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2000 | Book

Mißbrauch von Rechten, selbstwidersprüchliches Verhalten und Verwirkung im öffentlichen Recht

Author: Christoph Knödler

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

Book Series : Aktuelle Beiträge zum öffentlichen Recht

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Table of Contents

Frontmatter
A. Der Rechtsmißbrauch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Zusammenfassung
Vom Mißbrauch eines Freiheitsrechts1 bis zum Mißbrauch eines Verfahrens2, vom Mißbrauch der Gefühle3 bis zum Mißbrauch der Gesetzgebungsgewalt4, vom Mißbrauch der Wiedervereinigung5 bis zum Mißbrauch der wirtschaftlichen Macht6 — das BVerfG anerkennt eine solche Vielfalt möglicher Mißbräuche, daß der Mißbrauch zu einer dauerhaft möglichen Beiordnung des Rechts erwächst. In dieser Weite der Mißbrauchsobjekte bedient sich das BVerfG eigenständiger wie eigentümlicher Begriftlichkeiten, etwa wenn es von dem „Mißbrauchsprinzip”7, der ,,Mißbrauchsschranke”8, der „Mißbrauchsgebühr”9 oder dem „»Mißbrauchsrecht«“10 spricht. Und dabei sind diese Neologismen nur das sichtbarste Zeichen einer bruchstück-, lücken- und damit zweifelhaften Dogmatik, die einem Vergleich mit weiteren Bundesgerichten nicht standhält11. Demgegenüber hebt das BVerfG den Schutzcharakter der Mißbrauchsfigur12 und damit den Schutz desjenigen hervor, der durch formal berechtigte, aber materiell ungerechtfertigte Rechtsausübungen in Anspruch genommen wird. Solchermaßen stellt sich das BVerfG dem undankbaren Unterfangen, im judikativen Abseits für atypische Konstellationen und in typischen Einzelfällen, die von den Regelwerken und Regelschöpfern nicht erfaßt werden, materielle Gerechtigkeit walten zu lassen. Vor diesem Hintergrund hebt sich das grobmaschige Spannungsgeflecht ab, in dem der Rechtsmißbrauch verfangen ist: Hier Einzelfallgerechtigkeit13 und Ersatzgerechtigkeit, dort Vertrauensschutz14 und Rechtssicherheit, und über allem thront der Rechtsschutz.
Christoph Knödler
B. Der Rechtsmißbrauch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
Zusammenfassung
Nachdem die Rechtsprechung des BVerfG der Rechtsmißbrauchsfigur nur unscharfe Konturen verleiht, ist es möglicherweise der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit überantwortet, die vom BVerfG vorgegebenen groben Züge der Mißbrauchsfigur zu verfeinern und dessen skizzenhafte Judikatur zu einem detaillierten Entwurf aufzuarbeiten. So könnte insbesondere das BVerwG berufen sein, die uneinheitliche Rechtsprechung des BVerfG zu bündeln und die verschiedenen Mißbrauchselemente zu vereinheitlichen.
Christoph Knödler
C. Der Rechtsmißbrauch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
Zusammenfassung
Nach Erörterung der Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG zum Rechtsmißbrauch bleibt offen, inwieweit deren Vorgaben in der Rechtsprechung der besonderen Verwaltungsgerichte aufgegangen sind. So könnten die dogmatischen Fragmente des BVerfG und des BVerwG fachgerichtliche Bestätigungen finden und sich zu einer konsistenten Rechtsmißbrauchsfigur vervollständigen. Aufgrund der Besonderheiten der Rechtsgebiete, die den Fachgerichten zugewiesen sind, ist aber auch denkbar, daß die Vorgaben nicht nur modifiziert, sondern daß sogar eigenständige rechtstheoretische Figuren begründet werden.
Christoph Knödler
D. Der Rechtsmißbrauch in der Literatur
Zusammenfassung
