Shared Mobility soll das Verkehrssystem nachhaltiger, effizienter und kundenfreundlicher machen. Das sind die fünf Trends, die die Branche für geteilte Mobilität 2023 antreiben.
Der Markt für Carsharing soll laut Invers 2023 um mindestens 20 % wachsen.
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Shared-Mobility-Systeme sind in vielen europäischen Städten zu einem festen Bestandteil des modernen Stadtbildes geworden. Geteilte Mobilität – oder Shared Mobility – ermöglicht den meist kurzfristigen Zugang zu gemeinsam genutzten Fahrzeugen, der sich an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert. Mittlerweile werden auch Fahrzeuge entwickelt, deren Eigenschaften bestmöglich auf die individuellen Anforderungen zurecht geschnitten sind. Ein Beispiel ist der von Share2Drive entwickelte Sven (Shared Vehicle Electric Native) – ein Fahrzeug, das eigens für das Carsharing konzeptioniert wurde. Geteilte Mobilität soll Möglichkeiten eröffnen, das Verkehrssystem nachhaltiger, effizienter und kundenfreundlicher zu organisieren. Welche Trends den Markt für Shared Mobility 2023 entscheidend beeinflussen sollen, haben die Experten bei Invers ermittelt.
Fünf Trends prägen den Markt für Shared Mobility 2023
1. Carsharing-Markt wächst
Für das Jahr 2022 hat der Bundesverband Carsharing in Deutschland mehr als 3,4 Millionen Kunden ermittelt. Das sind 18 % mehr als im Vorjahr. Die Zahlen belegen laut Invers ein beständiges Wachstum des Marktes und sollen die Planungen zahlreicher Betreiber von Shared Mobility widerspiegeln: "Viele Kunden sprechen mit uns über Expansionspläne", sagt Bharath Devanathan, Chief Business Officer bei Invers. "Wir gehen davon aus, dass der Markt für Carsharing im kommenden Jahr um mindestens 20 Prozent wachsen wird", so Devanathan weiter. Expansionsvorhaben würden sich auch in aktuellen Marktentwicklungen wie der Übernahme von WeShare durch Miles oder von ShareNow durch Stellantis/Free2Move zeigen. Wie Springer-Autorin Katharina Manderscheid im Kapitel Stadt erfahren – Verkehr und Mobilität im urbanen Raum (Seite 177) des Buchs Stadtgeographie schreibt, "haben bis zu 14 % großstädtischer Haushalte, vor allem jüngere und ökonomisch gut situierte, in den Metropolen über eine Carsharing-Mitgliedschaft Zugang zu diesen Fahrzeugen".
2. Steigerung der Profitabilität
Gleichzeitig steigt der Druck auf die Betreiber profitabel zu werden, so Invers. Im Markt für geteilte Mikromobilität sei zu erwarten, dass Betreiber sich weiter aus weniger profitablen Städten zurückziehen werden, um sich auf lukrative Märkte zu konzentrieren. Beispiele dafür seien der Rückzug von Bird aus Europa und GoSharings Rückzug aus Städten wie Saarbrücken.
Um Profitabilität zu steigern, so Invers, gingen einige Carsharing-Betreiber dazu über, operative Aufgaben in großem Umfang an darauf spezialisierte Dienstleister zu vergeben wie die Carbio GmbH, die dabei Skaleneffekte realisieren können. Andere würden den Fokus darauf legen, die Auslastung der Fahrzeuge zu erhöhen, indem sie ein Fahrzeug auf MaaS-Plattformen oder in sich ergänzenden Geschäftsmodellen anbieten, zum Beispiel Corporate Carsharing in der Woche und Peer-to-peer-Carsharing am Wochenende. Neue Konzepte für Fleet Sharing und einheitliche APIs sollen diesen Ansatz unterstützen.
