Die Reibungsminimierung im Antriebsstrang bietet nach wie vor einen wichtigen Hebel zur CO2-Reduzierung. Hierbei kommt moderner Beschichtungstechnik, tribologisch optimierten Werkstoffen und nicht zuletzt dem Öl als Tribopartner im Motor, Getriebe und Achsantrieb eine wichtige Rolle zu.
"Bei einer systematischen Optimierung sehen wir ein CO2-Potenzial im NEFZ zwischen 1,5 und 2,5 g/km", erklärt Professor Dr. Peter Gutzmer, der stellvertretende Vorsitzende des Vorstands und Vorstand Technologie bei Schaeffler, im Interview in der MTZ 6-2015. Schaeffler habe vor einiger Zeit ein SUV als Demonstrator aufgebaut, bei dem die Ingenieure des Zulieferers durch Detailarbeit an der Reibung eine CO2-Reduzierung von 10 Prozent erreichen konnten. Dafür haben die Tribologie-Experten unter anderem Gleitlager durch Wälzlager ersetzt, bestimmte Nebenaggregate gezielt gesteuert und die Oberflächengestaltung durch Beschichtungen optimiert.
Atomares Verständnis der Reibung
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Aktuell betrachtet Schaeffler auch intensiv den Bereich der Schmieröle. Besonders Öladditivierungen stehen dabei laut Gutzmer im Fokus. Die Schaeffler-Ingenieure untersuchen den Einfluss, den das Öl an der Verbindungsstelle der Reiboberflächen hat. Die Elasto-Hydrodynamik im Wälzlager spiele eine enorme Rolle bei der Reibung, erklärt Gutzmer. Dort ändere sich die Viskosität durch die hohen Drücke und Temperaturen nochmals ganz gravierend. "Diese ganzen Zusammenhänge müssen wir noch besser verstehen", sagt er. Schaeffler führt dafür zum Beispiel zusammen mit Ölherstellern Grundlagenprojekte und geförderte Forschungsarbeiten durch. "Schmierstoff wird ein immer entscheidenderes Konstruktionselement, je tiefer man in das atomare Verständnis der Reibung einsteigt", sagt Gutzmer.
Online-Methoden zur Auslegung des Schmiersystems
Wie Jürgen Jablonski, Leiter Mechanik Ottomotoren bei Audi, auf dem 2. Tribologie-Symposium in Landau vergangene Woche erklärte, steckt auch im Einsatz vollvariabler Ölpumpen ein erhebliches Reibleistungspotenzial, das zum Tragen komme, wenn im jeweiligen Betriebspunkt individuell der minimal mögliche Öldruck beziehungsweise Ölvolumenstrom eingestellt werde. Der Verbrauchsvorteil im MVEG/KUV liegt Jablonski zufolge bei etwa einem Prozent. Um die Grenzen im Kurbeltrieb exakt zu ermitteln, setzt Audi zusammen mit der FEV-Motorentechnik eine Online-Messtechnik in einer frühen Phase zur Auslegung und Validierung des Schmiersystems ein.
Online-Methoden werden zur Optimierung neuer Materialkombinationen, Bauteilgeometrien und Schmierstoffe zur Verschleißcharakterisierung auf Komponenten- und Vollmotorenprüfständen eingesetzt. Die APL Group setzt zur Untersuchung des Verschleißverhaltens seit vielen Jahren die Radionuklidtechnik (RNT) ein. Darüber hinaus wird in der Gruppe ein Online-Charakterisierungswerkzeug auf Basis der ICP-OES-Technik (Inductively Coupled Plasma - Optical Emission Spectroscopy) entwickelt. Die Labormethode ICP-OES wird seit vielen Jahren zur Ermittlung der Additiv- und Abriebelemente in Ölen eingesetzt. Die APL zeigt im Fachartikel "Echtzeitcharakterisierung des Verschleißverhaltens" in der MTZ 6-2015, dass die Methode auch am Komponenten- und Motorenprüfstand zur Untersuchung des Verschleißverhaltens in Echtzeit verwendet werden könnte. Weitere Forschungen sind dazu allerdings noch erforderlich.
Einlaufphase von Antriebsstrangkomponenten
Ein weiterer Faktor in Bezug auf den Verschleiß ist die Einlaufphase von Bauteilen des Antriebsstrangs. Hierbei gilt es einen geeigneten Einlaufkorridor zu identifizieren, um zum Beispiel Hochverschleiß zu vermeiden, erläuterte Professor Dr.-Ing. habil. Matthias Scherge, Leiter MikroTribologie Centrum, Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM, im Rahmen des 2. Tribologie-Symposiums in Landau. Durch sogenannte Tribokonditionierung kann die Lebensdauer von verschleißsensitiven Bauteilen beeinflusst werden - positiv oder negativ, erklärte Professor Scherge. Der sogenannte "dritte Körper" bietet jedoch ebenfalls noch Forschungspotenzial.
Durch tribologisch optimierte Werkstoffe, besser aufeinander abgestimmte Reibpaarungen, neue Schmierstoffe sowie neuartige Oberflächenbehandlungen können die Motorkonstrukteure Reibungsverluste auch in Zukunft noch weiter reduzieren. Die Forschung an diesem Thema ist oftmals Kleinarbeit, sollte aber immer auch im Kontext des Gesamtsystems gesehen werden. Wird Öl dabei als Konstruktionselement begriffen, ist eine enge Zusammenarbeit auch mit den Ölherstellern obligatorisch.