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1999 | Book

Phänomenologie der Dienstleistungsqualität

Author: Wendelin Küpers

Publisher: Deutscher Universitätsverlag

Book Series : DUV: Sozialwissenschaft

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About this book

Im Kontext einer post-industriellen Erlebnisgesellschaft und -wirtschaft wächst die Bedeutung der Dienstleistungen. Mit dieser zunehmenden Relevanz von Dienstleistungen steigt auch ein entsprechender Forschungsbedarf, der dieser Entwicklung Rechnung trägt. Die hier vorliegende Forschungsarbeit stellt in diesem Zusammenhang einen besonderen Beitrag zur Erforschung dieses Untersuchungsfeldes dar. Auf der Grundlage einer anspruchsvollen, philosophischen Basis eröffnet die Arbeit einen fächerübergreifenden Zugang zu der Dienstleistungsthematik. Mit seiner konsequenten Interdisziplinarität stellt die Arbeit damit einen ungewöhnlichen und innovativen Beitrag zur aktuellen Dienstleistungsforschung dar. Der integrative Ansatz dieses Promotionsprojektes entspricht dabei in besondere Weise der Forschungsausrichtung der Universität Witten / Herdecke. Die Forschungsarbeit beschreibt eingehend, wie aus dem komplexen Zusammenspiel von Produzenten und Konsumenten ("Prosumtion") die Qualität in kontaktintensiven Dienstleistungen hervorgeht. Gerade die Frage nach der Dienstleistungsqualität ist dabei von höchst aktueller Relevanz. Die Qualität ist zu einem entscheidenden Faktor für den Erhalt und den Erfolg von Unternehmen geworden. In einem sich verschärfenden Wettbewerb auf globalisierenden Märkten, und aufgrund gestiegener Ansprüche von Kunden und Mitarbeiter ist zu erwarten, daß die Bedeutung der Qualität von Dienstleistungen sogar noch zunehmen wird. In der hier entwickelten "Phänomenologie der Dienstleistungsqualität" werden sowohl die gegenwärtig vorherrschenden, theoretischen Diskussionen reflektiert, also auch auf die strategischen Felder der Unternehmenspraxis bezogen. Dabei werden Bedingungen bisheriger industrieökonomischer Qualitätsmodelle hinterfragt und andererseits Möglichkeiten einer alternativen Gestaltung und Wertschöpfung aufgezeigt. Die Arbeit bewegt sich damit zwischen den Fragen und Begriffen der Theorie und der Praxis konkreter unternehmerischer Interessen und Problemfelder.

