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18-11-2022 | Mess- und Prüftechnik | Interview | Article

"Die APL bildet jede Antriebsart im Entwicklungsprozess ab"

Author: Alexander Heintzel

4:30 min reading time

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Was sind die aktuellen Herausforderungen bei Entwicklung und Test von batterieelektrischen und Brennstoffzellenantrieben? Christian Lensch-Franzen, CTO der APL, spricht im Interview über den Wandel im Bereich Antriebe.

Springer Professional: Herr Lensch-Franzen, vor welche Herausforderungen wird ihr Unternehmen aufgrund der sehr starken Spreizung der Antriebsarten gestellt?

Lensch-Franzen: Die APL bildet vom Verbrennungsmotor über Hybridisierung bis hin zum BEV oder H2-­Antrieb jede Antriebsart im Entwicklungsprozess ab, denn auch der Verbrennungsmotor wird uns, global betrachtet, noch Jahrzehnte begleiten. In Europa ist, zumindest im Pkw­-Bereich, der batterieelektrische Antrieb weitgehend gesetzt und die Vielfalt der zu entwickelnden BEV-­Modelle geht mit hoher Geschwindigkeit in die Breite. Ich denke, hier werden wir bis 2030 einen erheblich höheren Anteil an elektrifizierten Fahrzeugen haben. Wir garantieren daher maximale Entwicklungstiefe und einen schnellen Aufbau benötigter Ressourcen. 

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01-11-2022 | Interview

"Vernetzungsgrad und Softwareplattformen erfordern einen Systems- Engineering-Entwicklungsansatz"

Der Wandel im Bereich der Antriebstechnologien stellt auch Dienstleistungsunternehmen vor große Herausforderungen. MTZextra spricht mit Christian Lensch-Franzen, CTO der APL, über die derzeitige Situation bei Brennstoffzellen- und Elektroantrieben sowie die hieraus resultierenden Aufgaben für Entwicklungsprozess und Validierungskonzepte.

Bezogen auf die Brennstoffzelle gehen wir davon aus, dass diese im Nutzfahrzeugeinsatz aber auch in der Luftfahrt eine Zukunftsrolle haben wird und die jüngsten politischen Entscheidungen könnten ein echter Beschleuniger sein. Zusätzliche Herausforderung ist in diesem Zusammenhang die Versorgung mit Wasserstoff in Qualität 5.0 gemäß ISO 14687­1. Um auch hier eine robuste Entwicklungsumgebung für unsere Kunden sicherzustellen, installieren wir mit Partnern eigens einen Elektrolyseur mit einer elektrischen Aufnahmeleistung von 5 MW. Die Energieversorgung wird ausschließlich über grünen Strom sicher­gestellt. Das Gesamtnutzungskonzept sieht sowohl die zusätzliche Nutzung der abfallenden Wärme als auch des entstehenden Sauerstoffs vor – ein schönes Beispiel für maximale Nachhaltig­keit schon während des Entwicklungsprozesses für Zero­-Emission­-Antriebe. Zusätzlich werden alle Vorbereitungen für EU 7 in der Erwartung eines kurzfristigen Entscheids getroffen. In Summe bedeutet dies natürlich hohe Investitionen und zusätzlichen Kompetenz­ und Kapazitätsaufbau im Mitarbeiterteam der APL. Beim heutigen Fachkräftemangel entwickeln wir auch an dieser Stelle völlig neue Konzepte zur Mitarbeitergewinnung und internen Weiterbildung.

Die Aerodynamik und Umgebungstemperaturen spielen bei Elektrofahrzeugen eine noch größere Rolle als bei solchen mit Verbrennungsmotor. Steigt hier der Bedarf und wie unterscheidet sich das Testing?

Grundsätzlich hat die Bedeutung der Fahrwiderstände bei Elektrofahrzeugen noch einmal deutlich zugenommen. Neben der ökologischen Frage der Energieeffizienz spielt die resultierende Reichweite die wesentliche Rolle. Hier knüpft auch die Performance der Batterie bei niedrigeren Temperaturen und im erweiterten Sinne das gesamte Thermal Management des Fahrzeugs an. Vom Vorheizen der Batterie bis zum elektrischen Heizen des Fahrgastraums und Nutzung der im Antrieb entstehenden Restabwärme. Aber auch alle weiteren elektrischen Verbraucher, insbesondere auch Energieeffizienz bei hoher Rechnerleistung und Bedarf etwa an Komfortfunktionen oder Standby­-Verbräuchen spielen hier eine große Rolle. Die Entwicklung zukünftiger E/E­-Architekturen sowie Softwareplattformen in Verbindung mit benötigter Rechnerleistung und -­hardware wird auch den entstehenden Energiebedarf noch deutlich stärker berücksichtigen.

