteile aus digitaler Distribution zusammenfassen. Die Protokollierung und Sammlung von Metadaten dienen primär der Identifizierung der Rechteinhaber und deren korrekter Bezahlung (Sitonio und Nucciarelli 2018). Veraltete und inkompatible Datenbanken bzw. Datenstandards führen somit zu höherem Aufwand bei der Ausschüttung von Einnahmen aus der Distribution von Musikwerken. Dies hat einen Anstieg der Transaktionskosten zur Folge (Fabian 2017). Neben Transaktionskosten bilden zeitverzögerte Auszahlungen von Einnahmen einen wesentlichen Aspekt von ineffizienten Vergütungsmechanismen. Insbesondere Streaming von Musikdateien erzeugt kleine Teilbeträge. Die Ausschüttung an Musikschaffende erfolgt erst nach längeren Zeitintervallen (Gilli und Röver 2019). Das Tätigen von Mikrozahlungen auf Basis von Smart Contracts ermöglicht die automatisierte und vor allem sofortige Ausschüttung von Vergütungsansprüchen. Beim Abspielen eines Stream erfolgt dabei eine Überweisung mittels Kryptowährung, welche sich in unbegrenzt kleine Geldeinheiten aufteilen lässt. Die direkte Auszahlung von Vergütungen an Musikschaffende mittels Smart Contracts benötigt zudem keine Freigabe von Instanzen, was den Auszahlungsprozess erheblich beschleunigt (Sitonio und Nucciarelli 2018).

3.3 Zusammenfassende Kategorisierung der Geschäftsmodelle

Grundsätzlich lassen sich auf Basis der beschriebenen Problemfelder die wesentlichen Geschäftsmodellkategorien5 wie folgt beschreiben: (1) Einerseits bietet die Metadatenverwaltung die Möglichkeit des Angebots eines entsprechenden Metadatendienstes über das Internet. Das Wertangebot des Geschäftsmodells besteht in der Bereitstellung einer universell einsetzbaren Blockchain-basierten Datenbank, welche zur Eintragung und Verwaltung der Metadaten von Musikdateien genutzt werden kann. Dies geht mit der Entwicklung eines Blockchain-unterstützten, universell kompatiblen Dateiformats einher. (2) Eine weitere Möglichkeit besteht in der Integration von Blockchain-basierten Zahlungsmechanismen über Smart Contracts und Kryptowährungen. Da Streaming einer der wichtigsten Wachstumstreiber in der Musikbranche ist, beschränkt sich im Folgenden die Kategorie Musikdienst auf die Beschreibung anhand eines Streaming-Dienstes. (3) Zudem kann das Geschäftsmodell der Online-Marktplätze eingesetzt werden. Dies zielt auf Marktplätze, die angebotene Leistungen von Unternehmen der Musikbranche an Musikschaffende vermitteln.

4 Beschreibung der drei Geschäftsmodellkategorien anhand des Business Model Canvas

4.1 Kundensegmente

Metadatendienst: Relevante Kundengruppen stellen in erster Linie Musikschaffende dar, welche die Metadaten über den Dienst selbstständig eingeben und ihre Werke somit registrieren. Da der Dienst als universell einsetzbare Datenbank genutzt werden soll, muss sämtlichen Akteuren der Musikbranche Zugriff auf die Daten ermöglicht werden. Somit verfügt auch der Metadatendienst über mehrere, voneinander abhängige Kundengruppen – namentlich Labels und vor allem Distributoren. Die Distributoren auf der Nachfrageseite benötigen die von den Musikschaffende angebotenen Metadaten. Der Metadatendienst vermittelt daher über eine Plattform notwendige Daten von Musikschaffenden an Distributoren.
Musikdienst: Ein Musikdienst zielt primär auf die Maximierung des Nutzens von Musikschaffenden. Dementsprechend sind Musikschaffende das zentrale Kundensegment dieser Geschäftsmodellkategorie. Da der digitale Musikdienst als Distributor die Musik verteilt, bilden auch die Musikkonsumierenden eine wesentliche Kundengruppe. Der Musikdienst verbindet somit mindestens zwei voneinander abhängige Kundengruppen. Osterwalder und Pigneur (2011) beschreiben diese Art von Geschäftsmodell als zwei- bzw. mehrseitige Plattform.
Online-Marktplatz: Kundengruppen eines Blockchain-betriebenen Marktplatzes stellen neben den Musikschaffende Akteure wie Labels, Agenten oder auch Distributoren dar, welche ihre Leistungen über die Plattform vermarkten und in Kontakt treten. Der mit Blockchain unterstützte Marktplatz fällt somit ebenfalls in die Kategorie der mehrseitigen Plattformen.

