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05-10-2022 | Metalle | Schwerpunkt | Article

So will die Aluminiumindustrie klimaneutral werden

Author: Thomas Siebel

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Die Nachfrage nach Aluminium dürfte bis 2050 um 80 % steigen. Gleichzeitig muss die energieintensive Industrie ihre Emissionen drastisch reduzieren. Das ist möglich, doch der Preis ist hoch.

Aluminium ist eines der emissionsintensivsten Metalle. Im Vergleich zu Stahl verursacht es in der Herstellung die siebenfache Menge an Treibhausgasen. 2 % der menschengemachten Emissionen stammen aus dem Aluminiumsektor, der heute circa 4 % der weltweit produzierten Energie verbraucht. Über 70 % davon sind fossilen Ursprungs. Allerdings spielt die Aluminiumindustrie auch eine Schlüsselrolle in der Frage, ob die Energiewende gelingt. Das Leichtmetall ist essenziell für den Bau von Windenergieanlagen, Solarmodulen oder leichten und energieeffizienten Fahrzeugen.

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01-09-2022 | Energie & Rohstoffe

Aluminium Auf Recycling und Kreislaufwirtschaft ausrichten

Die Aluminiumindustrie trägt mit einem durchschnittlichen Ausstoß von 1,1 Milliarden t CO 2 -Äquivalente (CO 2 e) pro Jahr zu 2 % der weltweiten Emissionen bei. [1] Mit diesem Umfang trägt sie eine besondere Verantwortung, ihren Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen des Pariser Abkommens zu leisten.

Neben seinem geringen Gewicht verfügt Aluminium über eine Reihe weiterer nützlicher Eigenschaften: Es ist leicht verformbar und korrosionsbeständig, dazu elektrisch und thermisch leitfähig und es lässt sich unendlich oft recyceln. Jeweils ein Viertel des weltweit produzierten Aluminiums wird heute in Fahrzeugen und Gebäuden verbaut. Die übrige Nachfrage verteilt sich größtenteils auf die Bereiche Elektrogeräte und Maschinen (22 %), Verpackungstechnik (16 %) und langlebige Konsumgüter (6 %).

Emissionsarme Energie in der Herstellung genügt nicht

Nach Einschätzung des Weltwirtschaftsforums und des International Aluminium Institutes wird der Bedarf an Aluminium bis zum Jahr 2050 gegenüber heute um 80 % wachsen. Steigender Wohlstand und zunehmende Weltbevölkerung einerseits und der Ausbau von Elektromobilität und Energieinfrastruktur andererseits treiben die Nachfrage. Würde das Leichtmetall in Zukunft weiter produziert wie bisher, wüchsen die Emissionen der globalen Aluminiumindustrie bis Mitte des Jahrhunderts von heute jährlich 1052 Mt CO2-Äquvalenten (CO2e) auf dann circa 1900 Mt CO2e.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität steht die Aluminiumindustrie entsprechend vor einer Herkulesaufgabe. Dennoch kann die Transformation gelingen – technisch und wirtschaftlich. Davon sind 20 führende internationale Unternehmen und Verbände der Industrie überzeugt, darunter beispielsweise Rio Tinto, Alcoa, EGO und Hydro. In Kooperation mit dem International Aluminium Institute, unter Beteiligung des Weltwirtschaftsforums und im Rahmen der sogenannten Mission Possible Partnership skizzieren sie die wirksamsten Hebel für eine klimaneutrale Aluminiumindustrie :

