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Published in: Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO) 2/2022

Open Access 30-05-2022 | Hauptbeiträge - Thementeil

Partizipation im Workplace Change – Praxisbericht über die Prozessbegleitung einer Expertenorganisation vor Bezug neuer Büroräume

Authors: Dr. Sebastian Ulbrich, Magdalena Mateescu, Prof. Dr. phil. Hartmut Schulze

Published in: Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO) | Issue 2/2022

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Zusammenfassung

In Zukunft wird die Zunahme mobil-flexibler Arbeit einen größeren Einfluss auf die Veränderungen von Arbeitsumgebungen in Organisationen haben. Das Potenzial für Beteiligung ist hier besonders hoch, da neben der Büroraumgestaltung auch gewohnte Arbeitsweisen vom Wandel betroffen sind. Dabei ist oft unklar, in welchem Umfang und in welcher Form Partizipation praktisch umgesetzt werden kann und welche Erfolgsfaktoren und Barrieren damit verbunden sind. In diesem Beitrag der Zeitschrift Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO) berichten wir über unsere Erfahrungen mit Partizipation im Workplace Change vor dem Bezug neuer Büroräume für 550 Mitarbeitende einer Expertenorganisation in der Schweiz. Wir geben einen Überblick über die Umsetzung eines umfassenden Partizipationskonzepts und diskutieren die Wirkung von Beteiligungsmaßnahmen. Die Ergebnisse aus 30 qualitativen Interviews zeigen, dass ein gut geplantes Beteiligungskonzept, das Beteiligungsradius und Beteiligungsgrade berücksichtigt, Kommunikations- und Feedbackprozesse verbessern und die Akzeptanz von Entscheidungen erhöhen kann. Ferner zeigten sich Aspekte der Fairness und angemessene Erwartungen von Mitarbeitenden und Führungskräften als wichtige Erfolgsfaktoren für Beteiligung.

1 Was ist das Besondere an Workplace Change Projekten?

Aktuell stehen Firmen und Organisationen vor der Herausforderung, die Konsequenzen der Zunahme mobil-flexibler Arbeitsweisen für die Gestaltung der Arbeitsumgebungen vor Ort angemessen zu berücksichtigen und entsprechende Veränderungen umzusetzen. Mobil-flexible Arbeitsweisen (Schulze et al. 2014) haben im Zuge der Digitalisierung insbesondere im tertiären Dienstleistungssektor deutlich zugenommen. Mehr als 50 % aller Erwerbstätigen in der Schweiz (Craviolini et al. 2021; Weichbrodt et al. 2020) und Deutschland (Bonin et al. 2021) konnten überwiegend positive Erfahrungen mit Homeoffice während der Coronapandemie sammeln (Weichbrodt und Schulze 2021). Im High-Tech- und wissensintensiven Dienstleistungsbereich in der Schweiz liegen die Anteile der Mitarbeitenden, die mindestens teilweise im Homeoffice oder an anderen Orten als im Stammhaus arbeiteten und dies auch weiterhin tun möchten, bei 70 % und mehr (Weichbrodt et al. 2020).
Mit der Veränderung von Arbeitsweisen rückt der Wandel der Arbeitsumgebungen in sogenannten Workplace Change Projekten verstärkt in den Fokus. Durch die Zunahme mobil-flexibler Arbeit wird die Auslastung von Bürofläche reduziert, was Unternehmen dazu veranlasst, neue Formen der Bürogestaltung zu erproben. Gezielte Veränderungen in der Arbeitsumgebung folgten in den vergangenen Jahren verstärkt dem aktivitätsorientierten Ansatz (Lütke Lanfer und Becker 2020). Nach diesem Gestaltungsansatz wird die Büroumgebung an die Anforderungen unterschiedlicher Tätigkeiten angepasst, zum Beispiel durch ein erweitertes Angebot an Rückzugsmöglichkeiten für konzentriertes Arbeiten. Mobil-flexible Arbeitsweisen und neue Ansätze in der Büroraumgestaltung haben sich insgesamt als wichtige Einflussgrößen gezeigt, die sowohl für das Engagement, die Produktivität und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden als auch das Erreichen strategischer Ziele der Organisation gleichermaßen bedeutsam sind (Krause et al. 2018).
Mit Workplace Change Management sollen Veränderungen der Arbeitsumgebung und Arbeitsweise so begleitet werden, dass die Arbeitsfähigkeit und das Engagement der Mitarbeitenden auf möglichst hohem Niveau erhalten und gefördert werden. Es handelt sich hierbei um eine spezifische Form des Change Management (Lauer 2019), die sich nach Konkol et al. (2017) aus vier Gründen von anderen Veränderungsinitiativen, wie zum Beispiel Restrukturierungen, abgrenzen lässt (S. 32):
  • Workplace Change Prozesse beinhalten eine materielle Ebene; sie sind damit „physikalisch greifbar und mit allen Sinnen erlebbar“ (Konkol et al. 2017, S. 32).
  • Die Gestaltung und Veränderung von Arbeitsplätzen betrifft die unmittelbare Arbeitsumgebung der Mitarbeitenden. „Egal ob das Büro, der eigene Tisch oder der persönliche Stauraum – Mitarbeitende haben das Gefühl, dass sie ein persönliches Recht an diesen Elementen haben und empfinden es als illegitim bzw. unangemessen, wenn das Unternehmen über Veränderungen entscheidet“ (Konkol et al. 2017, S. 33).
  • Sehr häufig steht die Einführung von neuen Arbeitsplätzen und -welten in Zusammenhang mit organisationalen oder kulturellen Veränderungen, die eine Anpassung von Arbeitsweisen, Verhalten oder Einstellungen bedingen (Konkol et al. 2017, S. 35). Diese Wechselwirkung zwischen Veränderungen auf einer physikalisch-materiellen Ebene und derjenigen auf der Ebene von Verhalten und Kultur ist weitere Besonderheit von Workplace Change.
  • Einer früheren Studie von Konkol (2010, zitiert in Boch und Konkol 2013, S. 35) zufolge sind die Büroform, die Gestaltung der Büros sowie die Auswahl und Anzahl von Möbeln Themen, bei denen sich die Mitarbeitenden in stärkerem Ausmaß eine Beteiligung bis hin zur Mitbestimmung wünschen.
Workplace Change Management ist besonders anspruchsvoll, da die Arbeitsumgebung für Mitarbeitende und Führungskräfte einen starken persönlichen Bezug hat und sich direkt und indirekt auf die Produktivität und das Wohlbefinden der Belegschaft auswirkt. Das Motto: „Betroffene zu Beteiligten machen“, also die „Einbindung und Begleitung der Nutzenden durch alle Phasen einer Büroraumveränderung, von der Analyse über die Planung und Konzeption bis zur Implementierung, Bewirtschaftung und Evaluation“ (Konkol et al. 2017, S. 33), gilt daher insbesondere für Workplace Change Projekte.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, in welcher Form und in welchem Umfang die Beteiligung von Mitarbeitenden umgesetzt werden sollte. In dem vorliegenden Beitrag stellen wir ein umfassendes Partizipationskonzept für Workplace Change vor, berichten von unseren Erfahrungen mit dessen Umsetzung und geben Gestaltungshinweise. Im nachfolgenden Kapitel werden zunächst die Grundlagen des Beteiligungskonzepts, der Beteiligungsradius und Beteiligungsgrade, eingeführt.