4.2 Wertangebot

Metadatendienst: Ein idealer Metadatendienst zielt auf eine universell einsetzbare Datenbank; mit einer möglichst großen Sammlung an registrierten Musikwerken und den zugehörigen Metadaten. Das Wertangebot einer solchen Applikation stützt sich größtenteils auf die Blockchain-basierte Datenbank zur Speicherung der Metadaten und Urheberrechte. Zudem ist die Kompatibilität der Daten über ein einheitliches Datenformat zu gewährleisten, damit alle Teilnehmenden auf die Daten zugreifen und sie nutzen können. Zuletzt ermöglicht die Blockchain eine dezentralisierte Verteilung der Datenbank an alle Teilnehmenden, womit die nötige Datentransparenz erfolgt. Musikschaffende profitieren, indem sie ihre Daten selbständig erfassen können und somit nicht mehr auf die Dienste anderer Dienstleister angewiesen sind. Zudem sind Distributoren in der Lage die Daten einfacher nachzuvollziehen, denn die mit der Blockchain einhergehende einheitliche Datenbank ermöglicht Manipulationssicherheit, Transparenz und sich konstant aktualisierende Daten. Mit Blick auf die vorgestellten Vorteile von Burgwinkel (2016) stützt sich die Applikation einerseits auf die Verkettung von Datensätzen und die damit einhergehende Datenintegrität. Des Weiteren erfolgt die Verteilung der Datenbank an alle Teilnehmenden, sodass für sämtliche Seiten Transparenz herrscht. Eine zusätzliche Möglichkeit zum Leistungsangebot stellt die Protokollierung der Streaming-Daten dar. Zudem könnte auch der Verkauf von Lizenzen zur wirtschaftlichen Nutzung der Werke auf der Plattform gewährleistet werden.
Musikdienst: Eine als Streaming-Dienst entwickelte Blockchain-Applikation muss für Musikschaffende zwei wesentliche Funktionen anbieten. Der erste Aspekt stellt das eigenständige Hochladen der Musik ohne Zwischenstufen dar. Damit dies gewährleistet wird, sollten Musikschaffende ihre Metadaten und Urheberrechte direkt über die Blockchain festlegen können. Somit ist in der Blockchain auch definiert, welche Personen in welcher Höhe aus den Distributionseinnahmen vergütet werden. Im zweiten Aspekt führen Smart Contracts Mikrotransaktionen automatisch aus, sobald ein Stream getätigt wurde. Dies verschafft Künstlern Vorteile durch effizientere, schnellere und höhere Vergütungen. Mit Blick auf die vorgestellten Vorteile von Burgwinkel (2016) wird dabei von den beiden Prinzipien der automatisierten Smart Contracts und der Kryptowährung als Zahlungsmittel Gebrauch gemacht. Eine weitere umsetzbare Funktion könnte zum Beispiel der Einsatz zur Protokollierung der Daten darstellen. Die Kundengruppe der Konsumierenden könnte durch den Blockchain-integrierten Musikdienst von flexiblen Preismodellen profitieren. Anstelle eines monatlichen Festpreises, wäre eine effiziente Umsetzung von nutzungsabhängigen Kosten möglich.
Online-Marktplatz: Das Wertangebot eines Marktplatzes besteht darin, Angebot und Nachfrage über eine Plattform zu vermitteln. Die Angebotsseite profitiert, indem eine Nachfrage für die angebotenen Dienste vermittelt wird. Die Nachfrageseite gewinnt Vorteile durch geringeren Aufwand beim Suchen passender Angebote. Übertragen auf die Musikbranche können über den Marktplatz mehrere unterschiedliche Akteure – allem voran Agenturen, Labels, Musikschaffende und Distributoren – miteinander verknüpft werden, um die gegenseitig angebotenen Leistungen in Anspruch zu nehmen. So wird die Entstehung eines digitalen Musiknetzwerks unterstützt, das die Musikschaffenden stärker in den Mittelpunkt des Geschehens rückt. Gemäß dem Prinzip der Eigenvermarktung, sind diese im Stande, die Leistungen von Labels und Agenturen über die Plattform besser nachzuvollziehen. Dieses Konzept ist zwar prinzipiell auch ohne Blockchain realisierbar; jedoch kann die Technologie helfen, die Datentransaktionen und Zahlungen unter den Teilnehmenden zu beschleunigen und transparenter zu machen. Musikschaffende haben somit stärkere Kontrolle über Daten, was es ihnen wiederum ermöglicht ihre Vermarktung in die eigene Hand zu nehmen. Damit werden letztlich alle vorgestellten Vorteile von Burgwinkel (2016) berücksichtigt.

