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06-02-2019 | Personalführung | Interview | Article

"Wissensarbeiter benötigen Autonomieräume"

Author: Andrea Amerland

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Experten zu führen, ist ein Kraftakt. Denn sie sind selbstbewusst und fordernd. Was Führungskräfte dabei beachten sollten und welche Führungshaltung hilfreich ist, erklären Peter Kels und Stephanie Kaudela-Baum im Gespräch.

Springer Professional: Wie unterscheidet sich die Führung von Experten und Wissensarbeitern von der anderer Mitarbeitertypen?

Peter Kels: Experten und hochqualifizierte Wissensarbeiter wie etwa Fachärzte oder Ingenieure haben sich in einem langen Ausbildungs- und Entwicklungsprozess spezialisierte Fähigkeiten angeeignet. Sie arbeiten in wechselnden Teams an komplexen Aufgaben, die Wissen schaffen und benötigen Autonomieräume, um produktiv arbeiten zu können. Viele Führungskräfte können die Arbeit ihrer Experten nicht im Detail fachlich beurteilen. Eine enge direktive Führung ist nicht möglich. Viele Experten wissen zudem, dass ihre Expertise schwer ersetzbar ist und das sie über Alternativen am Arbeitsmarkt verfügen. Daher erwarten sie, dass ihnen das Management auf Augenhöhe und mit Respekt begegnet und ihnen angemessene Entscheidungsspielräume einräumt. 

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Modelle, Ideen und Praktiken für die Organisations- und Führungsentwicklung

Der Herausgeberband behandelt die Frage, wie sich Spezialisten und Experten in wissensintensiven Organisationen in Anbetracht von Herausforderungen wie Multirationalität, Digitalisierung, Ökonomisierung oder Wertewandel wirkungsvoll führen lassen.


Was sind die größten Herausforderungen für Führungskräfte in Expertenorganisationen?

Stephanie Kaudela-Baum: Die meisten Expertenorganisationen wie Hochschulen oder Professional Service Firms erbringen wissensintensive Arbeiten und Dienstleistungen in einem sehr umkämpften Umfeld, geprägt durch Kostendruck sowie schnellen Technologie- und Wissenswandel oder Fachkräftemangel. Führungskräfte in Expertenorganisationen müssen Antworten auf diesen starken Anpassungsdruck finden, konkurrierende Stakeholderinteressen ausbalancieren und mit Zielkonflikten zwischen Experten- und Managementlogik umgehen. Führung in Expertenorganisationen ist somit eine fordernde Gestaltungsaufgabe. Eine konkrete Herausforderung besteht etwa darin, geeignete Personalmanagement- und Führungspraktiken zu finden und kulturell zu verankern, die helfen, die Leistungs-, Innovations- und Veränderungsfähigkeit der Experten und der gesamten Organisation auszubauen.

Gibt es besondere Erfolgsfaktoren beim Führen von Mitarbeitern in wissensintensiven Organisationen?

Stephanie Kaudela-Baum: Wissensintensive Organisationen sind sehr auf reflektierte Führungskräfte angewiesen, die mit Komplexität, Mehrdeutigkeit und konkurrierenden Stakeholdererwartungen umgehen können. Unproduktive Statuskonflikte oder Machtkämpfe mit Experten sollten dabei vermieden werden. Hilfreich ist dabei ein systemisch geschultes Managementverständnis in Verbindung mit einer achtsamen, gelassenen Grundhaltung im Umgang mit Widersprüchen, denn diese gehören zum Alltag in Expertenorganisationen. 

Wie kann das konkret aussehen?

Stephanie Kaudela-Baum: Führungskräfte sollten systembedingte konkurrierende Logiken transparent machen und mit den Wissensarbeitern Lösungen entwickeln, die dem Big Picture der Gesamtorganisation gerecht werden. Darüber hinaus sollten Führungskräfte den Anspruch ihrer Mitarbeiter an professionelle Autonomie respektieren und geregelte Spielräume schaffen, in denen individuelle Selbstbestimmung und Selbstorganisation möglich sind. Leider werden sowohl Spannungsfelder als auch Freiräume selten durch Führung gestaltet und es existieren auch wenige griffige Tools, um diese Themen anzugehen.

Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf die Führung von Spezialisten?

Peter Kels: Die digitale Transformation verstärkt in Verbindung mit dem Fachkräftemangel und der zunehmenden Komplexität von Aufgaben die Abhängigkeit der Unternehmen von spezialisierten Fachkräften. Und das trotz wachsender künstlich intelligenter Assistenzsysteme oder einer Teilautomatisierung gewisser kognitiver Aufgaben. Die Spezialisten dürfen sich allerdings nicht auf ihrem erworbenen Fachwissen ausruhen, sondern müssen sich zu hybriden Professionals entwickeln, die Brücken bauen können zwischen Management- und Expertenwelten beziehungsweise zwischen analogen und digitalen Welten. 

Wie können Führungskräfte damit umgehen? 

Peter Kels: Führung und Management sollten auf die professionelle Autonomie ihrer Experten setzen. Dabei werden sie aber konsequenter als jetzt die Kompetenz- und Karriereentwicklung, aber auch die disziplinübergreifende Zusammenarbeit in agilen "Expertise-Netzwerken" unterstützen müssen. Das gilt auch, wenn es darum geht, sich hybride Skills anzueignen. Expertise steht im Zeitalter der digitalen Transformation ständig auf dem Prüfstand und kann nur durch kollaborative Führung, organisierten Wissensaustausch und andauernde Weiterbildung der Mitarbeiter kultiviert werden.   

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