2 Partizipation: Beteiligungsradius und Beteiligungsgrade

Die betriebliche Partizipation, ihre Antezedenzien, ihre Gestaltung wie auch ihre Konsequenzen sind schon länger ein wichtiger Gegenstand der Arbeits- und Organisationspsychologie. Nachgewiesen sind positive Effekte der Partizipation auf die Arbeitsidentität, das Wohlbefinden und auf die Selbstwirksamkeit. Mangelnde Einflussmöglichkeiten und die Rücknahme von Partizipationsmöglichkeiten sind dagegen mit Reaktanz, Widerstand und späteren Folgen von erlebter Macht- und Hilflosigkeit verbunden (Mende et al. 2015). Insbesondere bei Themen mit einem höheren Beteiligungswunsch – wie dies eben auf Büroraumveränderungsprojekte zutrifft – ist entscheidend, ob die Partizipation als zufriedenstellend und als nicht blockiert erlebt wird (Mende et al. 2015; für eine Systematik typischer Widerstände in Veränderungsprojekten siehe Frey et al. 2008).
Grundlegend für das Workplace Change Management ist es daher, die betroffenen Mitarbeitenden so an der Bürogestaltung zu beteiligen, dass sie bei Aspekten, bei denen es sinnvoll und machbar ist, in angemessener Weise Einfluss nehmen können. Es bietet sich daher an, strukturelle Aspekte der Beteiligung sowie Beteiligungsgrade festzulegen, bevor konkrete Inhalte der Beteiligung erarbeitet werden. Darüber hinaus liegt der Fokus auf Information und Kommunikation im Verlauf des Veränderungsprozesses.

2.1 Beteiligungsradius: Strukturelle Aspekte der Beteiligung

Der Beteiligungsradius umfasst die strukturelle Ebene der Beteiligung, die Projektorganisation und die Adressaten von Beteiligungsmaßnahmen. Er legt fest, über welche Wege Informationen im Unternehmen verteilt werden und über welche Kanäle Feedback eingeholt werden soll. In Workplace Change Prozessen ist die systematische Information und Beteiligung von Mitarbeitenden für die spätere Akzeptanz und Zufriedenheit mit der neuen Arbeitsumgebung grundlegend (Konkol et al. 2017). Mitarbeitende über den Stand der Arbeiten und wichtige Entscheidungen regelmäßig zu informieren, ist ein Zeichen von Wertschätzung, schafft Sicherheit und bietet Orientierung.
Verfolgt man eine dialogorientierte Strategie im Workplace Change, wie sie zum Beispiel durch den Einsatz von Change Agents ermöglicht wird (vgl. Endrejat et al. 2021), ist eine Ausweitung des Beteiligungsradius förderlich. Dialogorientierung zeichnet sich dabei durch engen persönlichen Kontakt im Beteiligungsprozess aus, der, wenn möglich, auf Augenhöhe erfolgt. Es liegt auf der Hand, dass ein dialogorientiertes Vorgehen mit höherem Aufwand verbunden ist, so dass es sinnvoll erscheint, auf Kapazitätsgrenzen der Vernetzung zu achten (Sutcliffe et al. 2012).
Die Partizipation kann auf den Ebenen der Organisation, des Teams oder des Individuums angesiedelt werden, und sie kann unmittelbar durch die Personen selbst oder aber stellvertretend erfolgen (Mende et al. 2015). Im Workplace Change Management werden oft Mitarbeitende oder Führungskräfte ausgewählt, die stellvertretend für die Nutzenden der neuen Arbeitsumgebung gezielt am Prozess beteiligt werden (sogenannte „User Representatives“ oder „Key User“).