4.3 Kanäle

Kanäle können in die drei Typen Kommunikations‑, Distributions- sowie Verkaufskanäle unterteilt werden (Osterwalder und Pigneur 2011). Um die Gruppe der Musikschaffenden mithilfe von Kommunikationskanälen auf das Wertangebot aufmerksam zu machen, erscheinen die Vernetzung über Events als denkbare Maßnahmen. Auch Suchmaschinenoptimierung oder das gezielte Schalten von Werbeanzeigen auf Social Media, Musikforen oder Online-Magazinen könnte geeignet sein. Musikkonsumierende lassen sich über ähnliche Maßnahmen erreichen. Um Unternehmen und Organisationen als Kunden des Metadatendienstes und des Marktplatzes zu gewinnen, erscheinen gezielte Online-Maßnahmen ratsam. Möglich sind aber auch professionalisierte, persönlich abgewickelte Akquisetätigkeiten.

4.4 Kundenbeziehungen

Grob können die Aktivitäten in persönliche Unterstützung sowie automatisierte Dienstleistungen unterteilt werden (Osterwalder und Pigneur 2011). Bei den drei Geschäftsmodellkategorien sind diverse Kundengruppen vorherrschend, welche auch mit unterschiedlichen Instrumenten bedient werden sollten. Für Fragen und Probleme von Endkonsumierenden eignen sich Communities, fachspezifische Foren oder automatisierte Dienstleistungen, um das hohe Aufkommen der Anliegen effizient abzuwickeln. Bei großen Geschäftskunden, wie sie beispielsweise bei dem Metadatendienst oder dem Marktplatz vorliegen, wäre eine automatisierte Dienstleistung jedoch nicht ratsam. Gleiches gilt für Musikschaffende mit hohem Umsatzvolumen. Vorteilhaft erscheint hierbei der Einbezug von Key Accountant Managern.

4.5 Einnahmequellen

Metadatendienst: Die Finanzierung der Metadatendienste könnte über den Verkauf von Lizenzen für die wirtschaftliche Nutzung bestimmter Daten beispielsweise an Labels, Distributoren oder anderweitige Interessenten erfolgen. Denkbar sind auch Abonnements, die einen unbegrenzten Zugang zu den Daten ermöglichen. Auch eine Umsatzbeteiligung aus der wirtschaftlichen Nutzung bietet sich an. Die Abwicklung der Abrechnungen wäre direkt über Smart Contracts möglich. Musikschaffende könnten ähnlich zu den Modellen des Musikdiensts über nutzungsabhängige oder nutzungsunabhängige Varianten abgerechnet werden.
Musikdienst: Der Musikdienst besitzt die Möglichkeit über Musikschaffende und Musikkonsumierende Einnahmen zu erwirtschaften. Umsätze über Konsumierende erwerben Streaming-Anbieter typischerweise mit dem Freemium-Geschäftsmodell. Dabei wird dem Kunden eine kostenfreie Version mit Werbeanzeigen angeboten. Die kostenpflichtige Premium-Version ist werbefrei und bietet ggf. weitere Features (Gassmann et al. 2013). Der Bezug der Premium-Version kann als Abonnement angesehen werden und ist nutzungsunabhängig. Zudem bieten sich auch nutzungsabhängige Abrechnungsmodelle an. Smart Contracts könnten bei Tätigung eines Streams automatisch die Transaktion eines Teilbetrags anweisen. Einnahmen über die Gruppe der Musikschaffenden könnten durch Mitgliedsgebühren oder durch nutzungsabhängige Gebühren realisiert werden. Die erste Option ermöglicht den Musikschaffenden unbegrenzt Musik über die Plattform zu veröffentlichen. Bei einer nutzungsabhängigen Gebühr wird dem Musikschaffenden hingegen für jede hochgeladene Datei ein Betrag berechnet.
Online-Marktplatz: Für die Finanzierung von mehrseitigen Marktplätzen eignen sich Einnahmen durch Werbeanzeigen auf der Plattform (Gassmann et al. 2013). Doch auch eine Forderung von Mitgliedsgebühren, Abonnements oder Premium-Versionen wäre möglich. Bei einem alternativen transaktionsbasierten bzw. nutzungsabhängigen Modell könnten Smart Contracts nach Vermittlungen und Interaktionen der Teilnehmenden automatische Provisionen ausschütten.

