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20-04-2017 | Mobile Banking | Kolumne | Article

Der Formatkrieg der Bezahlsysteme

Author: Prof. Dr. Christian Rieck

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In Deutschland sind wir bei Mobile Payment noch weitgehend Zuschauer, meint Kolumnist Christian Rieck. In anderen Ländern tobt schon der Formatkrieg zwischen den verschiedenen Systemen fürs Bezahlen mit dem Smartphone. Woran man erkennen kann, ob ein System eine Chance hat und ob Banken noch im Rennen sind.

Es gibt bis heute keine geschlossene Theorie, die uns die Gesetze von Plattformen, wie Bezahlsysteme es sind, abschließend erklärt. Es gibt jedoch Kriterien, von denen man weiß, dass sie für den Erfolg wichtig sind. Von diesen möchte ich hier einige beispielhaft aus der praktischen Anwendung nennen.

Löst das Bezahlsystem ein Problem? 

In der Mensa unserer Universität wurde ein eigenes Handy-Bezahlsystem eingeführt. Ich nutze es aus wissenschaftlicher Neugier, scheine aber der Einzige zu sein. Der Bezahlvorgang dauert länger als mit Bargeld, ich musste mich umständlich anmelden und manchmal reißt die Netzverbindung ab. Daraufhin muss ich darum kämpfen, nicht doppelt zu bezahlen. 

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Das ist symptomatisch für alle existierenden Smartphone-Bezahlsysteme: Sie haben für die Kunden keinen handfesten Vorteil. Bezahlen mit dem Handy ist nicht sicherer als Kreditkarten oder Bargeld, nicht schneller, nicht komfortabler, aber dafür anfälliger. Die schleppende Verbreitung von Apple Pay, Android Pay und anderen Systemen dürfte zum großen Teil an dieser einfachen Erkenntnis liegen. Das wird sich nicht ändern, solange die Betreiber keinen echten Vorteil für den Kunden einbauen. Deshalb denken sie derzeit so intensiv über Rabattsysteme und integrierte Bestellmöglichkeiten nach – Starbucks macht es vor.

Wie schafft das System den Start? 

Jedes Bezahlsystem kämpft am Anfang mit dem Henne-Ei-Problem: Ohne Akzeptanzstellen keine Kunden, ohne Kunden keine Akzeptanzstellen. Apple Pay musste das schmerzhaft erleben. Wieso sollten Händler in ein teures System investieren, das vom (hierfür) kleinen Marktanteil der iPhone-Nutzer abhängt? Wenn ein System nicht sehr schnell beginnt, exponentiell zu wachsen, dann stirbt es aus. Apple hat es vermutlich aus Zufall bei iTunes richtig gemacht und den vergleichsweise unwichtigen Musikmarkt eingenommen. Hier konnte das Unternehmen ein existierendes Problem der Kunden lösen: Die CD-Sammlung passte auf einmal in eine Streichholzschachtel und konnte überall hin mitgenommen werden. Deshalb erreichte die iTunes-Plattform schnell eine hohe Marktdurchdringung. Dabei half, dass der Musikmarkt verhältnismäßig unbedeutend ist. Apple hat übersehen, dass der Bezahl-Markt riesig ist und das Unternehmen hier nicht gleich mit einer hohen Marktdurchdringung starten kann. Deshalb lebt Apple Pay am Existenzminimum und sehr nah an der tödlichen Abwärtsspirale.

Wer kommt als Betreiber eines Bezahlsystems in Frage? 

Bezahlen war einmal fest in der Hand der Banken. Sie haben frühere Formatkriege aus Zufall gewonnen, ohne dass irgendwer die Prinzipien dahinter gesehen, geschweige denn verstanden hatte. Aber beim heutigen Formatkrieg gibt es mehrere Anwärter: 

  • Hard- und Softwareanbieter wie Apple, Samsung oder Google,
  • Netzbetreiber wie die Telekom, sowie 
  • Banken und Händler, etwa Amazon-Payments, Ali-Pay oder die Kaffeekette Starbucks. 

Diese Riesen versuchen derzeit, sich gegenseitig den Weg in den Markt abzuschneiden. 

Meine Theorie dazu ist einfach: Es wird derjenige das Rennen machen, der einen Kundennutzen auf einer "Sowiesoda"-Struktur aufsetzen kann. Kreditinstitute sind dafür durchaus gute Anwärter, denn sie sind sowohl bei den Kunden als auch bei Händlern weit verbreitet. Und das auch noch in der erforderlichen Balance. Aber sie müssen dafür endlich die Gesetze der Digitalökonomie lernen, diese auf sich beziehen und dann auch anwenden. Ein paar Ideen dafür hätte ich durchaus.

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