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2021 | OriginalPaper | Chapter

2. Nationalstaatliche Spielarten Auswärtiger Kulturpolitik: Begriffe, Konzepte und Entwicklungen in Deutschland und Frankreich

Author : Antonia Blau

Published in: Die Kunst der Dekolonisierung

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Die Ursprünge Auswärtiger Kulturpolitik hängen eng mit der Entstehung der Nationalstaaten und der Konstruktion von Nationalkulturen zusammen. Vor dem Hintergrund der deutsch-französischen Beziehungen lässt sich nachvollziehen, wie sich die national geprägten Konzepte Nation und Kultur durch grenzüberschreitende Beziehungen verändern und anpassen können, denn laut Konstruktivismus „erzeugen interagierende Staaten geteiltes Wissen um ihre Welt, das sie selbst auch wieder verändern“.

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Footnotes
1
Laut Anderson entstehen nationalstaatliche Gebilde in Europa aufgrund dreier zentraler Ereignisse. Durch die Erfindung des Buchdrucks wurde eine neue Zeitlichkeit geschaffen; das Lesen der Zeitung ermöglichte den Menschen die Wahrnehmung kontemporärer Ereignisse. Gedruckte Texte wurden zugänglich für viele: „[P]rint-capitalism […] made it possible for rapidly growing numbers of people to think about themselves, and to relate themselves to others, in profoundly new ways“ (Anderson 2006:36). Gutenbergs gedruckte Bibel kann innerhalb dieses Systems als „first modern-style mass-produced industrial commodity“ (Anderson 2006: 34) gelten. Darüber hinaus verlor Latein seine allmächtige Position als religiöse Sprache: „In a word, the fall of Latin exemplified a larger process in which the sacred communities integrated by old sacred languages were gradually fragmented, pluralized, and territorialized“ (Anderson 2006:19). Durch die neuen Drucksprachen konnte sich nationales Bewusstsein entwickeln.
 
2
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die auf Französisch verfasste Schrift Friedrich des Großen von 1780 – immerhin nur ein Jahr vor Erscheinen von Schillers „Die Räuber“ – „De la littérature Allemande“, in der er die deutsche Sprache als „une langue à demi-barbare“ („eine halb-barbarische Sprache“ Übersetzung d. Verf.) bezeichnet und die schlechte Qualität der deutschen Literatur bemängelt (vgl. Elias 1990:12 f.).
 
3
Der jüdische Hauptmann Dreyfus war in Frankreich des Hochverrats angeklagt und verurteilt worden. Am 13. Januar 1898 veröffentlichte der renommierte Romancier Emile Zola in der Zeitschrift L’Aurore seinen offenen Brief an den Präsidenten der Französischen Republik „J’accuse!“, in dem er die Aufhebung des Urteils forderte und die antisemitischen und nationalistischen Drahtzieher im Militärkorps anprangerte. Tags darauf erschien durch seine Initiative eine Unterschriftenliste, „une protestation“, von Künstlern, Wissenschaftlern und Publizisten, die sich ebenfalls für die Revision des Urteils aussprachen. Auffällig war, dass alle Unterstützer mit ihrem akademischen Titel unterschrieben und somit nicht nur als französische Staatsbürger, sondern als Akademiker für Dreyfus eintraten. Die Wissenschaft erlangte dadurch eine neue soziale Autorität.
 
4
Bourdieu bemerkt, dass die „Intelligenz erst politisch eingreifen konnte, als sie ihre spezifische Autorität konstituiert hatte“ (Bourdieu 1991:18). Auf dieser Autorität, die sie in ihrem jeweiligen Tätigkeitsfeld – Wissenschaft, Kultur oder Kunst – erringen müssen, beruht die Kompetenz der Intellektuellen. „In diesem autonomen Feld müssen die Intellektuellen unabhängig von religiöser, ökonomischer und politischer Macht produzieren können, um dann aus diesem herausgehen und ihre Kompetenz im politischen Feld einbringen zu können“ (Bourdieu 1991:18).
 