Table of Contents

Frontmatter
Einführung
Zusammenfassung
Dienstleistungen erweisen sich in der derzeitigen, zeitgeistigen kulturellen Verfaßtheit als ein bedeutungsvolles Phänomen. Sowohl die Konsumtion als auch die Leistung von Diensten stellen aktuell einen relevanten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Handlungszusammenhang dar. Dienste zu leisten bzw. zu erleben, wird mehr und mehr zu einem einflußreichen Tätigkeits- und Erlebnisbereich einer sich nach-industriell entwickelnden Gesellschaft. Das Selbstverständnis einer solchen post-industriellen Dienstleistungsgesellschaft steht dabei im Zusammenhang mit einem umfassenderen, sozio-historischen Übergangsprozeß personaler Einstellungen, kultureller Werten, aber auch unternehmerischer Organisationsweisen. Eine entstandene narzißtischel und hedonistische2 Orientierung und Vervielfältigung individueller Selbtverwirklichungsrollen in Beruf und Freizeit, erfordern eine stetige Differenzierung des Organisations- und Leistungsspektrums von Dienstleistungsanbietern.3 Die aktuelle steigende Freizeitorientierung bei gleichzeitig wachsender Orientierung an Umwelt und Lebensqualität sucht sich in einer sogenannten „Multi-Options-Gesellschaft” und „Erlebnisgesellschaft” eine befriedigende Erfüllung.
Wendelin Küpers
1. Philosophische Grundlageneiner phänomenologischen Dienstleistungsökonomie
Zusammenfassung
Die im Dienstleistungsgeschehen Involvierten sind leiblich und sprachlich in ihrer Welt und deren Mitwelt verankert. Alle Sinnhaftigkeit des Verhaltens findet hier ihren Bezug und ihre Grenzen. Das Innen und Außen der sich über den Leib und die Sprache im Dienstlei stungsprozeß Begegnenden ist mit- und ineinander verschränkt. Eine behavioristische oder analytische Betrachtung, die nur die bloßen Körpermechanismen oder nur die sprachlich-formalen Bewußtseinsprozesse untersuchen würde, bliebe unzureichend. Ein solcher Reduktionismus ließe die vorhandene zwischenleiblich-sinnliche und sprachlichinteraktive Tiefendimension der Dienstleistungsbegegnung unbeachtet. Diese, auch vor-bewußten „Tiefen” der Dienstleistungsinteraktion, gilt es reflektierend in die theoretische „Höhe” zu heben, um sie dann in die „Horizontale” der Lebenswelt einbringen zu können. Für eine kritische Dienstleistungsökonomie wird so ein phänomenologisches Verständnis gewonnen, welches auch zu einer veränderten Gestaltung der Dienstleistungspraxis beitragen kann.
Wendelin Küpers
2. Zwischen-Leib und Sprache
Zusammenfassung
Im Anschluß an Husserls Rückgang auf die Lebenswelt und Heideggers Daseinsanalyse, denkt Merleau-Ponty die vielheitliche Einheit von Welt und Dasein — gerichtet gegen die intellektualistisch-cartesianische1 und empiristisch-positivistische2 Tradition — aus dem unmittelbaren Vollzug des gelebten Lebens.3 Dieser Vollzug liegt der Unterscheidung von Subjekt und Reflexion einerseits, und Objekt und Sein andererseits, immer schon voraus. In der aktuellen Erfahrung innerhalb dieses „vortheoretischen Horizontes” (Lebenswelt), ereignet sich das Erleben und Öffnen von Welt. Der Leib und die Sprache sind dabei die Verankerung bzw. vermittelnde Medien des „Zur-Welt-Seins”4 des Menschen. Es ist die leibliche und sprachliche lebensweltliche Praxis, durch die das Sein zum Ausdruck kommt. Im weiteren wird aufzuzeigen versucht werden, wie die von Merleau-Ponty entwickelte Phänomenologie der Wahrnehmung und Leibesphilosophie, und wie auch seine sprachphilosophischen Betrachtungen, einen wertvollen Beitrag zu einem erweiterten Verständnis des Dienstleistungsprozesses und der Dienstleistungsqualität leisten können. Ausgangspunkt der hier vollzogenen phänomenologischen Untersuchung ist die leibliche Erfahrung innerhalb der (gegebenen) natürlich-historischen Lebenswelt (von Dienstleistung). Durch diese konstituiert sich wesentlich auch des Mensch als Dienstleistungsteilnehmenden und die von ihm erfahrene Qualität der Dienstleistung. Die Leiberfahrung und die Lebenswelt werden hier nicht als „Korrelat-Pänomene“ transzendental-subjektiver Vollzüge verstanden; sondern vielmehr mird in ihnen eine ursprüng liche, vorsubjektive Erfahrung lebendig.
Wendelin Küpers
3. Dienstleistung als Interaktion
Zusammenfassung
„Jahrzehntelang, genau betrachtet Jahrhunderte lang, hat sich unsere gesamte Gesellschaftsstruktur um die Achse von Produktion und Maschinen, um die berühmte Kopplung Maschine-Mensch organisiert. Heute stehen wir in einer Fugenzeit, in der eine zunehmende Entindustrialisierung zugunsten einer Dienstleistungs- und Kommunikationsgesellschaft stattfindet. Dies wird eine völlig neue Arbeitskultur zur Konsequenz haben müssen.”1 Der dadurch entstehende neue Freiraum soll, so wird behauptet, dem Menschen eine eigenverantwortliche Arbeits- und Freizeitgestaltung ermöglichen, wobei dann Werte wie Sensibilität, Spontanität und Kreativität Priorität gewinnen werden.
Wendelin Küpers
4. Phänomenologisches Konstellationsmodell der Dienstleistungsinteraktion
Zusammenfassung