3. Mehr Angebote mit längeren Mietzeiten
Der noch junge Trend zu Auto-Abos setzt sich laut Invers fort. Betreiber von Mobilitätsangeboten würden sich damit neue Kundensegmente erschließen. Rund 100.000 bis 130.000 Auto-Abo-Verträge seien 2020 in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und UK abgeschlossen worden, schätzen die Branchenexperten von Berylls in ihrer Studie "Snapshot of the European Auto Subscription Market". Das CAR Institut gehe davon aus, so Invers, dass es 2030 bereits zwischen zwei und vier Millionen Auto-Abos sein werden. Wie Ferdinand Dudenhöffer und Alfred Paul im Kapitel Auto-Abos oder Subscription-Modelle verändern den Markt nach individueller Mobilität (Seite 520) des Buchs Smart Services schreiben, sei das Auto-Abo oder die Subskription das Schlüsselprodukt für eine neue Epoche im Automobilvertrieb, beginnend mit den disruptiven Innovationen Elektromobilität und dem softwaredefinierten Fahrzeug.
Zudem gingen laut Invers traditionelle Carsharing-Anbieter wie Miles oder Hiyacar über Kurzzeitmieten hinaus und adressierten den Langzeit-Markt ebenso wie klassische Leasing-Anbieter und Autovermietungen, zum Beispiel Sixt oder Wheego. Damit sprächen sie auch neue Kundensegmente an und begegneten dem daraus resultierenden Risiko, indem sie Daten der Fahrzeugnutzung technisch detailliert überwachen und den Zugang zum Fahrzeug bei Bedarf beenden.
4. Shared Mobility wird elektrischer
Laut Invers werden die Carsharing-Angebote zahlreicher Betreiber zunehmend elektrisch. So plane der französische Anbieter Virtuo zum Beispiel, die Hälfte seiner Flotte bis 2025 zu elektrifizieren. In der Hansestadt Hamburg hätten die Carsharing-Unternehmen Miles, ShareNow, Sixt und WeShare vereinbart, den Anteil der Elektrofahrzeuge in ihren Flotten bis zum Jahreswechsel 2023/24 auf mindestens 80 % zu erhöhen.
Auch kann die Integration von Elektroautos in Carsharing-Flotten wiederum eine wichtige Unterstützung bei der Markteinführung von E-Fahrzeugen im Allgemeinen sein, wie die Springer-Autoren um Gerhard Stryi-Hipp im Kapitel E-Mobilität im Carsharing und in Fuhrparks (Seite 43) des Buchs Mobility2Grid – Sektorenübergreifende Energie- und Verkehrswende betonen. "Firmen- und Carsharing-Flotten sind von großer Bedeutung für die Markteinführung der Elektromobilität, da die Entscheidung für oder gegen ein Elektrofahrzeug im Neuwagenmarkt gefällt wird, der von gewerblichen Investoren dominiert wird", so die Autoren. Die Elektrifizierung von Firmen- und Carsharing-Flotten könne einige Vorteile in Bezug auf Kosten, Klimaschutz, digitales Flottenmanagement und Image mit sich bringen, sie sei allerdings für deren Eigentümer und Betreiber auch mit einem erhöhten Investitions- und Organisationsaufwand und einigen Unsicherheiten verbunden.
5. Städte und Projektentwickler erkennen Carsharing-Potenzial
Die Idee der geteilten Mobilität gewinnt Invers zufolge auch im Wohnungsbau an Bedeutung: So würden zahlreiche Bauträger Shared-Mobility-Lösungen in ihre Angebote integrieren. Das habe den Vorteil, dass statt einer bestimmten Anzahl von Parkplätzen pro Wohneinheit nur Raum für – weniger – Sharing-Fahrzeuge zur Verfügung gestellt werden müsste. Vor allem in den Niederlanden, Deutschland und Italien sei dieser Trend zu beobachten. Darüber hinaus förderten einzelne Städte und Kommunen Sharing-Konzepte durch Carsharing-freundlichere Politik, insbesondere was die Parkgebühren angehe. "Hamburgs Erfolg mit Carsharing und Berlins Trendwende sind Beispiele und gleichzeitig ein Vorbote dafür, dass andere Städte nachziehen", erklärt Invers. Vielfach verknüpften sie diese Politik mit der Förderung von Elektromobilität. "Köln, Hamburg und München sind Städte, die bereits kostenloses Parken für E-Fahrzeuge anbieten, was den Trend zu reinen E-Fahrzeugflotte in diesen Städten weiter beschleunigen dürfte", so Invers.