2.2 Beteiligungsgrade: Klarheit über Möglichkeiten und Grenzen der Beteiligung schaffen.

Die Festlegung des Umfangs und der Grenzen von Partizipation ist Gegenstand der Beschäftigung mit der Frage, welche Beteiligungsgrade für welche Maßnahmen sinnvoll sind. Eine Herausforderung stellt dabei die Berücksichtigung der wechselseitigen Einflüsse zwischen den Infrastrukturen wie z. B. IT, Mobiliar, Design, Services und den tätigkeits- und persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen und Einstellungen der Mitarbeitenden dar. Das Ausmaß an Partizipation kann dabei anhand von Beteiligungsgraden differenziert werden. Eine verbreitete Kategorisierung unterscheidet dabei sechs „Grade der Mitarbeiterbeteiligung“ (Weber 1999, S. 272) nach ihrer zunehmenden Entscheidungskompetenz:
1.
Keine Partizipation
 
2.
Information
 
3.
Anhörung (= Konsultation)
 
4.
Mitwirkung
 
5.
Mitbestimmung, Mitentscheidung
 
6.
Selbstbestimmung
 
Die Beteiligungsgrade von eins bis vier können nach Weber (1999) als „pseudodemokratisch“ (S. 272) bezeichnet werden, da die Beiträge von Mitarbeitenden von hierarchisch übergeordneten Führungskräften überstimmt werden können. Die Beteiligungsgrade fünf und sechs bedeuten Mitbestimmung, da die Stimmen im Entscheidungsprozess zählen bzw. eine Überstimmung ausgeschlossen ist. Maßnahmen mit hohem Beteiligungsgrad sollten Entscheidungsprozesse entsprechend stärker beeinflussen, was wiederum Offenheit und Commitment der Führungskräfte erfordert (Doppler und Lauterburg 2014; Greif et al. 2004).
Ein hoher Beteiligungsgrad reduziert Widerstände im Veränderungsprozess (Landes und Steiner 2014). Beteiligung kann aber auch Widerstände auslösen, zum Beispiel dann, wenn die Vermutung aufkommt, Entscheidungen seien bereits getroffen und Beteiligung werde nur pro forma angeboten. Mitarbeitende bemerken in der Regel schnell, wenn Beteiligung zum Selbstzweck in den Workplace Change eingeflochten wird. Die Beteiligungsgrade sollen dem entgegenwirken, in dem sie Orientierung geben und den Aufbau angemessener Erwartungen an den Partizipationsprozess unterstützen.
Unserer Erfahrung nach werden Maßnahmen in Workplace Change Projekten selten systematisch nach Beteiligungsgraden eingeteilt. Im vorliegenden Fall wurden die Beteiligungsgrade für jede Maßnahme vorab festgelegt und kommuniziert.

3 Fallbeschreibung und methodisches Vorgehen

Die folgenden Erkenntnisse zu Erfolgsfaktoren und Barrieren für Partizipation im Workplace Change basieren auf Erfahrungen aus der zweijährigen Begleitung eines Umzugsprojekts einer Expertenorganisation im Bildungsbereich. Der Umzug betraf fünf Abteilungen und rund 550 Mitarbeitende, die vorher auf mehrere Standorte verteilt waren. Für das neue Bürogebäude wurde ein Multi Space Format mit einer großzügigen Anzahl an Rückzugsmöglichkeiten gewählt. Weder für Führungskräfte noch für Mitarbeitende waren Zellenbüros (Einzel- oder Mehrpersonenbüros) vorgesehen.
Ziel des Workplace Change Management war es, Mitarbeitende und Führungskräfte an möglichst vielen raumbezogenen Entscheidungen zu beteiligen. Da der Wechsel in eine offene Büroform für viele Mitarbeitende eine beträchtliche Veränderung bedeutete, wurden auch verhaltensbezogene Aspekte berücksichtigt, z. B. die gemeinsame Erarbeitung von Office Guidelines.
Die Führungskräfte zweier Gremien wurden früh in die Ausarbeitung des Partizipationskonzepts einbezogen. Daneben wurde der Bedarf an Beteiligung mittels Großgruppenworkshops mit rund 100 Mitarbeitenden in zwei der fünf Abteilungen erfasst. Die Workshops hatten zum Ziel, relevante Themen für die Begleitung zu identifizieren und ein allgemeines Stimmungsbild einzuholen.
Auf Grundlage der in den Workshops erarbeiteten Themen wurden in Abstimmung mit der Projekt- und Gesamtleitung, Änderungen in der Projektorganisation vorgenommen, Umfang und Grenzen für Beteiligung festgelegt und eine Roadmap mit Beteiligungsaktionen erstellt, die sich nach dem Terminplan des Bauprojekts richtete. Das Dokument ermöglichte eine detaillierte Beschreibung und Begründung der einzelnen Maßnahmen sowie deren Zuordnung zum Schema der Beteiligungsgrade.