Sind die extremen Drehzahlen der E-Maschine heute noch herausfordernd?

Belastungseinheiten der Prüfstände bezüglich der Standzeit bei hohen Drehzahlen sind nach wie vor herausfordernd. Zweiter kritischer Fall sind Drehzahlgradienten, die sich aus Fahrmanövern wie starke negative Beschleunigung, etwa Bremsmanöver, oder schlagartigen Reibbeiwertwechsel, wie ein Wechsel des Fahrbahnbelags, trockene, nasse oder vereiste Fahrbahn, ergeben.

Werden Batteriesysteme auf Prüfständen bis zum Versagen getestet? Wie können sie entsprechend abgesichert werden?

Das Versagen einer Batterie kann durch das Nutzungsprofil und eine Vielzahl äußerer Randbedingungen herbeigeführt werden. Von der Alterung durch Zyklisierung in Kombination mit kalendarischen Zeiteffekten bis hin zu massivem mechanischem Einfluss von außen werden alle Eventualitäten im Entwicklungsprozess einer Batterie berücksichtigt. Neben dem dynamischen Verhalten, der Leistungsfähigkeit über Laufzeit und der Energiedichte nimmt die funktionale Sicherheit von Batterien derzeit eine ausgeprägte Rolle im Entwicklungsprozess ein.

Dabei ist die iterative Absicherung im Gesamtsystem über zerstörende Tests zeit- und kostenintensiv. Das Ergebnis lässt je nach Zerstörungsgrad und messtechnischer Ausstattung häufig nicht ausreichend auf die ursächlichen Merkmale zurückschließen. Daher arbeiten wir an einer Entwicklungsumgebung bestehend aus Simulation und begleitendem Versuch auf Zell- und Modulebene, um in der frühen Entwicklungsphase ein besseres Verständnis für Zellreaktion unter Extrembedingungen zu gewinnen. Entscheidend sind hier die eigenen chemisch-physikalischen Modelle in Kombination mit einem Test unter Überbelastung, welcher die benötigten Messgrößen liefert. Die Kombinatorik lässt wichtige Rückschlüsse auf die weitere Auslegung des Gesamtsystems unter sicherheitstechnischen Aspekten zu.

Hat APL Prüfstände zur Messung von Bremsen- und Reifenabrieb?

Die Bedeutung von Brems- und Reifenabrieb wird weiter in den Fokus rücken. Grundsätzlich gibt es bei BEV-Fahrzeugen die Möglichkeit, über Rekuperationsmodi die Belastung der Reibbremse zu reduzieren. Diese Möglichkeiten sollten schon vor dem Hintergrund der Energieeffizienz maximal genutzt werden. Dennoch bleibt die Emissionsbelastung durch Bremsabrieb konzeptabhängig erhalten. Die APL bietet im Rahmen der Entwicklungsdienstleistung in naher Zukunft eigene Entwicklungsprüfstände für die Optimierung von Bremspartikel-Emissionsverhalten an. Die Tochterfirma AIP vertreibt entsprechende Prüfeinrichtungen an unsere Kunden.

Wie schätzen Sie die Relevanz dieser nichtmotorischen Emissionen in Zukunft ein?

Wir gehen davon aus, dass zukünftige Gesetzgebungen partiell weitere Emissionskomponenten neben den heute bereits limitierten Spezies berücksichtigen werden. Wir haben für den Fahrzeugrollenprüfstand bereits eine Prozesskette bestehend aus Entnahmetechnik und Vor-Ort-Analytik gemeinsam mit unserem Chemielabor etabliert. Diese können wir jederzeit anbieten sowie bei Bedarf erweitern.

Herr Lensch-Franzen, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.

Wollen Sie mehr von Christian Lensch-Franzen zum Thema Brennstoffzellen- und Elektroantriebe sowie den daraus resultierenden Aufgaben für Entwicklungsprozess und Validierungskonzepte wissen? Dann lesen Sie das Interview "Vernetzungsgrad und Softwareplattformen erfordern einen Systems- Engineering-Entwicklungsansatz" aus dem MTZextra Prüfstände und Simulation für Antriebe 2022.

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