4.6 Schlüsselressourcen

Schlüsselressourcen dienen als Grundlage, um das Wertangebot herzustellen. Osterwalder und Pigneur (2011) unterteilen diese in physische, menschliche, intellektuelle und finanzielle Ressourcen. Generell benötigen alle drei Geschäftsmodellkategorien Ressourcen für das Bereitstellen der Blockchain-Applikation. Als physische Ressource wird eine entsprechende Rechnerinfrastruktur benötigt, welche die kryptografischen Berechnungen für das Blockchain-Verfahren durchführen kann. Aus der Gruppe der intellektuellen Ressourcen bietet eine Blockchain-Software die erforderlichen Programm-Codes. Um die Funktionalitäten der Plattform auf die jeweilige Applikation anzupassen, ist letztlich Personal erforderlich, was als menschliche Schlüsselressource angesehen werden kann. Die drei Geschäftsmodellkategorien stützen sich entweder auf digitalisierte Wertangebote oder auf ein effizienteres Wertangebot. Dies erfordert in stärkerem Maße intellektuelle Ressourcen. Der Metadatendienst stützt sich auf ein universelles Dateiformat, was ebenfalls als intellektuelle Ressource zu werten ist. Bei Musikdiensten stellen entwickelte Programme wie Streaming-Applikationen beziehungsweise die dazu benötigte Software wichtige Schlüsselressourcen dar. Auch der Marktplatz erfordert eine Reihe von intellektuellen Ressourcen in Form von Software-Lösungen beispielsweise zur Interaktion, Datentransaktion oder zum Online-Handel.

4.7 Schlüsselaktivitäten

Osterwalder und Pigneur (2011) beschreiben die Schlüsselaktivitäten als elementare Tätigkeiten, damit ein Geschäftsmodell umgesetzt werden kann. Dies umfasst sämtliche Maßnahmen, welche dazu dienen, das Wertangebot herzustellen, zu bewerben und zu verkaufen. Weiterhin kategorisieren sie Schlüsselaktivitäten in die drei Haupttypen der Produktion, Problemlösung und der Plattform. Sowohl der Blockchain-integrierte Musikdienst, der Metadatendienst als auch der Marktplatz vermitteln Angebot und Nachfrage. Die Besonderheit des Online-Marktplatzes liegt darin, dass jede Kundengruppe Dienstleistungen anbieten und nachfragen kann. Somit sind auch die Musikschaffenden im Stande, Leistungen von Labels oder Agenturen nachzuvollziehen und in Anspruch zu nehmen. Schlüsselaktivitäten stellen bei den drei Geschäftsmodellen beispielsweise die Pflege und Weiterentwicklung sowie das Bewerben der Plattform dar. Die beschriebenen Schlüsselaktivitäten dienen dem Ziel, eine Sicherung des Angebots und der Nachfrage über die Plattform zu gewährleisten. Übertragen auf die drei Geschäftsmodellkategorien bedeutet dies, dass Schlüsselaktivitäten darauf ausgerichtet sein sollten, eine möglichst große Anzahl an Musikschaffenden, Musikkonsumierende und Unternehmen/Organisationen für die Plattform zu gewinnen. Zudem sollten die jeweiligen Funktionalitäten regelmäßig gepflegt und weiterentwickelt werden.