3.1 Projektorganisation

Zu Beginn unserer Change Begleitung war neben einem übergeordnetem Entscheidungsgremium, dem die Abteilungsleitenden angehörten, ein abteilungsübergreifendes Projektgremium etabliert. Das Projektgremium bestand aus der Projektleitung und weiteren Führungskräften, die die Interessen ihrer Abteilungen mit jeweils 40 bis 220 Mitarbeitenden vertraten. Während die Beteiligung der Führungskräfte durch die beiden Gremien ausreichend abgedeckt war, fokussierten wir konzeptionell vor allem auf die Beteiligung der Mitarbeitenden. Wir identifizierten Optimierungspotenzial, einerseits bezogen auf die Information und Feedbackkanäle, andererseits bezogen auf Möglichkeiten für Konsultation und Mitwirkung der Mitarbeitenden. Die Tatsache, dass ausschließlich Führungskräfte in den Gremien vertreten waren, veranlasste uns dazu, den Beteiligungsradius auszuweiten.

3.2 Beteiligungsradius

Mit dem Ziel, den Informationsfluss zu verbessern und die Feedbackkanäle auszubauen, wurde die Projektorganisation durch eine Community von 25 User Representatives aus allen fünf Abteilungen erweitert. Sie waren Hauptadressaten der Beteiligungsaktionen und hatten die Aufgabe zur Vorbereitung der Maßnahmen, Erfahrungen, Bedürfnisse und Bedarfe der Mitarbeitenden einzuholen und diese in den Prozess einzubringen. Jedes Mitglied der Community repräsentierte zwischen 15 und 25 Mitarbeitende.
Zudem waren die User Representatives Ansprechpersonen für Feedback der Mitarbeitenden und sollten im Dialog weiterführende Informationen zur neuen Büroumgebung geben können (z. B. zum Farbkonzept, der Möblierung oder allgemein zum Stand des Projekts). Durch die regelmäßige Teilnahme an den Beteiligungsaktionen sollte auch die Vernetzung zwischen den Mitarbeitenden unterschiedlicher Abteilungen gefördert werden.
Obschon die Community nicht funktional im Organigramm verankert war und freiwilliges Engagement im Zentrum stand, wurden Zeitressourcen im Umfang von rund zehn Stunden für die Tätigkeit zu Verfügung gestellt. Die Rekrutierung und Auswahl der User Representatives oblag den Abteilungen.

3.3 Beteiligungsgrade

Die Beteiligungsgrade von Weber (1999) dienten uns als Orientierungsrahmen für die Konzeption und Planung der Beteiligungsaktionen. Im Sinne der Transparenz und Nachvollziehbarkeit, wurden den einzelnen Maßnahmen Beteiligungsgrade zugeordnet und offen kommuniziert. Die beteiligten Mitarbeitenden sollten auf diese Weise besser abschätzen können, wie viel Engagement gefordert war, beziehungsweise welche Aktionen vor allem der Information dienten und bei welchen auf Entscheidungen Einfluss genommen werden konnte. Damit sollte gewährleistet werden, dass Klarheit über die Möglichkeiten und Grenzen der Partizipation bestand und die Erwartungen an den Gestaltungsspielraum angemessen ausfielen.
Um die sechs Beteiligungsgrade von Weber (1999) zu vereinfachen, haben wir sie für das Projekt in vier Stufen zusammengefasst (vgl. Tab. 1):
  • Beteiligungsgrad 1 „Keine Beteiligung“ sah vor, Entscheidungen klar und transparent zu kommunizieren und ihr Zustandekommen nachvollziehbar zu begründen.
  • Der Beteiligungsgrad Information (2) wurde um Möglichkeiten Rückmeldungen zu geben und aufzunehmen erweitert und in „Information und Feedback“ umbenannt.
  • Die Beteiligungsgrade Anhörung (3) und Mitwirkung (4) wurden zu „Konsultation und Empfehlung“ zusammengefasst. Damit sollte mehr Klarheit geschaffen werden, dass es sich um eine Konsultation handelt, die Entscheidung aber in den Gremien getroffen wird.
  • Ebenso wurden Mitbestimmung (5) und Selbstbestimmung (6) zusammengelegt, da bei Büroraumveränderungen in der Regel keine Einzelentscheidungen von Mitarbeitenden vorkommen. Es handelt sich hier vielmehr um Kollektiventscheidungen, z. B. bei der Ausgestaltung einzelner Räume oder Zonen.
Tab. 1
Beteiligungsgrade, Ziele und Beteiligungsaktionen im Workplace Change Projekt in Anlehnung an Weber (1999)
Beteiligungsgrad
Ziele
Beschreibung
Zugeordnete Beteiligungsaktionen
1 Keine Beteiligung
Nachvollziehbare und klare Kommunikation von Entscheidungen
Bei gewissen Entscheidungen keine Beteiligung vorgesehen. Entscheidungen werden mit Begründung kommuniziert
 
