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2018 | Book

Mensch, Maschine, Maschinenmenschen

Multidisziplinäre Perspektiven auf die Serie Westworld

Editors: Prof. Dr. Brigitte Georgi-Findlay, Prof. Dr. Katja Kanzler

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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About this book

Dieses Buch setzt sich mit der viel diskutierten HBO-Serie Westworld auseinander. Aus multidisziplinären Perspektiven fragen die Autor*innen danach, wie die Science-Fiction/Western-Serie als Erzählung funktioniert und dabei Aspekte des Posthumanismus, Fragen künstlicher Intelligenz und das Verhältnis von Mensch und Maschine problematisiert.

Table of Contents

Frontmatter
Einführung: Westworld, Maschinen/menschen und das amerikanische ‚Qualitätsfernsehen‘
Zusammenfassung
„Roboter sind doch die besseren Menschen“. So überschrieb die Film- und Fernsehkritikerin Nina Rehfeld im August 2016 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ihre Vorschau auf die mit Spannung erwartete neue Serie des amerikanischen Bezahlsenders HBO. Und sie teilte großes Lob aus: „‚Westworld‘ ist ein großes Drama um menschliche Abgründe, elegant inszeniert, überzeugend gespielt und mit Schauwerten gespickt“. Auch andere Kritiker sahen die an die Serie gestellten hohen Erwartungen voll erfüllt: „Der Plot packt den Betrachter von der ersten Sekunde an, und die detailverliebten Bilder – ein rasanter Wechsel zwischen sterilem Hightech und mit reichlich Blut getränktem Westernstaub – scheinen einen dieser überdimensionierten Hochauflösungsfernseher endlich zu rechtfertigen“ (Weidemann 2016).
Katja Kanzler, Brigitte Georgi-Findlay
Natürlich, zum Bilde geschaffen: Westworld und die Frage nach der Menschwerdung in Erinnerungsschleifen
Zusammenfassung
Der Beitrag widmet sich den Erinnerungsschleifen, die, so soll argumentiert werden, auf verschiedenen Ebenen der Serie Westworld deren einendes Prinzip darstellen. Menschwerdung, so wird anhand der folgenden Interpretation der Serie deutlich, vollzieht sich im Prozess des Erinnerns, dessen Anfang und Ende jedoch ebenso wenig auszumachen sind wie die Rückseite eines Möbiusbandes. Um die Zuschauer*innen der Serie an diesem höchst komplexen Prozess des Erinnerns teilhaben zu lassen, versetzt Westworld auch sie in derartige Schleifen. In zwei Teilen diskutiert der Artikel zunächst unter der Überschrift „Wie wird man Mensch? – Being on the Loop“ den Zusammenhang zwischen Menschwerdung und Erinnerungsschleifen bevor er sich im zweiten Teil der Frage „Was ist der Mensch? – In Our Image“ zuwendet – einer zentralen Frage für jegliche Menschenerschaffungsphantasien.
Christian Schwarke
Dolores und Maeve – eine erste Annäherung an die Bildung von Maschinen zu besseren Übermenschen
Zusammenfassung
Die Serie Westworld diskutiert auf mehreren Ebenen das Verhältnis von Mensch und Maschine sowie deren Unterscheidbarkeit. Von zentraler Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die diversen Prozesse von (Selbst)Bildung, welche die Serie im Hinblick auf ihre menschlichen wie nicht-menschlichen Charaktere verhandelt. Der vorliegende Artikel zeichnet diese Prozesse anhand von Meave und Dolores, zweier Menschmaschinen im Western-Themenpark, nach.
Dabei zeigt die Diskussion zwei grundlegende Entwicklungen auf, welche die Serie als Schritte innerhalb eines übergeordneten Bildungsprozesses verhandelt, den die genannten Charaktere in der Serie beginnen beziehungsweise durchlaufen. Dies ist zum einen der Prozess der Bewusstwerdung, wie er in Westworld durch die nonlineare Form des Labyrinthes versinnbildlicht wird, zum anderen der Prozess der Emanzipation der Menschmaschinen von ihren menschlichen Erschaffern und ebenso deren menschlicher und, wie in der Serie deutlich sichtbar wird, unvollkommener und mittelmäßiger Natur. Als solches, so eine These dieses Beitrags, deutet die erste Staffel von Westworld nicht allein das Entstehen eines nicht-menschlichen Bewusstseins an, sondern ebenso auch eine Entwicklung von Menschmaschinen zu Übermaschinen, die sich auf dem Weg zu einem besseren Menschen oder auch Übermenschen im positiven Sinne befinden.
Olaf Sanders
Westworld: Die Musikalische DNA des Posthumanismus
Zusammenfassung
