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27-03-2020 | Materialentwicklung | Schwerpunkt | Article

Mit Künstlicher Intelligenz zum optimalen Werkstoff

Author: Dieter Beste

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Dünne Schichten sind in der Technik allgegenwärtig, wobei der Kosmos ihrer möglichen Eigenschaften ins Unendliche geht. Wie also die optimale finden, und das möglichst schnell? Forscher probierten es mit einem KI-Algorithmus.

Bei der Herstellung von dünnen Schichten bestimmen zahlreiche Stellgrößen die Beschaffenheit der Oberfläche und somit deren Eigenschaften. Nicht nur die Zusammensetzung der Schicht, auch die Prozessbedingungen bei ihrer Herstellung spielen eine Rolle, etwa die Temperatur. All das zusammen lässt bei der Beschichtung eine poröse oder dichte Schicht entstehen, sorgt dafür, dass die Atome sich zu Säulen oder Fasern zusammenlagern: "Um für eine Anwendung die optimalen Parameter zu finden, musste man bisher zahllose Experimente mit verschiedenen Bedingungen und Zusammensetzungen durchführen, das ist unglaublich komplex", fasst Alfred Ludwig, Leiter des Teams Materials Discovery and Interfaces an der Ruhr-Universität Bochum, den Stand der Dinge zusammen. 

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Nanoschichten

Allgemein wird die physikalische Abscheidung (physical vapor deposition, PVD) aus der Gasphase in vier Gruppen unterteilt, nämlich (i) Aufdampfung, (ii) Sputtern, (iii) Ionenplattieren und (iv) Laserabtrag. Die ersten drei Verfahren erfolgen bei …

Die Ergebnisse solcher Experimente zur Schichtmorphologie seien Strukturzonendiagramme, aus denen man die aus bestimmten Prozessparametern resultierende Oberfläche einer bestimmten Zusammensetzung ablesen könne. "Erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können dann in so einem Diagramm die für eine Anwendung am besten geeignete Stelle erkennen und die entsprechenden Parameter für die Herstellung der passenden Schicht ableiten", erklärt Ludwig. "Das alles ist ein enormer Aufwand und kostet sehr viel Zeit."

Kombinatorische Materialforschung

Alfred Ludwig beschäftigt seit Längerem die Frage, wie zeitraubende Wege in Werkstoffforschung und Werkstofftechnik abgekürzt werden können. So nutzt er beispielsweise Methoden der kombinatorischen Materialforschung, um Werkstoffe der Mikrotechnik zu entwickeln – für Computer, Mobilkommunikation oder Sensoren –, bei denen eine Vielzahl von Funktionen auf möglichst engem Raum konzentriert sind, berichtet Springer-Autor Klaus Urban in "Materialwissenschaft und Werkstofftechnik" und erläutert die Arbeitsweise des Bochumer Teams: "Sie bringen die Ausgangsstoffe nicht auf eine Trägerplatte auf …, sondern erzeugen mit Hilfe von Sputter-Technologien …, in einem einzigen Experiment auf einem Silicium-Wafer eine Vielzahl verschiedener Materialien. Zur Auswertung dieser sogenannten Materialbibliotheken können sie pro Tag die Struktur und Eigenschaften hunderter Proben analysieren, um interessante Werkstoffvarianten oder unerwartete Effekte zu entdecken" (Seite 257). 

Computational Materials Science

Die kombinatorische Materialforschung könne die Entwicklung neuer Werkstoffe enorm beschleunigen, ist Klaus Urban überzeugt, vermutet aber, dass künftig Computational Materials Science im Zentrum stehen werde. Auf ihr ruht die große Hoffnung der Werkstoffforschung, vom einzelnen Atom ausgehend – ab initio – einen Werkstoff komplett bis in die Makrostrukturen hinein durchkomponieren zu können.
Und plötzlich eröffnen die sich rasant entwickelnden Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz weitere Wege: Das Bochumer Team berichtet aktuell in "Communications Materials" darüber, wie sich kombinatorische Experimente mit einem generativen maschinellen Lernansatz verbinden lassen, um Strukturzonendiagramme vorauszusagen. Doktorand Lars Banko wandelte dafür zunächst in Zusammenarbeit mit anderen am Interdisciplinary Centre for Advanced Materials Simulation der RUB (Icams) ein bekanntes Modell ab. Dann trainierte er diesen Algorithmus darauf, Bilder der Oberfläche einer sehr gut untersuchten Modellschicht aus Aluminium, Chrom und Stickstoff anhand bestimmter Prozessparameter zu generieren und somit vorherzusagen, wie die Schicht bei diesen entsprechenden Bedingungen jeweils aussehen würde. 

Algorithmus sagt Oberflächen voraus

"Wir haben dem Algorithmus eine ausreichende Anzahl experimenteller Daten zum Training vorgegeben", präzisiert Banko, "aber nicht alle bekannten Daten." So konnten die Forscher die Ergebnisse der Berechnungen mit denen von Experimenten vergleichen und untersuchen, wie zuverlässig die Vorhersage des Algorithmus war. Die Ergebnisse überzeugten: "Wir haben parallel fünf Parameter kombiniert und konnten mit dem Algorithmus in fünf Richtungen gleichzeitig schauen, ohne Experimente machen zu müssen", fasst Alfred Ludwig zusammen. "Damit haben wir gezeigt, dass sich die Methoden des maschinellen Lernens auf die Materialforschung übertragen lassen und helfen können, neue Materialien zielgerichteter entwickeln zu können."
 

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