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25-08-2020 | Nutzfahrzeuge | Schwerpunkt | Article

Nutzfahrzeugbranche im Umbruch

Authors: Christoph Berger, Dieter Beste

4:30 min reading time

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Lkw-Hersteller stehen vor vielfältigen Herausforderungen. Allem voran Dekarbonisierung und Digitalisierung des Transports. Und hinzu kommt dann noch die Corona-Krise. 

Wie sehr sich Lkw in den letzten 60 Jahren verändert haben, zeigt exemplarisch ein Vergleich der Fahrerarbeitsplätze in den Trucks, den Daimler kürzlich zwischen historischen und aktuellen Modellen vornahm. Bestanden die Cockpits in den 1960er-Jahren noch aus einer lackierten Brüstung aus Blech, einem großen, feingliedrigen Bakelit-Lenkrad, variantenreich gestalteten Schaltern sowie – damals sehr wichtig – einem Aschenbecher, ist der Arbeitsplatz des Fahrers heute voll digitalisiert mit Bildschirmen, Assistenzsystemen und Multifunktionslenkrad. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang vom Human Machine Interface (HMI).

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01-03-2020 | Forschung

Technische und ökobilanzielle Analyse von Langstrecken-Lastkraftwagen für das Jahr 2050

Alternative Antriebskonzepte werden momentan an vielen Stellen erforscht, und einzelne sind auch schon marktreif. Die Aktivitäten in diesem Bereich sind jedoch hauptsächlich bei Pkw zu sehen. Wo die Reise bei Schwerlast-Lastkraftwagen hingeht, ist momentan noch nicht ersichtlich. Die Universität Stuttgart und IAV haben in einem Forschungsprojekt der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen die Antriebsstränge zukünftiger Schwerlast-Lastkraftwagen für den Fernverkehr untersucht, welche möglichst wenig CO2 emittieren sollen.

Der Blick ins Fotoalbum macht deutlich, wie rasend schnell sich die Fahrzeuge in den letzten Jahrzehnten verändert und weiterentwickelt haben. Von Stillstand kann auch heute keine Rede sein: Die weitere Reduktion der CO2-Emissionen sowie alternative Antriebskonzepte stehen dabei ganz oben auf den To-do-Listen der Lkw-Hersteller. Aber auch Effizienzsteigerungen in den Produktionslinien werden angestrebt. Und nicht zuletzt gilt es, die Folgen der Covid-19-Krise zu bewältigen.

Digitalisierung und Innovationen für die Wettbewerbsfähigkeit

Die Corona-Krise setzt der Branche derzeit zu. Laut einer Analyse des Beratungshauses Bain & Company werden die weltweiten Lkw-Verkäufe 2020 gegenüber der ursprünglichen Prognose im wahrscheinlichsten Szenario um 14 Prozent einbrechen. Europa ist davon mit einem zu erwartenden Minus von 30 Prozent besonders stark betroffen. Nun braucht es nicht nur einen umfassenden Aktionsplan für die kommenden Jahre, um den niedrigeren Verkaufszahlen entgegenzuwirken, auch Investitionen in die Digitalisierung der Unternehmensprozesse und digitale Services rund um die Fahrzeuge seien wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, empfehlen die Bain-Analysten. Dabei sind nicht nur die Fahrzeughersteller gefordert, denn deren Branche ist unter anderem auch von der Gesamtentwicklung in der Transport- und Logistikindustrie abhängig. Und auch die hat unter der Corona-Pandemie zu leiden: In der PwC-Studie "Transport and logistics barometer" prognostizieren die Unternehmensberater einen Einbruch der Bruttowertschöpfung im europäischen Frachtverkehr und in der Logistik für 2020 von 8,6 Prozent. Sodass auch deren Empfehlung lautet: Weitere Digitalisierung und weitere Innovationen werden eine zentrale Rolle dabei spielen, wie schnell sich die Branche von der Krise erholen kann.

Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie stellt die Gesetzgebung die Fahrzeughersteller vor große Herausforderungen. Wie im Fachartikel Technologieszenarien zur Erfüllung der kommenden EU-CO2-Nutzfahrzeugflottenziele aus der ATZheavy duty 1-2020 erläutert, fordern die von der Europäischen Kommission definierten zukünftigen CO2-Flottenziele für Nutzfahrzeuge eine Reduktion der CO2-Emissionen von 15 Prozent zum Zeitpunkt 2025 und 30 Prozent im Jahr 2030. Im Fokus stehen dabei die neuzugelassenen Nutzfahrzeuge der Untergruppen 4, 5, 9 und 10. Für das Erfüllen der Ziele stehen laut den Autoren folgende Optionen zur Verfügung:

  • Wirkungsgradsteigerung des Verbrennungsmotors
  • Einsatz von alternativen Kraftstoffen wie Gas
  • Einsatz von alternativen Antrieben wie Hybrid-, batterieelektrische und Brennstoffzellenkonzepte
  • fahrzeugseitige Maßnahmen wie Reduktion des aerodynamischen Luftwiderstands, Verringerung des Reifenrollwiderstands, Gewichtsreduktion sowie der Einsatz von Assistenzsystemen.

Dekarbonisierung des Transports bis 2039 

Fünf verschiedene und mögliche Antriebskonzepte wurden auch in einem Forschungsprojekt der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen, durchgeführt von der Universität Stuttgart und der IAV GmbH Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr. Über die Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachartikel Technische und ökobilanzielle Analyse von Langstrecken-Lastkraftwagen für das Jahr 2050 aus der ATZheavy duty 1-2020. Als Prämisse für ihre Untersuchungen haben die Springer-Autoren angenommen, dass 2050 die Energieerzeugung zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen durch heute bekannte Anlagen erzeugt werden wird. Demnach hat das CEV (Catenary Electric Vehicle), also der Oberleitungs-Lkw, die geringsten Treibhausgasemissionen (TGH). Es folgen batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge. Die Verbrenner haben demnach die höchsten THG-Werte. "Diese Reihenfolge bleibt auch bei der Strombereitstellung mit höheren THG-Emissionen bestehen", schreiben die Autoren.

Die großen Lkw-Hersteller selbst kündigten an, bis 2039 eine Dekarbonisierung des Transports anzustreben, wie Stefan Schlott im Fachartikel Entwicklungspfade zum CO2-neutralen Güterverkehr aus der MTZ 5-2020 schreibt. Schlott fügt aber auch an: "Am Wie scheiden sich allerdings die Geister." Das gilt gerade dann, wenn vom Straßengüterfernverkehr die Rede ist. Denn, so schreibt Schlott, in diesem Segment, in dem mit hohen und wachsenden Fahrzeugfahrleistungen zu rechnen sei, würden alternative Antriebe die Anwenderanforderungen auf absehbare Zeit (noch) nicht erfüllen. Zumal für die Hersteller noch nicht klar ist, welche Antriebstechnik die der Zukunft werden wird. Somit müsse auch in allen weiteren Disziplinen weitergearbeitet werden. Schlott erwähnt unter anderem die Scania-Pathways-Studie. In der heißt es, dass allein durch die Optimierung von Transportsystemen, zum Beispiel durch verbesserte Routenführung und besseres Lastmanagement, die CO2-Emissionen um über 20 Prozent gesenkt werden könnten.

Die Branche muss sich schnell verändern

Zusätzlich gebe es die wirtschaftliche Betrachtung, fügt Schlott an. So sagte Daimler-Nutzfahrzeugchef Martin Daum im Rahmen des Deutschen Logistikkongresses Ende Oktober 2019: "Wenn fossile Kraftstoffe weiterhin vergleichsweise günstig bleiben, werden die technischen Fortschritte nicht ausreichen, um CO2-neutrale Lkw wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu machen. Das heißt: CO2-neutrale Lkw werden kein Selbstläufer sein. Dieser Markt wird nicht einfach so entstehen – er muss gemacht werden."

In dem von Stefan Schlott vorgestellten Fazit geht es bei all den Unwägbarkeiten somit um eine schnelle und unmittelbare Veränderung der Branche, die nun nötig sei. Für das große Ziel 2050 seien bereits bis 2025 Veränderungen in einer Größenordnung erforderlich, "die nicht nur neue Techniken, sondern auch neue Infrastrukturen, Verhaltensweisen und Partnerschaften umfassen."

Alle tagesaktuellen Beiträge rund um die Corona-Krise finden Sie hier

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