Die Nutzung von Fassaden für die Produktion von Solarstrom steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Das hängt sicher auch mit der anspruchsvollen technischen Umsetzung zusammen. "Eine energiesammelnde Photovoltaikanlage wird mit einem dahinterliegenden Luftspalt auf die gedämmte Bestandswand installiert. Die Hinterlüftung ist bei einer Photovoltaikfassade sinnvoll um geringe Systemtemperaturen und damit eine effizientere Funktion zu gewährleisten. Photovoltaikanlagen wandeln Solarenergie durch Halbleitertechnologie in Strom um. Dieser kann dem Gebäude zur herkömmlichen Nutzung von Haushaltsstrom oder einem Heizsystem mit Strom als Heizmedium zugeführt werden", beschreiben die Springer Vieweg-Autoren Klara Bauer, Angèle Tersluisen, Nadine Lebong sowie Kamyar Nasrollahi auf Seite 234 ihres Buchkapitels Untersuchung zur Effizienz von alternativen Sanierungskonzepten für 1950er-Jahre Siedlungswohnbauten sowohl Umsetzung als auch Nutzung.
Ein weiterer Aspekt sind die Kosten. Die liegen bei einer Photovoltaik-Fassade bei etwa 500 Euro je Quadratmeter. Das ist etwas mehr als das Dreifache als bei der aufgeständerten Variante, die auf Flachdächern zum Einsatz kommt.
Mehrkosten einrechnen
Abziehen muss man davon etwa im Falle einer umfassenden energetischen Sanierung oder bei einem Neubau die Kosten für das sowieso zum Einsatz kommende Wärmedämmverbundsystem. Das kann man je Quadratmeter im Durchschnitt mit 100 Euro veranschlagen. Bleiben immer noch 400 Euro Mehrkosten.
Sollen diese amortisiert werden, hilft nur eine penible Berechnung. Derzeit kann der überschüssig produzierte Strom noch ins Netz eingespeist werden. Die Vergütung liegt bei etwa 12 Eurocent. Der Strom, der im Haus benötigt wird, kann via Mieterstrommodell an die Bewohner weitergegeben werden. In der Regel kann man davon ausgehen, dass sich so Stromkosten erzielen lassen, die leicht unter denen des ortsansässigen Versorgers liegen. Große Gewinne lassen sich also für den Betreiber, in den meisten Fällen das Wohnungswirtschaftsunternehmen selbst oder eine ihrer Töchter, nicht erwirtschaften.
Prognostisch jedoch werden die Preise für die Module mit breiterer Anwendung weiter fallen. Das war auch bei den klassischen Dachmodulen der Fall. Und: Die PV-Fassade hat eine hohe Lebensdauer und schützt vor weiteren Kosten, etwa für Malerarbeiten oder Fassadenausbesserung. Gleichzeitig bietet sie, auch durch die eingangs beschriebene Hinterlüftung, einen hohen Wärme- und Witterungsschutz. Jede Hinterlüftung verbessert zudem den Schallschutz. Insgesamt eignet sich das System auch für altes oder unebenes Mauerwerk.
Nebenkosten sinken drastisch
Ein Beispiel für eine praktische Anwendung findet sich in Bottrop. Dort baute das Wohnungsbauunternehmen Vivawest ein älteres Wohnhaus in ein Energieplus-Haus um, also ein Haus, das mehr Energie erzeugt als es verbraucht. Die dabei eingesetzte PV-Fassade versorgt zu einem Großteil eine Erdwärmepumpe. Der Rest wird ins Netz eingespeist. Für die Mieter hat dies den Vorteil von generell sehr geringen Nebenkosten. Sie liegen für Wärmestrom und Strom bei 35 Euro im Monat.
Eine etwas günstigere und damit profitablere Variante ist die Verblendung von Balkonen mit PV-Modulen. Die Kosten hierfür liegen bei 300 Euro je Quadratmeter. Allerdings gilt für diese wie auch für die Fassaden-Variante, dass die Erträge nur gut 70 Prozent dessen betragen, was aufgeständerte PV-Module auf Dächern leisten können. Ein Ende der Entwicklung ist noch lange nicht abzusehen. Die Nutzung von Fassaden für die Stromgewinnung ist nur ein Anfang. In Zukunft wird es intelligente Fassaden geben, die ein Haus selbstständig nach Umwelteinflüssen regulieren können. "Künftig werden Fassaden immer mehr Funktionen übernehmen", fasst dies Springer-Autorin Rahel Willhardt in ihrem Zeitschriftenartikel Kühles Klima auf Seite 48 zusammen.