Verbleibt die Figur des Rechtsmißbrauchs nach der Rechtsprechung vielgestaltig und variabel, setzen sich diese Variabilität und Vielgestaltigkeit in der öffentlich-rechtlichen1 Literatur fort. Auch hier bestimmen Flexibilität und (Multi-)Funktionalität des Mißbrauchsinstituts seine zentrale Bedeutung, auch hier divergieren die Versuche, das Phänomen des Rechtsmißbrauchs zu (er-)fassen, auch hier reichen die Ansichten über Sein oder Nichtsein eines Mißbrauchs weit auseinander und auch hier ist Mißbrauch nicht gleich Mißbrauch.
Christoph Knödler
E. Dogmatische Einordnung des Rechtsmißbrauchs
Zusammenfassung
Wie aufgezeigt, variieren nicht nur die einzelnen Elemente der Mißbrauchsfigur in ihrer Bedeutung für die Feststellung einer unzulässigen Rechtsausübung, sondern es variieren auch die dogmatischen Einordnungsversuche1: Ob der Rechtsmißbrauch etwa eine immanente Rechtsgrenze, eine Ausprägung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben oder eine Erscheinungsform des Vertrauensschutzes ist, bleibt umstritten. Nachfolgend soll deshalb der Versuch unternommen werden, die dogmatische Stellung des Rechtsmißbrauchs im Hinblick auf immanente Rechtsgrenzen, die allgemeine Handlungsfreiheit, die hoheitliche Bindung an Recht und Gesetz und weitere dogmatische Einordnungsmodelle näher zu bestimmen. Vorauszuschicken bleibt, daß sich diese Einordnungsversuche nur auf die Mißbrauchserscheinungen beziehen, die tatsächlich dogmatisch erfaßbar sind, d.h. die kodifizierten Mißbrauchstatbestände, die allgemeine unzulässige Rechtsausübung, das Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens und die Verwirkung. Dagegen muß der Rechtsmißbrauch unberücksichtigt bleiben, soweit er nur als begründungsloses Symbol für individuelle Wertungen dient, weil es an nachvollziehbaren Einordnungen fehlt und seine rechtliche Unhahbarkeit bereits (damit) deutlich geworden ist.
Christoph Knödler
F. Rechtsstaatliche Anfragen an die Figur des Rechtsmißbrauchs
Zusammenfassung
Bei der Darstellung des Rechtsmißbrauchs in Rechtsprechung und Literatur und bei seiner näheren Betrachtung ist immer wieder die Ambivalenz des Mißbrauchsinstituts deutlich geworden: Einerseits dient es als flexibles Instrument der Einzelfallgerechtigkeit, andererseits trägt es zu einer dauernden Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit bei; die rechtsstaatlichen Anfragen sind erheblich und sollen nachfolgend wenigstens skizziert werden. Insbesondere soll auf das Verhältnis zwischen Rechtsmißbrauch einerseits und Freiheit, Rechtsschutz, Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit andererseits eingegangen werden, ehe die Mißbrauchbarkeit des Mißbrauchsinstituts und etwaige Alternativen erörtert werden. Die Erörterungen beziehen sich auf die gesetzlich geregelten Mißbrauchstatbestände und die allgemeine unzulässige Rechtsausübung, das Verbot selbstwidersprüchlichen Verhaltens sowie die Verwirkung; die rechtliche Unhaltbarkeit der bloß symbolhaften Verwendung des Mißbrauchsbegriffs ist bereits deutlich geworden.
Christoph Knödler
G. Bilanzierende und zusammenfassende Thesen zum Rechtsmißbrauch
Christoph Knödler
Backmatter
Metadata
Title
Mißbrauch von Rechten, selbstwidersprüchliches Verhalten und Verwirkung im öffentlichen Recht
Author
Christoph Knödler
Copyright Year
2000
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Electronic ISBN
978-3-658-14541-5
Print ISBN
978-3-658-14540-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-14541-5