5
Colin und Umlauf nennen Sieburg und Sloterdijk als Beispiele für ambivalente Mittler im deutsch-französischen Kontext, die sich, von einer Vormachtstellung der eigenen Kultur ausgehend, nicht für Verständigung einsetzen. Daran machen sie deutlich, dass auch Reibungen und Konflikte zu nachhaltigen Beziehungen beitragen und nicht nur positive und idealistische Intentionen notwendig sind, um sich kennenzulernen oder miteinander auseinanderzusetzen. Auf die Bedeutung von Konflikten in grenzüberschreitenden Beziehungen wird in Kapitel 5 eingegangen.
 
6
Das Bild triumphierte über die Jahrhunderte und alle feierten die unbestrittene Vorherrschaft des Sichtbaren und des Spektakulären in aller Legitimität. In der Tat ist die christliche Revolution die erste und einzige monotheistische Lehre, die das Bild zum Symbol seiner Macht und zum Instrument all ihrer Eroberungen gemacht hat. Sie überzeugte alle Mächte von Ost nach West, dass jeder, der das Sichtbare ergreift, Herr des Königreichs ist und die Ordnung des Blicks organisiert“ (Übersetzung d. Verf.).
 
7
Die „symbolische Annexion der mediterranen Antike als Gründungsmythos westeuropäischer kultureller Überlegenheit“ geht mit der „gleichzeitige(n) Degradierung der mediterranen Gesellschaften“ (Randeira und Römhild 2013:21) einher. Die deutschen Vorstellungen des Orients sind vor allem von Goethes „Westöstlichem Diwan“ (erschienen 1819, erweitert 1827) und Friedrich Schlegels „Über die Sprache und Weisheit der Inder“ (1808) beeinflusst.
 
8
Seit Ende der neunziger Jahre existiert das Amt des Staatsministers für Kultur und Medien. Seit 2018 gibt es eine weitere Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik.
 
9
Johannes Crückeberg weist allerdings auf das ambivalente Verhältnis zwischen Goethe-Instituten und deutschen Botschaften im Ausland hin, das einen Unterschied zwischen de jure und de facto Autonomie erkennen lässt (vgl. Crückeberg 2016).
 
10
Die Kulturhoheit liegt bei den Bundesländern. Kulturpolitik auf Bundesebene hat in den letzten 20 Jahren allerdings an Bedeutung gewonnen. Neben dem Amt des Staatsministers für Kultur und Medien und dem Kulturausschuss des Deutschen Bundestag, die Ende der 1990er Jahre ins Leben gerufen werden, wird 2002 die Kulturstiftung des Bundes neu gegründet. Begleitet werden kulturpolitische Überlegungen auf Bundesebene durch die Kulturpolitische Gesellschaft und den deutschen Kulturrat (vgl. Scheytt 2008:130 f.).
 
11
Titel der 2. Auflage von Glaser und Stahl (1983), ursprünglich „Die Wiedergewinnung des Ästhetischen. Perspektiven und Modelle einer neuen Soziokultur“ (1974).
 
12
Titel des viel beachteten und zitierten Buchs von Hilmar Hoffmann (1979).
 
13
Die französische Kulturpolitik wird von Rigaud als „die älteste, ehrgeizigste und sichtbarste des Kontinents“ (Rigaud 2000:48) beschrieben.
 
14
Seit den späten 1940er Jahren bemüht sich Frankreich, auch außerhalb von Paris kulturelle Einrichtungen zu fördern. Die Gründung verschiedener centres dramatiques und des Festivals d’Avignon fallen in diese Phase. Doch erst der Kulturminister André Malraux führt den Ansatz weiter und gründet im ganzen Land so genannte maisons de la culture. Der gesamte Prozess wird stark durch französische Theatermacher geprägt, was zu einer „regelrechten Explosion“ des „französische[n] Theaterfeld[s] in den späten 1960er und 70er Jahren“ führt (Colin und Umlauf 2018:169).
 
15
Albertin weist darauf hin, dass sowohl Gegner als auch Anhänger der Dezentralisierung, die von Mitterrand ab 1982 auf den Weg gebracht wird, gerne auf Deutschland verweisen – entweder um „das föderalistische Modell demokratisch gegliederter Machtbalance“ oder „die zentralistischen Gewichte der dortigen verfassungspolitischen Entwicklung“ (Albertin 1989:211) hervorzuheben.
 