Aus den bisherigen Betrachtungen heraus wird im folgenden ein zusammenhängendes phänomenologisches Konstellationsmodell der Dienstleistungsinteraktion entworfen. Ein konstellatives Modellieren erlaubt das Zusammendenken verschiedener situierter Konfigurationsaspekte des lebensweltlichen Interaktionsprozesses. Der Vorteil eines solchen Denkens in komplexen Konstellation bzw. prozessualen Konfigurationen ist es, zu einer Wirklichkeitsform voller lebensweltlicher Konkretion von Bedeutung zu kommen.1 In der Weise wie durch ein konfiuratives Denken frei verknüpfbare D1fferenzen und transversale Übergänge ermöglicht werden, kann es als „rhizomatisch” verstanden werden.2 Und dadurch, daß dieser Konstellationszusammenhang als von den Problemen der Ambiguität, Ambivalenz und D1fferenz bestimmt aufgefaßt wird, kann er als nachmodern interpretiert werden.3
Wendelin Küpers
5. Das Phänomen der Qualität
Zusammenfassung
Qualität erweist sich als komplexes Phänomen. Je nach Verständnis und Perspektive der Betrachtung ergibt sich eine qualitativ verschiedene Interpretation. Wie kann das mehrdeutige Qualitätsphänomen angegangen werden? Bereits die Wortherkunft von „Qualität” zeigt die Ambivalenz des Begr1ffs. Der lateinische Wortstamm „qualis”, fragt nach der Art und Weise der Beschaffenheit. „Qualitas” bezieht sich sowohl auf die Eigenschaft bzw. Beschaffenheit wie auf ein Verhältnis zu Dingen oder Prozessen. Qualität scheint demnach substantielle und prozessuale Dimensionen in sich zu tragen. Doch kommt Objekten eine eindeutig bestimmbare qualitative Substanz zu? Kann es so etwas wie ein „Wesen” der Qualität geben? Ist Qualität das, was ein Subjekt den Objekten bewußt zuweist? Oder ist Qualität ein präreflexives und vorgängiges Ereignis aus dem erst „Subjekt” und „Objekt”; subjektives Qualitätserleben und objektive Qualitätsmerkmale emergieren? Kann Qualität metaphysisch festgelegt werden oder entzieht sie sich in ihrem dynamischen Ereignen jeglicher Definition? Wie kann Qualität methodisch bestimmt werden? Wie sind für das fraglichen Qualtätsereignis mögliche Bezüge auf die (zwischen-)leiblichen und sprachlichen Dimensionen des Dienstleistungsgeschehen zu denken?
Wendelin Küpers
6. Entwurf einer qualitativen Dienstleistungskultur
Zusammenfassung
Was kann der phänomenologische Ansatz einer qualitativen Dienstleistungskultur bedeuten? Was bedeutet es daß Organisationen nicht u. a. auch eine Kultur haben, sondern eine kulturelle Lebenswelt sind und fortwährend ausbilden? Wie könnte ein lebensweltlicher Zugang zur Organisationspraxis von Dienstleistungsunternehmen und deren „Kultur“ gewonnen werden? Was folgt aus der Einsicht der perspektivischen Realität von Organisationen als Interpretationspraxis für deren Entwicklung? Und schließlich: welches Verständnis von „Dienstleistungsarbeit“ könnte für ein solches qualitatives Verständnis entwickelt werden? Das sind die Ausgangsfragen dieses abschließenden Kapitels. Wie in dem phänomenologischen Grundlagenteil erarbeitet, bilden die allgemeinen Sinnstrukturen der Lebenswelt den Hintergrund, in den alle unsere Wahrnehmungen, Muster des Denkens, Wertens und Handelns immer schon eingebettet, gleichsam „eingeboren“ sind. Qualität von Dienstleistung entsteht in einer (zwischen-)leiblichen und interaktiven Begegnung innerhalb dieses lebensweltlich-kulturellen Zusammenhangs. Im folgenden wird versucht werden, diese phänomenologische Grundeinsicht der lebensweltlichen Verfaßtheit der Dienstleistungsqualität auf die organisational Praxis „anzuwenden“. Dabei wird versucht im Gegensatz zu einer nur funktionalen Auffassung von Organisation, über einen interpretativen Zugang ein phänomenologisches Verständnis einer qualitativen Dienstleistungskultur zu entwickeln.
Wendelin Küpers
7. Epilog — Meta-Reflexionen zu einer Phänomenologie der Dienstleistung
Zusammenfassung
Diese Forschungsarbeit stellt den Versuch dar, eine Phänomenologie der Dienstleistung und ihrer Qualität zu entwickeln. Über einen phänomenologischen Zugang wurden die leiblichen, zwischenleiblichen und sprachlichen Prozesse betrachtet, die für die Konstitution und Entwicklung der Interaktion und der Qualität in konstellativen Dienstleistungen grundlegend sind. In Abgrenzung von der klassischen (Husserl) und der mundan-sozialen (Schütz) Phänomenologie und in Weiterentwicklung eines interpretad ven phänomenologischen Selbstverständnisses wurde ein Ausgangsfeld für die Untersuchung der Dienstleistung gewonnen. Mit der Philosophie Merleau-Pontys wurde systematisch der Leib und die Sprache als grundlegende Konstitutiva zwischenleiblicher und zwischenmenschlicher Begegnung herausgearbeitet. Mittels des so gewonnen Interaktionsverständnis, konnte der produktionsorientierte Ansatz von Dienstleistungen kritisch hinterfragt werden und der Übergang vom Tausch zu einem responsiven Geben-Nehmen-Verhältnis des Dienstleistungsprozesses beschrieben werden. Auf der so erreichten Grundlage wurde ein vie1fältiges Konstellationsmodell der Dienstleistungsinteraktion entwickelt. In diesem konnten die konstellativen Dimensionen des Atmosphärischen, des Emotionalen, der Rollentheorie, sowie der Inter-Kon-+-Textualität und des Narrativen für die Organisationstheorie und -praxis von Dienstleistungen berücksichtigt werden. Aus den gewonnen Einsichten wurden dann erste organisationstheoretische Folgen für eine responsive Dienstleistungsorganisation abgeleitet. Anschließend wurde das Phänomen der Qualität eingehend untersucht.
Wendelin Küpers
8. Literaturverzeichnis
Wendelin Küpers
Metadata
Title
Phänomenologie der Dienstleistungsqualität
Author
Wendelin Küpers
Copyright Year
1999
Publisher
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-663-08852-3
Print ISBN
978-3-8244-4368-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-08852-3