Die Luft in Städten ist mit Stickoxiden belastet, die auch bei der Verbrennung von Dieselkraftstoffen entstehen. Umweltverbände fordern daher die Weiterentwicklung der Umweltplaketten, um Bürger vor zu hoher Stickoxidbelastung zu schützen. Die "Blaue Plakette" soll Autos mit geringem NO2-Ausstoß kennzeichnen.
Die Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU) sowie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordern die Umsetzung wirksamer Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. Denn zahlreiche Städte seien mit Stickoxiden (NOx) belastet. Hauptquelle seien Dieselfahrzeuge ohne eine geeignete Abgasreinigung. Daher fordern die Verbände eine Blaue (Umwelt-)Plakette. Die Plakette soll eine Weiterführung der aktuellen Umweltzonenregelung sein und den Kommunen die Möglichkeit geben, Fahrzeuge mit hohen Stickoxidemissionen aus belasteten Gebieten auszuschließen. Ginge es nach den Umweltverbänden, soll die Blaue Plakette möglichst im nächsten Jahr kommen.
Die Blaue Plakette würden dann alle Fahrzeuge erhalten, die die Abgasgrenzwerte für NO2 der Eurostufe 6/VI einhalten. Das treffe im aktuellen Bestand auf mehr als 60 Prozent der Pkw zu, erläutern die Umweltverbände. Im Rahmen der Luftreinhalteplanung könnten dann künftig Fahrzeuge mit höheren NOx-Emissionen aus hoch belasteten Gebieten ausgeschlossen werden. "Die Blaue Plakette kann auch ein wirksames Instrument zur Förderung der Elektromobilität werden, denn Elektroautos würden die Blaue Plakette bekommen. Letztlich ist sie der Einstieg in das Ziel, den Verkehr in den Innenstädten komplett emissionsfrei zu machen", sagt Dietmar Oeliger, Verkehrsexperte des NABU.
Schärfere Emissionsanforderungen auf EU-Ebene
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In Deutschland sind rund 35 Prozent aller Menschen besonders stark von Schadstoffbelastungen in der Luft betroffen. Das sind jene rund 30 Millionen Einwohner, die in Ballungsräumen leben, wie das Umweltbundesamt (UBA) in seinen Auswertungen zu Stickstoffdioxiden und Feinstaub-Partikeln erläutert. An rund zwei Drittel aller verkehrsnahen Messstationen überschreite die mittlere jährliche Belastung mit Stickstoffdioxid den EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter zum Teil deutlich. "Wir dürfen uns nicht auf den Erfolgen der Luftreinhaltung ausruhen. Es bedarf schärferer Emissionsanforderungen auf EU-Ebene, etwa für Pkw im Realbetrieb, mobile Maschinen - wie Baumaschinen - und Industrieanlagen. Auch in der Schifffahrt und in der Landwirtschaft müssen die Emissionen deutlich gesenkt werden", sagte die UBA-Präsidentin Maria Krautzberger bei der Vorstellung des aktuellen Jahresberichts "Schwerpunkte 2014". Darüber hinaus sprach sie sich für ein größeres internationales Engagement zum Schutz der Böden aus und warb dafür, das Recycling von PCs, Mobiltelefonen und anderen Elektroaltgeräten in Deutschland zu verstärken.
Diesen Forderungen des UBA schließt sich auch der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) an. Studien würden zeigen, so der VDI, dass sich Wirkungen von Ozon auf den Menschen auch bei sehr niedrigen Konzentrationen beobachten lassen. Der VDI empfiehlt deswegen, bereits bei einem Halbstunden-Mittelwert von 120 Mikrogramm pro Kubikmeter die Bevölkerung zu informieren, um gesundheitsschädigende Wirkungen zu vermeiden. Aktuell gelte in Deutschland noch ein 1-Stunden-Mittelwert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der VDI machte ebenfalls darauf aufmerksam, dass auch Kamin- und Kachelöfen in Wohngebieten zum Teil erheblich zur Feinstaubbelastung beitragen können.
Umweltfreundliche Antriebe und alternative Kraftstoffe
"Doch mit der Forderung nach strengeren Grenzwerten für Feinstaub und Stickstoffdioxid oder Schadstoffnormen für Kraftfahrzeuge ist es nicht getan. Wir brauchen alternative Kraftstoffe und umweltfreundliche Antriebstechnologien wie Erdgasmotoren, solange die Elektromobilität noch nicht flächendeckend zur Verfügung steht", fordert Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Erdgas als Antriebsmittel für Autos hat laut Bottermann folgende Vorteile: Es produziere weniger klimabelastendes Kohlendioxid und weniger Feinstaub, es sei in einem fast flächendeckenden Netz aus Erdgasleitungen verfügbar, lasse sich gut speichern und ermögliche ein sauberes Betanken der Autos. Umso alarmierender sei es, dass der Marktanteil von Erdgasautos in Deutschland gerade mal bei 0,3 Prozent liege. Das entspreche knapp 100.000 Autos.
Gasmotoren eignen sich aber auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge. "Motoren im Erdgas- und Biomethanbetrieb werden auch in der Landwirtschaft stark an Bedeutung gewinnen", prognostiziert Professor Harndorf, Inhaber des Lehrstuhls für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren an der Universität Rostock. Vor diesem Hintergrund hat die Uni Rostock in Kooperation mit Deutz das Forschungsprojekt "Entwicklung und Untersuchung eines Gasmotors für Landmaschinen" auf den Weg gebracht. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben. Im vergangenen Jahr wurde ein Gasmotor für die Landwirtschaft erfolgreich an der Uni Rostock getestet.
Diesel-Wasser-Emulsion und beschleunigte Verkehrswende
Doch auch bei einem modernen Dieselmotoren lassen sich nach derzeitigem Stand der Technik Ruß- und NOx-Konzentration reduzieren - zum Beispiel mit der Diesel-Wasser-Emulsion, wie das Institut für Fahrzeugtechnik der FH Trier im Artikel "Schadstoffreduzierung durch Diesel-Wasser-Emulsionen" aus der MTZ 1-2013 erläutert. Bei einer eher geringen Wasserbeimischung von 10 Prozent sei immerhin mit einer mittleren Rußabsenkung über alle Betriebspunkte von etwa 21 Prozent zu rechnen. Die NOx-Reduzierung falle mit circa 23 Prozent in gleicher Größenordnung aus. Über den gesamten Testzyklus gemittelt, soll der spezifische Kraftstoffverbrauch mit circa 1,4 Prozent leicht zunehmen. Diese geringfügige Zunahme wäre aber nach Angaben der Wissenschaftler durch entsprechende Anpassungsmaßnahmen am Motor zu kompensieren.
Neben technischen Lösungen sind aber auch Maßnahmen für eine beschleunigte Verkehrswende erforderlich, sagt Heiko Balsmeyer, Experte für Luftreinhaltung im Verkehr beim Verkehrsclub Deutschland (VCD): "Tempo 30 als Basisgeschwindigkeit, mehr Platz für den Rad- und Fußverkehr sind geboten, denn konsequente Förderung des Rad- und Fußverkehrs wird nicht nur die Luft sauberer machen, sie erhöht die Lebensqualität in unseren Städten."