16
Andere Institutionen sind die Agence pour l’enseignement français à l’étranger (AEFE), die das französische Schulnetzwerk in der Welt seit 1990 koordiniert und die Agence Campus France für die Förderung französischer Hochschulbildung und akademischer Mobilität. Im Entwicklungsbereich sind Expertise France und die Agence française de développement (AFD) aktiv. Darüber hinaus gibt es Einrichtungen, die den Ministerien nah stehen und vor allem den kreativwirtschaftlichen Sektor Frankreichs unterstützen, so das Bureau international de l’édition française für den Literaturmarkt, Unifrance Films für Filmproduktionen und das Bureau export pour l’industrie musicale für die Musikindustrie. Französische Schule, Universitäten, Vertretungen lokaler Gebietskörperschaften und grenzüberschreitende Fernsehsender wie TV5 oder France Médias Monde runden das Bild ab (vgl. Haize 2016; Bohnenblust 2017:13 f.).
 
17
Das IF ersetzt damit den Verein Culturesfrance, der 2006 seinerseits an die Stelle der Association française d’action artistique (AFAA) und die Association pour la diffusion de la pensée française (ADPF) getreten war (vgl. Bohnenblust 2017:13).
 
18
Saisons sind vergleichbar mit Deutschlandjahren.
 
19
Wiederbelebung des während des Krieges unterbrochenen intellektuellen Austauschs, während eine Politik des Unterrichts der französischen Sprache im Ausland wieder eingeführt wird“ (Übersetzung d. Verf.).
 
20
Seit 1990 wurden in Mittel- und Osteuropa 11 Instituts français gegründet, was die Position Frankreichs als ‚größtes kulturelles multinationales Unternehmen der Welt‘ stärkt“ (Übersetzung d. Verf.).
 
21
Im Folgenden haben Gebietskörperschaften keine institutionellen Bremsen mehr und pflegen echte internationale Kulturbeziehungen zu ihren Kollegen über die Grenzen hinweg. Zivilgesellschaften möchten auch durch Verbände, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen (NGO) ihre besondere Stimme entweder in Krisenzeiten […] oder im normalen Spiel des kulturellen Austauschs Gehör verschaffen. […] In diesem Zusammenhang versucht der Nationalstaat, von überall angegriffen, angesichts von Konkurrenz und Zweifeln, wenn nicht Sarkasmus, seinen Platz wiederzugewinnen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
22
„[…] nach einer Erosion der Haushaltsmittel des Quai d'Orsay, einer Alterung klassischer Formen kulturellen Handelns, dem Rückgang des Status der französischen Sprache und der Veränderung der globalen Geopolitik“ (Übersetzung d. Verf.).
 
23
Diese Idee ist keineswegs neu. Der Journalist Olivier Schmidt hatte bereits 1989 in Le Monde angeregt: „Après que les instituts et centres culturels auront accentué leur effort d’insertion dans le milieu local et leur capacité d’autofinancement, ils devraient bénéficier d’une plus grande autonomie de décision et de gestion. […] Ce double cheminement permettra aux centres et aux Alliances de constituer à court terme un réseau unique dont les établissements seraient fédérés dans une même structure à l’image de l’institut Goethe allemand et du British Council“ (zitiert in Le Sourd 1997: 76) („Nachdem Kulturinstitute und -zentren ihre Bemühungen zur Integration in das lokale Umfeld und zur Selbstfinanzierung verstärkt haben, sollten sie von einer größeren Autonomie bei der Entscheidungsfindung und Verwaltung profitieren. […] Dieses doppelte Vorgehen wird es den Zentren und den Alliances ermöglichen, kurzfristig ein einziges Netzwerk zu bilden, dessen Einrichtungen in einer gemeinsamen Struktur wie dem deutschen Goethe-Institut und dem British Council zusammengefasst würden“ Übersetzung d. Verf.).
 
24
In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass das französische Parlament darauf drang, zwischen 2011 und 2013 „une expérimentation du rattachement du réseau à l’Institut français“ (Haize 2016) („ein Experiment zur Verbindung des Institut français mit dem Netzwerks“ Übersetzung d. Verf.) durchzuführen. Der damalige Außenminister Bernard Kouchner entschied 2013 gegen eine Anbindung der Auslandsinstitute an das IF in Paris und damit gegen eine Abkopplung vom Außenministerium.
 
25
dieses Netzwerk leidet derzeit aufgrund seines Alters, seiner Größe und seiner Vielfalt unter Atemnot“ (Übersetzung d. Verf.).
 
