Kein Auto kommt ohne Kunststoffe aus. Am offensichtlichsten sind sie im Innenraum. Aber auch Dichtungen und Verkleidungen bestehen aus Plastik oder Gummi. Für sie müssen ebenfalls fossilfreie Rohstoffe gefunden werden.
Auch bei den Inneneinrichtungen kommen jede Menge schwer wiederzuverwertender Kunststoffe zum Einsatz.
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Die Kunststoffproduktion ist seit Jahrzehnten eng mit der Petrochemie verknüpft, da fossile Rohstoffe wie Rohöl als Grundlage für die meisten Kunststoffe dienen. Diese Abhängigkeit ist jedoch angesichts globaler Umweltprobleme wie Ressourcenverknappung und Umweltverschmutzung fatal. Deswegen entwickelt die chemische Industrie zunehmend Alternativen, um ohne Rohöl Kunststoffe herzustellen. Zu den wichtigsten Ansätzen gehören biobasierte Kunststoffe, die Nutzung von CO2 als Rohstoff, biotechnologische Verfahren und innovative Recyclingtechnologien.
Aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt
Eine zentrale Alternative zu petrochemischen Kunststoffen sind biobasierte Kunststoffe. Diese Materialien basieren ganz oder teilweise auf nachwachsenden Rohstoffen wie Pflanzen oder Mikroorganismen. Sie bieten eine vielversprechende Möglichkeit, den Bedarf an fossilen Rohstoffen zu reduzieren und umweltfreundlichere Lösungen zu schaffen.
Ein Beispiel ist Polymilchsäure (PLA), die aus fermentierter Pflanzenstärke – meist aus Mais oder Zuckerrohr – gewonnen wird. PLA ist biologisch abbaubar und wird in Verpackungen, medizinischen Anwendungen und Einwegprodukten wie Besteck und Bechern eingesetzt.
Zum Einsatz kommt auch Polyhydroxyalkanoat (PHA). Das wird von Bakterien produziert, die Zucker oder Fette als Energiequelle nutzen.PHA ist vielseitig einsetzbar und wird besonders in der Verpackungsindustrie verwendet.
Schließlich gibt es Bio-Polyethylen (Bio-PE), das durch die Fermentation von Zuckerrohr entsteht. Bio-PE hat die gleichen Eigenschaften wie herkömmliches Polyethylen und ist recycelbar, jedoch nicht biologisch abbaubar.
Vorteile der biobasierten Kunststoffe, die grundsätzlich auch bei entsprechender Modifikation in der Automobilindustrie zum Einsatz kommen könnten, sind die geringeren CO2-Emissionen im Herstellungsprozess, die Nutzung erneuerbarer Ressourcen und die potenzielle biologische Abbaubarkeit. Allerdings: Die Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen mit der Nahrungsmittelproduktion (sprich: Tank-Teller-Diskussion) und die Abhängigkeit von nachhaltigen Anbaumethoden können die ökologische Bilanz beeinträchtigen.
Kunststoff aus Mikroorganismen
Ein weiterer Ansatz ist die Nutzung von Mikroorganismen und Enzymen zur Herstellung von Kunststoffen. Genetisch modifizierte Mikroorganismen oder speziell entwickelte Enzyme können biochemische Prozesse katalysieren, die zur Synthese von polymeren Verbindungen führen.
Polyhydroxybutyrat (PHB) etwa wird durch Bakterien wie Ralstonia eutropha erzeugt. Diese Bakterien synthetisieren PHB als Energiespeicher, wodurch ein biologisch abbaubares Material entsteht, das ähnliche Eigenschaften wie Polypropylen hat.
Ein weiteres Verfahren ist die enzymatische Polymerisation, bei der Enzyme wie Lipasen oder Cutinasen Monomere in Polymere umwandeln. Diese Methode ist besonders umweltfreundlich, da sie bei moderaten Temperaturen und pH-Werten abläuft.
Die Vorteile biotechnologischer Verfahren liegen im geringeren Energieverbrauch im Vergleich zu konventionellen chemischen Prozessen sowie der Möglichkeit, vollständig biologisch abbaubare Produkte herzustellen. Bisher bedarf es jedoch noch einer deutlichen Optimierung der Produktionsausbeute und damit der Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu petrochemischen Verfahren.
Recycling naheliegender Ansatz
Recycling ist der naheliegendste Ansatz und wird in der Automobilindustrie auch schon praktiziert. Faurecia und Veolia etwa entwickeln Verbundstoffe mit 30 % Recyclinganteil für Armaturen, Türverkleidungen und Konsolen. In Guben entsteht dafür die erste thermokatalytische Entgasungsanlage für carbonfaserverstärkten Kunststoff (CFK), die auch recycelte Fasern für die Wiederverwendung bereitstellt. Continental verwendet Ruß aus recycelten Rennreifen zur Herstellung von Vollreifen. Dafür wurden 300 CrossContact Extreme E-Reifen per Pyrolyse verarbeitet, was Rohstoffe spart und CO2-Emissionen senkt. Seit Dezember 2023 produziert das Werk Korbach Reifen mit diesem recycelten Material.
Infrage kommen mechanisches Recycling, das Kunststoffabfälle durch Aufbereitung wiederverwendet, und chemisches Recycling, das Polymere in ihre Monomere zerlegt. Zu letzterem gehört das Pyrolyseverfahren (wie etwa bei Continental), bei dem Kunststoffabfälle unter Ausschluss von Sauerstoff erhitzt werden, um sie in Öl umzuwandeln. Dieses Öl kann als Rohstoff für die Herstellung neuer Kunststoffe verwendet werden. Ein weiteres Verfahren ist die Depolymerisation, bei der Kunststoffe wie PET in ihre Ausgangsmoleküle zerlegt und erneut polymerisiert werden können.
Die Vorteile liegen in der Reduzierung des Müllaufkommens und der Schonung natürlicher Ressourcen. Chemisches Recycling bietet darüber hinaus die Möglichkeit, schwer recycelbare Kunststoffe wie Mehrschichtverpackungen zu verwerten. Allerdings: Auch diese Prozesse sind energieintensiv und setzen eine aufwendige Trennung und Reinigung der Abfälle voraus. Insbesondere bei Verbundstoffen, die ja aus Sicherheitsgründen für den Automobilbau entwickelt wurden, ist die Trennung ein großes Problem.
CO2 als Rohstoff
Ein weiterer Ansatz ist die Nutzung von Kohlendioxid (CO2) als Rohstoff. Es kann mithilfe von Katalysatoren in chemische Bausteine wie Methanol oder Ethylenoxid umgewandelt werden. Diese Bausteine dienen dann als Ausgangsstoffe für die Herstellung von Polymeren.
Auch Polycarbonate auf CO2-Basis, die durch die Reaktion von CO₂ mit Epoxiden entstehen, kommen infrage. Diese Kunststoffe finden schon heute Anwendung in Automobilteilen. Ebenso gibt es Polyole auf CO2-Basis, die in Polyurethanen für Schaumstoffe und Beschichtungen verwendet werden.
Dieser Ansatz bietet den Vorteil, dass CO2 als Abfallprodukt verwertet werden kann. Allerdings stecken die entsprechenden Technologien noch in den Kinderschuhen. Zwar wird nach effizienten und kostengünstigen Verfahren zur CO2-Konversion geforscht. Doch auch hier gilt: Die Prozesse sind energieintensiv und hängen stark von der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien ab.