2 Information und Feedback
Zeitnahe Information zum Stand des Projekts und Rückmeldungen einholen
Regelmässige Kommunikation im persönlichen Kontakt und Möglichkeit diverse Feedbackkanäle zu nutzen
Pflanzenkonzept; Begehung des Rohbaus; Farbkonzept;
Gastronomiekonzept mit Ideenworkshop
3 Konsultation und Empfehlung
Beratung der Projektgremien durch gezieltes Einholen von Meinungen und Empfehlungen
Erprobung, Bewertung und Beurteilungen von Möblierungs- und Raumvarianten
Auswahl von Thinktank-Varianten;
Auswahl Funktion und Atmosphäre von Gemeinschaftszonen;
Erprobung und Auswahl von Mobiliar
4 Mitbestimmung
Mitbestimmung im Entscheidungsprozess
Frühzeitiger Einbezug bei Konzeption, Planung und Entwicklung mit großem Gestaltungsspielraum und Einfluss auf Entscheidungsprozesse
Auswahl und Bewertung von Bildern;
Erarbeitung von Regeln für die Zusammenarbeit („Office Guidelines“)
Vor jeder Beteiligungsaktion wurden die User Representatives detailliert über die Inhalte, Hintergründe, Ziele, Ablauf sowie die zugeordneten Beteiligungsgrade informiert. Die Maßnahmen mit einem Beteiligungsgrad 2 umfassten neben der Präsentation von Konzepten, z. B. zur Gestaltung der Gastronomie, auch eine Begehung des neuen Standorts in der Umbauphase. Hierbei wurden Feedbacks gesammelt und dem Projektgremium zusammengefasst zurückgemeldet. Wo immer möglich, wurden die Rückmeldung in die Konzepte eingearbeitet und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.
Ab Beteiligungsgrad 3 wurden vorab Inputs von den Mitarbeitenden gesammelt, zum Beispiel zum Nutzungszweck und zur Atmosphäre der zu gestaltenden Räume oder zu günstigen Regelungen für die Zusammenarbeit in der neuen Büroumgebung. Die Beteiligungsmaßnahmen der Stufen 3 und 4 erforderten eine besonders gute Planung und mindestens drei Wochen Vorlaufzeit, um Rückmeldungen und Meinungen von allen Mitarbeitenden in den Prozess miteinzubeziehen.

3.4 Evaluation des Partizipationskonzepts und Datenbasis

Im Anschluss an die Prozessbegleitung erhielten wir die Gelegenheit, eine formative, qualitative Evaluation des Workplace Change Management durchzuführen. Ziel war es, herauszufinden, wie die Maßnahmen von den User Representatives und dem Projektgremium hinsichtlich Aufwand und Nutzen bewertet wurden.
Wir entschieden uns für qualitative, leitfadengestützte Interviews mit erzählgenerierenden aber auch strukturierten Fragen. Dies erschien angemessen, da Interviews für die Erfassung subjektiver Erfahrungen und emotionaler Einschätzungen grundsätzlich gut geeignet sind (siehe hierzu Helfferich 2014). Insgesamt wurden 23 User Representatives und sieben Mitglieder des Projektgremiums befragt. Infolge der Pandemie und der bestehenden Verpflichtung zu Homeoffice wurden die Interviews online durchgeführt.
Mit den User Representatives wurden kurze halbstündige Gespräche geführt. In den Kurzinterviews wurde eine allgemeine Einschätzung zum Workplace Change Management eingeholt und Feedbacks zu den einzelnen Beteiligungsaktionen sowie generell zur neuen Büroumgebung gesammelt. Dabei wurden die Gespräche infolge forschungsökonomischer Limitationen nicht aufgezeichnet sondern im Nachgang vom Interviewer (Erstautor) ausführlich schriftlich protokolliert.
Die sieben Mitglieder des Projektgremiums (darunter Projektleitende und Mitglieder aus verschiedenen Abteilungen) wurden ausführlicher in einstündigen Interviews befragt. Die Gespräche wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Interviews behandelten unter anderem die Themen: Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für Beteiligung und Kommunikation, den Umgang mit Widerständen und Emotionen im Veränderungsprozess sowie Zusammenarbeit und Entscheidungsprozesse.
Die Protokolle und Transkripte wurden mit der Software MAXQDA (2021) inhaltsanalytisch ausgewertet. Zum Einsatz kam die inhaltlich strukturierende Form der Inhaltsanalyse (Kuckartz 2018), da im Mittelpunkt der Auswertung inhaltliche Aussagen standen und es uns weniger auf tiefergehende psychologische Bedeutungen ankam. Die thematische Fokussierung der Auswertung lag auf Einschätzungen zum Workplace Change Management allgemein, dem Beteiligungsradius insbesondere der Rolle der User Representatives sowie den einzelnen Beteiligungsmaßnahmen und ihren Beteiligungsgraden.