26
Wirtschaftsdiplomatie, Entwicklungspolitik und globale öffentliche Güter und die Diplomatie der Einflussnahme“ (Übersetzung d. Verf.).
 
27
Daniel Haize macht für 2016 nur noch 9 % für die „Coopération culturelle et promotion du français“ bzw. 14 % für die „Attractivité et recherche“ des außenpolitischen Budget aus (Haize 2016).
 
28
Externes kulturelles Handeln im weiteren Sinne ist eine grundlegende Säule des französischen Einflusses“ (Übersetzung d. Verf.).
 
29
Die Kulturdiplomatie hat sich in den letzten Jahren der Notwendigkeit bewusst gemacht, andere Ausdrucksformen zu finden, die auf Respekt und Verständnis für die Vielfalt der Welt und der Kulturen beruhen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
30
So hat Emmanuel Macron Anfang 2019 eine Erhöhung des Budgets des IF um 6 % angekündigt, was nach sieben-jährigem Abwärtstrend erstmals wieder eine Erhöhung auf das Niveau von 2014 bedeutet (vgl. Eschapasse 2019). Inhaltlich ist die Ausrichtung auf „soft power“ und „politique d’influence“ jedoch weiterhin Teil des offiziellen Diskurses (vgl. ebd.).
 
31
„,komparativen Vorteilim globalen Wettbewerb und es wäre dumm, ihn nicht zu nutzen. […] Wir müssen eine neue Grammatik des internationalen Einflusses erfinden, und Kultur ist eine davon‘“ (Übersetzung d. Verf.).
 
32
Die französische Kulturdiplomatie zielt nicht darauf ab, ein prestigeträchtiges Bild Frankreichs zu exportieren, sondern ihre Arbeitsweise auf die Schaffung neuer Wege der Zusammenarbeit zu stützen, die die Besonderheiten jedes einzelnen berücksichtigen. […] Es ist notwendig, die Verschiedenartigkeit der Standpunkte unserer ausländischen Gesprächspartner in den Mittelpunkt der Arbeitsmethoden zu stellen: Die Vision muss daher aus dem Feld hervorgehen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
33
Der Hinweis ist klar: Frankreich als zweitgrößter Einzahler in EU-Programme sollte auch von der Verteilung europäischer Gelder profitieren (vgl. Claudel, Fohr, und Tadié 2017).
 
34
Der Präsident der Republik möchte die kulturelle Dimension wieder in den Mittelpunkt des europäischen Aufbaus stellen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
35
politischen und kulturellen Zielen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
36
Der oft wiederholte Fehler besteht darin zu glauben, dass Kultur direkt einem Zweck ‚dient‘, ein politisches oder kommerzielles Ziel erreichen kann, obwohl sie in vielen Ländern tatsächlich die Grundbedingung ist“ (Übersetzung d. Verf.).
 
37
Wenn die öffentliche Macht sie direkt verwaltet, leiden sie unter den bekannten Krankheiten, von denen der moderne Staat betroffen ist: Bürokratie, Trägheit, Politisierung“ (Übersetzung d. Verf.).
 
38
Verbannen wir die ‚ethnozentrischen‘ Wege, die unsere Kulturdiplomatie immer noch zu oft einschlägt, insbesondere in den Phasen des Rückzugs in sich selbst, die wir alle gegenwärtig erleben und die uns dazu drängen, Unterschiede zu leugnen oder sogar abzulehnen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
39
Hans Manfred Bock weist darauf hin, dass noch in der Zwischenkriegszeit das Interesse an Frankreich „im Wesentlichen auf die bürgerlichen und aristokratischen Eliten begrenzt“ blieb (Bock 2013:32). Dies ändert sich nach dem Zweiten Weltkrieg.
 
40
Elemente deuten auf den Wettbewerb oder die kulturelle Nachahmung hin, an der die Westalliierten in Deutschland beteiligt waren“ (Übersetzung d. Verf.).
 
41
Zu ergänzen wäre, dass das geteilte Deutschland während des gesamten Kalten Krieges Schauplatz für den (nicht nur) symbolischen Kampf um kulturelle und ideologische Einflussnahme der Mächte aus Ost und West ist.
 
42
die Deutschen durch Bildung und Kultur ‚umzuerziehen‘“ (Übersetzung d. Verf.).
 
