Wirken sich materielle Belohnungen wirklich motivierend auf Mitarbeiter aus?
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Der Katalog aller möglichen betrieblichen Zusatzleistungen, mit denen sich Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber präsentierten, ist dick. Kostenlose Getränke, frisches Obst oder Fitnesskurse sind darin genauso zu finden, wie das Firmenhandy, der Dienstwagen und die betriebliche Altersvorsorge. Alles Anreize, die Mitarbeiter motivieren und belohnen sollen. Das Problem mit den Benefits ist aber, selten können die so Beschenkten flexibel und bedarfsgerecht wählen. Verteilt werden die Leistungen wie das Management entscheidet. Und hier splitten sich Arbeitgeberwahrnehmung und Arbeitnehmerbedürfnis.
Arbeitgeber liegen bei Zusatzleistungen daneben
Personalpolitische Herausforderung für Unternehmen ist, qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden. Eine im Auftrag von Allianz Private Krankenversicherung durchgeführte Befragung der Gesellschaft der Konsumforschung (GfK) ergab jedoch, dass nur 16 Prozent aller Unternehmen Fachkräfte mit Zusatzleistungen anlocken. Befragt wurden rund 600 Arbeitgeber und mehr als 2.600 Arbeitnehmer, Auszubildende und Studenten. Schließlich, so meinen 66 Prozent der Arbeitgeber, sei das Unternehmensimage bei der Jobwahl ausschlaggebend. Die befragten Arbeitnehmer sehen das ganz anders und halten konkrete Benefits für wichtiger.
Und wenn sie "schenken", greifen Chefs ordentlich daneben. Auf der Wunschliste der Arbeitnehmer stehen Vorteile zur "persönlichen und finanziellen Absicherung" auf den ersten Plätzen: Die betriebliche Arbeitsversorgung (bAV), Vermögenswirksame Leistungen (VL) und die betriebliche Krankenversicherung (bKV). Chefs würden aber eher zu statusorientierten Benefits wie dem Handy oder dem Dienstwagen greifen. Dabei, so rechnet der Versicherer vor, koste der Dienstwagen im Jahr durchschnittlich 482 Euro, während die bKV schon für rund 150 Euro und die VL für 278 Euro pro Mitarbeiter zu haben seien. Teurer ist mit 586 Euro im Monat nur der Spitzenreiter bAV. Worauf kommt es bei betrieblichen Zusatzleistungen also an?
Von Anreizen durch zusätzliche Gewährung von Sach- und Dienstleistungen können je nach Art der Gestaltung positive Motivationseffekte ausgehen, wenn sie von den Mitarbeitern als relevant wahrgenommen werden. Sabine Haller, "Mitarbeiter führen und Motivieren" (Seite 356)
Materieller Anreiz oder innere Befriedigung
"Was Mitarbeiter wollen", richtet sich nach Ansicht von Springer-Autor Richard Barrett an ihren Lebensphasen aus. "Unternehmensführungen müssen herausfinden, welche Bedürfnisse ihre Mitarbeiter motivieren (was sie wertschätzen), und eine Kultur schaffen, die diesen Bedürfnissen gerecht wird", schreibt er auf Seite 51. Extrinsische Anreizsysteme, darunter fallen leistungsbezogene materielle Benefits wie der viel zitierte Dienstwagen, eigenen sich nach Ansicht von Springer-Autor Mario Herger dazu allerdings kaum. In "Was Reimformen, Spiele und Sicherheit mit Führung in unsicheren Zeiten zu tun haben" zeigt er, wie das Management mit Anreizen die Arbeitsmoral zerstört (Seite 92). Materielle Benefits wirkten dreifach negativ:
- Verlust des Interesses an der Aufgabe selbst, das intrinsische Interesse geht verloren
- Zerstörung des Vertrauenverhältnisses zwischen Belohner/Bestrafer und Belohntem/Bestraften
- Zerstörerischer Kreislauf von immer höheren Anreizen
Arbeitgebern gibt Springer-Autor Klaus Watzka folgende "Handlungsempfehlungen für Zielinhalte und Zielformulierungen":
- Flexible Anreizpakete schaffen, die auf die Bedürfnisse verschiedener Mitarbeitergruppen und ihrer Lebensphasen abgestimmt sind.
- Im "Rahmen einer vorgegebenen Wertgrenze" Wahlalternativen anbieten (Seite 43)
Übrigens: Neue Herausforderungen, der Gedanke an einem lohnenden Zielvorgabe mitzuarbeiten und dabei etwas neues zu lernen, stärken die intrinsische Motivation. Statt materieller Belohnung gibt es hier die innere Erfüllung zu gewinnen.