4 Ergebnisse und Gestaltungshinweise

Die Ausweitung des Beteiligungsradius hat die Information und Kommunikation im Workplace Change Projekt insgesamt deutlich verbessert und die wahrgenommene Distanz zwischen Entscheidungsgremien und Mitarbeitenden reduziert. Die klare Ausrichtung auf Dialogorientierung im persönlichen Kontakt zwischen User Representatives und Mitarbeitenden wurde wertgeschätzt und mehrheitlich gut bewertet.
Die User Representatives fühlten sich gut informiert und konnten Mitarbeitenden kontinuierlich Auskunft zum Stand des Projekts geben. Ferner wurde berichtet, dass die verbesserte Information die Entstehung und Verbreitung von Gerüchten reduziert habe. Die Möglichkeit zu verschiedenen Themen Feedback zu geben und mitzuwirken wurde allgemein positiv aufgenommen, wie die folgende Aussage eines User Representatives andeutet:
Wenn man sich einbringen wollte, ist das möglich gewesen. (KID7, Pos. 19)
Es wurde auch berichtet, dass insgesamt wenig Feedback von Mitarbeitenden gegeben worden sei und es oft ausgereicht habe, über den neuesten Stand des Projekts zu informieren. Ein möglicher Grund dafür wurde in der Erwartung gesehen, dass Anregungen von Mitarbeitenden nicht im Entscheidungsprozess berücksichtigt würden.
Die Einteilung der Maßnahmen nach Beteiligungsgraden hat gut zur Orientierung beigetragen. Die Beteiligungsgrade vorab festzulegen und transparent zu kommunizieren, hat sich insgesamt aus Sicht der Mitarbeitenden und Führungskräfte bewährt. Die Beteiligungsgrade haben dabei geholfen einzuschätzen, bei welchen Themen wie viel Einflussnahme möglich war. Die detaillierte Unterscheidung der Stufen hatte insgesamt wenig Auswirkungen auf die Erwartungen wie die Ergebnisse der Beteiligung im weiteren Entscheidungsprozess genutzt werden würden.
Unabhängig von den Beteiligungsgraden, wurden anfangs recht hohe Erwartungen an den Beteiligungsprozess berichtet, zum Beispiel die Erwartung, dass Inputs unverändert umgesetzt werden sollten. Infolgedessen kam es zu Enttäuschungen, die wiederum eine Reduktion des Engagements im Partizipationsprozess zur Folge hatten, wie es ein Mitglied des Projektgremiums formulierte:
Es war einfach so ein bisschen mein Gefühl, dass es hieß, wir werden nach unseren Meinungen gefragt und viele wussten vielleicht schon von vornherein, aber unsere Ideen werden dann vielleicht sowieso nicht umgesetzt. (I4, Pos. 65)
In einigen Fällen wurden die Erwartungen bezüglich der Einflussnahme nach Durchführung der ersten Beteiligungsmaßnahmen kalibriert. Ferner kam es im Lauf des Entscheidungsprozesses wiederholt zu Abweichungen, Rücknahmen und Überstimmungen durch übergeordnete Gremien. Als besonders ungünstig für die Motivation stellte sich heraus, wenn Vorschläge ohne Begründung abgelehnt wurden und sich Rahmenbedingungen im Verlauf der Beteiligungsaktion änderten, so dass die Mitwirkenden mit neuen Ausgangslagen konfrontiert wurden. Die nachträgliche Reduktion von Beteiligungsgraden wirkte sich ebenfalls negativ aus. Auch wenn Vorbehalte klar vorab kommuniziert wurden, haben die Anpassungen teilweise zu weiteren Enttäuschungen und einen Rückgang des Engagements geführt:
Das hat natürlich dann schon zu Irritationen geführt. Ich denke, wenn man zuerst eine hohe Beteiligung oder eine Mitbestimmung [ankündigt], und nachher zurückkrebsen muss, ist das nicht so schön, als Führungsperson. (I8, Pos. 99)
Das Interesse an Beteiligungsaktionen mitzuwirken war schon zu Beginn des Workplace Change Projektes sehr unterschiedlich hoch ausgeprägt, was teilweise mit dem unsystematischen Auswahlprozess der User Representatives begründet wurde. Teilweise wurden Mitarbeitende oder Führungskräfte verpflichtet, was unserer Empfehlung, bei der Auswahl auf Freiwilligkeit, Vernetzung und Interesse zu achten, widersprach. Auch in Bezug auf die Diversität der Zusammensetzung der Gremien und der Community wurde Verbesserungspotenzial gesehen:
Also ich denke, das sorgfältige Auswählen von Vertreterinnen und Vertretern in so Projekten eben bezüglich Gender, bezüglich Ausbildung, bezüglich Aufgaben, bezüglich wie lange ist so eine Person noch [in der Organisation]? Dort könnte man wahrscheinlich noch etwas rausholen für andere Projekte. (I8, Pos. 165)
Die Projektleitenden waren deutlich kritischer, was die übergeordnete Bewertung von Aufwand und Ertrag der Partizipation betraf. Die User Representatives schätzten das Verhältnis als eher mittel ein. Der Aufwand für Partizipation wurde von der Projektleitung als zu hoch wahrgenommen und ihr Nutzen hinsichtlich der Ergebnisse für die Gestaltung der neuen Büroumgebung als eher gering:
Die Beteiligungsmaßnahmen waren recht aufwändig, das ist so und am Schluss hat sich herausgestellt, wir hätten durchaus und problemlos einige Sachen einfach bestimmen […] können. (I3, Pos. 13)
Was die allgemeine Haltung zum Nutzen von Workplace Change Management betraf, herrschte vor allem Einigkeit darüber, dass der systematische Einbezug dabei geholfen habe, Widerstände abzubauen und negative emotionale Reaktionen zu regulieren. Weitere Chancen wurden dagegen nur teilweise erkannt, wie das folgende Zitat eines Mitglieds des Projektgremiums verdeutlicht:
Also es geht nicht einfach darum, dass wir ein Change Management haben um das Projekt besser zu verkaufen, sondern dass man wirklich erkennt, was Partizipation unter Einbezug […] von betroffenen Menschen ist, das dem Projekt selber hilft und dass man daraus wertvolle Inputs bekommt. […] [I]ch habe das oft so wahrgenommen, dass das einfach noch etwas ist, dass man noch machen muss, damit es keinen Aufruhr gibt, aber ich finde man hat einfach noch zu wenig den wirklichen Sinn und Zweck verstanden davon. (I2, Pos. 31)
Die Chancen, die Workplace Change Management im Allgemeinen und Partizipation im Speziellen bieten, werden auch heute nach Bezug der neuen Büroumgebung sehr unterschiedlich bewertet. Gleiches gilt im Übrigen für die Bewertung der einzelnen Maßnahmen. Zusammenfassend lassen sich aus den Ergebnissen dennoch übergeordnete Hinweise für die Gestaltung von Partizipation ableiten:
1.
Der Einbezug der Mitarbeitenden war für eine erfolgreiche Optimierung von Information und Feedbackprozessen hilfreich, wobei das Verhältnis von 15–25 Mitarbeitenden pro User Representatives ausreichend war, um mit mittlerem Aufwand die Dialogorientierung und den persönlichen Kontakt zu fördern.
 