43
Corinne Defrance weist darauf hin, dass das ursprüngliche Ziel die Eröffnung eines IF pro Bundesland war (vgl. Defrance 2001:88).
 
44
Frankreich setzt somit die Kultur ins Zentrum seiner Beziehungen mit der DDR“ (Übersetzung d. Verf.).
 
45
Die Eröffnung dieses französischen Kulturzentrums in der DDR, ohne die Zusammenarbeit mit der BRD zu gefährden, ist daher Teil einer Außenpolitik, die darauf abzielt, die Teilung Europas zu überwinden“ (Übersetzung d. Verf.).
 
46
zwei Kulturpolitiken für zwei Deutschlands“ (Übersetzung d. Verf.).
 
47
Frankreich zeigte sich besorgt hinsichtlich einer zu starken Position des vereinigten Deutschlands und befürchtete „de voir la France marginalisée en Europe“ (Le Sourd 1997:32) („Frankreich in Europa marginalisiert zu sehen“ Übersetzung d. Verf.).
 
48
Mit 24 Instituts français im ganzen Land, die ein Sechstel des globalen Netzwerks ausmachen, bestätigt es [Frankreich], dass es keine wichtigeren kulturellen Herausforderungen gibt als im vereinten Deutschland“ (Übersetzung d. Verf.).
 
49
privilegiertes Terrain der Koordination“ (Übersetzung d. Verf.).
 
50
Experimentierort für eine erneuerte deutsch-französische Partnerschaft“ (Übersetzung d. Verf.).
 
51
Allerdings weisen Isabel Schäfer und Dorothée Schmid darauf hin, dass die Eröffnung des deutsch-französischen Kulturzentrums auf das Engagement einzelner Individuen zurückzuführen ist und die zuständigen Ministerien das Projekt nicht durchgehend unterstützen. Darüber hinaus erwähnen sie die Kritik lokaler Palästinenser, die die französische Zusammenarbeit mit den im Westjordanland wenig präsenten Deutschen hinterfragen (vgl. Schäfer und Schmid 2005:418 f.).
 
52
Emmanuel Macron und Angela Merkel kündigen dies Anfang 2019 im Rahmen der Feierlichkeiten des Aachener Vertrags an.
 
53
Diplomatische Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel bestehen ab 1965, woraufhin sich ein enger Austausch in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur entwickelt. „Mais au plan politique, les officiels allemands soulignent qu’ils ne peuvent exprimer publiquement leur désaccord avec Israël, même s’il leur arrive d’esquisser en privé un dialogue critique“ (Schäfer und Schmid 2005:412) („Politisch betonen deutsche Beamte jedoch, dass sie ihre Meinungsverschiedenheit mit Israel nicht öffentlich zum Ausdruck bringen können, selbst wenn sie gelegentlich privat einen kritischen Dialog führen“ Übersetzung d. Verf.).
 
54
Tatsächlich steht das deutsche Gewissen in der Region vor einer doppelten historischen Verantwortung: Die Schaffung Israels, eine Folge des Zweiten Weltkriegs, ist auch die indirekte Ursache des palästinensischen Unglücks. Die Unterstützung für den Aufbau eines unabhängigen palästinensischen Staates wird daher von einigen deutschen Beamten als Höhepunkt der Erlösungsbemühungen nach dem Holocaust angesehen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
55
Für die Finanzierungsperiode 1994-2001 ist Deutschland wichtigster Geldgeber für Palästina nach den USA und der Europäischen Kommission (vgl. Schäfer und Schmid 2005:418).
 
56
Die Wiedervereinigung beendet so „quarante ans de schizophrénie diplomatique, également perceptible dans les rapports avec la région du Proche et Moyen-Orient“ (Schäfer und Schmid 2005:415) („vierzig Jahre diplomatische Schizophrenie, auch deutlich in den Beziehungen mit dem Nahen und Mittleren Osten“ Übersetzung d. Verf.), wo BRD und DDR in Konkurrenz zueinander arbeiteten (vgl. ebd., Fußnote 11).
 
57
Vgl. Abschnitt 3.​3.​2.
 
58
die allgemein pro-arabische politische Etikette der Franzosen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
59
zu abhängig vom Wohlwollen der israelischen Administration“ (Übersetzung d. Verf.).
 