  • Mit dem Umstieg auf emissionsarme Energien in der Alumiumproduktion ließen sich bis 2050 jährlich 651 Mt CO2e einsparen. Für eine emissionsarme Energieversorgung verfügen Betreiber Alumiumwerke über drei Möglichkeiten: Sie scheiden den Kohlenstoff ihrer Eigenstromversorgung mittels CCS-Technologien ab, sie beziehen erneuerbar oder per Kernenergie erzeugte Energie aus dem öffentlichen Stromnetz oder sie schließen sogenannte Power Purchase Agreements, also Stromlieferverträge beispielsweise mit Anbietern dezentral erzeugter erneuerbarer Energie.
  • 456 Mt CO2e/a ließen sich über das Ausreizen aller Recyclingpotenziale einsparen. 90 % der Emissionen der Aluminiumindustrie entstehen in der Gewinnung von Primärmaterial. Eine Tonne Sekundäraluminium verursacht in der Herstellung mit 0,5 t CO2e gegenüber Primäraluminium (16 t CO2e) dagegen nur einen Bruchteil der Emissionen. Für eine höhere Recyclingquote bedarf es recyclinggerechtere Produktdesigns, aber auch neuer Methoden zum Trennen und Sortieren von Legierungen. Als besondere Herausforderung nennen die Autoren Verbundmaterialien mit Aluminiumanteil, die bislang zumeist nur zu minderwertigen Sekundärmaterilien weiterverarbeitet werden können. Die Autoren rechnen damit, dass 54 % des Aluminiumbedarfs des Jahres 2050 über Sekundäraluminium gedeckt werden könnte. Heute liegt die weltweite Recyclingquote bei 33 %.
  • Durch einen effizienteren Einsatz von Aluminium ließen sich 321 Mt CO2e/a sparen. Nennenswertes Potenzial liegt den Autoren zufolge in einer höheren Lebensdauer von Gebäuden in China. Zudem dürfe in Produktfertigung nicht mehr so viel Material verloren gehen, während Produkte insgesamt auf Stabilität und Langlebigkeit ausgelegt werden sollten. Als vielversprechende Entwicklung nennen die Autoren Shared-Mobility-Ansätze, die gegenüber der Individualmobilität weniger Fahrzeuge erfordern.
  • Mithilfe neuer Technologien in Raffinerien und Verhüttungsanlagen ließen sich 232 Mt CO2e/a einsparen. Ab dem Jahr 2030 müsste fossil erzeugte Wärmeenergie dabei durch neue Technologien zur Wärmerückgewinnung und zur Nutzung emissionsärmere Energieträger ersetzt werden. Zudem müssten kohlenstoffarme Anoden eingesetzt würden.

Mehrkosten von 400 Dollar je Tonne im Jahr 2035

Für den Wandel rechnet die Aluminiumindustrie mit erfordlichen Investitionen von 1 Billion US-Dollar. Davon entfiele rund die Hälfte auf die Bereitstellung emissionsarmer Energie. 200 Milliarden US-Dollar würden für kohlenstoffarme Anoden fällig, 35 Milliarden Dollar für den Umstieg auf kohlenstoffarme Energieträger und 26 Milliarden Dollar für den Transport und die Speicherung von CO2 sowie für die Wasserstoffproduktion.

Die Investitionen führen nach Einschätzung der Autoren im Jahr 2035 zu Mehrkosten von circa 400 US-Dollar/t Aluminium. Anschließend dürfte der Preis fallen und sich auf dem Niveau des Jahres 2020 – circa 2650 US-Dollar/t – einpendeln, was dann aber noch immer einem Plus von 300 US-Dollar gegenüber einem Aluminiumpreis bei Fortführung der bisherigen Produktionsweise entspräche.

Geschlossene Kreislaufsysteme fördern

Wie Novelis den notwendigen Wandel in der Industrie angeht, berichtet Susann Aamara im Beitrag Aluminium – Auf Recycling und Kreislaufwirtschaft ausrichten in der Nachhaltigen Industrie 3/22. Das Unternehmen stellt flachgewalzte Aluminiumprodukte her und ist nach eigenen Angaben der weltgrößte Recycler von Aluminium. In sechs über Europa verteilten Zentren arbeitet Novelis gemeinsam mit Industriepartnern, Kunden und Zulieferern unter anderem an neuen Aluminiumlegierungen und geschlossenen Kreislaufsystemen für Aluminium, wobei ein Schwerpunkt auf der direkten und sortenreinen Rückführung von Produktionsschrotten liegt.

„Das End-of-Life-Recycling ist ein enorm wichtiges Ziel der Branche, denn das Schließen des Kreislaufs erhält den Wert der Legierung, reduziert Sortier-, Recycling und Transportkosten, minimiert die Umweltbelastung und schafft eine sichere Lieferkette.“ Susann Aamara

Um das gesamte Potenzial einer Kreislaufführung zu heben, bedarf es laut Aamara neuer Konzepte und Geschäftsmodelle, die die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen. Viel zu oft werde Schrott noch deponiert oder als Gemisch mit anderen Materialien nicht optimal wiederverwendet. Aamara sieht insbesondere die Politik in der Pflicht, einen geeigneten gesetzlichem Rahmen zu schaffen und zusätzliche Investitionen zu tätigen. Städte und Gemeinden müssten die notwendige Infrastruktur für eine optimierte Sammlung und Sortierung von Schrotten aufbauen. Der Staat müsse zudem die richtigen Anreize setzen, sodass Unternehmen wie auch Privatpersonen ihren Teil zum Recycling beitragen können. Es brauche das Engagement von Industrie, Politik und Konsumenten, um lineare Wirtschaftsmodelle durch eine echte Kreislaufwirtschaft zu ersetzen.

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