4.8 Schlüsselpartner

Wesentliche Vorteile von Partnerschaften ergeben sich durch die zusätzliche Generierung von Ressourcen, Aktivitäten und Mengenvorteilen für das Geschäftsmodell (Osterwalder und Pigneur 2011). In Betracht kommen beispielsweise strategische Allianzen und Partnerschaften sowie Joint Ventures. Mit Bezug auf die Blockchain-Technologie stellen die drei vorliegenden Geschäftsmodellkategorien Applikationsanbieter dar. Damit wird ein Blockchain-gestützter Dienst für eine Gruppe an passiven Endnutzern bereitgestellt. Als relevante Lieferanten der drei Applikationsanbieter fungieren demnach häufig Plattformanbieter. Da die nötige Rechnerarchitektur durch die Rechnerinfrastrukturanbieter dezentral angeboten wird, gelten auch diese als Schlüssellieferanten. Falls die Entwicklung der Blockchain-Applikation externe Software-Entwickler bzw. Programmierer erfordert, sind diese ebenfalls als Partner zu werten. Auch wenn die Blockchain-Technologie ein wesentlicher Bestandteil des Wertangebots der drei Geschäftsmodellkategorien darstellt, entsteht das Kernprodukt erst aus Kombination der Blockchain-Funktionalitäten mit bereits vorhandenen Produkten. Bei dem Musikdienst stellt das Kernprodukt die Musik dar; beim Metadatendienst hingegen die Daten. Der Marktplatz bietet beispielsweise Dienstleistungen zur gegenseitigen Interaktion oder zum Austausch von Daten an. Um diese Angebote sicherzustellen und zu optimieren, können Partnerschaften mit entsprechend konkurrierenden Diensten hilfreich sein. So wäre eine Allianz unter gleichartigen Musikdiensten denkbar. Da auch der Metadatendienst auf ein möglichst breites Angebot an Datenmengen abzielt, sind auch bei dieser Kategorie Kooperationen mit weiteren gleichartigen Anbietern von Vorteil. Auch der Marktplatz könnte von entsprechenden Partnerschaften profitieren, indem Teilnehmende von anderen Plattformen generiert werden. Denkbar sind weiterhin auch kategorienübergreifende Partnerschaften. So könnte zum Beispiel ein Musikdienst die Ressourcen und Daten des Metadatendienstes nutzen.

4.9 Kostenstruktur

Die Kostenstruktur beschreibt die wesentlichen Kosten, welche für die Umsetzung eines Geschäftsmodells benötigt werden. Dies umfasst in erster Linie Ausgaben für Schlüsselressourcen oder Schlüsselaktivitäten, um das Wertangebot herzustellen (Osterwalder und Pigneur 2011). Konkret bezogen auf die beschriebenen Geschäftsmodellkategorien fällt grundsätzlich ein Großteil der Kosten für Weiterentwicklung und Bewerben des Dienstes an, was u. a. einen hohen Personalaufwand bedeutet. Werbeausgaben dienen dazu, einen ausreichenden Kundenstamm aufzubauen und an das Geschäftsmodell zu binden. Zudem fallen durch die Speicherung der elektronischen Inhalte und die Bereitstellung der Dienste über das Internet Kosten für den Betrieb von Servern und einer zugehörigen Rechnerinfrastruktur an. Für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Blockchain-spezifischen Angebote werden Ausgaben für die Entwicklung benötigt. Nach der Entwicklung benötigt die Anwendung kryptografischen Rechenaufwand. Die Bereitstellung erfolgt dezentral über mehrere Rechnersysteme, was eine entsprechende Vergütung der Rechnerinfrastrukturbetreiber nach sich zieht.

