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11-09-2017 | Personalentwicklung | Schwerpunkt | Article

Retten Osteuropäer den deutschen Wohlstand?

Author: Marion Mink

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Rechtspopulisten fürchten die Überfremdung durch Immigranten und sind damit im Bundestagswahlkampf auf Stimmenfang. Dabei ist die deutsche Wirtschaft auf Einwanderer zwingend angewiesen.

Ein Hausbau in Deutschland ohne die Unterstützung von Arbeitskräften aus dem Ausland wäre undenkbar. Auf den Spargel- und Erdbeerfeldern würde die Ernte verderben. Alte Menschen müssten ohne professionelle Pflege ihre letzten Tage fristen. Ein düsteres Szenario. Ein Leben in Deutschland ohne Immigranten könnte aber tatsächlich zum Verlust unseres Wohlstandes und der Produktivität führen. Das ist die Misere unseres demografischen Wandels. Zu diesem Ergebnis kommt Daniel Göler, Inhaber der Professur für Geographische Migrations- und Transformationsforschung an der Universität Bamberg in seinen Forschungsprojekten. Eine ähnliche Ansicht vertritt Springer-Autorin Sonja Haug. "Migration ist für die Bevölkerungszahl, Bevölkerungsstruktur und die sozialen Bedingungen des Zusammenlebens in Deutschland von zentraler, nicht zu unterschätzender Bedeutung", schreibt sie im Buch "Die transformative Macht der Demografie". (Seite 273).

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2017 | Book

Arbeitsmarktchancen von Migranten in Europa

Analysen zur Bedeutung von Bildungsherkunft und Bildungssystemen

Andreas Herwig analysiert auf Basis der Europäischen Arbeitskräfteerhebung (EU-LFS) die Arbeitsmarktchancen von Einwanderern in 18 westeuropäischen Ländern. Er untersucht, ob eher die Herkunft der Personen oder die Herkunft ihrer Bildung relevant für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration ist.


Eine gute Qualifizierung benötigt Zeit

Der Bundesrepublik fehlt es an Fachkräften. In der Industrie kann dieser Mangel eventuell durch erhöhte Produktivität aufgefangen werden, bei Dienstleistern und im Handwerk ist das nicht möglich. Laut Göler benötigen Einwanderer daher vor allem intensive Qualifizierungs- und Integrationsmaßnahmen, um auf dem deutschen Arbeitsmarkt langfristig eine Perspektive zu haben. Flüchtlinge sollten seiner Meinung nach eine spezielle Teilausbildung durchlaufen, um geeignete sprachliche und kulturelle Voraussetzung zu schaffen, welche den Einstieg in die Arbeitswelt ermöglichen. Dabei kann es sich um eine Ausbildung, Umschulung oder Weiterbildung handeln. Göler betont in seiner aktuellen Studie zur dritten demographischen Transition, dass Immigranten vor allem Zeit benötigen, um sich anzupassen und zu Qualifizieren. Dafür sind mehr als ein paar Monate nötig. Springer-Autorin Sonja Haug vertritt jedoch die Ansicht: "Eine Lösung für das Problem des Fachkräftemangels kann durch die aktuelle Zuwanderung nur bedingt und mittelfristig gesehen werden." (Seite 273).

Junge EU-Ausländer strömen ins Land

Seit 2010 hat sich die Zuwanderung aus dem EU-Ausland fast verdreifacht. Viele Bürger der Europäischen Union sind gewillt, sich von der Heimat zu verabschieden, um in einem fremden Land ihr Glück zu suchen, wie eine Studie der Zeitarbeitsvermittlung Randstad feststellt. Im Jahr 2016 kamen 77 Prozent der Immigranten aus Osteuropa. Für die sogenannten EU-8 (Polen, Estland, Lettland, Litauen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn) gilt seit 2011 die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit. Hinzu kommen die Länder Rumänien, Bulgarien und Kroatien.

  • Rumänien (171.000)
  • Polen (123.000)
  • Bulgarien (67.000)

In der Regel sind die EU-Zuwanderer jung, gut ausgebildet und damit besser für den Arbeitsmarkt gerüstet als nichteuropäische Einwanderer. Die "neuen Gastarbeiter", wie Springer-Autor Christian Ulbricht die jungen Europäer im Buch "Doing Inequality“ nennt, "zeichnen sich vor allem durch ihre höhere Qualifikation aus" (Seite 304).

Die Briten verlassen die Insel

 


Einen neuen Zuwanderungsstrom wird vermutlich der Brexit eröffnen. Denn 55 Prozent aller Arbeitnehmer aus Großbritannien sind angesichts der aktuellen politischen Situation bereit, dauerhaft für den Beruf ihr Land zu verlassen. Vor allem die Gruppe der 25- bis 45-Jährigen sitzt mental auf gepackten Koffern. 67 Prozent dieser Altersgruppen spielen mit dem Gedanken, Großbritannien den Rücken zu kehren, wenn sie ihren Job, auch bei finanziellen Einbußen, in  einem anderen Land ausüben können. Damit liegen sie an der Spitze in Europa. Selbst bei den arbeitslosen Griechen würden nur 53 Prozent der Arbeit wegen ihre Heimat verlassen, in Bella Italia sind es dagegen 59 Prozent, so das Randstad Arbeitsbarometer 2017 weiter. 

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Einwanderer aus dem europäischen Ausland, vor allem gut ausgebildete Arbeiter aus Großbritannien, nicht das schlechtestes wären, um den Fachkräftemangel in Deutschland den Kampf anzusagen.

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