Regenerative Landwirtschaft kann CO₂-Emissionen senken und gleichzeitig wirtschaftliche Vorteile für landwirtschaftliche Betriebe bringen, so eine neue Studie. Grundlage ist ein mehrjähriger Praxistest auf einem Ackerbaubetrieb in Sachsen-Anhalt.
CO₂-Emissionen und höhere Erträge wären nach einer aktuellen Studie durch nachhaltigere Landwirtschaft möglich (im Bild ein mit Biodiesel betriebener Traktor).
Frank Urbansky
In einem von PwC Deutschland und dem AgriTech-Unternehmen Klim untersuchten Betrieb konnten die landwirtschaftlichen Emissionen (sogenannte FLAG-Emissionen) durch den Einsatz regenerativer Methoden um rund 30 Prozent reduziert werden. Die Gesamtemissionen des Betriebs sanken im Vergleich zum konventionellen Szenario um 15 Prozent – von 215,04 auf 186,78 Tonnen CO₂-Äquivalente.
Zu den angewandten Maßnahmen zählten unter anderem Direktsaat, Zwischenfruchtanbau, Untersaaten und eine vielfältigere Fruchtfolge. Die Ergebnisse sind Teil des Praxisleitfadens Regenerative Landwirtschaft, der laut PwC die erste unabhängige Untersuchung ist, die ökologische und wirtschaftliche Effekte regenerativer Praktiken systematisch erfasst.
Ertragssteigerung um sieben Prozent
Auch wirtschaftlich zeigen sich laut Studie Vorteile: Der Einsatz von Zwischenfrüchten und Untersaaten führte zu einer Steigerung des Winterweizenertrags um sieben Prozent. Gleichzeitig konnten durch natürliche Stickstofffixierung die Ausgaben für mineralische Düngemittel reduziert werden.
"Der Abgleich der beiden Szenarien verdeutlicht das Potenzial regenerativer Praktiken, sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile für die Landwirtschaft zu realisieren", sagt Andree Simon Gerken, Partner für Agrar & Klimaschutz im Bereich Nachhaltigkeitsberatung bei PwC Deutschland.
Komplexer Wandel
Der Wandel hin zu regenerativer Landwirtschaft sei komplex, so die Studienautoren. Notwendig sei eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, verarbeitender Industrie und Lebensmitteleinzelhandel. "Lebensmittelunternehmen müssen und wollen die Transformation anführen – doch sie können das nicht ohne die Zusammenarbeit mit den Landwirten", betont Dr. Robert Gerlach, CEO des Berliner Unternehmens Klim. Nur durch gemeinsame Anstrengungen lasse sich ein großflächiger Wandel realisieren.
Langfristige Partnerschaften, digitale Plattformen zur Datennutzung sowie automatisierte Prozesse könnten die Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette effizienter machen. Der Lebensmitteleinzelhandel könne dabei als Impulsgeber wirken, indem er Anforderungen an regenerative Anbaumethoden definiert und deren Anwendung fördert.
Anreize und Wissenstransfer entscheidend
Neben der Zusammenarbeit seien gezielte Anreize erforderlich, um Landwirte bei der Umsetzung zu unterstützen – etwa durch Förderprogramme, Vergütung für CO₂-Einsparungen oder praxisnahe Beratung. "Nicht zuletzt ist auch ein langer Atem entscheidend, da sich Erfolge oft erst nach einiger Zeit einstellen. Umso wichtiger ist es, aus Fehlern zu lernen und auch mal mutige Wege zu gehen, um effektivere Ansätze zu entwickeln", so Gerken.
Viele Landwirte zögerten derzeit noch, regenerative Ansätze umzusetzen – häufig wegen fehlender Standards, hohem Aufwand und wirtschaftlicher Unsicherheiten. Der Praxisleitfaden will hier Orientierung bieten und zeigt, dass sich Investitionen in Bodengesundheit, Biodiversität und nachhaltige Bewirtschaftung langfristig lohnen können.
Sechs Jahre Betriebssimulation
Die zugrunde liegende Analyse basiert auf einer detaillierten Simulation eines Ackerbaubetriebs in Sachsen-Anhalt über den Zeitraum von 2019 bis 2024. Berücksichtigt wurden alle Produktionsschritte – von der Saatgutgewinnung über den Anbau bis hin zum Transport. Emissionen und Bindung von Treibhausgasen wurden nach dem Greenhouse Gas Protocol und den FLAG-Richtlinien der Science Based Targets Initiative (SBTi) berechnet. Auch wirtschaftliche Kennzahlen wie Kosten für Betriebsmittel und Deckungsbeiträge flossen in die Bewertung ein.