2.
Hinsichtlich des Beteiligungsradius besteht noch Verbesserungspotenzial, vor allem was die Punkte Auswahl und Vernetzung der Mitarbeitenden betrifft. Bei der Auswahl ist vor allem darauf zu achten, dass die gewählten Personen gut in den jeweiligen Organisationseinheiten vernetzt sind, sich freiwillig engagieren und eine offene Haltung gegenüber der Veränderung einnehmen. Auch ist stärker auf eine ausgewogene Berücksichtigung der Diversität zu achten, so dass die Vielfalt und Vielstimmigkeit der Mitarbeitenden besser in der Zusammensetzung der Community abgebildet wird.
 
3.
Die Ausweitung des Beteiligungsradius war vor allem aus Sicht der Führungskräfte mit erhöhtem Aufwand verbunden. Wenn die Möglichkeiten zur Beteiligung bei der Planung zu gering eingeschätzt werden, dann erscheint es aus Führungsperspektive effizienter, ohne Beteiligung zu entscheiden und über die Hintergründe zeitnah zu informieren. Gleiches gilt für Entscheidungen über bauliche Details, die spezielles Fachwissen erfordern.
 
4.
Für die strategische Planung der Partizipation ist die Festlegung verschiedener Beteiligungsgrade hilfreich. In der Praxis war die Unterscheidung zwischen den vier Stufen nicht trennscharf möglich, so dass eine weitere Reduktion auf zwei Beteiligungsgrade, z. B. „Information mit Möglichkeiten zum Feedback“ und „Mitwirkung an Entscheidungen“, sinnvoll erscheint.
 
Die unterschiedlichen Erwartungen, die mit den Beteiligungsaktionen verbunden wurden, haben insgesamt gesehen gezeigt, dass die Festlegung von Beteiligungsgraden allein nicht ausreicht, um ein angemessenes Bild der Möglichkeiten und Grenzen von Partizipation zu vermitteln. Zu hohe Erwartungen der Mitarbeitenden an die Möglichkeiten der Beteiligung wirkten ebenso hinderlich, wie zu enge Grenzen oder nachträgliche Änderungen an Gestaltungsspielräumen.
Zwar ist eine gute strategische Planung von Workplace Change Management wichtig, Partizipation ist jedoch eher als ein kontinuierlicher Aushandlungsprozess in der Entscheidungsfindung zu verstehen, der durch Offenheit und Commitment von Führungskräften und Mitarbeitenden geprägt ist. Wobei man sich zunächst darüber verständigen muss, wofür Workplace Change Management allgemein wertvoll ist, was es jeweils im konkreten Fall leisten kann und wo die Grenzen liegen.