5.1 Ausgewählte Praxisbeispiele und deren Potenziale

Ziel des vorliegenden Artikels war es, Geschäftsmodellkategorien herzuleiten und zunächst im Allgemeinen zu beschreiben. Parallel hierzu gibt es bereits einige real tätige Dienste, die die Blockchain-Technologie in der Musikbranche einsetzen (PWC 2018): So ermöglicht beispielsweise Peertracks das Abspielen und den Download von Musik über das Internet. Die Einnahmen werden mittels Smart Contracts an den Musiker weitergegeben. Marktplätze und Musikökosysteme dienen beispielsweise zur Monetarisierung von Musikdateien oder zur Vernetzung von mehreren Interessensgruppen. Die Blockchain-Technologie wird dabei meist zur automatischen Abwicklung von Transaktionen sowie zum Datenmanagement genutzt. Als Beispiel können die Dienste Muzika oder Zimrii angesehen werden. Des Weiteren bieten einige Internetseiten Datenbanken und andere Lösungen für Metadaten an, u. a. mit dem Ziel, eine schnellere und effektivere Monetarisierung von Musikdateien zu gewährleisten. Als Beispiel dient die Plattform UjoMusic. Daneben existieren einige Blockchain-Applikationen wie beispielsweise Blokur zur Analyse und Auswertung von Daten oder vergleichbaren Diensten im Zusammenhang mit Musikvermarktung und -konsum.6
Positiv würdigend ist anzumerken, dass die genannten Beispiele verschiedene Kundengruppen ansprechen. In Bezug auf das Wertangebot der Applikationen können die Kundengruppen auf eine Reihe von innovativen Blockchain-Lösungen in Kombination mit diversen Zusatzprodukten zurückgreifen. Größtes Entwicklungspotenzial besteht bei den drei Elementen Kanäle, Partnerschaften und Einnahmequellen. So wären beispielsweise für Kundenkanäle stärkere und professionellere Marketing- und Vertriebsaktivitäten sinnvoll, um an Popularität zu gewinnen und mehr Kunden zu erreichen. Allerdings erfordert dies zusätzliche finanzielle Mittel, welche gerade bei gemeinnützigen Organisationen in geringerem Maße zur Verfügung stehen. Da eine Vielzahl an Blockchain-Applikationen existieren, erscheint es sinnvoll, Partnerschaften und Allianzen zu schließen, um ein möglichst großes Angebot für einen erweiterten Nutzerkreis zu gewährleisten. Gemäß den aktuell verfügbaren Informationen in der Literatur und auf den offiziellen Kanälen der Anwendungen scheint dies bisher nur begrenzt der Fall zu sein. Mit Hinblick auf Einnahmequellen generieren einige Anwendungen einen geringen Umsatz; profitorientierte Organisationen sind vergleichsweise selten. Dies liegt darin begründet, dass viele der Anwendungen gemeinnützig tätig sind und das Entwicklerteam vollständig im Interesse der Musikschaffenden arbeitet. Fraglich ist jedoch, ob genug Kapital und qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, um gegenüber etablierten, profitorientierten Unternehmen konkurrenzfähig zu sein. Hier existieren weitere Möglichkeiten, die Ertragsstruktur auszubauen und neue Einnahmequellen zu erschließen.

