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11-04-2022 | Personalentwicklung | Schwerpunkt | Article

Laue Brise statt frischer Wind bei CEO-Wechseln

Author: Annette Speck

5:30 min reading time

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Nach sehr wenigen CEO-Wechseln in 2020 scheint sich der Vor-Pandemie-Trend der vermehrten CEO-Berufungen fortzusetzen: Im ersten Halbjahr 2021 erreichte die Zahl der Ernennungen Rekordhöhe. Doch werden die Chefposten nun anders besetzt als früher?

Die Covid19-Pandemie hat Unternehmen weltweit vor enorme Herausforderungen gestellt. Im ersten Pandemiejahr reagierten viele Konzerne darauf mit Vorsicht und vermieden CEO-Wechsel. Elke Hofmann, Co-Leiterin der deutschen Praxisgruppe CEO & Board Advisory bei Egon Zehnder erklärt: "In der Pandemie setzten die meisten Unternehmen auf Kontinuität und wagten insgesamt lediglich 21 Wechsel."

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Pandemie stoppte den CEO-Wechsel-Boom

Das HR-Beratungsunternehmen hat für die Studie “CEO-Wechsel in Deutschland – Aufgeschoben, überhastet, unterschätzt“ die Führungswechsel in insgesamt 229 deutschen Unternehmen (30 Dax, 60 M-Dax, 32 S-Dax sowie 107 Familienunternehmen) zwischen dem 1. Januar 2010 und 31.12.2020 untersucht. Dabei zeigt sich, dass es in den beiden Vor-Covid-Jahren 2018 und 2019 einen signifikanten Anstieg bei den CEO-Wechseln auf jeweils 40 Neuernennungen gab. Die Egon-Zehnder-Berater sind überzeugt, dass sich dieser Trend bald fortsetzen werde, denn der Typus des autarken, eisernen Machers habe ausgedient. “Die neue Generation von CEOs hat erkannt, dass moderne Führung Zusammenspiel bedeutet. Sie ist reflektierter, demütiger und in der Regel etwas jünger als noch die Generationen zuvor", sagt Elke Hofmann.

Überwiegend interne CEO-Nachfolger

Zwar zeigen sich im Zehnjahresvergleich der CEO-Wechsel durchaus Veränderungen, doch geht es beispielsweise in punkto Diversität in Deutschland kaum voran.

Zentrale Erkenntnisse der Egon-Zehnder-Studie

CEOs treten schneller ab

86 Prozent der im Jahr 2010 ernannten CEOs waren 2015 noch im Amt. Von den 2015 ernannten CEOs behielt nur die Hälfte den Posten fünf Jahre.

Überwiegend neue Köpfe

Über 40 Prozent der aktuellen deutschen CEOs wurden in den letzten drei Jahren ernannt.

Hoher CEO-Veschleiß

30 Prozent der deutschen Unternehmen hatten in den letzten zehn Jahren mindestens drei verschiedene CEOs. Besonders hoch ist die Fluktuation in der Tech- und der Kommunikationsbranche. Die größte Kontinuität verzeichnet der Consumer-Sektor.

Ungewollter Umbruch

Seit 2010 waren 43 Prozent aller deutschen CEO-Abgänge nicht geplant.

Insider in der Pole-Position, Outsider im Kommen

Auch weiterhin bilden firmeninterne Besetzungen für die CEO-Position die Regel, wie die 70 Prozent internen CEO-Ernennungen der letzten Dekade belegen. Doch externe Einstellungen nehmen zu, vor allem in Familienunternehmen.

Interne CEO-Nachfolger mit längerem Atem

Die Amtszeit von CEOs der letzten Dekade war zum Betrachtungszeitpunkt um etwa 33 Prozent länger, wenn die Position intern besetzt wurde.

Zunehmende Altersunterschiede

Deutsche CEOs der vergangenen Dekade waren bei ihrem Amtsantritt durchschnittlich 51 Jahre alt. Allerdings waren Eigengewächse bei ihrer Berufung zum CEO im Schnitt jünger sind als externe Nachfolger.

Fehlende Diversität

Auch weiterhin sind nur drei Prozent der CEOs in Deutschland weiblich. Knapp ein Fünftel aller CEOs hat keine deutsche Nationalität.

Amtsübergabe als Karriereende

Nur 20 Prozent der CEOs nehmen nach erfolgter Übergabe ihres Postens eine neue Führungsposition an.

Der Studie zufolge deuten insbesondere die kürzeren Amtszeiten von nur 3,9 Jahren bei CEOs, die im letzten Jahrzehnt ernannt wurden, auf Mängel im Nachfolgeprozess hin. Die Berater empfehlen, die Nachfolgefrage bereits mit der Amtsübernahme anzugehen und dabei interne wie externe Lösungen in Betracht zu ziehen.