60
Die Ideologie der Zivilisationsmission Frankreichs, Erbe des Gedankens von 1789, begleitet den Prozess der Kolonialisierung im Mittelmeerraum. Sowohl im 19. als auch im 20. Jahrhundert versuchten die politischen Mächte nicht, den Widerspruch zu lösen, der ihrem messianischen Ansatz innewohnt, nämlich einer Berufung, die als humanitäre, egalitäre und universalistische Moral dargestellt wird und das ihr innewohnende Ausbeutungssystem“ (Übersetzung d. Verf.).
 
61
Obwohl die charakteristische Gewalt der Beziehungen zwischen Frankreich und den arabischen Staaten sie von diesem Akteur fernhalten sollte, speisen die geografische Nähe und die Instrumentalisierung der historischen Vergangenheit die Produktion einer spezifisch französischen Rhetorik, ‚die arabischen Politik Frankreichs‘“ (Übersetzung d. Verf.).
 
62
https://​www.​francophonie.​org/​L-Organisation-internationale-de-la-Francophonie-42707.​html (Abgerufen 12. April 2019). „Eine Schicksalsgemeinschaft, die sich der Zusammenhänge und des Potenzials bewusst ist, die sich aus dem Teilen einer Sprache, Französisch, und universellen Werten ergeben“ (Übersetzung d. Verf.).
 
63
Dazu kommt es allerdings nicht.
 
64
die gaullistische Position (erschütternde Erklärungen der Verurteilung des hebräischen Staates, dann ein Embargo für die Lieferung von militärischer Ausrüstung) wurde von den Israelis als hart empfunden und nie vergeben“ (Übersetzung d. Verf.).
 
65
Der französische Staat befürwortet seinerseits die kulturelle Zusammenarbeit, die als Erweiterung einer politischeren Positionierung angesehen werden kann“ (Übersetzung d. Verf.).
 
66
Die Hamas wird als islamische Widerstandbewegung 1987 vom Prediger Ahmed Yasin gegründet (vgl. Flug und Schäuble 2008:127) und erkennt den Staat Israel nicht an. Ähnlich der Hisbollah im Libanon hat die Hamas viele Unterstützer in ärmeren Bevölkerungsteilen, da sie sich durch die Gründung sozialer Einrichtungen hervortut. Das komplexe Verhältnis zwischen Nationalismus und Islamismus charakterisiert die Hamas bis heute, ebenso wie ihre tiefe Verwurzlung in Gaza im Gegenteil zur durch das Exil geprägten Fatah (vgl. Filiu 2004b:61). Die Hamas wird u. a. von der EU als terroristische Organisation eingestuft.
 
67
Diese Entwicklung beschreibt der erste Direktor des Institut français im gemeinsamen deutsch-französischen Zentrum, bei einem persönlichen Gespräch in Paris am 17. Juli 2015.
 
68
Das Institut français wird von vielen Künstlern als einer der wenigen Orte des ‚Atmens‘ in Gaza, als ‚Fenster zur Welt‘ und als eines der aktivsten Zentren des Streifens wahrgenommen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
69
Anfang 2019 kommt es zu einer Intervention des israelischen Militärs im Institut français in Ost-Jerusalem, als ein Verein palästinensischer Frauen, dem vorgeworfen wird, Gelder der PA zu erhalten, dort sein Kunsthandwerk präsentiert (vgl. France 24 2019).
 
70
Das inoffizielle Verhältnis zwischen Kunst und Politik ist komplexer; die Diskussion darum wird weit über das Ende der DDR geführt. Die genuine Charakterisierung der DDR-Kunst im Allgemeinen und der Literatur im Besonderen als „Stillhalteliteratur“ voll „Gesinnungsästhetik“ (Emmerich 2005:13) führt dazu, dass sie seit der Wende 1989/90 einen „Reputationsverlust“ (Emmerich 2005:11) erleidet, von dem sie sich nur langsam erholt. So bemerkt auch Saehrendt: „In den Jahren nach 1989 ist Kunst aus der DDR vor allem unter politischen Gesichtspunkten betrachtet und präsentiert worden. Die Rezeption der Bildwelt der DDR spielte sich zwischen den Polen der Skandalisierung und Verdrängung ab“ (Saehrendt 2009:152). Dabei ermöglicht Kunst in der DDR gesellschaftliche Freiräume, die sonst fehlen: „Wie so oft in der DDR, wenn die Individuen nicht selbst zu Wort kommen konnten und auch die Wissenschaft ihnen nicht diesen Freiraum schuf, sprangen die Künste ein“ (Lindner 1991:247).
 