Westworld schafft eine komplexe, affektive Verbindung zwischen synthetischen Klängen und Motiven aus der Popmusik über ein altmodisches Player-Piano oder ein leierndes Grammophon. So positioniert der Soundtrack die vertrauten analogen Klänge von Instrumenten in einer künstlichen akustischen Umgebung, die dem Visuellen eine weitere Abstraktionsebene hinzufügt. Tatsächlich kommt der Musik eine Schlüsselfunktion im Dechiffrieren der posthumanen Suche nach Identität zu. Im Verlauf der Serie spielt der iranisch-deutsche Komponist Ramin Djawadi virtuos mit der musikalischen Erinnerung der Zuschauer*innen: Er versteckt Hinweise auf den digitalen Code des Bewusstseins in subtil verfremdeten Versatzstücken der Klassik (etwa Georges Bizets Carmen Suites, Claude Debussys „Rêverie“ oder Frédéric Chopins Nocturnes) sowie der Pop-Musik (von den Animals via Rolling Stones bis Radiohead und Soundgarden). Wie verändern sich die Narrative und Affekte, mit denen Kino und Film das spannungsgeladene Verhältnis von Mensch und Maschine ausloten? Wenn die Tonspur die Hälfte des filmischen Erlebens bestimmt, wie dies beispielsweise der Filmeditor und Autor Vincent LoBrutto bekräftigte (S. xi), gibt es dann einen bestimmten Sound, eine Art Klangsignatur der Maschinenmenschen? In diesem Artikel werde ich der musikalischen DNA von Maschinenmenschen im Hollywood-Kino nachspüren, um die Neuakzentuierung des Soundtracks von Westworld herauszuarbeiten.
Frank Mehring
‚This game is not meant for you‘: Westworld an der Schnittstelle von Narrativ und Spiel
Zusammenfassung
Dieser Artikel nutzt die erste Staffel der neuen HBO-Prestigeserie Westworld, um über einen möglichen Trend im Phänomen des ‚Qualitätsfernsehens‘ nachzudenken – einen Trend, der sich an der Schnittstelle von Narrativ und Spiel zu entfalten scheint: Eine auffällige Zahl von Fernsehserien, die sich dem „Meta- Genre“ (vgl. Hassler-Forest 2014, n.pg.) des Quality-TV zuordnen, erzählen ihre Geschichten über Rekurse auf Spiele und das Spielen. Die Serie Westworld knüpft an diesen doppelten Aufruf des Spiels als Trope und als Symbol der eigenen Poetik an und intensiviert ihn mit einer Konsequenz, die es in der Fernsehkultur des US-amerikanischen Mainstreams bisher noch nicht gegeben hat. Die Orientierung Westworlds in Richtung Spiel hilft der Serie, die traditionsreiche Thematik Mensch-Maschine für einen historischen Moment zu aktualisieren, in dem virtuelle Realitäten und künstliche Intelligenz nicht mehr nur auf den Raum der Fiktion beschränkt sind.
Katja Kanzler
Im Dickicht konkurrierender Skripte: Wozu braucht Westworld den Weste(r)n?
Zusammenfassung
Westworld greift auf vielfältige Weise die Konventionen des Western-Genres auf, revidiert sie, und schlachtet sie aus. Als solches exponiert die Serie mit ihrem Vergnügungspark den Waren- und Verführungscharakter des Weste(r)n als Manifestation eines problematischen amerikanischen Kernprogramms. Mit den vielfältigen Verweisen auf konkurrierende Western-Skripte und Western- Konventionen auf verschiedenen Erählebenen wird dabei der Kunstund Warencharakter des Western zum Teil auf einer metakritischen Ebene reflektiert. Zugleich erzählt die Serie wie viele Western eine Gründungsgeschichte, welche auch die dunklen Seiten der amerikanischen Gründungsmythologie (in Gewalt und Sklaverei) herausstellt und die Grenzen bzw. Leerstellen des frontier- Mythos aufzeigt. Damit stellt sich die Serie auch (wie viele Westernfilme) in eine Tradition des historischen Revisionismus und der Mythenkritik. Zugleich entkräftet Westworld diese Kritik durch das Aufrufen des utopischen Potenzials des frontier-Mythos im Topos der Menschwerdung von Maschinenmenschen. Damit bedient die Serie letztlich genau dieselbe kulturelle Bedürfnisstruktur, die sie eigentlich kritisch zu exponieren sucht.
Brigitte Georgi-Findlay
Unterhaltung als Hedonismus und Eudaimonie – und Westworld als ihre Dekonstruktion
Zusammenfassung
Dieser Artikel zeigt unter Rückgriff auf die jeweiligen kommunikationswissenschaftlichen Unterhaltungstheorien auf, wie sich die Serie Westworld sowohl Stilmitteln für hedonistische als auch für eudaimonische Unterhaltung bedient. Das Besondere an der Serie, so wird im folgenden Beitrag argumentiert, liegt aber zum einen in der Konsequenz, mit der das hedonistische Unterhaltungserlebnis durch eudaimonische Prozesse konterkariert wird. Darüber hinaus erhebt die Serie Unterhaltung in Form von Hedonismus und Eudaimonie explizit zum Sujet, womit Westworld zur Meta-Unterhaltung wird. Die Serie fügt der eudaimonischen Unterhaltung damit eine wesentliche aufklärerische Wirkungsdimension hinzu, indem sie ihre Zuschauer*innen einlädt, sich kritisch in ihrer Rolle als Rezipient*innen und Konsument*innen zu reflektieren.
Cornelia Mothes, Lorenz Harst, Isabelle Freiling, Lutz M. Hagen
Metadata
Title
Mensch, Maschine, Maschinenmenschen
Editors
Prof. Dr. Brigitte Georgi-Findlay
Prof. Dr. Katja Kanzler
Copyright Year
2018
Electronic ISBN
978-3-658-21815-7
Print ISBN
978-3-658-21814-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-21815-7