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27-04-2022 | Nachhaltige Geldanlagen | Interview | Article

"Das Interesse an nachhaltigen Investments wächst"

Author: Angelika Breinich-Schilly

5:30 min reading time

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Die deutsche Wirtschaft muss grüner werden, fordern Regulatoren und Investoren. Und der Ukraine-Krieg erhöht den Druck, sich bei Ressourcen und Energie neu zu orientieren. Wie die Autoindustrie, der Handel und die Banken die Herausforderung angehen, erklärt Alexandra Themistocli im Gespräch.

Springer Professional: Neben der digitalen Transformation, die je nach Branche in unterschiedlichen Stadien steckt, zwingen Regularien wie die EU-Taxonomie, aber auch Verbraucher und Stakeholder Unternehmen zu grünen Geschäftsmodellen. Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand der Investitionen in Deutschland in diesem Bereich?

Alexandra Themistocli: Das Interesse an nachhaltigen Investments wächst unaufhörlich und wird sich noch weiter verstärken. Immer mehr Unternehmen sind durch externe Einflussfaktoren, regulatorische Anforderungen und dem Umdenken auf Investorenebene zunehmend sensibilisiert und realisieren, welchen positiven Beitrag sie tatsächlich zu Umwelt, Klima und zukunftsfähigem Wirtschaften leisten können und müssen. Dabei kann von nachhaltigen Investments und Impact-Strategien eine große Wirkung ausgehen. Zudem wird der Krieg in der Ukraine, um mal einen der aktuell wichtigsten Faktoren zu nennen, einen großen Einfluss auf die Energiewende-Aussichten haben. Zunächst vorwiegend im negativen Sinne, da sich die CO2-Emissionen erhöhen werden, aber langfristig gesehen wird die aktuelle Situation und alle damit verbundenen Implikationen die Investitionen in erneuerbare Energien beschleunigen.

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01-05-2022 | Invest

Grüne Werte reifen heran

Die Nachfrage von Privatanlegern nach nachhaltigen Finanzprodukten nimmt immer weiter zu. Entsprechend steigt das Investmentangebot, das mittlerweile von grünen Anleihen und aktiven Klimafonds bis zu ethischen Indexfonds sowie Wind- und Solaraktien reicht. Doch die Papiere unterscheiden sich unter anderem darin, wie transparent sie in Bezug auf ihre Nachhaltigkeitswirkung sind.

Gibt es Vorreiterbranchen, die hier besonders aktiv sind?

Es ist schwierig, da eine Branche auszumachen und konkret zu benennen. Der Ruck geht tatsächlich durch alle Industrien. Im Zentrum steht dabei natürlich auch die Lieferkette. Die Automobilindustrie ist auf einem guten Weg, um die Transformation zu fördern. Investments in eine nachhaltigere Lieferkette sind dort ein großes Thema, um die ESG-Bilanz zu verbessern. Aber auch im Bereich Konsumgüter- und Handel ist Nachhaltigkeit ein Trendthema und steht bei vielen Unternehmen auf der Agenda, getrieben natürlich auch durch die verschiedenen Stakeholder. Und natürlich die Energieunternehmen, die stark in die verschiedenen erneuerbaren Technologien investieren. Der Druck steigt und es wird zunehmend gefordert, dass sich die Unternehmen an der Transparenz und Messbarkeit ihrer Nachhaltigkeitsinitiativen messen lassen müssen.

Grüne Start-ups, aber auch Mittelständler, die sich eine kohlenstoffarme Wirtschaft auf die Fahnen geschrieben haben, bemängeln häufig, dass ihnen Kapital fehlt. In Deutschland stufen betroffene Unternehmen die Hürden für Bankkredite aktuell als hoch ein. Zugleich mahnen Experten, dass es dem Kapitalmarkt an grünen Investmentzielen fehlt. Woher kommt dieser Widerspruch? 

Obwohl Banken sehr gerne grüne Investments finanzieren, denn sie vermindern damit auch ihren eigenen CO2-Fußabdruck, wird jeder Kredit aber auch auf alle anderen Risiken hin überprüft. Wenn zum Beispiel die zukünftigen Einnahmen zu gering oder zu unsicher sind, kann das zu einer negativen Kreditentscheidung führen. In solchen Fällen sind vielleicht Eigenkapitalinvestoren mit einer höheren Risikobereitschaft gefragt oder aber auch staatliche Kredite oder Garantien. Wenn Klimarisiken durch die regulatorischen Transparenzanforderungen stärker in die Unternehmensbewertung mit eingehen, wird der Kapitalmarkt dort investieren, wo es den besten Risk/Return gibt. Explizit grüne oder Net Zero Investment Ratios können Investoren helfen, ihren Beitrag zu den Klimazielen besser zu erfassen.    