71
Auch der Bezug auf Goethe und seinen „Faust“ ist für die DDR relevant. Am Ende des zweiten Teils bekennt sich Faust zur Verantwortung für die Gesellschaft und setzt sich für menschenwürdige Zustände ein.
 
72
Der Ausdruck des „verordneten Antifaschismus“ wird vom Autor Ralph Giordano in seinem 1990 erschienenem Buch „Die zweite Schuld oder von der Last Deutscher zu sein“ geprägt und seitdem von verschiedenen Wissenschaftlern in ihrer Auseinandersetzung mit der DDR aufgenommen.
 
73
Maeke weist allerdings darauf hin, dass das erste PLO-Büro in Europa überhaupt bereits 1968 in Frankfurt am Main eröffnet wurde (vgl. Maeke 2017:4). Er macht daran die „doppelte Deutschlandpolitik Jassir Arafats“ (Maeke 2017:9) fest.
 
74
In der arabischen Welt existieren ein KIZ in Kairo, das „Haus der Freundschaft der DDR“ mit Zweigstelle in Alexandria, ein KIZ in Bagdad, in Khartum, in Tansania und eine Lesestube in Ghana (vgl. Evers 2015). Die beiden KIZ in Ägypten müssen jedoch 1977 schließen, als sich der ägyptische Präsident Anwar El Sadat zunehmend Richtung Westen orientiert (vgl. Saehrendt 2009:81).
 
75
Der Reisebericht eines DDR-Verantwortlichen zählt auf: „Algerien, Argentinien, Australien, Brasilien, Chile, Cuba [sic!], Dänemark, Dominikanische Republik, Ägypten, Frankreich, BRD (Klasen, Schmitt, Rieder), Ungarn, Irak, Italien, Japan, Libanon, Marokko, Palästina, Peru, Polen, Rumänien, Spanien, Syrien, USA (Morgan), UdSSR (Bisti, Paol, Plakhof, Sitnikhof, Smelter, Valson), Uruguay, Venezuela, Jemen“ (Zentrum für Kunstausstellungen der DDR 1981:4).
 
76
Auf die Bedeutung der Ausstellung wird in Abschnitt 4.​1.​3 genauer eingegangen.
 
77
Die beiden Kuratorinnen recherchieren und organisieren die Ausstellung „Past Disquiet: Narratives and Ghosts from the International Art Exhibition for Palestine, 1978“, die 2015 im Museu d’Art Contemporani de Barcelona (MACBA) und im Frühjahr 2016 im Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin unter dem Titel „Zeit der Unruhe“ präsentiert wird und sich mit der Konferenz „A History of Limits. Zur Architektur von Kanonerzählungen“ in den Programmzyklus zu Kanon-Fragen 2016-19 einbettet.
 
78
In Frankreich unterstützt beispielsweise der Künstler Claude Lazar, der eng mit dem PLO-Vertreter in Paris, Ezzedine Kalak, befreundet ist, die Ausstellung (vgl. Khouri und Salti 2016:98 f.).
 
79
Ein Teil der Werke war im Vorjahr bereits in Beirut unter dem Titel „Palästina kämpft“ gezeigt worden: die „erste in sich geschlossene Exposition mit Werken von DDR-Künstlern im Libanon“ (Pretzsch 1982) und die zweite überhaupt in der von der Kultursektion der PLO betriebenen Galerie Dar Al Karamah nach deren Eröffnung.
 
80
Repräsentative Beiträge der bildenden Kunst aus der DDR sind bei der documenta in Kassel oder der Biennale von Venedig ab Ende der 1970er Jahre vertreten (vgl. Saehrendt 2009:10).
 
81
Ihre Interessen und ihre eigenen diplomatischen Zwänge sind in der Tat zu widersprüchlich, als dass die deutsch-französische Partnerschaft hier etwas bewirken könnte“ (Übersetzung d. Verf.).
 
Metadata
Title
Nationalstaatliche Spielarten Auswärtiger Kulturpolitik: Begriffe, Konzepte und Entwicklungen in Deutschland und Frankreich
Author
Antonia Blau
Copyright Year
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32465-0_2