5.2 Kritische Würdigung und weiterführender Forschungsbedarf

Auf Basis der Ergebnisse unserer Literaturrecherche zu den Themengebieten Blockchain-Technologie, Musikbranche und Geschäftsmodellen wurden drei wesentliche Geschäftsmodellkategorien für den Einsatz dieser Technologie in der Musikbranche abgeleitet und detailliert beschrieben. Im Aufbau weisen die drei Kategorien einige Gemeinsamkeiten auf. Unter anderem verbinden alle drei Varianten mehrere Kundengruppen im Sinne einer mehrseitigen, digitalen Plattform. Auch die Entwicklung und Bereitstellung der Blockchain-Funktionalitäten für die drei Geschäftsmodellkategorien benötigt ähnliche Aktivitäten und Ressourcen. Die Geschäftsmodelle wenden die Blockchain-Technologie u. a. für transparente Datenspeicherung, Smart Contracts und Kryptowährung an. Es konnte zudem gezeigt werden, dass bereits diverse Blockchain-Anwendungen in der Praxis existieren. Jedoch haben einige der Anwendungen noch Potenziale, ihr Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Hier zeigt sich im Besonderen der Mehrwert des in diesem Artikel gewählten systematischen und fundierten Vorgehens.
Die Nachteile dieser Technologie konnten aufgrund des begrenzten Umfangs des Artikels nicht in gleicher Weise berücksichtigt werden und sind im Folgenden lediglich kurz aufgeführt. Insgesamt ist festzustellen, dass derzeit große Erwartungen an die Blockchain-Technologie gerichtet werden. Viele der diskutierten Anwendungen ließen sich jedoch teilweise auch ohne Blockchain gewährleisten. Hinzu kommen Nachteile der Technologie, wie die nicht vernachlässigbaren Kosten für den Stromverbrauch während der kryptografischen Berechnungen (Gilli und Röver 2019). Zusätzliche Hürden wie mangelnde gesetzliche Regulierungen für Blockchain verhindern aktuell eine zuverlässige flächendeckende Anwendung (Schütte et al. 2017). Dies ist speziell für die Haftungsfrage bei fehlerhaften Daten innerhalb der Blockchain sowie für Datenschutzrichtlinien relevant (Gilli und Röver 2019). Auch die mit den kryptografischen Berechnungen einhergehende, im Vergleich zu herkömmlichen Transaktionsverfahren geringere Transaktionsgeschwindigkeit, stellt aktuell noch eine Hürde dar (Gilli und Röver 2019). Um eine abschließende Beurteilung von Chancen und Grenzen des Einsatzes der Blockchain-Technologie vornehmen zu können, wäre eine gleichermaßen gründliche Betrachtung dieser Nachteile erforderlich. Schwerpunkte für weitere Forschungsarbeiten bestehen somit zum einen in der Frage, inwiefern sich die derzeit bestehenden Nachteile der Blockchain-Technologie in naher Zukunft beheben lassen, zum anderen in der Einschätzung und Bewertung der dargelegten Geschäftsmodellkategorien hinsichtlich ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber etablierten Modellen und Technologien.
Abschließend muss konstatiert werden, dass die Beschreibung der drei identifizierten Geschäftsmodellkategorien zwar vollumfänglich, jedoch auf einem durchaus aggregierten Niveau erfolgte. Hier wäre für weitere Forschungsarbeiten – beispielsweise durch Konzentration auf eine Kategorie – eine vertiefende Analyse sinnvoll. Im Zuge dessen könnte auch der kurz angesprochene Digital Canvas von Schlimbach und Asghari (2020) als Analyseraster Anwendung finden. Zudem sollten die Geschäftsmodellkategorien weitergehend validiert werden – sei es in einem ersten Schritt durch ein exploratives, qualitatives Vorgehen beispielsweise durch vertiefende Experteninterviews im Rahmen der Delphi-Methode oder durch ein großzahliges empirisches Vorgehen in einem zweiten Schritt.
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Footnotes
1
Hashwerte werden über Algorithmen erstellt und stellen damit eine eindeutige, nicht-invertierbare Prüfsumme dar.
 
2
Smart Contracts sind „[…] Verträge, bei denen Rechte und Pflichten, Bedingungen und Folgen so strukturiert in Algorithmen digital abgebildet werden, dass diese als Anwendungen auf der Blockchain-Technologie implementiert werden können“ (Brühl 2017, S. 138).
 
3
Im weiteren Fortgang werden diese als Musikschaffende bezeichnet, um auch Künstlerinnen und Künstler mit gering ausgeprägter Kreativität i.e. S. zu berücksichtigen.
 
4
Wir danken den anonymen Gutachtenden für diesen Hinweis.
 
5
Wir verwenden im Folgenden den Begriff „Geschäftsmodellkategorien“, um das Ziel unserer Arbeit im Sinne einer übergeordneten Analyseebene zu unterstreichen und zudem, um etwaige Verwechslungen mit dem durch einen höheren Spezifizierungsgrad gekennzeichneten Begriff „Geschäftsmodellmuster“ zu vermeiden.
 
6
Darüber hinaus stellen die Autoren gerne drei detailliertere Darstellungen von gegenwertigen Praxisbeispielen zur Illustration der aufgezeigten Geschäftsmodellkategorien auf Nachfrage zur Verfügung.
 
Literature
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go back to reference Tschmuck P (2013) Das 360-Musikschaffen im Wertschöpfungsnetzwerk der Musikindustrie. In: Lange B, Bürkner H, Schüßler E (Hrsg) Akustisches Kapital – Wertschöpfung in der Musikwirtschaft, S 286–315 Tschmuck P (2013) Das 360-Musikschaffen im Wertschöpfungsnetzwerk der Musikindustrie. In: Lange B, Bürkner H, Schüßler E (Hrsg) Akustisches Kapital – Wertschöpfung in der Musikwirtschaft, S 286–315
Metadata
Title
Marktorientierte Gestaltung von Geschäftsmodellen in der Musikbranche: Praxisorientierte Anwendungsfälle der Blockchain-Technologie
Authors
Ronny Baierl
Adrian Reichel
Publication date
12-09-2022
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Published in
HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik / Issue 5/2022
Print ISSN: 1436-3011
Electronic ISSN: 2198-2775
DOI
https://doi.org/10.1365/s40702-022-00907-3

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