Der aktuelle Krieg macht deutlich, wie wichtig die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern ist. Unlängst hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband bei der Vorstellung der Zahlen der Bankengruppe klargestellt, dass nun zügig ein Umdenken stattfinden müsse. Wie können Banken, aber auch Investoren Firmen helfen, ein grünes Geschäftsmodell finanziell zu verwirklichen? 

Bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsstrategie kann es sich lohnen, in Zusammenarbeit mit der Bank ein eigenes Green oder ESG-linked Finance Framework zu definieren. Sprich: Allgemeine ESG-Grundsätze festlegen und einarbeiten, die es dem Unternehmen ermöglichen, Zukunftsinvestitionen für den Übergang zu einem nachhaltigeren Geschäftsmodell mit dem Einsatz unterschiedlicher Finanzinstrumente innerhalb derselben Rahmenvereinbarung zu realisieren. Die definierten Bedingungen gelten dann für die gesamte Bandbreite an nachhaltigen Finanzlösungen und eine standardisierte Berichterstattung zeigt transparent auf, für welche Projekte die Gelder genutzt und welche nachhaltigen Erfolge erzielt wurden. Das sollte in enger Zusammenarbeit mit der Unternehmenskommunikation erfolgen.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Hürden bei Firmenkunden wie bei Finanzdienstleistern in der praktischen Umsetzung und wie lassen sie sich umgehen? 

Ein großes Problem sind sicherlich fehlende ESG-Daten bei Unternehmen und dadurch auch bei Finanzdienstleistern. Durch die EU-Taxonomie, die CSRD und das Lieferkettengesetz, um nur drei Gesetzesinitiativen zu nennen, wird sich diese Situation aber in den nächsten zwei Jahren verbessern. Kleinere Unternehmen haben noch etwas mehr Zeit, um ihren gesamten CO2-Fußabdruck und andere Nachhaltigkeitsinformationen zu veröffentlichen. Generell kann man sagen, je schneller und transparenter Unternehmen sind, desto besser sichern sie sich den Zugang zu Kapital. Die nächsten Jahre werden spannend werden.

Problematisch ist bei diesem Prozess, dass nicht jede grüne Idee tatsächlich auch nachhaltig ist. Immer wieder geraten Finanzierungen oder Investitionen in den Verdacht, nur einen grünen Anstrich zu haben. Imageschäden sind dann meist vorprogrammiert. Wie umschifft die Finanzbranche ein sogenanntes Greenwashing? 

Das Schwierige bei dem Thema ist, dass es keine global einheitliche Definition von Grün gibt. Die EU-Taxonomie hat nun eine Liste von grünen Aktivitäten zusammengestellt, die auch gewisse soziale Anforderungen erfüllen müssen und liefert damit Anhaltspunkte für die Beurteilung von grünen Investments und Unternehmen. Allerdings wandelt sich der Begriff stetig und auch die EU-Taxonomie-Anforderungen werden im Laufe der Zeit steigen. Was heute grün ist, kann in fünf Jahren nicht mehr grün sein. Deshalb muss man bei allen grünen Produkten sehr genau hinschauen, ob sie sich auf die relevanten und materiellen ESG-Kennzahlen der Unternehmen oder Investitionen beziehen. Offene Kommunikation und vollständige Transparenz sind sicherlich die besten Ratgeber für Unternehmen, um der Greenwashing-Gefahr zu begegnen.

Zur Person:

Alexandra Themistocli verfügt über langjährige, internationale Bankerfahrung aus verschiedenen Positionen, darunter Head of International Covered Bond Syndication und Head of Asset and Liability Management in verschiedenen Bereichen bei JP Morgan, Helaba und Dresdner Kleinwort. 

Zuletzt war sie als Senior Client Executive im Bereich Financial Institutions Coverage bei der SEB Deutschland tätig. Seit einigen Jahren liegt ihr Fokus auf dem Thema Nachhaltigkeit. Sie ist von der eFrankfurt School of Finance zertifizierte Expertin für Sustainable Finance


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