Mehr C-Level-Bandbreite bei Nachfolgern

Einen Einblick, ob und wie sich weltweit die CEO-Ernennungen in Zeiten der Pandemie verändert haben, liefert indessen der Report “Route to the Top 2021“ der HR-Beratung Heidrick & Struggles. Er zeigt nicht nur, dass mit 76 CEO-Ernennungen im ersten Halbjahr 2021 mehr neue Chefs denn je gekürt wurden. Die Analyse der 1.095 CEOs der größten börsennotierten Unternehmen in 24 Ländern gibt außerdem Auskunft über deren Profile. Demnach kommen inzwischen fast ein Drittel der neuen CEOs aus einer anderen als der traditionellen Nachfolger-Rolle des CEO, CFO oder COO. 

Insbesondere Chief Risk Officers, Chief Strategy Officers und Chief Technology Officers schaffen es an die Spitze. Der Untersuchung zufolge stieg zudem der weltweite Anteil der Frauen, die zu CEOs ernannt wurden, in der ersten Jahreshälfte 2021 um das Doppelte auf 13 Prozent. Nach dem Rückgang auf sechs Prozent im Jahr 2020 beträgt der aktuelle Anteil der Frauen in den Chefetagen weltweit dennoch nur sechs Prozent.

Des weiteren belegt die Auswertung der internationalen CEO-Profile, dass das Durchschnittsalter der CEOs bei 56 Jahren liegt und sie im Schnitt gut sechs Jahre amtieren. Die meisten ausländischen Unternehmenschefs finden sich in Hong Kong (76 Prozent), die wenigsten in China (zwei Prozent). Darüber hinaus wurde in dem Bericht “Route to the Top“ erstmals die Rasse und die ethnische Zugehörigkeit der CEOs der Fortune-100-Konzerne in den Vereinigten Staaten analysiert. Das Ergebnis: Mit der Vielfalt der Chefs sieht es dürftig aus. Nur je vier Prozent sind Asiaten beziehungsweise Hispanisch/Latinos, drei Prozent sind Schwarze und ein Prozent haben ihre Wurzeln im Mittleren Osten oder Nordafrika.

Für Bonnie Gwin, stellvertretende Vorsitzende und Co-Managing Partner der globalen CEO & Board of Directors Practice bei Heidrick & Struggles, ist klar, dass die derzeitigen globalen Veränderungen einen Wandel für und bei den CEOs mit sich bringen. Denn CEOs seien heute für eine breite Themenpalette zuständig, von der Cybersicherheit über alle Aspekte der Corporate Social Responsibility bis hin zur Inspiration von Mitarbeitern sowie der Steuerung des digitalen und gesellschaftlichen Wandels. Sie betont: “Diese Veränderungen erfordern ein neues CEO-Profil, das ein breites und unterschiedliches Spektrum an Lebens- und Geschäftserfahrungen in diese Rolle einbringt."

Kaum noch Juristen als CEOs

Wie schwierig es allerdings ist, tradierte Muster der Nachfolgeregelung zu durchbrechen, legt Michael Hartmann in dem Aufsatz “Nichts Neues an der Spitze der Großunternehmen? Die deutsche Wirtschaftselite zwischen 1970 und 2020“ im “Berliner Journal für Soziologie“ dar. Der Soziologe hat die Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen Unternehmen hinsichtlich Ausbildung, Karrieretypus, Internationalität und sozialer Herkunft in den Jahren 1970, 1995, 2005, 2015 und 2020 überprüft und kommt zu dem Ergebnis: "Trotz großer politischer wie wirtschaftlicher Umwälzungen hat sich die Rekrutierung der Wirtschaftselite in den letzten 50 Jahren als außergewöhnlich stabil erwiesen. (Seite 365) Nach wie vor dominiere die Hauskarriere, Ingenieure und Naturwissenschaftler seien in der Mehrheit und mehr als vier Fünftel stammten aus bürgerlichen bis großbürgerlichen Familien. “Die einzige gravierende Veränderung liegt im völligen Bedeutungsverlust der Juristen unter den Vorstandsvorsitzenden“, hält er auf Seite 347 fest.

Angesichts der von Hartmann skizzierten, typischen Werdegänge wundert es nicht, dass in Deutschland wie auch vielen anderen Ländern noch immer vorrangig weiße Männer um die 50 auf den Chefsesseln landen. Doch einfach nur schnellere Wechsel des ewig gleichen CEO-Typus bringen Unternehmen auf Dauer kaum voran.

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