5 Diskussion und Fazit

Information, Feedback und Partizipation können Barrieren und Widerstände im Workplace Change Management lösen und haben sich auch im vorliegenden Fall als Erfolgsfaktoren herausgestellt (vgl. Lauer 2019). Allerdings reicht eine gute strategische Planung und Umsetzung von Beteiligungsmaßnahmen aus unserer Perspektive nicht aus, um Partizipation im Rahmen von Workplace Change Projekten erfolgreich in Organisationen zu etablieren.
Bei der Gestaltung von Partizipations- und Feedbackprozessen sind die Faktoren Fairness und Erwartungen von Mitarbeitenden und Führungskräften als weitere wichtige Einflussgrößen zu beachten. Diese Erkenntnis deckt sich mit neueren Forschungsergebnissen, die positive Auswirkungen von prozeduraler Gerechtigkeit im Change Management aufzeigen, also der Möglichkeit von Mitarbeitenden auf organisationale Prozesse Einfluss zu nehmen (Reiss et al. 2019). Auch potenziell unfaire Entscheidungen werden eher dann akzeptiert, wenn der Entscheidungsprozess als fair wahrgenommen wird (Bernerth et al. 2007; Cohen-Charash und Spector 2001; Colquitt et al. 2001).
Die Ausweitung des Beteiligungsradius hat insofern zur Fairness beitragen, dass mit ihr eine gewisse Formalisierung der Informations- und Feedbackkanäle erreicht wurde. Auf diese Weise wurde Mitarbeitenden im Veränderungsprozess nicht nur eine Stimme verliehen, durch den persönlichen Kontakt zu den User Representatives wurde sichergestellt, dass diese auch gehört wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob prozedurale Gerechtigkeit im Change Management auch durch Offenlegung vorteilhafter Netzwerkpositionen gefördert werden kann. Auf viele Entscheidungen in Unternehmen wird über informelle organisationale Netzwerke Einfluss genommen, was Entscheidungsprozesse oft intransparent macht (Cross und Thomas 2009).
Beteiligung – auch graduell – zurückzunehmen, beeinflusste das Engagement der Mitarbeitenden im vorliegenden Fall negativ, was den Erkenntnissen von Mende et al. (2015) entspricht. Moderiert werden diese Effekte vermutlich durch Erwartungen, inwieweit eine Einflussnahme möglich und erwünscht ist. Durch die Zuordnung der Beteiligungsgrade ist uns nur zum Teil gelungen auf diese Erwartungen einzuwirken. Die vorliegende Fallstudie hat daher auch klare Grenzen von Partizipation aufgezeigt. Hinzu kommt, dass Entscheidungsprozesse in Workplace Change Projekten durch viele Faktoren beeinflusst werden, denen Führungskräfte gerecht werden müssen. Oft werden Bauprojekte mit einem eng getakteten Zeitplan umgesetzt, in denen schon kleine Verzögerungen zusätzliche Kosten verursachen können, was die Möglichkeiten für Partizipation im Workplace Change weiter einschränkt.
Die vorliegende Fallstudie stellt insofern eine Besonderheit dar, da unser Auftrag lautete, möglichst viele Beteiligungsaktionen anzubieten, um aus deren Umsetzung für zukünftige Workplace Change Projekte zu lernen. Daher lassen sich unsere Erkenntnisse auch nur bedingt auf andere Organisationen und Veränderungsprojekte anwenden. Eine weitere Einschränkung dieser Fallstudie besteht darin, dass zwei Autoren selbst in die Konzeption und Gestaltung des Workplace Change Management involviert waren und einer von ihnen die Kurzinterviews selbst geführt hat. Die qualitativen Interviews mit den Mitgliedern des Projektgremiums wurden von der Zweitautorin bearbeitet, die nicht am Beratungsauftrag beteiligt war.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Partizipation oft pauschal bei der Begleitung von Veränderungsprojekten gefordert wird, ohne sich mit den Details auseinanderzusetzen. Beteiligung ist mehr als die Möglichkeit Feedback zu geben und nicht jede Form von Partizipation führt zu positiven Ergebnissen. Insgesamt gilt für Partizipation im Workplace Change Management nach unseren Erfahrungen: Ein gut geplantes Beteiligungskonzept, das Beteiligungsradius und Beteiligungsgrade berücksichtigt, kann Kommunikations- und Feedbackprozesse verbessern und Akzeptanz, Nachvollziehbarkeit und Transparenz von Entscheidungen erhöhen. Partizipation unterliegt jedoch auch einer Vielzahl von Restriktionen, die sich teilweise erst im Projektverlauf zeigen und bedarf daher neben guter Planung auch kontinuierlicher Aushandlungsprozesse.
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Literature
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Metadata
Title
Partizipation im Workplace Change – Praxisbericht über die Prozessbegleitung einer Expertenorganisation vor Bezug neuer Büroräume
Authors
Dr. Sebastian Ulbrich
Magdalena Mateescu
Prof. Dr. phil. Hartmut Schulze
Publication date
30-05-2022
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
DOI
https://doi.org/10.1007/s11612-022-00633-w

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